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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

einem andern Weltteil längere Zeit gelebt hätte, keiner unsrer alten Afrikaner, kein
ehemaliger Seeoffizier; ein recht deutlicher Beweis, wie sehr bei den Wahlen nicht
die Interessen der Gesamtheit, sondern Parteiinteressen den Ausschlag geben.
Sollte es nicht möglich sein, eine Anzahl solcher Persönlichkeiten, die geneigt wären,
ein Mandat anzunehmen, zu ermitteln und mit den in Betracht kommenden
Parteien in Fühlung zu bringen? Eigentlich sollte es die Aufgabe der auf
nationalem Boden stehenden Parteien sein, solche Männer in ihre Parteivorstände
zu berufen. Aber freilich, die notwendigste Partei: eine nationale Wirt
¬
"Z* schaftspartei



Die Kapitulation von Port Arthur.

Schneller als bei der Niederschrift
der "Silvesterbetrachtuug" erwartet werden konnte, ist die Katastrophe über das
heldenmütig verteidigte Port Arthur hereingebrochen: am 2. Januar hat die Festung,
das stärkste Bollwerk Rußlands im äußersten Osten, kapituliert. Das aber ist wahr¬
scheinlich die für den ganzen Krieg entscheidende Tntsache. Die Voraussetzung, von
der die Absenkung der baltischen Flotte nach Ostasien ausging, ist zusammengebrochen.
Das russische Geschwader, das jetzt nnter Admirnl Roschdjestwenskij bei Diego Suarez
an der Nordspitze von Madagaskar vereinigt ist, kann Port Arthur nicht mehr ent¬
setzen und hat damit den einzig möglichen Zufluchts- und Reparaturhafen verloren,
der für seine Operationen in Betracht kam, denn Wladiwostok ist mindestens bis in
den Februar hinein vom Eise blockiert und wäre für die russische Flotte nur dann
erreichbar, wenn es ihr gelänge, die Japaner in den indischen oder den chinesischen
Gewässern entscheidend, womöglich vernichtend zu schlagen und sich damit den Weg an
Japan und Korea vorbei frei zu machen. Dazu ist aber die Aussicht sehr gering,
Roschdjestwenskij verfügt alles in allem über sieben Linienschiffe, acht Kreuzer und
sieben große Torpedoboote. Von den sieben Schlachtschiffen aber sind nur vier bis
fünf ganz leistungsfähig und den fünf japanischen an Stärke gewachsen; den zwei
sidem russischen Panzerkreuzern kann Japan sieben zum Teil ganz neue gegen-
überstellen, den sechs nur schwach geschützten russischen Panzerdeckkreuzern fünfzehn.
Dazu sind nach den bisherigen Erfahrungen die Japaner in Führung und Be¬
mannung den Russen weit überlegen (vgl. General Lignitz in der Deutschen Revue,
Januarheft S. 43). Auch in dem danach unwahrscheinlichen Falle eines russischen
Seesiegs in den indischen Gewässern -- japanische Kreuzer haben sich schon bei
Singapur gezeigt -- würden die beschädigten russischen Schiffe nur in einem neu¬
tralen Hafen Zuflucht finden, und wenn sie nicht nach vierundzwanzig Stunden
wieder abdampfen könnten, dort entwaffnet werden müssen, also für die Flotte
verloren sein; im Fall einer Niederlage wäre die Situation noch viel schlimmer.
Bleibt den Japanern auch ferner das Kriegsglück zur See treu, behaupten sie die
Seeherrschaft, so würden auch große russische Landsiege Japan nicht völlig über¬
wältigen können. Aus der Mandschurei würden sie ja verdrängt werden können,
Qber eine Belagerung Port Arthurs, das die Japaner inzwischen sicherlich völlig
wiederherstellen und womöglich noch verstärken werden, würde uicht zum Ziele
führen, solange die Japaner die See und also auch den Landzugang nach Port
Arthur beherrschen. Auch Korea zu erobern würde für die Russen schon deshalb
sehr schwierig sein, weil sie bei ihrem Vormarsch jederzeit kräftigen und über¬
raschenden Flankenstößen der Japaner von der See her ausgesetzt wären. Von
einem Angriff auf Japan selbst wäre vollends gar keine Rede. Käme es um¬
gekehrt, denn würden die Japaner alle errungnen Vorteile verlieren und sogar
von der Heimat abgeschnitten werden können, also einer Katastrophe zutreiben.
Deshalb wollen ja nnn auch die Russen um jeden Preis den Japanern die See-
Herrschaft entreißen. Deshalb rüsten sie jetzt in Libau ein drittes Geschwader, aber
aus ältern Schiffen, und erst wenn die drei besten Linienschiffe ihrer Pontusflotte
den Indischen Ozean erreichen könnten -- wozu gar keine Aussicht ist --, könnten
sie wenigstens eine zahlenmäßige Überlegenheit erlangen. Die Schiffe, die noch im


