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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches mit Unmaßgebliches

kleinere, aber wie überragt sie die modernen an Erfindung und Ausdruck! Das
Gute bei den Neuern beruht auf Nachahmung oder doch deutlicher Nachempfindung.
Tüchtige Maler, wie Defregger, erscheinen armselig, wenn sie auf das religiöse
Gebiet hinübergreifen. Unter den vielen modernen Madonnen genügt nur eine,
die von Anselm Feuerbach in der Dresdner Galerie. Am besten macht seine Sache
ohne Frage der Dresdner Hofmann, kein großer, starker Erfinder, aber ein feiner,
anempfindcnder Darsteller der alten Stoffe, mit einem modernen Einschlag, der
niemals stört, wogegen bei den andern das Moderne nur zu häufig sentimental
parodierend wirkt. Interessant ist zu beachten, wie sich von der allgemein christlichen
Malerei eine katholisierende Richtung abhebt, im ganzen nicht vorteilhaft, indem
sie entweder schemenhaft in der Art der Benroner Bilderfabrikativn Typen wiederholt
in möglichst abgeschwächter Sinnlichkeit, oder die Gefühlserregung stark betont, wie
es einst die spanischen Devotionsmaler taten, ohne doch deren künstlerische Wir¬
kungen zu erreichen. Man bekommt eben den Eindruck einer stagnierenden Kunst-
übung, die sich nicht weit genug umgesehen hat. Wie ist eigentlich ein so hölzernes
Papstbildnis noch möglich -- Pius der Zehnte von Lippay --, nachdem Naffael,
Tizian und Velazquez die allbekannten großen Vorbilder gegeben haben! Unser Bilder¬
katalog kann uns noch zu weitern Gedanken anregen. Übersicht mau die ganze
italienische religiöse Malerei bis zu ihrem Abblühen, und nimmt man allenfalls
noch die spanische hinzu, so sollte man meinen, daß das Gebiet erschöpft sei. Aber
daneben waren ja schon lange die Niederländer ihren eignen Weg gegangen, und,
zunächst im Anschluß an sie, die Altdeutschen, und danach gab Rubens noch seine
glänzende Synthese des Nordischen und des Italienischen. Ganz für sich stand um
dieselbe Zeit Rembrandt, er zeigte, wie man alte Gegenstände völlig naiv aus dem
Denken und Fühlen einer neuen Zeit beleben kann, und dieser Weg, der erst in
unsern Tagen wieder eingeschlagen worden ist, um glücklichsten von Gebhardt, dann
von vielen andern, gelegentlich sogar von Abbe, wenn er dem leidigen Parodieren
widersteht, scheint uns der einzige zu sein, auf dem eine moderne religiöse Kunst,
die nicht bloß nachahmen und wiederholen will, noch möglich sein wird. Man
nennt ja diese Richtung protestantisch, wiewohl auch Katholiken angehn, zum Beispiel
Scheurenberg, und ohne den Protestantismus hätte sie sich nicht entwickeln könne".
Jedenfalls lassen sich auf jenem andern Wege, durch Verstärkung der religiösen
Affekte, keine tun-stlerischen Erfolge mehr erreichen, höchstens Karikaturen. Das
haben die alten Meister in allen Variationen bis auf den Grund erschöpft.


Eine Teil-Ikonographie.

Wenn in diesen Wochen das Andenken an
Schiller in der mannigfaltigsten Weise erneuert und gefeiert wird, kann auch auf
ein Heft hingewiesen werden, das schon früher erschienen ist, da es mit einem der
beliebtesten Dramen in Zusammenhang steht. Es ist die Tell-Ikonographie von
Dr. Franz Heineinann (Luzern und Leipzig, 73 Seiten Quart) Wilhelm Tell und sein
Apfelschuß im Lichte der bildenden Kunst eines halben Jahrtausends (fünfzehntes
bis zwanzigstes Jahrhundert), mit Berücksichtigung der Wechselwirkung der Tell-
poesie. Mit 4 Kunstbeilagen und 54 Originalreprodnktionen. Der Verfasser be¬
trachtet zuerst den Einfluß der prosaische" und der poetischen Literatur auf die bildliche
Telldarstellung, dann die zeitliche Wandlung des künstlerische" Tellmvtivs in der
Zeichenkunst, den vervielfältigenden Künsten, der Buchillustration, der Malerei, der
Plastik (Münz- und Siegelbild, Waffen, Becher. Zinnteller, Elfenbeinrelief, Massiv¬
plastik), Tell auf Glocken. Ofenkacheln, in der heraldischen Kunst. Ein weiterer
Abschnitt ist dem Bühnen-Tell und der Tellphysiognomie gewidmet. Endlich wirft
der Verfasser einen Blick auf die Tellkapellen und die internationale Pfeil- und
Apfelschußsage in der Kunst. Sein Werk ist wohl imstande, durch die Reichhaltig¬
keit der Tatsachen zu interessieren.




