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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr.

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Militärische Jugenderziehung

bei ihm war, nicht um eine Volksvertretung zu fordern, sondern seine Besorgnis
auszusprechen, daß die Anhänger des Propheten dabei in eine hoffnungslose
Minderheit kämen. Um diese in der wichtigen Osthälfte Bengalens in den Besitz
der Macht zu setzen, hat die Regierung Bengalen in zwei Hälften zerlegt.

Damit hat sie die Hindus noch oppositioneller gemacht. Diese haben einen
"Altindischen Bund" gegründet, und unter solchem vielversprechenden Namen
haben sie die unzufriednen Elemente gesammelt. Ende Dezember hielt der
Bund seine Versammlung ab. Er wählte den gemäßigtsten Mann zu seinem
Vorsitzenden. Nach dem, was dieser gemäßigtste forderte, kann man sich die
Gesinnung der andern leicht ausmalen. Er wollte "Selbstverwaltung", wie
sie die übrigen britischen Kolonien genössen. Auch den Indern könnte England
eine solche nicht abschlagen, denn sie wären britische Untertanen gleich den Be¬
wohnern von Australien, Kapland und Kanada. Da diese britischen Europäer-
kolouieu nur noch in einem ganz losen Zusammenhang mit dem Mutterlande
stehn, so weiß man, was das für das übervölkerte Indien zu bedeuten haben
würde. Es wird aber noch präzisiert: "Die Verwaltung soll in allen Zweigen
und Einzelheiten in den Händen des Volkes sein; alle Gesetzgebung und Be¬
steuerung sowie alle Ausgaben sollten von den zu wählenden Volksvertretern
bestimmt werden. Alle Gehalte, Pensionen, Vergütungen, Lieferungen, alles,
was Indien an Ausgaben für den Zivil-, Heeres- oder Flottendienst aufwendet,
sollte nur Indien zugute kommen."

Natürlich hat England schnell begriffen, worum es sich handelt. Natürlich
antwortet es mit einem runden Nein und gibt sich doppelte Mühe um die
Mohammedaner. Aber als den Anfang einer Bewegung, von der es noch mehr
hören wird, muß es die Sache doch ansehen.




Militärische Jugenderziehung
Rittmeister von Witzleben von

e größer und je mehr die physischen und moralischen Kräfte der
Nation in Anspruch genommen werden, um den sich stetig
steigernden Anforderungen zu genügen, die an die Ausbildung
jedes Einzelnen wahrend seiner Dienstzeit als Soldat und an
seine Leistungsfähigkeit in ernster Stunde, wenn das Vaterland
in Gefahr ist, gestellt werden, desto notwendiger ist es, daß alle jene Kräfte
möglichst schon von der frühesten Jugend an geweckt, sorgfältig und systematisch
weiter entwickelt, gefördert und in lebendiger Frische erhalten werden- Die
militärische Jugenderziehung ist zu diesen schönen Aufgaben am besten berufen.
Aber so leicht sich dies ausspricht, so einfach ist das hohe Ziel doch nicht zu6RH^
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Militärische Jugenderziehung

bei ihm war, nicht um eine Volksvertretung zu fordern, sondern seine Besorgnis
auszusprechen, daß die Anhänger des Propheten dabei in eine hoffnungslose
Minderheit kämen. Um diese in der wichtigen Osthälfte Bengalens in den Besitz
der Macht zu setzen, hat die Regierung Bengalen in zwei Hälften zerlegt.

Damit hat sie die Hindus noch oppositioneller gemacht. Diese haben einen
„Altindischen Bund" gegründet, und unter solchem vielversprechenden Namen
haben sie die unzufriednen Elemente gesammelt. Ende Dezember hielt der
Bund seine Versammlung ab. Er wählte den gemäßigtsten Mann zu seinem
Vorsitzenden. Nach dem, was dieser gemäßigtste forderte, kann man sich die
Gesinnung der andern leicht ausmalen. Er wollte „Selbstverwaltung", wie
sie die übrigen britischen Kolonien genössen. Auch den Indern könnte England
eine solche nicht abschlagen, denn sie wären britische Untertanen gleich den Be¬
wohnern von Australien, Kapland und Kanada. Da diese britischen Europäer-
kolouieu nur noch in einem ganz losen Zusammenhang mit dem Mutterlande
stehn, so weiß man, was das für das übervölkerte Indien zu bedeuten haben
würde. Es wird aber noch präzisiert: „Die Verwaltung soll in allen Zweigen
und Einzelheiten in den Händen des Volkes sein; alle Gesetzgebung und Be¬
steuerung sowie alle Ausgaben sollten von den zu wählenden Volksvertretern
bestimmt werden. Alle Gehalte, Pensionen, Vergütungen, Lieferungen, alles,
was Indien an Ausgaben für den Zivil-, Heeres- oder Flottendienst aufwendet,
sollte nur Indien zugute kommen."

Natürlich hat England schnell begriffen, worum es sich handelt. Natürlich
antwortet es mit einem runden Nein und gibt sich doppelte Mühe um die
Mohammedaner. Aber als den Anfang einer Bewegung, von der es noch mehr
hören wird, muß es die Sache doch ansehen.




Militärische Jugenderziehung
Rittmeister von Witzleben von

e größer und je mehr die physischen und moralischen Kräfte der
Nation in Anspruch genommen werden, um den sich stetig
steigernden Anforderungen zu genügen, die an die Ausbildung
jedes Einzelnen wahrend seiner Dienstzeit als Soldat und an
seine Leistungsfähigkeit in ernster Stunde, wenn das Vaterland
in Gefahr ist, gestellt werden, desto notwendiger ist es, daß alle jene Kräfte
möglichst schon von der frühesten Jugend an geweckt, sorgfältig und systematisch
weiter entwickelt, gefördert und in lebendiger Frische erhalten werden- Die
militärische Jugenderziehung ist zu diesen schönen Aufgaben am besten berufen.
Aber so leicht sich dies ausspricht, so einfach ist das hohe Ziel doch nicht zu6RH^
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301253/344>, abgerufen am 02.05.2024.