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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Drittes Vierteljahr.

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Allerlei aus einem Htrafrechtskommentar der guten
alten Zeit

er "Landfriedensbruch" wird begangen durch öffentliche Gewalttat
mit bewaffneter Hand vereinter Personen. Was als Waffe an¬
zusehen und wieviel Personen sich zusammengerottet haben müssen,
wenn das Begriffsmerkmal erfüllt werden soll, ist Sache des
I richterlichen Ermessens. Das Verbrechen kann von Privaten wie
!von Reichsständen begangen werden. Es ist nicht nötig, daß es
zur Anrichtung eines Schadens gekommen ist. Wird der Landfrieden dadurch
gebrochen, daß eine gewalttätige bewehrte Menge einen Gefangnen befreit, so
soll der Landfriedensbrecher mit der Strafe belegt werden, die der befreite Ge¬
fangne verdient hatte. Sonst steht im allgemeinen auf dies Verbrechen die
Strafe des Schwertes, auch soll der Körper des Gerichteten auf das Rad gelegt
werden. Zu unterscheiden ist das Delikt der "öffentlichen Gewalttat" ohne
Brechung des Landfriedens. Es wird mit bewehrter Hand von oder gegen
Amtspersonen begangen, wodurch das öffentliche Recht verletzt wird. Hierunter
fällt beispielsweise schon das verdächtige Zusammenbringen von Gewehr und
Waffen "in zimblicher Anzahl" ohne herrschaftliche Erlaubnis. Ferner wenn
jemand bewaffnete Leute zur Vorbereitung eines Aufruhrs unterhält, der sich
gegen Privatpersonen richtet; würde Aufruhr gegen den Kaiser oder Landes¬
fürsten bezweckt, fo läge Majestätsverletzung vor. Vis publica ist auch "die
gewalttätige Entführung der Mägdlen oder Buben". Unbefugte Errichtung
einer Zollerhebung, vorsätzliche Vornahme unzuständiger Amtshandlungen, ge¬
walttätige Ausrandung von Häusern, Dörfern, Schlössern oder Einbruch zur
Bernburg von Beleidigungen in ein Haus, "seytemalen einem Jedwedcren seine
Behausung die beste Ruhstatt seyn sollte", böswillige Ersteigung der Stadt¬
mauern, "Auffsteckung von Brandbriefen und dergleichen, <ZMäatiou08" einzelner
Personen."

Verwandt hiermit ist das "Laster der Bedrohung, Bevehdung, Abscigerey,
vriinsu äiKäMcmis, das sich gegen Personengesamtheiten, Stadt- oder Dorf¬
gemeinden richtet, denen die äußerste feindliche Verfolgung an Leib und Leben
oder Gut angekündigt wird. Es genügt nicht, daß das mit bloßen Worten
geschieht, sondern es muß zum Zeichen der Feindseligkeit ein "Brand- oder
Vestes-Briefs, Brandzeichen, Fieber-Wisch, schwarz gepulvertes Papier" das
feindliche Vorhaben bestätigt haben. Es steht darauf die Strafe des Schwertes,
gegen Abwesende die Verhängung der Reichsacht.
"

Die "Mordbrennerei wird mit der Feuerstrafe geahndet ohne Unterschied,
ob der Verbrecher gemeinen Standes oder von Adel ist. Liegen erschwerende
Umstände vor, soll der Delinquent zuvor "mit glühenden Zangen-Zwicken gerissen",




Allerlei aus einem Htrafrechtskommentar der guten
alten Zeit

er „Landfriedensbruch" wird begangen durch öffentliche Gewalttat
mit bewaffneter Hand vereinter Personen. Was als Waffe an¬
zusehen und wieviel Personen sich zusammengerottet haben müssen,
wenn das Begriffsmerkmal erfüllt werden soll, ist Sache des
I richterlichen Ermessens. Das Verbrechen kann von Privaten wie
!von Reichsständen begangen werden. Es ist nicht nötig, daß es
zur Anrichtung eines Schadens gekommen ist. Wird der Landfrieden dadurch
gebrochen, daß eine gewalttätige bewehrte Menge einen Gefangnen befreit, so
soll der Landfriedensbrecher mit der Strafe belegt werden, die der befreite Ge¬
fangne verdient hatte. Sonst steht im allgemeinen auf dies Verbrechen die
Strafe des Schwertes, auch soll der Körper des Gerichteten auf das Rad gelegt
werden. Zu unterscheiden ist das Delikt der „öffentlichen Gewalttat" ohne
Brechung des Landfriedens. Es wird mit bewehrter Hand von oder gegen
Amtspersonen begangen, wodurch das öffentliche Recht verletzt wird. Hierunter
fällt beispielsweise schon das verdächtige Zusammenbringen von Gewehr und
Waffen „in zimblicher Anzahl" ohne herrschaftliche Erlaubnis. Ferner wenn
jemand bewaffnete Leute zur Vorbereitung eines Aufruhrs unterhält, der sich
gegen Privatpersonen richtet; würde Aufruhr gegen den Kaiser oder Landes¬
fürsten bezweckt, fo läge Majestätsverletzung vor. Vis publica ist auch „die
gewalttätige Entführung der Mägdlen oder Buben". Unbefugte Errichtung
einer Zollerhebung, vorsätzliche Vornahme unzuständiger Amtshandlungen, ge¬
walttätige Ausrandung von Häusern, Dörfern, Schlössern oder Einbruch zur
Bernburg von Beleidigungen in ein Haus, „seytemalen einem Jedwedcren seine
Behausung die beste Ruhstatt seyn sollte", böswillige Ersteigung der Stadt¬
mauern, „Auffsteckung von Brandbriefen und dergleichen, <ZMäatiou08" einzelner
Personen."

