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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Drittes Vierteljahr.

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Reini^us

belegt. Die Straße und die Quartiere fand schon Winckelmann vortrefflich. 1772
wurde die Brennerstraße, zuerst von allen Alpenpässen, durchgängig chaussiert
und damit die bevorzugte Straße aller derer, die das neuerwachte Interesse
an antiker und italienischer Kunst nach Italien zog. Wie diesen Weg schon
I. I. Winckelmann gekommen war, so folgte ihm W. Goethe im September 1786;
er brauchte von München bis Trient nur drei Tage (8. bis 10. September), wobei
er allerdings eine Nacht zu Hilfe nahm. In den Napoleonischen Kriegen spielte
die Brennerstraße besonders während des Kampfes um Mantua 1796/97 als
Anmarschstraße für die Österreicher eine hervorragende Rolle, eine noch größere
1309 bei der Erhebung Tirols, bereu Kämpfe sich nicht zum wenigsten an dieser
Linie abspielten; eine ähnliche Bedeutung wie 1796/97 hatte sie wieder 1848/49,
um so mehr, als Österreich seit der endgiltigen Erwerbung Veneziens 1815 alle
ihre südlichen Ausgänge in der Hand hatte. Den letzten großen Heereszug sah
sie im Mai 1859, als das erste österreichische Korps Clam-Gallas, das auf dem
ungeheuern Umwege von Prag über Dresden, Leipzig, Hof und München nach
Innsbruck transportiert worden war -- so unvollständig waren.damals noch
die Eisenbahnverbindungen --, den Fußmarsch über den Brenner antrat, um
die in der Lombardei stehende Armee zu verstärken. Es traf noch rechtzeitig in
Bervua ein, um die Schlacht bei Magenta am 4. Juni mitzuschlagen, aber die
Erfcchrnngen dieses Krieges beschleunigten die Erbauung der Brennerbahn, der
ersten großen Alpenbahn nach dem Semmering 1864 bis 1867. Da sie 1866
noch nicht vollendet war, so hat sie auf den Gang dieses letzten Krieges, den
Österreich um Italien führte, leinen Einfluß geübt, aber seitdem ist sie die wichtigste
und belebteste Verbindungslinie zwischen Deutschland und Italien und eine wahre
Welthandelsstraße geworden.




Reinkens

Sinkens ist einer der ehrwürdigen Männer, die mir das Priester-
ideal verkörpert und mich dafür begeistert haben, und er hat das
im akademischen Triennium mehr als irgendein andrer geleistet.
Darum freue ich mich, daß mir eine Biographie noch einmal die edle
I Gestalt lebendig vor Augen vorstellt in dem Buche: Joseph Hubert
Reinkens. Ein Lebensbild von seinem Neffen Joseph Martin Reinkens,
weiland Professor am Marzelleughmnasinm zu Köln. (Mit Porträt. Gotha,
Friedrich Andreas Perthes, 1906. Der Verfasser ist gestorben, ehe er dem
Buche die letzte Feile geben konnte. Reinkens Nachfolger, der altknthvlische
Bischof Dr. Theodor Weber, hat es mit einen: Vorwort herausgegeben und ist
bald darauf, am 12. Januar dieses Jahres, selbst entschlafen.) Auch Grenzboten-
lescr, die den Manu auf einer seiner vielen Agitations- und Amtsreisen zu sehen


Reini^us

belegt. Die Straße und die Quartiere fand schon Winckelmann vortrefflich. 1772
wurde die Brennerstraße, zuerst von allen Alpenpässen, durchgängig chaussiert
und damit die bevorzugte Straße aller derer, die das neuerwachte Interesse
an antiker und italienischer Kunst nach Italien zog. Wie diesen Weg schon
I. I. Winckelmann gekommen war, so folgte ihm W. Goethe im September 1786;
er brauchte von München bis Trient nur drei Tage (8. bis 10. September), wobei
er allerdings eine Nacht zu Hilfe nahm. In den Napoleonischen Kriegen spielte
die Brennerstraße besonders während des Kampfes um Mantua 1796/97 als
Anmarschstraße für die Österreicher eine hervorragende Rolle, eine noch größere
1309 bei der Erhebung Tirols, bereu Kämpfe sich nicht zum wenigsten an dieser
Linie abspielten; eine ähnliche Bedeutung wie 1796/97 hatte sie wieder 1848/49,
um so mehr, als Österreich seit der endgiltigen Erwerbung Veneziens 1815 alle
ihre südlichen Ausgänge in der Hand hatte. Den letzten großen Heereszug sah
sie im Mai 1859, als das erste österreichische Korps Clam-Gallas, das auf dem
ungeheuern Umwege von Prag über Dresden, Leipzig, Hof und München nach
Innsbruck transportiert worden war — so unvollständig waren.damals noch
die Eisenbahnverbindungen —, den Fußmarsch über den Brenner antrat, um
die in der Lombardei stehende Armee zu verstärken. Es traf noch rechtzeitig in
Bervua ein, um die Schlacht bei Magenta am 4. Juni mitzuschlagen, aber die
Erfcchrnngen dieses Krieges beschleunigten die Erbauung der Brennerbahn, der
ersten großen Alpenbahn nach dem Semmering 1864 bis 1867. Da sie 1866
noch nicht vollendet war, so hat sie auf den Gang dieses letzten Krieges, den
Österreich um Italien führte, leinen Einfluß geübt, aber seitdem ist sie die wichtigste
und belebteste Verbindungslinie zwischen Deutschland und Italien und eine wahre
Welthandelsstraße geworden.