Herausgegeben von Johannes Grunow in Leipzig
Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig -- Druck von Karl Marquart in Leipzig
Maßgebliches mit Unmaßgebliches

kleinere, aber wie überragt sie die modernen an Erfindung und Ausdruck! Das
Gute bei den Neuern beruht auf Nachahmung oder doch deutlicher Nachempfindung.
Tüchtige Maler, wie Defregger, erscheinen armselig, wenn sie auf das religiöse
Gebiet hinübergreifen. Unter den vielen modernen Madonnen genügt nur eine,
die von Anselm Feuerbach in der Dresdner Galerie. Am besten macht seine Sache
ohne Frage der Dresdner Hofmann, kein großer, starker Erfinder, aber ein feiner,
anempfindcnder Darsteller der alten Stoffe, mit einem modernen Einschlag, der
niemals stört, wogegen bei den andern das Moderne nur zu häufig sentimental
parodierend wirkt. Interessant ist zu beachten, wie sich von der allgemein christlichen
Malerei eine katholisierende Richtung abhebt, im ganzen nicht vorteilhaft, indem
sie entweder schemenhaft in der Art der Benroner Bilderfabrikativn Typen wiederholt
in möglichst abgeschwächter Sinnlichkeit, oder die Gefühlserregung stark betont, wie
es einst die spanischen Devotionsmaler taten, ohne doch deren künstlerische Wir¬
kungen zu erreichen. Man bekommt eben den Eindruck einer stagnierenden Kunst-
übung, die sich nicht weit genug umgesehen hat. Wie ist eigentlich ein so hölzernes
Papstbildnis noch möglich — Pius der Zehnte von Lippay —, nachdem Naffael,
Tizian und Velazquez die allbekannten großen Vorbilder gegeben haben! Unser Bilder¬
katalog kann uns noch zu weitern Gedanken anregen. Übersicht mau die ganze
italienische religiöse Malerei bis zu ihrem Abblühen, und nimmt man allenfalls
noch die spanische hinzu, so sollte man meinen, daß das Gebiet erschöpft sei. Aber
daneben waren ja schon lange die Niederländer ihren eignen Weg gegangen, und,
zunächst im Anschluß an sie, die Altdeutschen, und danach gab Rubens noch seine
glänzende Synthese des Nordischen und des Italienischen. Ganz für sich stand um
dieselbe Zeit Rembrandt, er zeigte, wie man alte Gegenstände völlig naiv aus dem
Denken und Fühlen einer neuen Zeit beleben kann, und dieser Weg, der erst in
unsern Tagen wieder eingeschlagen worden ist, um glücklichsten von Gebhardt, dann
von vielen andern, gelegentlich sogar von Abbe, wenn er dem leidigen Parodieren
widersteht, scheint uns der einzige zu sein, auf dem eine moderne religiöse Kunst,
die nicht bloß nachahmen und wiederholen will, noch möglich sein wird. Man
nennt ja diese Richtung protestantisch, wiewohl auch Katholiken angehn, zum Beispiel
Scheurenberg, und ohne den Protestantismus hätte sie sich nicht entwickeln könne».
Jedenfalls lassen sich auf jenem andern Wege, durch Verstärkung der religiösen
Affekte, keine tun-stlerischen Erfolge mehr erreichen, höchstens Karikaturen. Das
haben die alten Meister in allen Variationen bis auf den Grund erschöpft.


Eine Teil-Ikonographie.

Wenn in diesen Wochen das Andenken an
Schiller in der mannigfaltigsten Weise erneuert und gefeiert wird, kann auch auf
ein Heft hingewiesen werden, das schon früher erschienen ist, da es mit einem der
beliebtesten Dramen in Zusammenhang steht. Es ist die Tell-Ikonographie von
Dr. Franz Heineinann (Luzern und Leipzig, 73 Seiten Quart) Wilhelm Tell und sein
Apfelschuß im Lichte der bildenden Kunst eines halben Jahrtausends (fünfzehntes
bis zwanzigstes Jahrhundert), mit Berücksichtigung der Wechselwirkung der Tell-
poesie. Mit 4 Kunstbeilagen und 54 Originalreprodnktionen. Der Verfasser be¬
trachtet zuerst den Einfluß der prosaische» und der poetischen Literatur auf die bildliche
Telldarstellung, dann die zeitliche Wandlung des künstlerische» Tellmvtivs in der
Zeichenkunst, den vervielfältigenden Künsten, der Buchillustration, der Malerei, der
Plastik (Münz- und Siegelbild, Waffen, Becher. Zinnteller, Elfenbeinrelief, Massiv¬
plastik), Tell auf Glocken. Ofenkacheln, in der heraldischen Kunst. Ein weiterer
Abschnitt ist dem Bühnen-Tell und der Tellphysiognomie gewidmet. Endlich wirft
der Verfasser einen Blick auf die Tellkapellen und die internationale Pfeil- und
Apfelschußsage in der Kunst. Sein Werk ist wohl imstande, durch die Reichhaltig¬
keit der Tatsachen zu interessieren.




