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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr.

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Adalbert Stifter

hängen einer wollnen Decke möglich gemacht, in seinem Zimmer Licht zu brennen,
dessen er beim Eingang von Befehlen und Meldungen dringend bedürfte. Wir
waren deshalb alle froh, als die Nacht glücklich vorüber war, und man sich
in La Grenouillere in einem kleinen Jagdpavillon reihum mit den Mannschaften
an einem von willigen Händen muss beste unterhaltenen Kaminfeuer wärmen
konnte. Bekanntlich ruhten an diesem außerordentlich kalten 1. Dezember auf der
Hochebne von Villiers die Feindseligkeiten, weil beide Gegner mit der Bergung
ihrer Verwundeten und Toten vollauf zu tun hatten, und am Nachmittag er¬
folgte sogar "der Abschluß einer mehrstündigen Waffenruhe zur Aufräumung
des Schlachtfeldes."

"Da die augenblickliche Anwesenheit mehrerer preußischer Brigaden dem
linken Flügel der Maasarmee einen starken Rückhalt gewährte, so hatte der
Kronprinz von Sachsen an den kommandierender General des zwölften Korps
die Aufforderung gerichtet, den noch immer in bedrohlicher Haltung bei Brh
und Champignh gegenüberstehenden Feind über die Marne zurückzuwerfen und
die erbauten Brücken zu zerstören. Dieser Befehl erreichte jedoch erst zu so später
Tagesstunde seine Bestimmung, daß die Ausführung verschoben werden mußte.

Inzwischen hatte Seine Majestät der König die einstweilige Führung sämt¬
licher zwischen Seine und Marne vereinigter Truppen dem General von Frcmsecky
übertragen und denselben dem Oberkommando der Maasarmee unterstellt. Von
dem letzten ging null dem genannten General gegen Abend die Weisung zu, den
Angriff, falls ein solcher bis dahin noch nicht stattgefunden haben sollte, am
nächsten Tage auszuführen. General von Frcmsecky befahl infolgedessen dem
Prinzen Georg von Sachsen, mit den ihm überwiesenen Truppen in aller Frühe
Bry und Champignh zu überfallen, wobei er erforderlichenfalls durch die
preußische siebente Brigade unterstützt werden würde. Außerdem sollten sich die
sechste Brigade und zwei Batterien um sieben Uhr Morgens bei Such, alle
übrigen Truppen in ihren augenblicklichen Quartieren zum Eingreifen bereit
halten."

Da uns Schützen ein glücklicher Stern Chelles als Nachtquartier zugewiesen
hatte, so hielten wir uns mit Hilfe eines alles versäumte einholenden Bären¬
schlafes "zum Eingreifen bereit."




Adalbert Stifter

elfter hat so viele Federn in Bewegung gesetzt, daß sein Charakter
als Schriftsteller und die verschiedne Art seiner Wirkungsfähigkeit
vollständig feststeht. Nur die Leute, die ein gewisses Talent haben,
alles besser oder am besten zu wissen, können sich noch weiterhin
versucht fühlen, etwas über ihn "zusammenzustellen." Dagegen
hat es Interesse, seinem Leben nachzugehn unter Führung von Alois Raimund
Hein, der es uns mit dem äußersten Fleiß und in glücklicher Darstellung be-


Adalbert Stifter

hängen einer wollnen Decke möglich gemacht, in seinem Zimmer Licht zu brennen,
dessen er beim Eingang von Befehlen und Meldungen dringend bedürfte. Wir
waren deshalb alle froh, als die Nacht glücklich vorüber war, und man sich
in La Grenouillere in einem kleinen Jagdpavillon reihum mit den Mannschaften
an einem von willigen Händen muss beste unterhaltenen Kaminfeuer wärmen
konnte. Bekanntlich ruhten an diesem außerordentlich kalten 1. Dezember auf der
Hochebne von Villiers die Feindseligkeiten, weil beide Gegner mit der Bergung
ihrer Verwundeten und Toten vollauf zu tun hatten, und am Nachmittag er¬
folgte sogar „der Abschluß einer mehrstündigen Waffenruhe zur Aufräumung
des Schlachtfeldes."

„Da die augenblickliche Anwesenheit mehrerer preußischer Brigaden dem
linken Flügel der Maasarmee einen starken Rückhalt gewährte, so hatte der
Kronprinz von Sachsen an den kommandierender General des zwölften Korps
die Aufforderung gerichtet, den noch immer in bedrohlicher Haltung bei Brh
und Champignh gegenüberstehenden Feind über die Marne zurückzuwerfen und
die erbauten Brücken zu zerstören. Dieser Befehl erreichte jedoch erst zu so später
Tagesstunde seine Bestimmung, daß die Ausführung verschoben werden mußte.