Grenzboten I 1905 Is
Maßgebliches und Unmaßgebliches

einem andern Weltteil längere Zeit gelebt hätte, keiner unsrer alten Afrikaner, kein
ehemaliger Seeoffizier; ein recht deutlicher Beweis, wie sehr bei den Wahlen nicht
die Interessen der Gesamtheit, sondern Parteiinteressen den Ausschlag geben.
Sollte es nicht möglich sein, eine Anzahl solcher Persönlichkeiten, die geneigt wären,
ein Mandat anzunehmen, zu ermitteln und mit den in Betracht kommenden
Parteien in Fühlung zu bringen? Eigentlich sollte es die Aufgabe der auf
nationalem Boden stehenden Parteien sein, solche Männer in ihre Parteivorstände
zu berufen. Aber freilich, die notwendigste Partei: eine nationale Wirt
¬
»Z* schaftspartei



Die Kapitulation von Port Arthur.

Schneller als bei der Niederschrift
der „Silvesterbetrachtuug" erwartet werden konnte, ist die Katastrophe über das
heldenmütig verteidigte Port Arthur hereingebrochen: am 2. Januar hat die Festung,
das stärkste Bollwerk Rußlands im äußersten Osten, kapituliert. Das aber ist wahr¬
scheinlich die für den ganzen Krieg entscheidende Tntsache. Die Voraussetzung, von
der die Absenkung der baltischen Flotte nach Ostasien ausging, ist zusammengebrochen.
Das russische Geschwader, das jetzt nnter Admirnl Roschdjestwenskij bei Diego Suarez
an der Nordspitze von Madagaskar vereinigt ist, kann Port Arthur nicht mehr ent¬
setzen und hat damit den einzig möglichen Zufluchts- und Reparaturhafen verloren,
der für seine Operationen in Betracht kam, denn Wladiwostok ist mindestens bis in
den Februar hinein vom Eise blockiert und wäre für die russische Flotte nur dann
erreichbar, wenn es ihr gelänge, die Japaner in den indischen oder den chinesischen
Gewässern entscheidend, womöglich vernichtend zu schlagen und sich damit den Weg an
Japan und Korea vorbei frei zu machen. Dazu ist aber die Aussicht sehr gering,
Roschdjestwenskij verfügt alles in allem über sieben Linienschiffe, acht Kreuzer und
sieben große Torpedoboote. Von den sieben Schlachtschiffen aber sind nur vier bis
fünf ganz leistungsfähig und den fünf japanischen an Stärke gewachsen; den zwei
sidem russischen Panzerkreuzern kann Japan sieben zum Teil ganz neue gegen-
überstellen, den sechs nur schwach geschützten russischen Panzerdeckkreuzern fünfzehn.
Dazu sind nach den bisherigen Erfahrungen die Japaner in Führung und Be¬
mannung den Russen weit überlegen (vgl. General Lignitz in der Deutschen Revue,
Januarheft S. 43). Auch in dem danach unwahrscheinlichen Falle eines russischen
Seesiegs in den indischen Gewässern — japanische Kreuzer haben sich schon bei
Singapur gezeigt — würden die beschädigten russischen Schiffe nur in einem neu¬
tralen Hafen Zuflucht finden, und wenn sie nicht nach vierundzwanzig Stunden
wieder abdampfen könnten, dort entwaffnet werden müssen, also für die Flotte
verloren sein; im Fall einer Niederlage wäre die Situation noch viel schlimmer.
Bleibt den Japanern auch ferner das Kriegsglück zur See treu, behaupten sie die
Seeherrschaft, so würden auch große russische Landsiege Japan nicht völlig über¬
wältigen können. Aus der Mandschurei würden sie ja verdrängt werden können,
Qber eine Belagerung Port Arthurs, das die Japaner inzwischen sicherlich völlig
wiederherstellen und womöglich noch verstärken werden, würde uicht zum Ziele
führen, solange die Japaner die See und also auch den Landzugang nach Port
Arthur beherrschen. Auch Korea zu erobern würde für die Russen schon deshalb
sehr schwierig sein, weil sie bei ihrem Vormarsch jederzeit kräftigen und über¬
raschenden Flankenstößen der Japaner von der See her ausgesetzt wären. Von
einem Angriff auf Japan selbst wäre vollends gar keine Rede. Käme es um¬
gekehrt, denn würden die Japaner alle errungnen Vorteile verlieren und sogar
von der Heimat abgeschnitten werden können, also einer Katastrophe zutreiben.
Deshalb wollen ja nnn auch die Russen um jeden Preis den Japanern die See-
Herrschaft entreißen. Deshalb rüsten sie jetzt in Libau ein drittes Geschwader, aber
aus ältern Schiffen, und erst wenn die drei besten Linienschiffe ihrer Pontusflotte
den Indischen Ozean erreichen könnten — wozu gar keine Aussicht ist —, könnten
sie wenigstens eine zahlenmäßige Überlegenheit erlangen. Die Schiffe, die noch im


