Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Viertes Vierteljahr.Großherzog Friedrich von Baden in Versailles 3 le badische Regierung hatte am 31. August an ihre sämtlichen Großherzog Friedrich von Baden in Versailles 3 le badische Regierung hatte am 31. August an ihre sämtlichen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0019" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/300518"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341883_300500/figures/grenzboten_341883_300500_300518_000.jpg"/><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> Großherzog Friedrich von Baden in Versailles<lb/> 3 </head><lb/> <p xml:id="ID_36" next="#ID_37"> le badische Regierung hatte am 31. August an ihre sämtlichen<lb/> Gesandtschaften eine Zirknlardepesche gerichtet, deren Inhalt der<lb/> in Berlin übergebnen Denkschrift entsprach. Sie wird, neben<lb/> den gleichzeitigen Schritten Sachsens, auch in München nicht<lb/> ohne Eindruck geblieben sein, wo das Ministerium mehr und<lb/> mehr unter den Druck einer zumal nach der Schlacht von Sedan sich stärker<lb/> und stärker accentuierenden nationalen Bewegung geriet. Die Denkschrift mit<lb/> dem begleitenden Schreiben des Großherzogs ist es wohl namentlich gewesen,<lb/> die den Kronprinzen bewog, in Rheims die Initiative zu einer Besprechung<lb/> der Lage mit dem Könige zu ergreifen. Es ist das um den 7. September<lb/> der Fall gewesen. Auch der Herzog von Koburg war in diesen Tagen beim<lb/> Könige tätig. Es scheint zu jener Zeit im Hauptquartier eine starke Ver¬<lb/> stimmung über die Haltung Bayerns bestanden zu haben, die ihre damals<lb/> noch nicht ergründete Ursache zum guten Teil in dem krankhaften Wesen<lb/> des Königs Ludwig hatte, der in wichtigen Augenblicken für seine Minister<lb/> unerreichbar war. König Wilhelm soll in jenen Tagen mißmutig geäußert<lb/> haben, auf Bayern sei keineswegs zu rechnen, und Bismarck sei weit entfernt,<lb/> einen Druck ausüben zu wollen. Man müsse deshalb auf weitere Versuche<lb/> Verzicht leisten, er habe für seine Person und bei seinem Alter nicht die Absicht,<lb/> jemand zu etwas zwingen zu wollen. Für die Aufnahme Badens in den<lb/> Nordbund sei er entschieden, und er werde sie auch durchsetzen. Ungefähr<lb/> fünf Tage später traf dann die Münchner Mitteilung ein, in der Delbrücks<lb/> Entsendung erbeten wurde. Als Baden am 16. September noch immer auf den<lb/> vierzehn Tage zuvor in Berlin überreichten Antrag keine Antwort hatte, schlug<lb/> Jolly dem Großherzog vor, den preußischen Gesandten um eine Nückänßerung<lb/> zu ersuchen und die Aufnahme Badens in den Nordbund amtlich zu be¬<lb/> treiben. Der Großherzog gab seine Zustimmung mit dem Bemerken, daß<lb/> durch die Aufnahme Badens vielleicht ein zwingender Vorgang für die andern<lb/> Südstaaten geschaffen werde. Zwei Tage später konnte Jolly über die endlich<lb/> eingegcmgne Antwort Preußens auf die Denkschrift vom 31. August berichten.<lb/> Sie ist, wie das geschäftlich auch nicht anders sein konnte, auf Grundlage der<lb/> Besprechungen mit Delbrück, vielleicht auch der Delbrückschen Denkschrift er¬<lb/> folgt, die die Unterlagen für die weitere geschäftliche Behandlung der deutschen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0019]
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Großherzog Friedrich von Baden in Versailles
3
le badische Regierung hatte am 31. August an ihre sämtlichen
Gesandtschaften eine Zirknlardepesche gerichtet, deren Inhalt der
in Berlin übergebnen Denkschrift entsprach. Sie wird, neben
den gleichzeitigen Schritten Sachsens, auch in München nicht
ohne Eindruck geblieben sein, wo das Ministerium mehr und
mehr unter den Druck einer zumal nach der Schlacht von Sedan sich stärker
und stärker accentuierenden nationalen Bewegung geriet. Die Denkschrift mit
dem begleitenden Schreiben des Großherzogs ist es wohl namentlich gewesen,
die den Kronprinzen bewog, in Rheims die Initiative zu einer Besprechung
der Lage mit dem Könige zu ergreifen. Es ist das um den 7. September
der Fall gewesen. Auch der Herzog von Koburg war in diesen Tagen beim
Könige tätig. Es scheint zu jener Zeit im Hauptquartier eine starke Ver¬
stimmung über die Haltung Bayerns bestanden zu haben, die ihre damals
noch nicht ergründete Ursache zum guten Teil in dem krankhaften Wesen
des Königs Ludwig hatte, der in wichtigen Augenblicken für seine Minister
unerreichbar war. König Wilhelm soll in jenen Tagen mißmutig geäußert
haben, auf Bayern sei keineswegs zu rechnen, und Bismarck sei weit entfernt,
einen Druck ausüben zu wollen. Man müsse deshalb auf weitere Versuche
Verzicht leisten, er habe für seine Person und bei seinem Alter nicht die Absicht,
jemand zu etwas zwingen zu wollen. Für die Aufnahme Badens in den
Nordbund sei er entschieden, und er werde sie auch durchsetzen. Ungefähr
fünf Tage später traf dann die Münchner Mitteilung ein, in der Delbrücks
Entsendung erbeten wurde. Als Baden am 16. September noch immer auf den
vierzehn Tage zuvor in Berlin überreichten Antrag keine Antwort hatte, schlug
Jolly dem Großherzog vor, den preußischen Gesandten um eine Nückänßerung
zu ersuchen und die Aufnahme Badens in den Nordbund amtlich zu be¬
treiben. Der Großherzog gab seine Zustimmung mit dem Bemerken, daß
durch die Aufnahme Badens vielleicht ein zwingender Vorgang für die andern
Südstaaten geschaffen werde. Zwei Tage später konnte Jolly über die endlich
eingegcmgne Antwort Preußens auf die Denkschrift vom 31. August berichten.
Sie ist, wie das geschäftlich auch nicht anders sein konnte, auf Grundlage der
Besprechungen mit Delbrück, vielleicht auch der Delbrückschen Denkschrift er¬
folgt, die die Unterlagen für die weitere geschäftliche Behandlung der deutschen
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