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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Drittes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Ausdruck kommen. Immerhin ist es möglich, daß militärische Abmachungen vorbereitet
werden, die erst in dem Augenblick, wo sie in Wirksamkeit zu treten hätten, den Par¬
lamenten beider Länder vorgelegt und dann auch wahrscheinlich unbesehen Annahme
finden würden. Jedenfalls ist Frankreich in die Linie der japanisch-englischen Be¬
ziehungen eingerückt. Wie es sich mit Rußland abfinden wird, kann nur die weitere
Entwicklung lehren. Immerhin soll nicht übersehen werden, daß sich auch in Frank¬
reich Stimmen geltend machen, wie im Eclair vom 18. September, worin auf die
historischen Präzedenzfälle englisch-französischer Waffenbrüderschaft in der Krim
und in China mit sehr bitterer Miene verwiesen wird. Der Eclair stellt dabei
Frankreich als das von England umworbne hin. Sollte diese Rollenverteilung in
d *Z* er Tat die richtige sein?



Rente, Zins und Arbeitlohn.

Dr. Georg Schiele hat seiner im letzten
vorjährigen Heft angezeigten Schrift sehr rasch eine zweite folgen lassen: Über
den natürlichen Ursprung der Kategorien Rente, Zins und Arbeitlohn.
(Berlin und Leipzig, Hüpeden und Merzyn, 1906.) Nach einer guten historisch¬
philosophischen Einleitung wird gezeigt, daß die Rente einen natürlichen Ursprung
habe und vor dem Rentner da sei. Vollkommen berechtigt ist dabei die Polemik
gegen Marx. Wenn, wie dieser behauptet, der "Mehrwert" dem Arbeiter gehörte
und seine Aneignung durch den Kapitalisten ein zu verhindernder Raub wäre, so
würden niemals Kirchen, Museen, öffentliche Paläste, Eisenbahnen und Bahnhöfe
gebaut, es würde kein technischer Fortschritt gemacht worden sein, es gäbe weder
Fabriken noch Lohnarbeiter noch Kunst und Wissenschaft, sondern nur Primitiv
wirtschaftende Bauern von der Art der russischen. Dagegen geben wir Schiele
nicht Recht, wenn er Rente mit Reinertrag gleich setzt. Er definiert: "Rente ist
der Mehrwert, der bei einer örtlich bestimmten Arbeit mit einiger Sicherheit und
Regelmäßigkeit wiederkehrt." Etymologisch ist das richtig. Aber der Sprach¬
gebrauch beschränkt die Bezeichnung auf den Teil des "Mehrwerth" oder Rein¬
ertrags, der auf Grund eines Rechts oder Besitztitels einem weder an dem Unter
nehmen noch an der darin nötigen Handarbeit beteiligten zufließt. Nicht den
Fabrikanten nennen wir Rentner, sondern den Mann, dem er Hypothekenzins zahlt.
Nicht der Gutspächter ist Rentner, obwohl er einen Teil des Reinertrags als
Arbeitlohn und Unternehmergewinn für sich behält, sondern der Besitzer, dem er
Pacht zahlt. Für diese Art Einkommen muß es doch eine Bezeichnung geben.
Es bleibt also dabei: Rente ist arbeitloses Einkommen. Sie ist eine historisch¬
juristische Kategorie, während Reinertrag und Mehrwert natürliche wirtschaftliche
Kategorien sind. In der Definition: arbeitloses Einkommen liegt an sich noch
kein Vorwurf gegen den Rentner. Das jetzt ohne Arbeit bezogne Einkommen
kann die Frucht früherer Arbeit sein, wie wenn sich ein Handwerker oder Fabrikant
mit seinen Ersparnissen zur Ruhe setzt, oder auch ein Landwirt, der sein Gut durch
intelligenten Fleiß so weit in die Höhe gebracht hat, daß es Pachtzins abwirft.
Oder der Rentner verdient seine Rente, weil er, durch sie der Notwendigkeit des
Erwerbs überhoben, im Dienste von Vaterland, Provinz, Kreis und Gemeinde
Arbeiten verrichtet, die nicht bezahlt werden. So ein Rittergutsbesitzer, der Ehren¬
ämter der Selbstverwaltung übernimmt, eine Klosterbruderschaft, die arme Kranke
pflegt. Einer solchen ihren Kapital- oder Grundbesitz zu konfiszieren, würde
Barbarei und Unrecht sein. Dagegen ist der Staat vollauf berechtigt, einen be¬
schaulichen Orden zu säkularisieren und seine Güter für Staatszwecke zu verwenden,
denn wir Heutigen glauben nicht mehr, wie die mittelalterlichen Menschen, daß
Gebete und Zeremonien volkswirtschaftliche Leistungen seien, etwa gut Wetter be¬
sorgen und den Arzt ersetzen könnten. Aus dem letzten Beispiel ersieht man zu-