Verwandt hiermit ist das „Laster der Bedrohung, Bevehdung, Abscigerey,
vriinsu äiKäMcmis, das sich gegen Personengesamtheiten, Stadt- oder Dorf¬
gemeinden richtet, denen die äußerste feindliche Verfolgung an Leib und Leben
oder Gut angekündigt wird. Es genügt nicht, daß das mit bloßen Worten
geschieht, sondern es muß zum Zeichen der Feindseligkeit ein „Brand- oder
Vestes-Briefs, Brandzeichen, Fieber-Wisch, schwarz gepulvertes Papier" das
feindliche Vorhaben bestätigt haben. Es steht darauf die Strafe des Schwertes,
gegen Abwesende die Verhängung der Reichsacht.
"

Die „Mordbrennerei wird mit der Feuerstrafe geahndet ohne Unterschied,
ob der Verbrecher gemeinen Standes oder von Adel ist. Liegen erschwerende
Umstände vor, soll der Delinquent zuvor „mit glühenden Zangen-Zwicken gerissen",


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[0627] [Abbildung] Allerlei aus einem Htrafrechtskommentar der guten alten Zeit er „Landfriedensbruch" wird begangen durch öffentliche Gewalttat mit bewaffneter Hand vereinter Personen. Was als Waffe an¬ zusehen und wieviel Personen sich zusammengerottet haben müssen, wenn das Begriffsmerkmal erfüllt werden soll, ist Sache des I richterlichen Ermessens. Das Verbrechen kann von Privaten wie !von Reichsständen begangen werden. Es ist nicht nötig, daß es zur Anrichtung eines Schadens gekommen ist. Wird der Landfrieden dadurch gebrochen, daß eine gewalttätige bewehrte Menge einen Gefangnen befreit, so soll der Landfriedensbrecher mit der Strafe belegt werden, die der befreite Ge¬ fangne verdient hatte. Sonst steht im allgemeinen auf dies Verbrechen die Strafe des Schwertes, auch soll der Körper des Gerichteten auf das Rad gelegt werden. Zu unterscheiden ist das Delikt der „öffentlichen Gewalttat" ohne Brechung des Landfriedens. Es wird mit bewehrter Hand von oder gegen Amtspersonen begangen, wodurch das öffentliche Recht verletzt wird. Hierunter fällt beispielsweise schon das verdächtige Zusammenbringen von Gewehr und Waffen „in zimblicher Anzahl" ohne herrschaftliche Erlaubnis. Ferner wenn jemand bewaffnete Leute zur Vorbereitung eines Aufruhrs unterhält, der sich gegen Privatpersonen richtet; würde Aufruhr gegen den Kaiser oder Landes¬ fürsten bezweckt, fo läge Majestätsverletzung vor. Vis publica ist auch „die gewalttätige Entführung der Mägdlen oder Buben". Unbefugte Errichtung einer Zollerhebung, vorsätzliche Vornahme unzuständiger Amtshandlungen, ge¬ walttätige Ausrandung von Häusern, Dörfern, Schlössern oder Einbruch zur Bernburg von Beleidigungen in ein Haus, „seytemalen einem Jedwedcren seine Behausung die beste Ruhstatt seyn sollte", böswillige Ersteigung der Stadt¬ mauern, „Auffsteckung von Brandbriefen und dergleichen, <ZMäatiou08" einzelner Personen." Verwandt hiermit ist das „Laster der Bedrohung, Bevehdung, Abscigerey, vriinsu äiKäMcmis, das sich gegen Personengesamtheiten, Stadt- oder Dorf¬ gemeinden richtet, denen die äußerste feindliche Verfolgung an Leib und Leben oder Gut angekündigt wird. Es genügt nicht, daß das mit bloßen Worten geschieht, sondern es muß zum Zeichen der Feindseligkeit ein „Brand- oder Vestes-Briefs, Brandzeichen, Fieber-Wisch, schwarz gepulvertes Papier" das feindliche Vorhaben bestätigt haben. Es steht darauf die Strafe des Schwertes, gegen Abwesende die Verhängung der Reichsacht. " Die „Mordbrennerei wird mit der Feuerstrafe geahndet ohne Unterschied, ob der Verbrecher gemeinen Standes oder von Adel ist. Liegen erschwerende Umstände vor, soll der Delinquent zuvor „mit glühenden Zangen-Zwicken gerissen",

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299786/627>, abgerufen am 30.04.2024.