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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr.

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Die Annäherung Deutschlands und der Vereinigten
Staaten

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WRriedrich der Große wurde "als der Souverän, der hierin allen
andern ein Beispiel geben könne," von den unabhängig ge-
wordnen Vereinigten Staaten von Amerika zuerst von allen
Monarchen aufgefordert, einen Freundschafts- und Handelsver¬
trag mit ihnen zu schließen, der dann sofort im Haag zwischen
dem preußischen Gesandten von Thulemcycr und den amerikanischen Bevoll¬
mächtigten Franklin, Jefferson und Adams zustande kam. Auch in dieser
Beziehung seinem Urahn gefolgt zu sein, ist das eigenste Verdienst unsers
Kaisers, der mit echt hohcnzollerischem Scharfblick erkannt hat, daß wie einst
Preußens Großmachtstellung durch Rußlands Freundschaft erst die rechte
Grundlage erhielt, so jetzt der Anteil des neuen Deutschen Reichs an der
Weltherrschaft nur bei einem engern Anschluß an den jugendstarken Freistaat
jenseits des Atlantischen Ozeans gesichert werden kann. Es ist ein Beweis
für die ungenügende Entwicklung unsrer hinter den Weltblättern andrer Na¬
tionen zurückgebliebnen heimatlichen Presse, daß dieser kaiserliche Kurs noch
immer nicht richtig erkannt und gewürdigt wird, während ein Blick in eng¬
lische Zeitungen genügt, deren nervöse Angst vor einer wirklichen Freundschaft
der beiden andern Völker teutonischer Rasse zu erkennen, zumal wenn sich die
Lntsnts gegen Albion selbst richten sollte. Daß Großbritanniens schöne
Herrsch erträume mit dem Tage aus sind, wo die Vereinigten Staaten in
nähere Beziehungen zu irgendeiner der europäischen Mächte treten, weiß jeder
Politiker an der Themse, und auch, daß Roosevelt sich durch keine Rücksichten
abhalten lassen würde, Kanada zu nehmen, sobald er glaubt, daß dies im
Interesse seines Landes liege -- sagte er doch in seiner 18S6 erschienenen
Abhandlung über die Monroedoktrin: "Einen Krieg mit England würden
wir sehr bedauern, unendlich mehr aber Englands wegen, das dann Kanada
verlieren müßte."

Die ^88ooig.wÄ ?rss8 hat den englischen Giftbrunnen, aus dem bis vor
wenig Jahren ausschließlich die amerikanischen Zeitungen ihre Nachrichten über
Deutschland bezogen, unschädlich gemacht, indem sie in Berlin eine Agentur


Grenzboten II 1905 5ß


Die Annäherung Deutschlands und der Vereinigten
Staaten

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WRriedrich der Große wurde „als der Souverän, der hierin allen
andern ein Beispiel geben könne," von den unabhängig ge-
wordnen Vereinigten Staaten von Amerika zuerst von allen
Monarchen aufgefordert, einen Freundschafts- und Handelsver¬
trag mit ihnen zu schließen, der dann sofort im Haag zwischen
dem preußischen Gesandten von Thulemcycr und den amerikanischen Bevoll¬
mächtigten Franklin, Jefferson und Adams zustande kam. Auch in dieser
Beziehung seinem Urahn gefolgt zu sein, ist das eigenste Verdienst unsers
Kaisers, der mit echt hohcnzollerischem Scharfblick erkannt hat, daß wie einst
Preußens Großmachtstellung durch Rußlands Freundschaft erst die rechte
Grundlage erhielt, so jetzt der Anteil des neuen Deutschen Reichs an der
Weltherrschaft nur bei einem engern Anschluß an den jugendstarken Freistaat
jenseits des Atlantischen Ozeans gesichert werden kann. Es ist ein Beweis
für die ungenügende Entwicklung unsrer hinter den Weltblättern andrer Na¬
tionen zurückgebliebnen heimatlichen Presse, daß dieser kaiserliche Kurs noch
immer nicht richtig erkannt und gewürdigt wird, während ein Blick in eng¬
lische Zeitungen genügt, deren nervöse Angst vor einer wirklichen Freundschaft
der beiden andern Völker teutonischer Rasse zu erkennen, zumal wenn sich die
Lntsnts gegen Albion selbst richten sollte. Daß Großbritanniens schöne
Herrsch erträume mit dem Tage aus sind, wo die Vereinigten Staaten in
nähere Beziehungen zu irgendeiner der europäischen Mächte treten, weiß jeder
Politiker an der Themse, und auch, daß Roosevelt sich durch keine Rücksichten
abhalten lassen würde, Kanada zu nehmen, sobald er glaubt, daß dies im
Interesse seines Landes liege — sagte er doch in seiner 18S6 erschienenen
Abhandlung über die Monroedoktrin: „Einen Krieg mit England würden
wir sehr bedauern, unendlich mehr aber Englands wegen, das dann Kanada
verlieren müßte."

