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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

durch seine persönlichen Eigenschaften, seine Überlegenheit, seine Kraft, als auch
durch das rücksichtslose Einsetzen aller in seiner Hand liegenden Mittel des Staats für
seine Ziele. Graf Bülow ist sogar Bebel gegenüber noch niemals ans der Rolle des
mir sachlich fechtenden Staatsmannes herausgetreten. Persönliche Gegnerschaft liegt
ihm fern. Er hat sie bisher von niemand im Parlament erfahren, er hat sie gegen
niemand geübt. Er ist nicht der Achill der parlamentarischen Schlacht, nicht der
Telamonier des staatlichen Heeres. Er treibt nicht seine Gegner zur Karreestellung
zusammen, um siegln dieser dnrch einen niederschmetternder Angriff zu vernichten,
er versteht es, ihre Reihen vor der Schlacht zu schwächen. Seine Methode ist
nicht die heroische Bismarcks, dazu sind auch die Zeiten und die Verhältnisse nicht
angetan, aber er kommt auf seine Art auch zum Ziele. Bismarck hat die Knoten
durchgehauen, Bülow löst sie auf. Sein Haupthilfsmittel dazu ist -- die Geduld.
Bismarck hat in den letzten Jahren seines Lebens oft den Ausspruch wiederholt:
Ein Staatsmann muß warten können! Ungeduld kommt meist immer nur dem
Gegner zustatten. Bülow versteht es meisterhaft, zu warten und den Gegner, den
er in der Rüstung vielleicht nicht zu bezwingen vermag, unizustimmen und weich
zu machen. Man hat in den letzten Wochen viel von dem "Glück" des Grafen
Bülow gesprochen. Der Ruf einer glücklichen Hand ging ihm ja voraus, aber
sonst ist sein Glück nicht größer, als das Bismarcks beim Tode Friedrichs des
Siebenten von Dänemark war. Auch der genialste Staatsmann oder Feldherr
bedarf des Glückes zu seinen Erfolgen, im übrigen wollen wir mit diesen selbst
zufrieden sein und dem Auslande das Kopfzerbrechen überlassen, ob mehr Glück
oder mehr Genie des Reichskanzlers uns dazu verholfen habe.

Sein Februar-Doppelsieg hat zu einer großen Wendung der innern Lage
geführt; mögen die Parteien, die an dem Blühen und Gedeihen des Vaterlandes
ein Interesse haben, diese Wendung geschickt benutzen und ausnutzen. Unsre Staats¬
politik hat, wenn auch vielleicht noch nicht in allen Fragen der einzelnen Ressorts,
das große freie Fahrwasser der Bismarckischen Politik wieder erreicht,
die Wendung von Cciprivi zu Bismarck ist vollzogen, und für die Parteien gilt
fortan, was Bismarck bei den Varziner Verhandlungen 1877 zu Bennigsen sagte:
"Ich liege mit dem Dampfer an der Station und warte auf Ihr Einsteigen."
Der Segen des Kanals und der Handelsverträge muß zunächst darin bestehn, daß
sie uns eine starke und zuverlässige nationale Mehrheit in die Parlamente bringen.
Ist "z" erst das Heer da -- der Führer wird ihm nicht fehlen.




Die russische Verfassungsfrage.

In Rußland wirkt die faulige Gärung-,
weiter, sie breitet sich aus, sie greift tiefer, sie lähmt weithin die Industrie
und den Verkehr, aber nirgends kommt es zu einer energischen revolutionären
Erhebung; denn Rußland ist trotz allem Absolutismus nicht im entferntesten so-
zentralisiert wie Frankreich, weder Moskau noch Petersburg ist in dem Sinne
maßgebend wie Paris, die großen Mittelpunkte sind voneinander zu weit entfernt,
und die Elemente, von denen die Bewegung getragen wird, wirken nicht zusammen,
denn sie hat zwei Ausgangspunkte und geht nach zwei Richtungen. Die Auf¬
stände der Fabrikarbeiter, die beiläufig auch erkennen lassen, welche bedeutende
Industrie in Rußland doch aufgekommen ist, haben ein rein soziales Ziel, die
Verbesserung der Lage der Arbeiter, und dieses Ziel bringt die Arbeiter mit dem
Unternehmertum, also einem Teile der "Intelligenz," in Gegensatz; die "In¬
telligenz," die Vertreter der Wissenschaft, der höhere Bürgerstand, ein Teil des
Adels, will vor allem eine politische Reform, eine Verfassung. Die große Masse
des Volks aber, die Bauernschaft, bleibt völlig teilnahmlos oder erwartet eine
Besserung ihrer Lage von der zarischen Autokratie. Man sage nun nicht, die
"Konstitutionellen" seien höchstens zwei Millionen von hundert Millionen, kämen
also nicht besonders in Betracht. In Betracht kommt überall die lebendige Kruft^