Grenzboten I 1905 Is
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[0125] Maßgebliches und Unmaßgebliches einem andern Weltteil längere Zeit gelebt hätte, keiner unsrer alten Afrikaner, kein ehemaliger Seeoffizier; ein recht deutlicher Beweis, wie sehr bei den Wahlen nicht die Interessen der Gesamtheit, sondern Parteiinteressen den Ausschlag geben. Sollte es nicht möglich sein, eine Anzahl solcher Persönlichkeiten, die geneigt wären, ein Mandat anzunehmen, zu ermitteln und mit den in Betracht kommenden Parteien in Fühlung zu bringen? Eigentlich sollte es die Aufgabe der auf nationalem Boden stehenden Parteien sein, solche Männer in ihre Parteivorstände zu berufen. Aber freilich, die notwendigste Partei: eine nationale Wirt ¬ »Z* schaftspartei Die Kapitulation von Port Arthur. Schneller als bei der Niederschrift der „Silvesterbetrachtuug" erwartet werden konnte, ist die Katastrophe über das heldenmütig verteidigte Port Arthur hereingebrochen: am 2. Januar hat die Festung, das stärkste Bollwerk Rußlands im äußersten Osten, kapituliert. Das aber ist wahr¬ scheinlich die für den ganzen Krieg entscheidende Tntsache. Die Voraussetzung, von der die Absenkung der baltischen Flotte nach Ostasien ausging, ist zusammengebrochen. Das russische Geschwader, das jetzt nnter Admirnl Roschdjestwenskij bei Diego Suarez an der Nordspitze von Madagaskar vereinigt ist, kann Port Arthur nicht mehr ent¬ setzen und hat damit den einzig möglichen Zufluchts- und Reparaturhafen verloren, der für seine Operationen in Betracht kam, denn Wladiwostok ist mindestens bis in den Februar hinein vom Eise blockiert und wäre für die russische Flotte nur dann erreichbar, wenn es ihr gelänge, die Japaner in den indischen oder den chinesischen Gewässern entscheidend, womöglich vernichtend zu schlagen und sich damit den Weg an Japan und Korea vorbei frei zu machen. Dazu ist aber die Aussicht sehr gering, Roschdjestwenskij verfügt alles in allem über sieben Linienschiffe, acht Kreuzer und sieben große Torpedoboote. Von den sieben Schlachtschiffen aber sind nur vier bis fünf ganz leistungsfähig und den fünf japanischen an Stärke gewachsen; den zwei sidem russischen Panzerkreuzern kann Japan sieben zum Teil ganz neue gegen- überstellen, den sechs nur schwach geschützten russischen Panzerdeckkreuzern fünfzehn. Dazu sind nach den bisherigen Erfahrungen die Japaner in Führung und Be¬ mannung den Russen weit überlegen (vgl. General Lignitz in der Deutschen Revue, Januarheft S. 43). Auch in dem danach unwahrscheinlichen Falle eines russischen Seesiegs in den indischen Gewässern — japanische Kreuzer haben sich schon bei Singapur gezeigt — würden die beschädigten russischen Schiffe nur in einem neu¬ tralen Hafen Zuflucht finden, und wenn sie nicht nach vierundzwanzig Stunden wieder abdampfen könnten, dort entwaffnet werden müssen, also für die Flotte verloren sein; im Fall einer Niederlage wäre die Situation noch viel schlimmer. Bleibt den Japanern auch ferner das Kriegsglück zur See treu, behaupten sie die Seeherrschaft, so würden auch große russische Landsiege Japan nicht völlig über¬ wältigen können. Aus der Mandschurei würden sie ja verdrängt werden können, Qber eine Belagerung Port Arthurs, das die Japaner inzwischen sicherlich völlig wiederherstellen und womöglich noch verstärken werden, würde uicht zum Ziele führen, solange die Japaner die See und also auch den Landzugang nach Port Arthur beherrschen. Auch Korea zu erobern würde für die Russen schon deshalb sehr schwierig sein, weil sie bei ihrem Vormarsch jederzeit kräftigen und über¬ raschenden Flankenstößen der Japaner von der See her ausgesetzt wären. Von einem Angriff auf Japan selbst wäre vollends gar keine Rede. Käme es um¬ gekehrt, denn würden die Japaner alle errungnen Vorteile verlieren und sogar von der Heimat abgeschnitten werden können, also einer Katastrophe zutreiben. Deshalb wollen ja nnn auch die Russen um jeden Preis den Japanern die See- Herrschaft entreißen. Deshalb rüsten sie jetzt in Libau ein drittes Geschwader, aber aus ältern Schiffen, und erst wenn die drei besten Linienschiffe ihrer Pontusflotte den Indischen Ozean erreichen könnten — wozu gar keine Aussicht ist —, könnten sie wenigstens eine zahlenmäßige Überlegenheit erlangen. Die Schiffe, die noch im Grenzboten I 1905 Is

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_87477/125>, abgerufen am 03.05.2024.