Die ^88ooig.wÄ ?rss8 hat den englischen Giftbrunnen, aus dem bis vor
wenig Jahren ausschließlich die amerikanischen Zeitungen ihre Nachrichten über
Deutschland bezogen, unschädlich gemacht, indem sie in Berlin eine Agentur


Grenzboten II 1905 5ß
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[0461] [Abbildung] Die Annäherung Deutschlands und der Vereinigten Staaten !MH WRriedrich der Große wurde „als der Souverän, der hierin allen andern ein Beispiel geben könne," von den unabhängig ge- wordnen Vereinigten Staaten von Amerika zuerst von allen Monarchen aufgefordert, einen Freundschafts- und Handelsver¬ trag mit ihnen zu schließen, der dann sofort im Haag zwischen dem preußischen Gesandten von Thulemcycr und den amerikanischen Bevoll¬ mächtigten Franklin, Jefferson und Adams zustande kam. Auch in dieser Beziehung seinem Urahn gefolgt zu sein, ist das eigenste Verdienst unsers Kaisers, der mit echt hohcnzollerischem Scharfblick erkannt hat, daß wie einst Preußens Großmachtstellung durch Rußlands Freundschaft erst die rechte Grundlage erhielt, so jetzt der Anteil des neuen Deutschen Reichs an der Weltherrschaft nur bei einem engern Anschluß an den jugendstarken Freistaat jenseits des Atlantischen Ozeans gesichert werden kann. Es ist ein Beweis für die ungenügende Entwicklung unsrer hinter den Weltblättern andrer Na¬ tionen zurückgebliebnen heimatlichen Presse, daß dieser kaiserliche Kurs noch immer nicht richtig erkannt und gewürdigt wird, während ein Blick in eng¬ lische Zeitungen genügt, deren nervöse Angst vor einer wirklichen Freundschaft der beiden andern Völker teutonischer Rasse zu erkennen, zumal wenn sich die Lntsnts gegen Albion selbst richten sollte. Daß Großbritanniens schöne Herrsch erträume mit dem Tage aus sind, wo die Vereinigten Staaten in nähere Beziehungen zu irgendeiner der europäischen Mächte treten, weiß jeder Politiker an der Themse, und auch, daß Roosevelt sich durch keine Rücksichten abhalten lassen würde, Kanada zu nehmen, sobald er glaubt, daß dies im Interesse seines Landes liege — sagte er doch in seiner 18S6 erschienenen Abhandlung über die Monroedoktrin: „Einen Krieg mit England würden wir sehr bedauern, unendlich mehr aber Englands wegen, das dann Kanada verlieren müßte." Die ^88ooig.wÄ ?rss8 hat den englischen Giftbrunnen, aus dem bis vor wenig Jahren ausschließlich die amerikanischen Zeitungen ihre Nachrichten über Deutschland bezogen, unschädlich gemacht, indem sie in Berlin eine Agentur Grenzboten II 1905 5ß

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_296764/461>, abgerufen am 07.05.2024.