Maßgebliches und Unmaßgebliches

durch seine persönlichen Eigenschaften, seine Überlegenheit, seine Kraft, als auch
durch das rücksichtslose Einsetzen aller in seiner Hand liegenden Mittel des Staats für
seine Ziele. Graf Bülow ist sogar Bebel gegenüber noch niemals ans der Rolle des
mir sachlich fechtenden Staatsmannes herausgetreten. Persönliche Gegnerschaft liegt
ihm fern. Er hat sie bisher von niemand im Parlament erfahren, er hat sie gegen
niemand geübt. Er ist nicht der Achill der parlamentarischen Schlacht, nicht der
Telamonier des staatlichen Heeres. Er treibt nicht seine Gegner zur Karreestellung
zusammen, um siegln dieser dnrch einen niederschmetternder Angriff zu vernichten,
er versteht es, ihre Reihen vor der Schlacht zu schwächen. Seine Methode ist
nicht die heroische Bismarcks, dazu sind auch die Zeiten und die Verhältnisse nicht
angetan, aber er kommt auf seine Art auch zum Ziele. Bismarck hat die Knoten
durchgehauen, Bülow löst sie auf. Sein Haupthilfsmittel dazu ist — die Geduld.
Bismarck hat in den letzten Jahren seines Lebens oft den Ausspruch wiederholt:
Ein Staatsmann muß warten können! Ungeduld kommt meist immer nur dem
Gegner zustatten. Bülow versteht es meisterhaft, zu warten und den Gegner, den
er in der Rüstung vielleicht nicht zu bezwingen vermag, unizustimmen und weich
zu machen. Man hat in den letzten Wochen viel von dem „Glück" des Grafen
Bülow gesprochen. Der Ruf einer glücklichen Hand ging ihm ja voraus, aber
sonst ist sein Glück nicht größer, als das Bismarcks beim Tode Friedrichs des
Siebenten von Dänemark war. Auch der genialste Staatsmann oder Feldherr
bedarf des Glückes zu seinen Erfolgen, im übrigen wollen wir mit diesen selbst
zufrieden sein und dem Auslande das Kopfzerbrechen überlassen, ob mehr Glück
oder mehr Genie des Reichskanzlers uns dazu verholfen habe.

Sein Februar-Doppelsieg hat zu einer großen Wendung der innern Lage
geführt; mögen die Parteien, die an dem Blühen und Gedeihen des Vaterlandes
ein Interesse haben, diese Wendung geschickt benutzen und ausnutzen. Unsre Staats¬
politik hat, wenn auch vielleicht noch nicht in allen Fragen der einzelnen Ressorts,
das große freie Fahrwasser der Bismarckischen Politik wieder erreicht,
die Wendung von Cciprivi zu Bismarck ist vollzogen, und für die Parteien gilt
fortan, was Bismarck bei den Varziner Verhandlungen 1877 zu Bennigsen sagte:
„Ich liege mit dem Dampfer an der Station und warte auf Ihr Einsteigen."
Der Segen des Kanals und der Handelsverträge muß zunächst darin bestehn, daß
sie uns eine starke und zuverlässige nationale Mehrheit in die Parlamente bringen.
Ist »z» erst das Heer da — der Führer wird ihm nicht fehlen.




Die russische Verfassungsfrage.

In Rußland wirkt die faulige Gärung-,
weiter, sie breitet sich aus, sie greift tiefer, sie lähmt weithin die Industrie
und den Verkehr, aber nirgends kommt es zu einer energischen revolutionären
Erhebung; denn Rußland ist trotz allem Absolutismus nicht im entferntesten so-
zentralisiert wie Frankreich, weder Moskau noch Petersburg ist in dem Sinne
maßgebend wie Paris, die großen Mittelpunkte sind voneinander zu weit entfernt,
und die Elemente, von denen die Bewegung getragen wird, wirken nicht zusammen,
denn sie hat zwei Ausgangspunkte und geht nach zwei Richtungen. Die Auf¬
stände der Fabrikarbeiter, die beiläufig auch erkennen lassen, welche bedeutende
Industrie in Rußland doch aufgekommen ist, haben ein rein soziales Ziel, die
Verbesserung der Lage der Arbeiter, und dieses Ziel bringt die Arbeiter mit dem
Unternehmertum, also einem Teile der „Intelligenz," in Gegensatz; die „In¬
telligenz," die Vertreter der Wissenschaft, der höhere Bürgerstand, ein Teil des
Adels, will vor allem eine politische Reform, eine Verfassung. Die große Masse
des Volks aber, die Bauernschaft, bleibt völlig teilnahmlos oder erwartet eine
Besserung ihrer Lage von der zarischen Autokratie. Man sage nun nicht, die
„Konstitutionellen" seien höchstens zwei Millionen von hundert Millionen, kämen
also nicht besonders in Betracht. In Betracht kommt überall die lebendige Kruft^


