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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Drittes Vierteljahr.

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(Llizabeth percy
Matilda Mailing von

Lud villis I tiius vieil tuis ^ouvA lion xla^sei . , .
Sir I>KiIii> Siänsx i^stroMel ana Stella)
^. Llizabetha

Noi'tliuMlzi'iÄS oowitum titi^

le war groß und schlank wie eine junge Tanne, den Kopf im Nacken
und die Arme auf dem Rücken -- dünne Arme, schmale Schultern
und ein Busen wie der eines Kindes. Das Gesicht war klein, das
Haar stark -- mächtiges rotbraunes Haar mit einem warmen sonnigen
Farbenton, widerspenstig, kraus und unbändig. Sie war blaß und
zart, bleich und von feiner Haut, mit einigen kleinen Sommersprossen
über der geraden kurzen Nase und ein Paar großen graubraunen Augen, schwarz-
umfrcmst, schön, hochmütig und lachlustig. Ein roter Mund, halb geöffnet, wenn
sie lauschte, das Kinn immer in der Luft . . .

So sah sie aus, Elizabeth Percy, als sie siebzehn Jahre alt und schon die
Witwe von Henry Cavendish, Lord Ogle geworden war.

An der Art und Weise jedoch, wie sie den Fuß auf den Boden setzte, wenn
sie ging, oder den Kopf umwandte, wenn jemand sie von hinten anredete, konnte
man sehen, daß sie sehr wohl wußte, wer sie war: Lady Elizabeth Percy, die
einzige überlebende Tochter des letzten Jarl von Northumberland, in der voor riM
Baronin Percy, Poynings, Fitz Payne Brycm und Latiner, verwitwete Gräfin
von Ogle, die reichste Lady in ganz England und die begehrteste.

Sie ging in der äußern Wachtstube auf Alnwick ans und ab. Das dunkel¬
grüne Sammetüberkleid, das von der Spitze der Schneppentaille über eine kürzere
hellgrüne Vorderbahn fiel, fegte den steinernen Fußboden mit seiner Schleppe;
die beiden Hände hielt sie in einem großen Pelzmuff vor sich hin. Über den
nackten Hals bis ganz hinab auf die faltenreichen Spitzenärmel fiel ein breiter,
gelber Pelzkragen, der unter dem Kinn durch einen großen Smaragdschmuck
zusammengehalten wurde. Vom Scheitel herab über das dicke rotbraune Haar,
das sie in langen Locken über die Ohren und die Wangen trug, floß ein weicher,
grauer Spitzenschleier, in den kleine goldne Punkte eingewebt waren. Es war eis¬
kalt in dem Raume, und von Zeit zu Zeit, mitten in ihrer Wanderung, stampfte
sie mit ihrem stumpfen, hochhackigen Schuh kräftig ans den Fußboden.

Hinten in dem schmalen, spitzigen Fenster, auf dem breiten Fensterbrett, den
Nacken gegen den Fensterpfosten gelehnt, mit dem einen Fuß hin und her baumelnd,
den andern auf den Fußboden gestützt, saß ein junger Mann in gelben Reitstiefeln
mit hohen über das Knie reichenden stülpen, eine breite, scharlachrote Schärpe um
die Taille und mit einem blauen Tuchrock. Obwohl seine Stellung gerade jetzt so
gänzlich nachlässig und gleichgiltig war, konnte man doch sehen, von wie hohem und




(Llizabeth percy
Matilda Mailing von

Lud villis I tiius vieil tuis ^ouvA lion xla^sei . , .
Sir I>KiIii> Siänsx i^stroMel ana Stella)
^. Llizabetha

Noi'tliuMlzi'iÄS oowitum titi^

le war groß und schlank wie eine junge Tanne, den Kopf im Nacken
und die Arme auf dem Rücken — dünne Arme, schmale Schultern
und ein Busen wie der eines Kindes. Das Gesicht war klein, das
Haar stark — mächtiges rotbraunes Haar mit einem warmen sonnigen
Farbenton, widerspenstig, kraus und unbändig. Sie war blaß und
zart, bleich und von feiner Haut, mit einigen kleinen Sommersprossen
über der geraden kurzen Nase und ein Paar großen graubraunen Augen, schwarz-
umfrcmst, schön, hochmütig und lachlustig. Ein roter Mund, halb geöffnet, wenn
sie lauschte, das Kinn immer in der Luft . . .

So sah sie aus, Elizabeth Percy, als sie siebzehn Jahre alt und schon die
Witwe von Henry Cavendish, Lord Ogle geworden war.

An der Art und Weise jedoch, wie sie den Fuß auf den Boden setzte, wenn
sie ging, oder den Kopf umwandte, wenn jemand sie von hinten anredete, konnte
man sehen, daß sie sehr wohl wußte, wer sie war: Lady Elizabeth Percy, die
einzige überlebende Tochter des letzten Jarl von Northumberland, in der voor riM
Baronin Percy, Poynings, Fitz Payne Brycm und Latiner, verwitwete Gräfin
von Ogle, die reichste Lady in ganz England und die begehrteste.

Sie ging in der äußern Wachtstube auf Alnwick ans und ab. Das dunkel¬
grüne Sammetüberkleid, das von der Spitze der Schneppentaille über eine kürzere
hellgrüne Vorderbahn fiel, fegte den steinernen Fußboden mit seiner Schleppe;
die beiden Hände hielt sie in einem großen Pelzmuff vor sich hin. Über den
nackten Hals bis ganz hinab auf die faltenreichen Spitzenärmel fiel ein breiter,
gelber Pelzkragen, der unter dem Kinn durch einen großen Smaragdschmuck
zusammengehalten wurde. Vom Scheitel herab über das dicke rotbraune Haar,
das sie in langen Locken über die Ohren und die Wangen trug, floß ein weicher,
grauer Spitzenschleier, in den kleine goldne Punkte eingewebt waren. Es war eis¬
kalt in dem Raume, und von Zeit zu Zeit, mitten in ihrer Wanderung, stampfte
sie mit ihrem stumpfen, hochhackigen Schuh kräftig ans den Fußboden.

Hinten in dem schmalen, spitzigen Fenster, auf dem breiten Fensterbrett, den
Nacken gegen den Fensterpfosten gelehnt, mit dem einen Fuß hin und her baumelnd,
den andern auf den Fußboden gestützt, saß ein junger Mann in gelben Reitstiefeln
mit hohen über das Knie reichenden stülpen, eine breite, scharlachrote Schärpe um
die Taille und mit einem blauen Tuchrock. Obwohl seine Stellung gerade jetzt so
gänzlich nachlässig und gleichgiltig war, konnte man doch sehen, von wie hohem und


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299786/222>, abgerufen am 30.04.2024.