Inzwischen hatte Seine Majestät der König die einstweilige Führung sämt¬
licher zwischen Seine und Marne vereinigter Truppen dem General von Frcmsecky
übertragen und denselben dem Oberkommando der Maasarmee unterstellt. Von
dem letzten ging null dem genannten General gegen Abend die Weisung zu, den
Angriff, falls ein solcher bis dahin noch nicht stattgefunden haben sollte, am
nächsten Tage auszuführen. General von Frcmsecky befahl infolgedessen dem
Prinzen Georg von Sachsen, mit den ihm überwiesenen Truppen in aller Frühe
Bry und Champignh zu überfallen, wobei er erforderlichenfalls durch die
preußische siebente Brigade unterstützt werden würde. Außerdem sollten sich die
sechste Brigade und zwei Batterien um sieben Uhr Morgens bei Such, alle
übrigen Truppen in ihren augenblicklichen Quartieren zum Eingreifen bereit
halten."

Da uns Schützen ein glücklicher Stern Chelles als Nachtquartier zugewiesen
hatte, so hielten wir uns mit Hilfe eines alles versäumte einholenden Bären¬
schlafes „zum Eingreifen bereit."




Adalbert Stifter

elfter hat so viele Federn in Bewegung gesetzt, daß sein Charakter
als Schriftsteller und die verschiedne Art seiner Wirkungsfähigkeit
vollständig feststeht. Nur die Leute, die ein gewisses Talent haben,
alles besser oder am besten zu wissen, können sich noch weiterhin
versucht fühlen, etwas über ihn „zusammenzustellen." Dagegen
hat es Interesse, seinem Leben nachzugehn unter Führung von Alois Raimund
Hein, der es uns mit dem äußersten Fleiß und in glücklicher Darstellung be-


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[0478] Adalbert Stifter hängen einer wollnen Decke möglich gemacht, in seinem Zimmer Licht zu brennen, dessen er beim Eingang von Befehlen und Meldungen dringend bedürfte. Wir waren deshalb alle froh, als die Nacht glücklich vorüber war, und man sich in La Grenouillere in einem kleinen Jagdpavillon reihum mit den Mannschaften an einem von willigen Händen muss beste unterhaltenen Kaminfeuer wärmen konnte. Bekanntlich ruhten an diesem außerordentlich kalten 1. Dezember auf der Hochebne von Villiers die Feindseligkeiten, weil beide Gegner mit der Bergung ihrer Verwundeten und Toten vollauf zu tun hatten, und am Nachmittag er¬ folgte sogar „der Abschluß einer mehrstündigen Waffenruhe zur Aufräumung des Schlachtfeldes." „Da die augenblickliche Anwesenheit mehrerer preußischer Brigaden dem linken Flügel der Maasarmee einen starken Rückhalt gewährte, so hatte der Kronprinz von Sachsen an den kommandierender General des zwölften Korps die Aufforderung gerichtet, den noch immer in bedrohlicher Haltung bei Brh und Champignh gegenüberstehenden Feind über die Marne zurückzuwerfen und die erbauten Brücken zu zerstören. Dieser Befehl erreichte jedoch erst zu so später Tagesstunde seine Bestimmung, daß die Ausführung verschoben werden mußte. Inzwischen hatte Seine Majestät der König die einstweilige Führung sämt¬ licher zwischen Seine und Marne vereinigter Truppen dem General von Frcmsecky übertragen und denselben dem Oberkommando der Maasarmee unterstellt. Von dem letzten ging null dem genannten General gegen Abend die Weisung zu, den Angriff, falls ein solcher bis dahin noch nicht stattgefunden haben sollte, am nächsten Tage auszuführen. General von Frcmsecky befahl infolgedessen dem Prinzen Georg von Sachsen, mit den ihm überwiesenen Truppen in aller Frühe Bry und Champignh zu überfallen, wobei er erforderlichenfalls durch die preußische siebente Brigade unterstützt werden würde. Außerdem sollten sich die sechste Brigade und zwei Batterien um sieben Uhr Morgens bei Such, alle übrigen Truppen in ihren augenblicklichen Quartieren zum Eingreifen bereit halten." Da uns Schützen ein glücklicher Stern Chelles als Nachtquartier zugewiesen hatte, so hielten wir uns mit Hilfe eines alles versäumte einholenden Bären¬ schlafes „zum Eingreifen bereit." Adalbert Stifter elfter hat so viele Federn in Bewegung gesetzt, daß sein Charakter als Schriftsteller und die verschiedne Art seiner Wirkungsfähigkeit vollständig feststeht. Nur die Leute, die ein gewisses Talent haben, alles besser oder am besten zu wissen, können sich noch weiterhin versucht fühlen, etwas über ihn „zusammenzustellen." Dagegen hat es Interesse, seinem Leben nachzugehn unter Führung von Alois Raimund Hein, der es uns mit dem äußersten Fleiß und in glücklicher Darstellung be-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_296010/478>, abgerufen am 07.05.2024.