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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Viertes Vierteljahr.

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Literatur

Kling-Klcing-Gloria.

Mit feinem Verständnis zusammengestellt und mit
künstlerischem Bilderschmuck ausgestattet sind die deutschen Volks- und Kinderlieder
Kling-Klcing-Gloria, ausgewählt und in Musik gesetzt von W, Labler, illustriert
von H. Leffler und I. Urban; Wien, F. Tempsky, und Leipzig, G. Freytag, 1901
(4 Mark). Jede Seite dieser Sammlung ist mit geistreichen Zeichnungen umrahmt,
und die im Dreifarbendruck ausgeführten Vollbilder zeigen so viel naive Lebens¬
freude und schelmischen Humor, so viel köstliche Grazie und gemütvolle Beziehungen
zu Text und Melodie, daß man an dem Buche seine helle Freude haben kann.
Besonders gefallen uns die Illustrationen zu "Häslein in der Grube", zum "Jäger
aus Kurpfalz" und zu "Hänselein, willst du tanzen?"; denn hier kommt der tiefere
Sinn des deutschen Volksliedes am treffendsten zum Ausdruck.

Nicht für Kinder, wohl aber für Leute, die Kinder lieb haben und sich gern
mit dem Erwachen der Kindesseele und den oft verblüffenden Äußerungen der
Kinderphantasie beschäftigen, ist das Büchlein: Klein-Elsbeth und die Welt"
von Betty Hertel, Leipzig und Berlin, B. G. Teubner, 1906 (2 Mark). In
sechzehn kurzen Kapiteln behandelt die Verfasserin in fesselnder Darstellung eine
Reihe feiner psychologischer Offenbarungen des Kinderlebens; besonders anregend und
gehaltvoll sind "Wie Klein-Elsbeth eine Philosophin wurde", "Wie Klein-Elsbeth
nach dem Leben forschte" und "Klein-Elsbeth baut Kartenhäuser". Das Büchlein
wird Kinderfreunden, namentlich den Müttern, manchen geistigen Genuß bieten.

Wer für seinen Jungen ein Weihnachtsbuch haben will, das weder durch
wildes Jndianertnm die Phantasie verdirbt noch durch breitgctretue und aufdring¬
liche Moralpredigten dem Geschmack einer gesund denkenden und gesund empfindenden
Jugend zuwider ist, dem kann man das Tagebuch eines Jungen: Otto der Aus¬
reißer, von Gustav Naumann, mit sechs Vignetten von Ernst Geiger, Leipzig,
C. G. Naumann, 1906 (geb. 4 Mark), bestens empfehlen. Das Buch erzählt in
lebendiger Darstellung die Wanderung eines Tertianers von Hamburg nach der
Schweiz und zeigt, wie der Wandrer durch die gewonnenen Eindrücke und Er¬
fahrungen im Denken und Urteilen immer reifer und verständiger wird. Die Schil¬
derungen von Land und Leuten enthalten eine Menge feiner Beobachtungen, und
die Betrachtungen und Gedanken, zum Beispiel über den Geschichtsunterricht auf
unsern Schulen, könnten auch manchen Lehrer zum Nachdenken anregen.







Literatur

Kling-Klcing-Gloria.

Mit feinem Verständnis zusammengestellt und mit
künstlerischem Bilderschmuck ausgestattet sind die deutschen Volks- und Kinderlieder
Kling-Klcing-Gloria, ausgewählt und in Musik gesetzt von W, Labler, illustriert
von H. Leffler und I. Urban; Wien, F. Tempsky, und Leipzig, G. Freytag, 1901
(4 Mark). Jede Seite dieser Sammlung ist mit geistreichen Zeichnungen umrahmt,
und die im Dreifarbendruck ausgeführten Vollbilder zeigen so viel naive Lebens¬
freude und schelmischen Humor, so viel köstliche Grazie und gemütvolle Beziehungen
zu Text und Melodie, daß man an dem Buche seine helle Freude haben kann.
Besonders gefallen uns die Illustrationen zu „Häslein in der Grube", zum „Jäger
aus Kurpfalz" und zu „Hänselein, willst du tanzen?"; denn hier kommt der tiefere
Sinn des deutschen Volksliedes am treffendsten zum Ausdruck.