Reinkens

Sinkens ist einer der ehrwürdigen Männer, die mir das Priester-
ideal verkörpert und mich dafür begeistert haben, und er hat das
im akademischen Triennium mehr als irgendein andrer geleistet.
Darum freue ich mich, daß mir eine Biographie noch einmal die edle
I Gestalt lebendig vor Augen vorstellt in dem Buche: Joseph Hubert
Reinkens. Ein Lebensbild von seinem Neffen Joseph Martin Reinkens,
weiland Professor am Marzelleughmnasinm zu Köln. (Mit Porträt. Gotha,
Friedrich Andreas Perthes, 1906. Der Verfasser ist gestorben, ehe er dem
Buche die letzte Feile geben konnte. Reinkens Nachfolger, der altknthvlische
Bischof Dr. Theodor Weber, hat es mit einen: Vorwort herausgegeben und ist
bald darauf, am 12. Januar dieses Jahres, selbst entschlafen.) Auch Grenzboten-
lescr, die den Manu auf einer seiner vielen Agitations- und Amtsreisen zu sehen


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[0022] Reini^us belegt. Die Straße und die Quartiere fand schon Winckelmann vortrefflich. 1772 wurde die Brennerstraße, zuerst von allen Alpenpässen, durchgängig chaussiert und damit die bevorzugte Straße aller derer, die das neuerwachte Interesse an antiker und italienischer Kunst nach Italien zog. Wie diesen Weg schon I. I. Winckelmann gekommen war, so folgte ihm W. Goethe im September 1786; er brauchte von München bis Trient nur drei Tage (8. bis 10. September), wobei er allerdings eine Nacht zu Hilfe nahm. In den Napoleonischen Kriegen spielte die Brennerstraße besonders während des Kampfes um Mantua 1796/97 als Anmarschstraße für die Österreicher eine hervorragende Rolle, eine noch größere 1309 bei der Erhebung Tirols, bereu Kämpfe sich nicht zum wenigsten an dieser Linie abspielten; eine ähnliche Bedeutung wie 1796/97 hatte sie wieder 1848/49, um so mehr, als Österreich seit der endgiltigen Erwerbung Veneziens 1815 alle ihre südlichen Ausgänge in der Hand hatte. Den letzten großen Heereszug sah sie im Mai 1859, als das erste österreichische Korps Clam-Gallas, das auf dem ungeheuern Umwege von Prag über Dresden, Leipzig, Hof und München nach Innsbruck transportiert worden war — so unvollständig waren.damals noch die Eisenbahnverbindungen —, den Fußmarsch über den Brenner antrat, um die in der Lombardei stehende Armee zu verstärken. Es traf noch rechtzeitig in Bervua ein, um die Schlacht bei Magenta am 4. Juni mitzuschlagen, aber die Erfcchrnngen dieses Krieges beschleunigten die Erbauung der Brennerbahn, der ersten großen Alpenbahn nach dem Semmering 1864 bis 1867. Da sie 1866 noch nicht vollendet war, so hat sie auf den Gang dieses letzten Krieges, den Österreich um Italien führte, leinen Einfluß geübt, aber seitdem ist sie die wichtigste und belebteste Verbindungslinie zwischen Deutschland und Italien und eine wahre Welthandelsstraße geworden. Reinkens Sinkens ist einer der ehrwürdigen Männer, die mir das Priester- ideal verkörpert und mich dafür begeistert haben, und er hat das im akademischen Triennium mehr als irgendein andrer geleistet. Darum freue ich mich, daß mir eine Biographie noch einmal die edle I Gestalt lebendig vor Augen vorstellt in dem Buche: Joseph Hubert Reinkens. Ein Lebensbild von seinem Neffen Joseph Martin Reinkens, weiland Professor am Marzelleughmnasinm zu Köln. (Mit Porträt. Gotha, Friedrich Andreas Perthes, 1906. Der Verfasser ist gestorben, ehe er dem Buche die letzte Feile geben konnte. Reinkens Nachfolger, der altknthvlische Bischof Dr. Theodor Weber, hat es mit einen: Vorwort herausgegeben und ist bald darauf, am 12. Januar dieses Jahres, selbst entschlafen.) Auch Grenzboten- lescr, die den Manu auf einer seiner vielen Agitations- und Amtsreisen zu sehen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299786/22>, abgerufen am 30.04.2024.