Herausgegeben von Johannes Grunow in Leipzig
Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig — Druck von Karl Marquart in Leipzig
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[0404] Maßgebliches mit Unmaßgebliches kleinere, aber wie überragt sie die modernen an Erfindung und Ausdruck! Das Gute bei den Neuern beruht auf Nachahmung oder doch deutlicher Nachempfindung. Tüchtige Maler, wie Defregger, erscheinen armselig, wenn sie auf das religiöse Gebiet hinübergreifen. Unter den vielen modernen Madonnen genügt nur eine, die von Anselm Feuerbach in der Dresdner Galerie. Am besten macht seine Sache ohne Frage der Dresdner Hofmann, kein großer, starker Erfinder, aber ein feiner, anempfindcnder Darsteller der alten Stoffe, mit einem modernen Einschlag, der niemals stört, wogegen bei den andern das Moderne nur zu häufig sentimental parodierend wirkt. Interessant ist zu beachten, wie sich von der allgemein christlichen Malerei eine katholisierende Richtung abhebt, im ganzen nicht vorteilhaft, indem sie entweder schemenhaft in der Art der Benroner Bilderfabrikativn Typen wiederholt in möglichst abgeschwächter Sinnlichkeit, oder die Gefühlserregung stark betont, wie es einst die spanischen Devotionsmaler taten, ohne doch deren künstlerische Wir¬ kungen zu erreichen. Man bekommt eben den Eindruck einer stagnierenden Kunst- übung, die sich nicht weit genug umgesehen hat. Wie ist eigentlich ein so hölzernes Papstbildnis noch möglich — Pius der Zehnte von Lippay —, nachdem Naffael, Tizian und Velazquez die allbekannten großen Vorbilder gegeben haben! Unser Bilder¬ katalog kann uns noch zu weitern Gedanken anregen. Übersicht mau die ganze italienische religiöse Malerei bis zu ihrem Abblühen, und nimmt man allenfalls noch die spanische hinzu, so sollte man meinen, daß das Gebiet erschöpft sei. Aber daneben waren ja schon lange die Niederländer ihren eignen Weg gegangen, und, zunächst im Anschluß an sie, die Altdeutschen, und danach gab Rubens noch seine glänzende Synthese des Nordischen und des Italienischen. Ganz für sich stand um dieselbe Zeit Rembrandt, er zeigte, wie man alte Gegenstände völlig naiv aus dem Denken und Fühlen einer neuen Zeit beleben kann, und dieser Weg, der erst in unsern Tagen wieder eingeschlagen worden ist, um glücklichsten von Gebhardt, dann von vielen andern, gelegentlich sogar von Abbe, wenn er dem leidigen Parodieren widersteht, scheint uns der einzige zu sein, auf dem eine moderne religiöse Kunst, die nicht bloß nachahmen und wiederholen will, noch möglich sein wird. Man nennt ja diese Richtung protestantisch, wiewohl auch Katholiken angehn, zum Beispiel Scheurenberg, und ohne den Protestantismus hätte sie sich nicht entwickeln könne». Jedenfalls lassen sich auf jenem andern Wege, durch Verstärkung der religiösen Affekte, keine tun-stlerischen Erfolge mehr erreichen, höchstens Karikaturen. Das haben die alten Meister in allen Variationen bis auf den Grund erschöpft. Eine Teil-Ikonographie. Wenn in diesen Wochen das Andenken an Schiller in der mannigfaltigsten Weise erneuert und gefeiert wird, kann auch auf ein Heft hingewiesen werden, das schon früher erschienen ist, da es mit einem der beliebtesten Dramen in Zusammenhang steht. Es ist die Tell-Ikonographie von Dr. Franz Heineinann (Luzern und Leipzig, 73 Seiten Quart) Wilhelm Tell und sein Apfelschuß im Lichte der bildenden Kunst eines halben Jahrtausends (fünfzehntes bis zwanzigstes Jahrhundert), mit Berücksichtigung der Wechselwirkung der Tell- poesie. Mit 4 Kunstbeilagen und 54 Originalreprodnktionen. Der Verfasser be¬ trachtet zuerst den Einfluß der prosaische» und der poetischen Literatur auf die bildliche Telldarstellung, dann die zeitliche Wandlung des künstlerische» Tellmvtivs in der Zeichenkunst, den vervielfältigenden Künsten, der Buchillustration, der Malerei, der Plastik (Münz- und Siegelbild, Waffen, Becher. Zinnteller, Elfenbeinrelief, Massiv¬ plastik), Tell auf Glocken. Ofenkacheln, in der heraldischen Kunst. Ein weiterer Abschnitt ist dem Bühnen-Tell und der Tellphysiognomie gewidmet. Endlich wirft der Verfasser einen Blick auf die Tellkapellen und die internationale Pfeil- und Apfelschußsage in der Kunst. Sein Werk ist wohl imstande, durch die Reichhaltig¬ keit der Tatsachen zu interessieren. Herausgegeben von Johannes Grunow in Leipzig Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig — Druck von Karl Marquart in Leipzig

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_296764/404>, abgerufen am 07.05.2024.