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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Mit 12 Karten und 136 Abbildungen. Velhagen H Klasing. 4 Mark. Das eben¬
falls erst ganz vor kurzem erschienene Buch bildet den 22. Band der von Eduard
Heyl herausgegebnen "Monographien zur Weltgeschichte" und erzählt die Geschichte
der Eroberung des römischen Germaniens mit Verwendung eines reichen Materials,
das durch die Arbeit der Archäologen im letzten Jahrzehnt zutage gefördert worden
ist, und unter Berücksichtigung der bisherigen Fachliteratur. Der Verfasser hat
seine Aufgabe also zwar wissenschaftlich behandelt, aber in einer Form, die auch
dem Laien verständlich ist. Und darin liegt denn auch der Hauptwert des Buches;
es gibt in gemeinverständlicher, gefälliger Sprache einen gründlichen Überblick über
jene Frühgeschichte unsers Volks und führt durch die vielen Abbildungen, Karten
und Pläne tief in das Verständnis für die darin behandelte Geschichtsperiode. Es
ist ein Buch für den Gelehrten, der den Forschungen nahe steht, für den Ge¬
bildeten, der einen Überblick über die dort gewonnenen Ergebnisse haben will, aber
auch ein Heimatbuch für das deutsche Volk und dessen heutige Jugend. Diese ist es
vor allem, für die auch die beiden erstgenannten Bücher geschrieben sind, und deshalb
passen sie so recht in die Schulbibliotheken als Ergänzung des Geschichtsunterrichts
und zur Anschauung für jene Zeit, die in immer hellerm Lichte erscheint, je mehr
sich die Forschung mit ihr beschäftigt. Wir sind noch nicht am Ende, täglich
fast werden an der Weser und an der Lippe im Westen neue Ergebnisse gewonnen,
und mögen die einzelnen Forscher dabei zuweilen hart aneinander geraten, schließlich
k R. Krieg ommt die Arbeit doch der Wissenschaft zugute.


Zum erbarmunglosen Paragraphen.

Eugen Josef erwähnt in seinen
erbaulichen Betrachtungen über die weise Anwendung des Paragraphen von der
Haftbarkeit für Schädigungen, die durch Tiere angerichtet werden, auch die Gesetze
des Königs Hammurabi. Die waren nun den Schöpfern unsers Bürgerlichen Gesetz¬
buches noch nicht bekannt. Dagegen hätten sie als bibelglänbige Christen, die sie
doch ohne Zweifel sind, das mosaische Gesetz kennen müssen. Dieses verfährt in
der fraglichen Materie zwar ein bißchen roh, aber doch insoweit vernünftig, als es
den Herrn des Tieres nur denn haftbar macht, wenn ihm eine bewußte Ver¬
schuldung nachgewiesen werden kann. Es wird 2. Mose 21, 28 bis 36 verordnet:
"Wenn ein Ochse einen Mann oder ein Weib stößt, daß sie sterben, so soll man
den Ochsen steinigen und sein Fleisch nicht essen; der Herr des Ochsen jedoch bleibt
schuldlos. War aber der Ochse schon vorher stößig, hat man das dem Besitzer
angezeigt, und hat dieser ihn nicht verwahrt, so soll man nicht bloß den Ochsen
steinigen, sondern auch dessen Herr soll sterben oder sein Leben mit der Geldsumme
lösen, die ihm die Richter auferlegen. Desgleichen soll Verfahren werden, wenn
der Ochse jemandes Sohn oder Tochter getötet hat. Stößt er aber einen Knecht
oder eine Magd, so soll sein Besitzer dem Herrn der Getöteten dreißig Silbersekel
geben, und den Ochsen soll man steinigen. So jemand eine Zisterne gräbt und
uicht zudeckt, und eines andern Ochs oder Esel fällt hinein, so soll der Herr der
Grube das Tier bezahlen, den Kadaver aber behalten. Wenn jemandes Ochse eines
andern Ochsen totstößt, so sollen sie den lebenden Ochsen verkaufen, das Geld teilen
und den getöteten Ochsen ebenfalls teilen. War aber der Ochse als stößig bekannt,
und sein Herr hat ihn nicht verwahrt, so soll er den Wert des getöteten Tieres
dessen Eigentümer voll ersetzen, den Kadaver aber behalten." In dem ersten der
von Josef angeführten Fälle hätte jeder durch keine juristische Gelehrsamkeit ver¬
wirrte schlichte Mann nicht den gutherzigen Bauer, sondern den betrunknen Knecht
haftbar gemacht, der ja freilich eine so hohe Rente nicht hätte zahlen können; das
wäre dann ein Unglück für die Witwe gewesen, aber das Unglück aus der Welt
K" schaffen ist nicht Aufgabe der Rechtspflege.


Römischer Fanatismus im Zwiespalt mit der Idee des Katholi¬
zismus.

