Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Viertes Vierteljahr.Dresdner Rünstlerhefte Was Wunder, wenn die Muse von den Ritterburgen herabsteigt und sich Dresdner Künstlerhefte ullus Hoffmanns Verlag für Kunst und Kunstgewerbe in Stuttgart Grenzboten IV 1906 77
Dresdner Rünstlerhefte Was Wunder, wenn die Muse von den Ritterburgen herabsteigt und sich Dresdner Künstlerhefte ullus Hoffmanns Verlag für Kunst und Kunstgewerbe in Stuttgart Grenzboten IV 1906 77
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Dresdner Rünstlerhefte
Was Wunder, wenn die Muse von den Ritterburgen herabsteigt und sich
in den mächtig aufblühenden Städten und ihren Bürgerhäusern heimisch macht;
wenn sie ihre Abenteuerlichkeiten ablegt und ein schlichtes, einfaches Bürger-
mädchen wird, nicht mehr hoch zu Roß durch die Welt fährt, sondern wie andre
ehrbare Leute hübsch auf Schusters Rappen bleibt. So ist die Poesie der
folgenden Zeit, oft philisterhaft und fad, aber doch gemütlich tief und rein wie
die biedern Schuster und Schneider in Nürnberg oder Kolmar; bald auch wüst
und roh wie die Landsknechte und ihre Dirnen. Ob sie sich wohler fühlte, oben
auf den Höhen der Burgen oder in den Werkstätten und Lagerzelten, wer mag
das sagen. Jedenfalls sind unter den „Volksliedern" der kommenden Zeit manche,
die es mit den besten „ritterlichen" ausnehmen.
Dresdner Künstlerhefte
ullus Hoffmanns Verlag für Kunst und Kunstgewerbe in Stuttgart
gibt als besondre Abteilung seiner längst eingeführten, angesehenen
Monatsschrift „Moderne Bauformen" eine Reihe von Heften
heraus, die den Erzeugnissen der neusten Dresdner Architektur
und ihrer Nebengebiete gewidmet sind. Sie führen den Titel:
„Dresdner Künstlerheft, Sonderheft der modernen Bauformen", kosten je zwei
Mark und enthalten nur Abbildungen, die von den betreffenden Künstlern selbst
ausgewählt und dargeboten werden, keinen Text, wofür wir besonders dankbar
sind. Denn Worte über die neue Bewegung hat man allmählich genug gehört.
Erschienen sind drei Hefte. Die Aufnahmen sind hervorragend schön und
deutlich. Wir empfehlen das Unternehmen auf das angelegentlichste. Hier
kann jemand bester und jedenfalls bequemer, als in der Wirklichkeit, kennen
lernen, was „das Neue" ist. Ob er es dann liebt oder nicht, ist eine Sache
für sich. Das erste Heft enthält Kirchenbauten der bekannten Dresdner
Architektenfirma Schilling und Graebner, die sich ihren ersten, verdienten Ruhm
durch den Ausbau und die ganze innere Ausstattung der 1897 durch Brand
zerstörten Kreuzkirche erwarb. Wir finden da zunächst die Kirche in Strehlen
auf dreißig Blättern mit vielen Detailaufnahmen, sodann zwei Kirchen in
Zwickau und Wies« und endlich zwei zurückgewiesene Kirchenprojekte für Chemnitz
und Mannheim. „Bei der Mannheimer Konkurrenz tröstete uns ein Preisrichter
in einem Briefe wenigstens damit, daß er uns auf die nächste Generation
verwies, die vielleicht für unsre Auffassung reif sei." Wir selbst haben beim
öftern Besehen dieser Tafeln ein immer erneutes Vergnügen und viel Anregung
zu weitern Gedanken gefunden. Es wäre aber vorlaut, andre in ihren Ein¬
drücken durch Worte stören zu wollen. Wir meinen, jeder, der sich für den
Grenzboten IV 1906 77
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