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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

allen Malern nur der eine Mönsted auf die Leinwand bannen kann. Kein Hoch¬
wald ist so unduldsam wie der der Buchen, und wenn Böcklin uns Fichtenstämme
zeichnet, aus denen seine Reiterin hervorkommt, so tut er das in künstlerischer
Freiheit ganz sicher nur, um die Pfeiler ungestört von Zweigen dichter stellen, die
Abendschatten tiefer werfen, den stummen Ritt feierlicher zeigen zu können, als es
bei Buchen möglich gewesen wäre; daß er doch eigentlich Buchen gemeint hat, zeigt
der braune Boden hart vor den Stämmen, den der Huf des Einhorns schon be¬
tritt; Fichten hätten hier dichtes Moos zu ihren Füßen; nur die Buche ist grausam
genug, so alles Leben in einen einzigen braunen Blätterteppich aufzulösen, dessen
gelbliche Färbung auf dem Bilde schon den Beginn der Torfbildung ahnen läßt,
die der mächtige Gehilfe des Forstmannes, der humusfördernde Regenwurm, ver¬
lassen hat, und die den hohen Stämmen einst selbst den Tod droht. Schweigen
im Walde! Kräuter und Unkräuter, Raubtier und Vogelwelt verläßt den ungastlichen
Forst des neuen Jahrhunderts, Flora und Fauna verarmen, immer dicker wird der
Katalog der Seltenheiten, immer dünner das Leben seiner Arten, immer brennender
die Frage, wie die Denkmäler der Natur zu schützen, immer zahlreicher die Ver¬
ordnungen, die der Vernichtung doch nur so wenig wirksam beikommen können. Nur
ein einsiedlerisches Einhorn hat sich als letzter Genosse dem Schweigen im Walde ge¬
sellt. Aber es ist nicht der trauliche Schauer der Kindermärchen, der in grauer
Vorzeit den deutschen Wald mit den Phantasiegestalten eines jungen Volkes dicht
erfüllte; es ist der einsame unheimliche Spuk eiues ausgestorbnen Hauses, der sich
--^ wie sehnsüchtig wendet das Einhorn die Augen nach dem Lichte! -- täglich
nach Erlösung sehnt. Wird sie kommen? Hoffnungslos scheint Haltung und Ge¬
bärde, hoffnungslos der verschlossene Gram der Reiterin. Kennt sie ihn zu gut,
den rastlos strebenden, erwerbenden Geist des beginnenden zwanzigsten Jahr¬
hunderts, der, fest den Blick auf ein einziges Ziel gerichtet, nur ungern einen
barmherzigen Seitenblick auf zartere Interessen der Menschheit wirft, die sein harter
Schritt nach rechts und links verdrängt? Rächen wird sie sich, die mißhandelte
deutsche Landschaft, mit all ihrem einst so reichen Leben, rächen durch ihren Tod,
rächen, wie es Böcklins Seherblick uns zeigt, als -- Schweigen im Walde. Vieles
ließe sich noch retten, der Kundige weiß es, wo Macht und Verständnis zusammen¬
wirken. Hoffentlich traut keiner, der diese Zeilen liest, mir die Anmaßung zu, als
wäre ich überzeugt, der Maler habe bei seinem Kunstwerk gerade das oder über¬
haupt an das gedacht, was ich hier eben gesagt habe. Es ist ja das Recht und
das Kennzeichen des Genius, uus in seinen Werken auch das zu offenbaren, wessen
er sich selbst gar nicht bewußt ist. > > > ^ ^ ' ^ " "
P. von Hedemann genannt von Heespen


Deutschlands Überseehandel.

Dr. Walther Kundt hat (1904 bei
Franz Siemenrvth in Berlin) eine Studie veröffentlicht über Die Zukunft unsers
Überseehandels. Es erscheine ja vermessen, bemerkt er im Vorwort, in unbe¬
rechenbaren Dingen den Propheten zu spielen. Aber den nationnlökonomischen An¬
sichten liege so gut wie den theologischen und den philosophischen Systemen ein un¬
beweisbarer Glaube zugrunde, und er nun glaube einmal, daß der weißen Rasse
die Weltherrschaft bestimmt sei, und daß das deutsche Volk unter den ersten der
herrschenden Nationen zu stehn habe. Er hätte dieser Rechtfertigung gar nicht
bedurft, denn er dichtet keine Phantasien, sondern beschreibt den gegenwärtigen
Handel und knüpft nur einige praktische Ratschläge darau. Er kennt das Geschäft
im Inlande und in allen Erdteilen aus eigner Anschauung und schildert lebendig
und ergötzlich, wie der Hamburger Kaufmann seine Sendungen "ach Kamerun
zusammensetzt, wie dort die Waren auf den Faktoreien losgeschlagen werden und
in ihren fliegenden Filialen vierter Ordnung, die mitten im Busch liegen, wo das
Fehlen der Ansichtskarte beweist, daß man nun wirklich die Grenze der Kulturwelt
überschritten hat; ferner wie dem Ankömmling in La Guaira oder Veracruz von