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[0526] Maßgebliches und Unmaßgebliches durch seine persönlichen Eigenschaften, seine Überlegenheit, seine Kraft, als auch durch das rücksichtslose Einsetzen aller in seiner Hand liegenden Mittel des Staats für seine Ziele. Graf Bülow ist sogar Bebel gegenüber noch niemals ans der Rolle des mir sachlich fechtenden Staatsmannes herausgetreten. Persönliche Gegnerschaft liegt ihm fern. Er hat sie bisher von niemand im Parlament erfahren, er hat sie gegen niemand geübt. Er ist nicht der Achill der parlamentarischen Schlacht, nicht der Telamonier des staatlichen Heeres. Er treibt nicht seine Gegner zur Karreestellung zusammen, um siegln dieser dnrch einen niederschmetternder Angriff zu vernichten, er versteht es, ihre Reihen vor der Schlacht zu schwächen. Seine Methode ist nicht die heroische Bismarcks, dazu sind auch die Zeiten und die Verhältnisse nicht angetan, aber er kommt auf seine Art auch zum Ziele. Bismarck hat die Knoten durchgehauen, Bülow löst sie auf. Sein Haupthilfsmittel dazu ist — die Geduld. Bismarck hat in den letzten Jahren seines Lebens oft den Ausspruch wiederholt: Ein Staatsmann muß warten können! Ungeduld kommt meist immer nur dem Gegner zustatten. Bülow versteht es meisterhaft, zu warten und den Gegner, den er in der Rüstung vielleicht nicht zu bezwingen vermag, unizustimmen und weich zu machen. Man hat in den letzten Wochen viel von dem „Glück" des Grafen Bülow gesprochen. Der Ruf einer glücklichen Hand ging ihm ja voraus, aber sonst ist sein Glück nicht größer, als das Bismarcks beim Tode Friedrichs des Siebenten von Dänemark war. Auch der genialste Staatsmann oder Feldherr bedarf des Glückes zu seinen Erfolgen, im übrigen wollen wir mit diesen selbst zufrieden sein und dem Auslande das Kopfzerbrechen überlassen, ob mehr Glück oder mehr Genie des Reichskanzlers uns dazu verholfen habe. Sein Februar-Doppelsieg hat zu einer großen Wendung der innern Lage geführt; mögen die Parteien, die an dem Blühen und Gedeihen des Vaterlandes ein Interesse haben, diese Wendung geschickt benutzen und ausnutzen. Unsre Staats¬ politik hat, wenn auch vielleicht noch nicht in allen Fragen der einzelnen Ressorts, das große freie Fahrwasser der Bismarckischen Politik wieder erreicht, die Wendung von Cciprivi zu Bismarck ist vollzogen, und für die Parteien gilt fortan, was Bismarck bei den Varziner Verhandlungen 1877 zu Bennigsen sagte: „Ich liege mit dem Dampfer an der Station und warte auf Ihr Einsteigen." Der Segen des Kanals und der Handelsverträge muß zunächst darin bestehn, daß sie uns eine starke und zuverlässige nationale Mehrheit in die Parlamente bringen. Ist »z» erst das Heer da — der Führer wird ihm nicht fehlen. Die russische Verfassungsfrage. In Rußland wirkt die faulige Gärung-, weiter, sie breitet sich aus, sie greift tiefer, sie lähmt weithin die Industrie und den Verkehr, aber nirgends kommt es zu einer energischen revolutionären Erhebung; denn Rußland ist trotz allem Absolutismus nicht im entferntesten so- zentralisiert wie Frankreich, weder Moskau noch Petersburg ist in dem Sinne maßgebend wie Paris, die großen Mittelpunkte sind voneinander zu weit entfernt, und die Elemente, von denen die Bewegung getragen wird, wirken nicht zusammen, denn sie hat zwei Ausgangspunkte und geht nach zwei Richtungen. Die Auf¬ stände der Fabrikarbeiter, die beiläufig auch erkennen lassen, welche bedeutende Industrie in Rußland doch aufgekommen ist, haben ein rein soziales Ziel, die Verbesserung der Lage der Arbeiter, und dieses Ziel bringt die Arbeiter mit dem Unternehmertum, also einem Teile der „Intelligenz," in Gegensatz; die „In¬ telligenz," die Vertreter der Wissenschaft, der höhere Bürgerstand, ein Teil des Adels, will vor allem eine politische Reform, eine Verfassung. Die große Masse des Volks aber, die Bauernschaft, bleibt völlig teilnahmlos oder erwartet eine Besserung ihrer Lage von der zarischen Autokratie. Man sage nun nicht, die „Konstitutionellen" seien höchstens zwei Millionen von hundert Millionen, kämen also nicht besonders in Betracht. In Betracht kommt überall die lebendige Kruft^

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_87477/526>, abgerufen am 03.05.2024.