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Ausdruck kommen. Immerhin ist es möglich, daß militärische Abmachungen vorbereitet
werden, die erst in dem Augenblick, wo sie in Wirksamkeit zu treten hätten, den Par¬
lamenten beider Länder vorgelegt und dann auch wahrscheinlich unbesehen Annahme
finden würden. Jedenfalls ist Frankreich in die Linie der japanisch-englischen Be¬
ziehungen eingerückt. Wie es sich mit Rußland abfinden wird, kann nur die weitere
Entwicklung lehren. Immerhin soll nicht übersehen werden, daß sich auch in Frank¬
reich Stimmen geltend machen, wie im Eclair vom 18. September, worin auf die
historischen Präzedenzfälle englisch-französischer Waffenbrüderschaft in der Krim
und in China mit sehr bitterer Miene verwiesen wird. Der Eclair stellt dabei
Frankreich als das von England umworbne hin. Sollte diese Rollenverteilung in
d *Z* er Tat die richtige sein?



Rente, Zins und Arbeitlohn.

Dr. Georg Schiele hat seiner im letzten
vorjährigen Heft angezeigten Schrift sehr rasch eine zweite folgen lassen: Über
den natürlichen Ursprung der Kategorien Rente, Zins und Arbeitlohn.
(Berlin und Leipzig, Hüpeden und Merzyn, 1906.) Nach einer guten historisch¬
philosophischen Einleitung wird gezeigt, daß die Rente einen natürlichen Ursprung
habe und vor dem Rentner da sei. Vollkommen berechtigt ist dabei die Polemik
gegen Marx. Wenn, wie dieser behauptet, der „Mehrwert" dem Arbeiter gehörte
und seine Aneignung durch den Kapitalisten ein zu verhindernder Raub wäre, so
würden niemals Kirchen, Museen, öffentliche Paläste, Eisenbahnen und Bahnhöfe
gebaut, es würde kein technischer Fortschritt gemacht worden sein, es gäbe weder
Fabriken noch Lohnarbeiter noch Kunst und Wissenschaft, sondern nur Primitiv
wirtschaftende Bauern von der Art der russischen. Dagegen geben wir Schiele
nicht Recht, wenn er Rente mit Reinertrag gleich setzt. Er definiert: „Rente ist
der Mehrwert, der bei einer örtlich bestimmten Arbeit mit einiger Sicherheit und
Regelmäßigkeit wiederkehrt." Etymologisch ist das richtig. Aber der Sprach¬
gebrauch beschränkt die Bezeichnung auf den Teil des „Mehrwerth" oder Rein¬
ertrags, der auf Grund eines Rechts oder Besitztitels einem weder an dem Unter
nehmen noch an der darin nötigen Handarbeit beteiligten zufließt. Nicht den
Fabrikanten nennen wir Rentner, sondern den Mann, dem er Hypothekenzins zahlt.
Nicht der Gutspächter ist Rentner, obwohl er einen Teil des Reinertrags als
Arbeitlohn und Unternehmergewinn für sich behält, sondern der Besitzer, dem er
Pacht zahlt. Für diese Art Einkommen muß es doch eine Bezeichnung geben.
Es bleibt also dabei: Rente ist arbeitloses Einkommen. Sie ist eine historisch¬
juristische Kategorie, während Reinertrag und Mehrwert natürliche wirtschaftliche
Kategorien sind. In der Definition: arbeitloses Einkommen liegt an sich noch
kein Vorwurf gegen den Rentner. Das jetzt ohne Arbeit bezogne Einkommen
kann die Frucht früherer Arbeit sein, wie wenn sich ein Handwerker oder Fabrikant
mit seinen Ersparnissen zur Ruhe setzt, oder auch ein Landwirt, der sein Gut durch
intelligenten Fleiß so weit in die Höhe gebracht hat, daß es Pachtzins abwirft.
Oder der Rentner verdient seine Rente, weil er, durch sie der Notwendigkeit des
Erwerbs überhoben, im Dienste von Vaterland, Provinz, Kreis und Gemeinde
Arbeiten verrichtet, die nicht bezahlt werden. So ein Rittergutsbesitzer, der Ehren¬
ämter der Selbstverwaltung übernimmt, eine Klosterbruderschaft, die arme Kranke
pflegt. Einer solchen ihren Kapital- oder Grundbesitz zu konfiszieren, würde
Barbarei und Unrecht sein. Dagegen ist der Staat vollauf berechtigt, einen be¬
schaulichen Orden zu säkularisieren und seine Güter für Staatszwecke zu verwenden,
denn wir Heutigen glauben nicht mehr, wie die mittelalterlichen Menschen, daß
Gebete und Zeremonien volkswirtschaftliche Leistungen seien, etwa gut Wetter be¬
sorgen und den Arzt ersetzen könnten. Aus dem letzten Beispiel ersieht man zu-