Maßgebliches und Unmaßgebliches

allen Malern nur der eine Mönsted auf die Leinwand bannen kann. Kein Hoch¬
wald ist so unduldsam wie der der Buchen, und wenn Böcklin uns Fichtenstämme
zeichnet, aus denen seine Reiterin hervorkommt, so tut er das in künstlerischer
Freiheit ganz sicher nur, um die Pfeiler ungestört von Zweigen dichter stellen, die
Abendschatten tiefer werfen, den stummen Ritt feierlicher zeigen zu können, als es
bei Buchen möglich gewesen wäre; daß er doch eigentlich Buchen gemeint hat, zeigt
der braune Boden hart vor den Stämmen, den der Huf des Einhorns schon be¬
tritt; Fichten hätten hier dichtes Moos zu ihren Füßen; nur die Buche ist grausam
genug, so alles Leben in einen einzigen braunen Blätterteppich aufzulösen, dessen
gelbliche Färbung auf dem Bilde schon den Beginn der Torfbildung ahnen läßt,
die der mächtige Gehilfe des Forstmannes, der humusfördernde Regenwurm, ver¬
lassen hat, und die den hohen Stämmen einst selbst den Tod droht. Schweigen
im Walde! Kräuter und Unkräuter, Raubtier und Vogelwelt verläßt den ungastlichen
Forst des neuen Jahrhunderts, Flora und Fauna verarmen, immer dicker wird der
Katalog der Seltenheiten, immer dünner das Leben seiner Arten, immer brennender
die Frage, wie die Denkmäler der Natur zu schützen, immer zahlreicher die Ver¬
ordnungen, die der Vernichtung doch nur so wenig wirksam beikommen können. Nur
ein einsiedlerisches Einhorn hat sich als letzter Genosse dem Schweigen im Walde ge¬
sellt. Aber es ist nicht der trauliche Schauer der Kindermärchen, der in grauer
Vorzeit den deutschen Wald mit den Phantasiegestalten eines jungen Volkes dicht
erfüllte; es ist der einsame unheimliche Spuk eiues ausgestorbnen Hauses, der sich
—^ wie sehnsüchtig wendet das Einhorn die Augen nach dem Lichte! — täglich
nach Erlösung sehnt. Wird sie kommen? Hoffnungslos scheint Haltung und Ge¬
bärde, hoffnungslos der verschlossene Gram der Reiterin. Kennt sie ihn zu gut,
den rastlos strebenden, erwerbenden Geist des beginnenden zwanzigsten Jahr¬
hunderts, der, fest den Blick auf ein einziges Ziel gerichtet, nur ungern einen
barmherzigen Seitenblick auf zartere Interessen der Menschheit wirft, die sein harter
Schritt nach rechts und links verdrängt? Rächen wird sie sich, die mißhandelte
deutsche Landschaft, mit all ihrem einst so reichen Leben, rächen durch ihren Tod,
rächen, wie es Böcklins Seherblick uns zeigt, als — Schweigen im Walde. Vieles
ließe sich noch retten, der Kundige weiß es, wo Macht und Verständnis zusammen¬
wirken. Hoffentlich traut keiner, der diese Zeilen liest, mir die Anmaßung zu, als
wäre ich überzeugt, der Maler habe bei seinem Kunstwerk gerade das oder über¬
haupt an das gedacht, was ich hier eben gesagt habe. Es ist ja das Recht und
das Kennzeichen des Genius, uus in seinen Werken auch das zu offenbaren, wessen
er sich selbst gar nicht bewußt ist. > > > ^ ^ ' ^ « «
P. von Hedemann genannt von Heespen


Deutschlands Überseehandel.

Dr. Walther Kundt hat (1904 bei
Franz Siemenrvth in Berlin) eine Studie veröffentlicht über Die Zukunft unsers
Überseehandels. Es erscheine ja vermessen, bemerkt er im Vorwort, in unbe¬
rechenbaren Dingen den Propheten zu spielen. Aber den nationnlökonomischen An¬
sichten liege so gut wie den theologischen und den philosophischen Systemen ein un¬
beweisbarer Glaube zugrunde, und er nun glaube einmal, daß der weißen Rasse
die Weltherrschaft bestimmt sei, und daß das deutsche Volk unter den ersten der
herrschenden Nationen zu stehn habe. Er hätte dieser Rechtfertigung gar nicht
bedurft, denn er dichtet keine Phantasien, sondern beschreibt den gegenwärtigen
Handel und knüpft nur einige praktische Ratschläge darau. Er kennt das Geschäft
im Inlande und in allen Erdteilen aus eigner Anschauung und schildert lebendig
und ergötzlich, wie der Hamburger Kaufmann seine Sendungen »ach Kamerun
zusammensetzt, wie dort die Waren auf den Faktoreien losgeschlagen werden und
in ihren fliegenden Filialen vierter Ordnung, die mitten im Busch liegen, wo das
Fehlen der Ansichtskarte beweist, daß man nun wirklich die Grenze der Kulturwelt
überschritten hat; ferner wie dem Ankömmling in La Guaira oder Veracruz von