Nicht für Kinder, wohl aber für Leute, die Kinder lieb haben und sich gern
mit dem Erwachen der Kindesseele und den oft verblüffenden Äußerungen der
Kinderphantasie beschäftigen, ist das Büchlein: Klein-Elsbeth und die Welt"
von Betty Hertel, Leipzig und Berlin, B. G. Teubner, 1906 (2 Mark). In
sechzehn kurzen Kapiteln behandelt die Verfasserin in fesselnder Darstellung eine
Reihe feiner psychologischer Offenbarungen des Kinderlebens; besonders anregend und
gehaltvoll sind „Wie Klein-Elsbeth eine Philosophin wurde", „Wie Klein-Elsbeth
nach dem Leben forschte" und „Klein-Elsbeth baut Kartenhäuser". Das Büchlein
wird Kinderfreunden, namentlich den Müttern, manchen geistigen Genuß bieten.

Wer für seinen Jungen ein Weihnachtsbuch haben will, das weder durch
wildes Jndianertnm die Phantasie verdirbt noch durch breitgctretue und aufdring¬
liche Moralpredigten dem Geschmack einer gesund denkenden und gesund empfindenden
Jugend zuwider ist, dem kann man das Tagebuch eines Jungen: Otto der Aus¬
reißer, von Gustav Naumann, mit sechs Vignetten von Ernst Geiger, Leipzig,
C. G. Naumann, 1906 (geb. 4 Mark), bestens empfehlen. Das Buch erzählt in
lebendiger Darstellung die Wanderung eines Tertianers von Hamburg nach der
Schweiz und zeigt, wie der Wandrer durch die gewonnenen Eindrücke und Er¬
fahrungen im Denken und Urteilen immer reifer und verständiger wird. Die Schil¬
derungen von Land und Leuten enthalten eine Menge feiner Beobachtungen, und
die Betrachtungen und Gedanken, zum Beispiel über den Geschichtsunterricht auf
unsern Schulen, könnten auch manchen Lehrer zum Nachdenken anregen.







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[0572] Literatur Kling-Klcing-Gloria. Mit feinem Verständnis zusammengestellt und mit künstlerischem Bilderschmuck ausgestattet sind die deutschen Volks- und Kinderlieder Kling-Klcing-Gloria, ausgewählt und in Musik gesetzt von W, Labler, illustriert von H. Leffler und I. Urban; Wien, F. Tempsky, und Leipzig, G. Freytag, 1901 (4 Mark). Jede Seite dieser Sammlung ist mit geistreichen Zeichnungen umrahmt, und die im Dreifarbendruck ausgeführten Vollbilder zeigen so viel naive Lebens¬ freude und schelmischen Humor, so viel köstliche Grazie und gemütvolle Beziehungen zu Text und Melodie, daß man an dem Buche seine helle Freude haben kann. Besonders gefallen uns die Illustrationen zu „Häslein in der Grube", zum „Jäger aus Kurpfalz" und zu „Hänselein, willst du tanzen?"; denn hier kommt der tiefere Sinn des deutschen Volksliedes am treffendsten zum Ausdruck. Nicht für Kinder, wohl aber für Leute, die Kinder lieb haben und sich gern mit dem Erwachen der Kindesseele und den oft verblüffenden Äußerungen der Kinderphantasie beschäftigen, ist das Büchlein: Klein-Elsbeth und die Welt" von Betty Hertel, Leipzig und Berlin, B. G. Teubner, 1906 (2 Mark). In sechzehn kurzen Kapiteln behandelt die Verfasserin in fesselnder Darstellung eine Reihe feiner psychologischer Offenbarungen des Kinderlebens; besonders anregend und gehaltvoll sind „Wie Klein-Elsbeth eine Philosophin wurde", „Wie Klein-Elsbeth nach dem Leben forschte" und „Klein-Elsbeth baut Kartenhäuser". Das Büchlein wird Kinderfreunden, namentlich den Müttern, manchen geistigen Genuß bieten. Wer für seinen Jungen ein Weihnachtsbuch haben will, das weder durch wildes Jndianertnm die Phantasie verdirbt noch durch breitgctretue und aufdring¬ liche Moralpredigten dem Geschmack einer gesund denkenden und gesund empfindenden Jugend zuwider ist, dem kann man das Tagebuch eines Jungen: Otto der Aus¬ reißer, von Gustav Naumann, mit sechs Vignetten von Ernst Geiger, Leipzig, C. G. Naumann, 1906 (geb. 4 Mark), bestens empfehlen. Das Buch erzählt in lebendiger Darstellung die Wanderung eines Tertianers von Hamburg nach der Schweiz und zeigt, wie der Wandrer durch die gewonnenen Eindrücke und Er¬ fahrungen im Denken und Urteilen immer reifer und verständiger wird. Die Schil¬ derungen von Land und Leuten enthalten eine Menge feiner Beobachtungen, und die Betrachtungen und Gedanken, zum Beispiel über den Geschichtsunterricht auf unsern Schulen, könnten auch manchen Lehrer zum Nachdenken anregen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_300500/572>, abgerufen am 29.04.2024.