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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Mannes Buch Leo XIII, (München, Ktrchheims Verlag, 1905) wird den sich
bedroht fühlenden Freien die Beruhigung gewähren, daß es wenigstens keine ganz
kohlschwarze Geschichte ist, die die unglückseligen Straßburger Studenten zu hören
bekommen. spähn übt ein Joachim Pecei Kritik, obwohl dieser Papst geworden
ist, versucht es mit Hilfe der Jugendbriefe, die aus kaltem klarem Verstände und
mystischer Religiosität wunderlich gemischte Seele des Mannes zu ergründen, stellt
die politischen und Kulturzustände Italiens sowie die religiösen Bewegungen im
Katholizismus objektiv dar und zeigt, wie sich Pecei bemüht hat, den Geist seiner
Zeit zu verstehn, was dem in einer weltfremden Umgebung Aufgewachsnen und
später nur mit der einseitigen romanischen Bildung Bekanntgewordnen nicht völlig
gelingen konnte. Der Pontifiknt Leos wird sehr kurz abgefertigt, und über dessen
Erfolg zu reden, meint der Verfasser, sei zur Stunde noch nicht angebracht. Leo
selbst "hat ihn erst von der Zukunft erhofft; denn zu weit hatte er die Masse der
Katholiken seiner Zeit überholt, als daß sie ihm sogleich hätten nachkommen mögen."
Womit Spahn hoffentlich nur die romanischen Katholiken meint; denn daß die
Gebildeten unter den deutschen hinter dem aufgeklärtesten Papste des neunzehnten
Jahrhunderts nicht zurückgeblieben, sondern ihm ein Stückchen voraus siud, läßt
er deutlich durchblicken. Jedenfalls hat er bewiesen, daß auch ein nicht exkommuni¬
zierter Katholik ein historisches Buch schreiben kann, das auf der Höhe der Zeit
steht, und dem vorliegenden muß außerdem noch nachgerühmt werden, daß es sehr
schön geschrieben ist und sich angenehm liest.






Herausgegeben von Johannes Grunow in Leipzig
Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig -- Druck von Karl Marquart in Leipzig





Maßgebliches und Unmaßgebliches

Mannes Buch Leo XIII, (München, Ktrchheims Verlag, 1905) wird den sich
bedroht fühlenden Freien die Beruhigung gewähren, daß es wenigstens keine ganz
kohlschwarze Geschichte ist, die die unglückseligen Straßburger Studenten zu hören
bekommen. spähn übt ein Joachim Pecei Kritik, obwohl dieser Papst geworden
ist, versucht es mit Hilfe der Jugendbriefe, die aus kaltem klarem Verstände und
mystischer Religiosität wunderlich gemischte Seele des Mannes zu ergründen, stellt
die politischen und Kulturzustände Italiens sowie die religiösen Bewegungen im
Katholizismus objektiv dar und zeigt, wie sich Pecei bemüht hat, den Geist seiner
Zeit zu verstehn, was dem in einer weltfremden Umgebung Aufgewachsnen und
später nur mit der einseitigen romanischen Bildung Bekanntgewordnen nicht völlig
gelingen konnte. Der Pontifiknt Leos wird sehr kurz abgefertigt, und über dessen
Erfolg zu reden, meint der Verfasser, sei zur Stunde noch nicht angebracht. Leo
selbst „hat ihn erst von der Zukunft erhofft; denn zu weit hatte er die Masse der
Katholiken seiner Zeit überholt, als daß sie ihm sogleich hätten nachkommen mögen."
Womit Spahn hoffentlich nur die romanischen Katholiken meint; denn daß die
Gebildeten unter den deutschen hinter dem aufgeklärtesten Papste des neunzehnten
Jahrhunderts nicht zurückgeblieben, sondern ihm ein Stückchen voraus siud, läßt
er deutlich durchblicken. Jedenfalls hat er bewiesen, daß auch ein nicht exkommuni¬
zierter Katholik ein historisches Buch schreiben kann, das auf der Höhe der Zeit
steht, und dem vorliegenden muß außerdem noch nachgerühmt werden, daß es sehr
schön geschrieben ist und sich angenehm liest.






Herausgegeben von Johannes Grunow in Leipzig
Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig — Druck von Karl Marquart in Leipzig





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[0236] Maßgebliches und Unmaßgebliches Mannes Buch Leo XIII, (München, Ktrchheims Verlag, 1905) wird den sich bedroht fühlenden Freien die Beruhigung gewähren, daß es wenigstens keine ganz kohlschwarze Geschichte ist, die die unglückseligen Straßburger Studenten zu hören bekommen. spähn übt ein Joachim Pecei Kritik, obwohl dieser Papst geworden ist, versucht es mit Hilfe der Jugendbriefe, die aus kaltem klarem Verstände und mystischer Religiosität wunderlich gemischte Seele des Mannes zu ergründen, stellt die politischen und Kulturzustände Italiens sowie die religiösen Bewegungen im Katholizismus objektiv dar und zeigt, wie sich Pecei bemüht hat, den Geist seiner Zeit zu verstehn, was dem in einer weltfremden Umgebung Aufgewachsnen und später nur mit der einseitigen romanischen Bildung Bekanntgewordnen nicht völlig gelingen konnte. Der Pontifiknt Leos wird sehr kurz abgefertigt, und über dessen Erfolg zu reden, meint der Verfasser, sei zur Stunde noch nicht angebracht. Leo selbst „hat ihn erst von der Zukunft erhofft; denn zu weit hatte er die Masse der Katholiken seiner Zeit überholt, als daß sie ihm sogleich hätten nachkommen mögen." Womit Spahn hoffentlich nur die romanischen Katholiken meint; denn daß die Gebildeten unter den deutschen hinter dem aufgeklärtesten Papste des neunzehnten Jahrhunderts nicht zurückgeblieben, sondern ihm ein Stückchen voraus siud, läßt er deutlich durchblicken. Jedenfalls hat er bewiesen, daß auch ein nicht exkommuni¬ zierter Katholik ein historisches Buch schreiben kann, das auf der Höhe der Zeit steht, und dem vorliegenden muß außerdem noch nachgerühmt werden, daß es sehr schön geschrieben ist und sich angenehm liest. Herausgegeben von Johannes Grunow in Leipzig Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig — Druck von Karl Marquart in Leipzig

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_296764/236>, abgerufen am 07.05.2024.