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[0232] Maßgebliches und Unmaßgebliches allen Malern nur der eine Mönsted auf die Leinwand bannen kann. Kein Hoch¬ wald ist so unduldsam wie der der Buchen, und wenn Böcklin uns Fichtenstämme zeichnet, aus denen seine Reiterin hervorkommt, so tut er das in künstlerischer Freiheit ganz sicher nur, um die Pfeiler ungestört von Zweigen dichter stellen, die Abendschatten tiefer werfen, den stummen Ritt feierlicher zeigen zu können, als es bei Buchen möglich gewesen wäre; daß er doch eigentlich Buchen gemeint hat, zeigt der braune Boden hart vor den Stämmen, den der Huf des Einhorns schon be¬ tritt; Fichten hätten hier dichtes Moos zu ihren Füßen; nur die Buche ist grausam genug, so alles Leben in einen einzigen braunen Blätterteppich aufzulösen, dessen gelbliche Färbung auf dem Bilde schon den Beginn der Torfbildung ahnen läßt, die der mächtige Gehilfe des Forstmannes, der humusfördernde Regenwurm, ver¬ lassen hat, und die den hohen Stämmen einst selbst den Tod droht. Schweigen im Walde! Kräuter und Unkräuter, Raubtier und Vogelwelt verläßt den ungastlichen Forst des neuen Jahrhunderts, Flora und Fauna verarmen, immer dicker wird der Katalog der Seltenheiten, immer dünner das Leben seiner Arten, immer brennender die Frage, wie die Denkmäler der Natur zu schützen, immer zahlreicher die Ver¬ ordnungen, die der Vernichtung doch nur so wenig wirksam beikommen können. Nur ein einsiedlerisches Einhorn hat sich als letzter Genosse dem Schweigen im Walde ge¬ sellt. Aber es ist nicht der trauliche Schauer der Kindermärchen, der in grauer Vorzeit den deutschen Wald mit den Phantasiegestalten eines jungen Volkes dicht erfüllte; es ist der einsame unheimliche Spuk eiues ausgestorbnen Hauses, der sich —^ wie sehnsüchtig wendet das Einhorn die Augen nach dem Lichte! — täglich nach Erlösung sehnt. Wird sie kommen? Hoffnungslos scheint Haltung und Ge¬ bärde, hoffnungslos der verschlossene Gram der Reiterin. Kennt sie ihn zu gut, den rastlos strebenden, erwerbenden Geist des beginnenden zwanzigsten Jahr¬ hunderts, der, fest den Blick auf ein einziges Ziel gerichtet, nur ungern einen barmherzigen Seitenblick auf zartere Interessen der Menschheit wirft, die sein harter Schritt nach rechts und links verdrängt? Rächen wird sie sich, die mißhandelte deutsche Landschaft, mit all ihrem einst so reichen Leben, rächen durch ihren Tod, rächen, wie es Böcklins Seherblick uns zeigt, als — Schweigen im Walde. Vieles ließe sich noch retten, der Kundige weiß es, wo Macht und Verständnis zusammen¬ wirken. Hoffentlich traut keiner, der diese Zeilen liest, mir die Anmaßung zu, als wäre ich überzeugt, der Maler habe bei seinem Kunstwerk gerade das oder über¬ haupt an das gedacht, was ich hier eben gesagt habe. Es ist ja das Recht und das Kennzeichen des Genius, uus in seinen Werken auch das zu offenbaren, wessen er sich selbst gar nicht bewußt ist. > > > ^ ^ ' ^ « « P. von Hedemann genannt von Heespen Deutschlands Überseehandel. Dr. Walther Kundt hat (1904 bei Franz Siemenrvth in Berlin) eine Studie veröffentlicht über Die Zukunft unsers Überseehandels. Es erscheine ja vermessen, bemerkt er im Vorwort, in unbe¬ rechenbaren Dingen den Propheten zu spielen. Aber den nationnlökonomischen An¬ sichten liege so gut wie den theologischen und den philosophischen Systemen ein un¬ beweisbarer Glaube zugrunde, und er nun glaube einmal, daß der weißen Rasse die Weltherrschaft bestimmt sei, und daß das deutsche Volk unter den ersten der herrschenden Nationen zu stehn habe. Er hätte dieser Rechtfertigung gar nicht bedurft, denn er dichtet keine Phantasien, sondern beschreibt den gegenwärtigen Handel und knüpft nur einige praktische Ratschläge darau. Er kennt das Geschäft im Inlande und in allen Erdteilen aus eigner Anschauung und schildert lebendig und ergötzlich, wie der Hamburger Kaufmann seine Sendungen »ach Kamerun zusammensetzt, wie dort die Waren auf den Faktoreien losgeschlagen werden und in ihren fliegenden Filialen vierter Ordnung, die mitten im Busch liegen, wo das Fehlen der Ansichtskarte beweist, daß man nun wirklich die Grenze der Kulturwelt überschritten hat; ferner wie dem Ankömmling in La Guaira oder Veracruz von

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_296764/232>, abgerufen am 07.05.2024.