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[0706] Maßgebliches und Unmaßgebliches Ausdruck kommen. Immerhin ist es möglich, daß militärische Abmachungen vorbereitet werden, die erst in dem Augenblick, wo sie in Wirksamkeit zu treten hätten, den Par¬ lamenten beider Länder vorgelegt und dann auch wahrscheinlich unbesehen Annahme finden würden. Jedenfalls ist Frankreich in die Linie der japanisch-englischen Be¬ ziehungen eingerückt. Wie es sich mit Rußland abfinden wird, kann nur die weitere Entwicklung lehren. Immerhin soll nicht übersehen werden, daß sich auch in Frank¬ reich Stimmen geltend machen, wie im Eclair vom 18. September, worin auf die historischen Präzedenzfälle englisch-französischer Waffenbrüderschaft in der Krim und in China mit sehr bitterer Miene verwiesen wird. Der Eclair stellt dabei Frankreich als das von England umworbne hin. Sollte diese Rollenverteilung in d *Z* er Tat die richtige sein? Rente, Zins und Arbeitlohn. Dr. Georg Schiele hat seiner im letzten vorjährigen Heft angezeigten Schrift sehr rasch eine zweite folgen lassen: Über den natürlichen Ursprung der Kategorien Rente, Zins und Arbeitlohn. (Berlin und Leipzig, Hüpeden und Merzyn, 1906.) Nach einer guten historisch¬ philosophischen Einleitung wird gezeigt, daß die Rente einen natürlichen Ursprung habe und vor dem Rentner da sei. Vollkommen berechtigt ist dabei die Polemik gegen Marx. Wenn, wie dieser behauptet, der „Mehrwert" dem Arbeiter gehörte und seine Aneignung durch den Kapitalisten ein zu verhindernder Raub wäre, so würden niemals Kirchen, Museen, öffentliche Paläste, Eisenbahnen und Bahnhöfe gebaut, es würde kein technischer Fortschritt gemacht worden sein, es gäbe weder Fabriken noch Lohnarbeiter noch Kunst und Wissenschaft, sondern nur Primitiv wirtschaftende Bauern von der Art der russischen. Dagegen geben wir Schiele nicht Recht, wenn er Rente mit Reinertrag gleich setzt. Er definiert: „Rente ist der Mehrwert, der bei einer örtlich bestimmten Arbeit mit einiger Sicherheit und Regelmäßigkeit wiederkehrt." Etymologisch ist das richtig. Aber der Sprach¬ gebrauch beschränkt die Bezeichnung auf den Teil des „Mehrwerth" oder Rein¬ ertrags, der auf Grund eines Rechts oder Besitztitels einem weder an dem Unter nehmen noch an der darin nötigen Handarbeit beteiligten zufließt. Nicht den Fabrikanten nennen wir Rentner, sondern den Mann, dem er Hypothekenzins zahlt. Nicht der Gutspächter ist Rentner, obwohl er einen Teil des Reinertrags als Arbeitlohn und Unternehmergewinn für sich behält, sondern der Besitzer, dem er Pacht zahlt. Für diese Art Einkommen muß es doch eine Bezeichnung geben. Es bleibt also dabei: Rente ist arbeitloses Einkommen. Sie ist eine historisch¬ juristische Kategorie, während Reinertrag und Mehrwert natürliche wirtschaftliche Kategorien sind. In der Definition: arbeitloses Einkommen liegt an sich noch kein Vorwurf gegen den Rentner. Das jetzt ohne Arbeit bezogne Einkommen kann die Frucht früherer Arbeit sein, wie wenn sich ein Handwerker oder Fabrikant mit seinen Ersparnissen zur Ruhe setzt, oder auch ein Landwirt, der sein Gut durch intelligenten Fleiß so weit in die Höhe gebracht hat, daß es Pachtzins abwirft. Oder der Rentner verdient seine Rente, weil er, durch sie der Notwendigkeit des Erwerbs überhoben, im Dienste von Vaterland, Provinz, Kreis und Gemeinde Arbeiten verrichtet, die nicht bezahlt werden. So ein Rittergutsbesitzer, der Ehren¬ ämter der Selbstverwaltung übernimmt, eine Klosterbruderschaft, die arme Kranke pflegt. Einer solchen ihren Kapital- oder Grundbesitz zu konfiszieren, würde Barbarei und Unrecht sein. Dagegen ist der Staat vollauf berechtigt, einen be¬ schaulichen Orden zu säkularisieren und seine Güter für Staatszwecke zu verwenden, denn wir Heutigen glauben nicht mehr, wie die mittelalterlichen Menschen, daß Gebete und Zeremonien volkswirtschaftliche Leistungen seien, etwa gut Wetter be¬ sorgen und den Arzt ersetzen könnten. Aus dem letzten Beispiel ersieht man zu-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299786/706>, abgerufen am 30.04.2024.