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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

zu verlangen. Denn niemals hätte eine verstärkte Marineforderung einen besser
vorbereiteten Boden im deutschen Volke gefunden als im gegenwärtigen Augenblicke,
wo wir sehen, wie die feindselige Haltung der Westmächte die Erkenntnis von der
Notwendigkeit einer starken Seewehr bis tief in die Reihen der freisinnigen Volks-
partei getragen hat. Wenn nun aber auch die Regierung darauf verzichtet hat,
diese Gunst der Lage auszunutzen, so müßte doch der Reichstag mindestens darauf
bestehn, daß diese dreizehn Figuranten nicht mehr als Linienschiffe in Anrechnung
kommen. Als Schulschiffe mögen sie sich noch eine Reihe von Jahren nützlich machen
können. Die Ausmerzung dieser für den Geschwaderkampf untciuglicheu Fahrzeuge
ist sogar dann geboten, wenn sich die beschleunigte Inangriffnahme der Ersatzbauten
nicht sofort durchführen ließe. Denn die klaffende Lücke, die dnrch die Streichung
dieser dreizehn entstünde, würde die wirkliche Stärke oder vielmehr Schwäche unsrer
Linienschiffsflotte erst klar enthüllen. Achtunddreißig Schiffe, mit Einschluß der
Mciterinlrcserve, soll diese zählen, und in Wirklichkeit haben wir davon erst achtzehn
fertig, nämlich die vier übrigens anch schon veralteten Schiffe der Brandenbnrg-
klasse, zehn der Kaiser- und der Wittelsbachklasse und die vier bis jetzt vollendeten
Panzer des Braunschweigtyps. Inland und Ausland würden dann erkennen, wie¬
viel am Sollbestande der Schlnchtflotte noch fehlt. Dabei stehn unsre bisher ge¬
bauten Linienschiffe an Größe und danach an Kampfstärke hinter den Linienschiffen
der andern Seemächte zurück. England hat vor Jahresfrist eine große Anzahl
von Fahrzeugen ans der Liste der aktiven Kriegsflotte gestrichen, darunter dreizehn
Linienschiffe. Von diesen sind elf jünger als unsre Sachsenklasse. Unter diesen elf
sind sechs erst in den Jahren 1884 bis 1887 vom Stapel gelaufen, haben eine
Wasserverdrängung von 10500 bis 10800 Tonnen, laufen 16 bis 17 Knoten
und übertreffen unsre Sachsenklasse an Kampfkraft bei weitem!

Unsre Flotte wird immer kleiner sein als die englische, um so mehr sind wir
verpflichtet, dafür zu sorgen, daß sie nur aus Schiffen erster Güte besteht. Möge
sich der Reichstag dieser Pflicht bewußt sein!


Nvininissv uollsstuill est.

Kurz vor Weihnachten las ich in einem Schüler¬
aufsatze den Satz: "Infolge dieser Vorzüge der französischen Küste werden wir an
unserm westlichen Nachbar allezeit einen gefährlichen Feind haben, den wir im
Kriegsfalle wahrscheinlich nicht wieder so leicht besiegen werden wie im Jahre 1870."
Wehmütig machte ich einen roten Strich unter die Worte so leicht und ein Notabene
an den Rand.

Als ich darauf am Nachmittag zum Dienste ging, sah ich im Schaufenster einer
Buchhandlung die beiden neusten Künstlersteindrucke des Verlags von R. Oldenbonrg,
die die dritte Schwadron des dritten bayrischen Chevaulegersregimcnts in der Schlacht
bei Wörth und die vierte Batterie des dritten bayrischen Artillerieregiments im
Gefecht bei Villcpion bei ihrer "leichten" Arbeit darstellen.

Das unbedachte Urteil des Schülers hatte mich verstimmt, die beiden Schlachten¬
bilder erhoben mich. Nicht daß ich dem Worte des Knaben zu viel Gewicht bei-
gemessen hätte. Er ließ sich ja anch leicht belehren.

Aber es war mir neuerdings deutlich zum Bewußtsein gekommen, daß die
schweren Opfer der Jahre 1870 und 1871 erschreckend schnell der von den Sozial¬
demokraten, den Fricdensliguisten und dem kosmopolitischen PlMkentum geforderten
und geförderten Vergessenheit verfallen, daß Enkel und spätgeborne Söhne der
Kämpfer des großen Jahres nicht mehr wissen, daß sie den Gartenfrieden, der den
Fruchtbaum des nationalen Wohlstands und leider auch so manches seltsame Litcratur-
und Kunstgewächs zum Gedeihen brachte, den Vätern danken, die vor fünfunddreißig
Jahren der Sturmflut aus Westen trotzten und einen sichern Deich gegen die West-
stürme errichten halfen.

Ich erkannte, daß die Bilder von Deutschlands Heer und Flotte, die
der Verlag vou R. Oldenbourg in München und Berlin herausgibt, eine noch höhere
Aufgabe zu erfüllen haben als die, die ihnen der Verlag gestellt hat.