Den im 12. Heft erwähnten Famecker Friedhofskandal hat Professor
^r. Thürlings in Bern sehr hübsch verwandt in einem auf dem sechsten inter-


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Mit 12 Karten und 136 Abbildungen. Velhagen H Klasing. 4 Mark. Das eben¬
falls erst ganz vor kurzem erschienene Buch bildet den 22. Band der von Eduard
Heyl herausgegebnen „Monographien zur Weltgeschichte" und erzählt die Geschichte
der Eroberung des römischen Germaniens mit Verwendung eines reichen Materials,
das durch die Arbeit der Archäologen im letzten Jahrzehnt zutage gefördert worden
ist, und unter Berücksichtigung der bisherigen Fachliteratur. Der Verfasser hat
seine Aufgabe also zwar wissenschaftlich behandelt, aber in einer Form, die auch
dem Laien verständlich ist. Und darin liegt denn auch der Hauptwert des Buches;
es gibt in gemeinverständlicher, gefälliger Sprache einen gründlichen Überblick über
jene Frühgeschichte unsers Volks und führt durch die vielen Abbildungen, Karten
und Pläne tief in das Verständnis für die darin behandelte Geschichtsperiode. Es
ist ein Buch für den Gelehrten, der den Forschungen nahe steht, für den Ge¬
bildeten, der einen Überblick über die dort gewonnenen Ergebnisse haben will, aber
auch ein Heimatbuch für das deutsche Volk und dessen heutige Jugend. Diese ist es
vor allem, für die auch die beiden erstgenannten Bücher geschrieben sind, und deshalb
passen sie so recht in die Schulbibliotheken als Ergänzung des Geschichtsunterrichts
und zur Anschauung für jene Zeit, die in immer hellerm Lichte erscheint, je mehr
sich die Forschung mit ihr beschäftigt. Wir sind noch nicht am Ende, täglich
fast werden an der Weser und an der Lippe im Westen neue Ergebnisse gewonnen,
und mögen die einzelnen Forscher dabei zuweilen hart aneinander geraten, schließlich
k R. Krieg ommt die Arbeit doch der Wissenschaft zugute.


Zum erbarmunglosen Paragraphen.

Eugen Josef erwähnt in seinen
erbaulichen Betrachtungen über die weise Anwendung des Paragraphen von der
Haftbarkeit für Schädigungen, die durch Tiere angerichtet werden, auch die Gesetze
des Königs Hammurabi. Die waren nun den Schöpfern unsers Bürgerlichen Gesetz¬
buches noch nicht bekannt. Dagegen hätten sie als bibelglänbige Christen, die sie
doch ohne Zweifel sind, das mosaische Gesetz kennen müssen. Dieses verfährt in
der fraglichen Materie zwar ein bißchen roh, aber doch insoweit vernünftig, als es
den Herrn des Tieres nur denn haftbar macht, wenn ihm eine bewußte Ver¬
schuldung nachgewiesen werden kann. Es wird 2. Mose 21, 28 bis 36 verordnet:
„Wenn ein Ochse einen Mann oder ein Weib stößt, daß sie sterben, so soll man
den Ochsen steinigen und sein Fleisch nicht essen; der Herr des Ochsen jedoch bleibt
schuldlos. War aber der Ochse schon vorher stößig, hat man das dem Besitzer
angezeigt, und hat dieser ihn nicht verwahrt, so soll man nicht bloß den Ochsen
steinigen, sondern auch dessen Herr soll sterben oder sein Leben mit der Geldsumme
lösen, die ihm die Richter auferlegen. Desgleichen soll Verfahren werden, wenn
der Ochse jemandes Sohn oder Tochter getötet hat. Stößt er aber einen Knecht
oder eine Magd, so soll sein Besitzer dem Herrn der Getöteten dreißig Silbersekel
geben, und den Ochsen soll man steinigen. So jemand eine Zisterne gräbt und
uicht zudeckt, und eines andern Ochs oder Esel fällt hinein, so soll der Herr der
Grube das Tier bezahlen, den Kadaver aber behalten. Wenn jemandes Ochse eines
andern Ochsen totstößt, so sollen sie den lebenden Ochsen verkaufen, das Geld teilen
und den getöteten Ochsen ebenfalls teilen. War aber der Ochse als stößig bekannt,
und sein Herr hat ihn nicht verwahrt, so soll er den Wert des getöteten Tieres
dessen Eigentümer voll ersetzen, den Kadaver aber behalten." In dem ersten der
von Josef angeführten Fälle hätte jeder durch keine juristische Gelehrsamkeit ver¬
wirrte schlichte Mann nicht den gutherzigen Bauer, sondern den betrunknen Knecht
haftbar gemacht, der ja freilich eine so hohe Rente nicht hätte zahlen können; das
wäre dann ein Unglück für die Witwe gewesen, aber das Unglück aus der Welt
K" schaffen ist nicht Aufgabe der Rechtspflege.


Römischer Fanatismus im Zwiespalt mit der Idee des Katholi¬
zismus.