Maßgebliches und Unmaßgebliches

zu verlangen. Denn niemals hätte eine verstärkte Marineforderung einen besser
vorbereiteten Boden im deutschen Volke gefunden als im gegenwärtigen Augenblicke,
wo wir sehen, wie die feindselige Haltung der Westmächte die Erkenntnis von der
Notwendigkeit einer starken Seewehr bis tief in die Reihen der freisinnigen Volks-
partei getragen hat. Wenn nun aber auch die Regierung darauf verzichtet hat,
diese Gunst der Lage auszunutzen, so müßte doch der Reichstag mindestens darauf
bestehn, daß diese dreizehn Figuranten nicht mehr als Linienschiffe in Anrechnung
kommen. Als Schulschiffe mögen sie sich noch eine Reihe von Jahren nützlich machen
können. Die Ausmerzung dieser für den Geschwaderkampf untciuglicheu Fahrzeuge
ist sogar dann geboten, wenn sich die beschleunigte Inangriffnahme der Ersatzbauten
nicht sofort durchführen ließe. Denn die klaffende Lücke, die dnrch die Streichung
dieser dreizehn entstünde, würde die wirkliche Stärke oder vielmehr Schwäche unsrer
Linienschiffsflotte erst klar enthüllen. Achtunddreißig Schiffe, mit Einschluß der
Mciterinlrcserve, soll diese zählen, und in Wirklichkeit haben wir davon erst achtzehn
fertig, nämlich die vier übrigens anch schon veralteten Schiffe der Brandenbnrg-
klasse, zehn der Kaiser- und der Wittelsbachklasse und die vier bis jetzt vollendeten
Panzer des Braunschweigtyps. Inland und Ausland würden dann erkennen, wie¬
viel am Sollbestande der Schlnchtflotte noch fehlt. Dabei stehn unsre bisher ge¬
bauten Linienschiffe an Größe und danach an Kampfstärke hinter den Linienschiffen
der andern Seemächte zurück. England hat vor Jahresfrist eine große Anzahl
von Fahrzeugen ans der Liste der aktiven Kriegsflotte gestrichen, darunter dreizehn
Linienschiffe. Von diesen sind elf jünger als unsre Sachsenklasse. Unter diesen elf
sind sechs erst in den Jahren 1884 bis 1887 vom Stapel gelaufen, haben eine
Wasserverdrängung von 10500 bis 10800 Tonnen, laufen 16 bis 17 Knoten
und übertreffen unsre Sachsenklasse an Kampfkraft bei weitem!

Unsre Flotte wird immer kleiner sein als die englische, um so mehr sind wir
verpflichtet, dafür zu sorgen, daß sie nur aus Schiffen erster Güte besteht. Möge
sich der Reichstag dieser Pflicht bewußt sein!


Nvininissv uollsstuill est.

Kurz vor Weihnachten las ich in einem Schüler¬
aufsatze den Satz: „Infolge dieser Vorzüge der französischen Küste werden wir an
unserm westlichen Nachbar allezeit einen gefährlichen Feind haben, den wir im
Kriegsfalle wahrscheinlich nicht wieder so leicht besiegen werden wie im Jahre 1870."
Wehmütig machte ich einen roten Strich unter die Worte so leicht und ein Notabene
an den Rand.

Als ich darauf am Nachmittag zum Dienste ging, sah ich im Schaufenster einer
Buchhandlung die beiden neusten Künstlersteindrucke des Verlags von R. Oldenbonrg,
die die dritte Schwadron des dritten bayrischen Chevaulegersregimcnts in der Schlacht
bei Wörth und die vierte Batterie des dritten bayrischen Artillerieregiments im
Gefecht bei Villcpion bei ihrer „leichten" Arbeit darstellen.

Das unbedachte Urteil des Schülers hatte mich verstimmt, die beiden Schlachten¬
bilder erhoben mich. Nicht daß ich dem Worte des Knaben zu viel Gewicht bei-
gemessen hätte. Er ließ sich ja anch leicht belehren.

Aber es war mir neuerdings deutlich zum Bewußtsein gekommen, daß die
schweren Opfer der Jahre 1870 und 1871 erschreckend schnell der von den Sozial¬
demokraten, den Fricdensliguisten und dem kosmopolitischen PlMkentum geforderten
und geförderten Vergessenheit verfallen, daß Enkel und spätgeborne Söhne der
Kämpfer des großen Jahres nicht mehr wissen, daß sie den Gartenfrieden, der den
Fruchtbaum des nationalen Wohlstands und leider auch so manches seltsame Litcratur-
und Kunstgewächs zum Gedeihen brachte, den Vätern danken, die vor fünfunddreißig
Jahren der Sturmflut aus Westen trotzten und einen sichern Deich gegen die West-
stürme errichten halfen.

Ich erkannte, daß die Bilder von Deutschlands Heer und Flotte, die
der Verlag vou R. Oldenbourg in München und Berlin herausgibt, eine noch höhere
Aufgabe zu erfüllen haben als die, die ihnen der Verlag gestellt hat.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_298274/68>, abgerufen am 08.05.2024.