Den im 12. Heft erwähnten Famecker Friedhofskandal hat Professor
^r. Thürlings in Bern sehr hübsch verwandt in einem auf dem sechsten inter-


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[0459] Maßgebliches und Unmaßgebliches Mit 12 Karten und 136 Abbildungen. Velhagen H Klasing. 4 Mark. Das eben¬ falls erst ganz vor kurzem erschienene Buch bildet den 22. Band der von Eduard Heyl herausgegebnen „Monographien zur Weltgeschichte" und erzählt die Geschichte der Eroberung des römischen Germaniens mit Verwendung eines reichen Materials, das durch die Arbeit der Archäologen im letzten Jahrzehnt zutage gefördert worden ist, und unter Berücksichtigung der bisherigen Fachliteratur. Der Verfasser hat seine Aufgabe also zwar wissenschaftlich behandelt, aber in einer Form, die auch dem Laien verständlich ist. Und darin liegt denn auch der Hauptwert des Buches; es gibt in gemeinverständlicher, gefälliger Sprache einen gründlichen Überblick über jene Frühgeschichte unsers Volks und führt durch die vielen Abbildungen, Karten und Pläne tief in das Verständnis für die darin behandelte Geschichtsperiode. Es ist ein Buch für den Gelehrten, der den Forschungen nahe steht, für den Ge¬ bildeten, der einen Überblick über die dort gewonnenen Ergebnisse haben will, aber auch ein Heimatbuch für das deutsche Volk und dessen heutige Jugend. Diese ist es vor allem, für die auch die beiden erstgenannten Bücher geschrieben sind, und deshalb passen sie so recht in die Schulbibliotheken als Ergänzung des Geschichtsunterrichts und zur Anschauung für jene Zeit, die in immer hellerm Lichte erscheint, je mehr sich die Forschung mit ihr beschäftigt. Wir sind noch nicht am Ende, täglich fast werden an der Weser und an der Lippe im Westen neue Ergebnisse gewonnen, und mögen die einzelnen Forscher dabei zuweilen hart aneinander geraten, schließlich k R. Krieg ommt die Arbeit doch der Wissenschaft zugute. Zum erbarmunglosen Paragraphen. Eugen Josef erwähnt in seinen erbaulichen Betrachtungen über die weise Anwendung des Paragraphen von der Haftbarkeit für Schädigungen, die durch Tiere angerichtet werden, auch die Gesetze des Königs Hammurabi. Die waren nun den Schöpfern unsers Bürgerlichen Gesetz¬ buches noch nicht bekannt. Dagegen hätten sie als bibelglänbige Christen, die sie doch ohne Zweifel sind, das mosaische Gesetz kennen müssen. Dieses verfährt in der fraglichen Materie zwar ein bißchen roh, aber doch insoweit vernünftig, als es den Herrn des Tieres nur denn haftbar macht, wenn ihm eine bewußte Ver¬ schuldung nachgewiesen werden kann. Es wird 2. Mose 21, 28 bis 36 verordnet: „Wenn ein Ochse einen Mann oder ein Weib stößt, daß sie sterben, so soll man den Ochsen steinigen und sein Fleisch nicht essen; der Herr des Ochsen jedoch bleibt schuldlos. War aber der Ochse schon vorher stößig, hat man das dem Besitzer angezeigt, und hat dieser ihn nicht verwahrt, so soll man nicht bloß den Ochsen steinigen, sondern auch dessen Herr soll sterben oder sein Leben mit der Geldsumme lösen, die ihm die Richter auferlegen. Desgleichen soll Verfahren werden, wenn der Ochse jemandes Sohn oder Tochter getötet hat. Stößt er aber einen Knecht oder eine Magd, so soll sein Besitzer dem Herrn der Getöteten dreißig Silbersekel geben, und den Ochsen soll man steinigen. So jemand eine Zisterne gräbt und uicht zudeckt, und eines andern Ochs oder Esel fällt hinein, so soll der Herr der Grube das Tier bezahlen, den Kadaver aber behalten. Wenn jemandes Ochse eines andern Ochsen totstößt, so sollen sie den lebenden Ochsen verkaufen, das Geld teilen und den getöteten Ochsen ebenfalls teilen. War aber der Ochse als stößig bekannt, und sein Herr hat ihn nicht verwahrt, so soll er den Wert des getöteten Tieres dessen Eigentümer voll ersetzen, den Kadaver aber behalten." In dem ersten der von Josef angeführten Fälle hätte jeder durch keine juristische Gelehrsamkeit ver¬ wirrte schlichte Mann nicht den gutherzigen Bauer, sondern den betrunknen Knecht haftbar gemacht, der ja freilich eine so hohe Rente nicht hätte zahlen können; das wäre dann ein Unglück für die Witwe gewesen, aber das Unglück aus der Welt K" schaffen ist nicht Aufgabe der Rechtspflege. Römischer Fanatismus im Zwiespalt mit der Idee des Katholi¬ zismus. Den im 12. Heft erwähnten Famecker Friedhofskandal hat Professor ^r. Thürlings in Bern sehr hübsch verwandt in einem auf dem sechsten inter-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_296764/459>, abgerufen am 08.05.2024.