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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr.

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Madeira

darf endlich keine Gelegenheit versäumt werden, bei Änderungen in der Ver¬
fassung für eine Erweiterung ihrer Rechte einzutreten. Dabei aber sollen die
Frauen eingedenk bleiben, daß die Erlangung von neuen Rechten nur dadurch
Bedeutung für sie erhält, als sie dadurch wirkungsvolle Pflichten auf sich nehmen
können zum Segen für die Gesamtheit.




Madeira
Alara Finale von

le landschaftliche Schönheit der lieblichen Insel ist nicht nur von
vielen Tausenden Leidender gepriesen worden, die hier, im Reiche
des ewigen Frühlings, Genesung nach langem Siechtum fanden,
auch mancher Dichter hat Madeiras Lob gesungen. So ist der
Naturfreund darauf vorbereitet, hier ein gar wunderholdes
Stückchen Erde vorzufinden. Aber jede Erwartung, und sei sie
noch so hochgespannt, wird bei der Wanderung durch dieses Märchenparadies
übertroffen, das Bodenbeschaffenheit, Klima und Vegetation gezeitigt haben.

Deutlich offenbaren die schneegekrönten Bergketten unserm forschenden
Auge den Werdegang dieses Stückes der Schöpfungsgeschichte, denn muster-
giltig wie in einem Lehrbuch der Geologie sind die Steinlagerungen des ge¬
waltigen Vulkangebietes, dessen steil abfallende Felsenriffe zu den höchsten der
Welt gehören. Dabei ist das Areal der Insel nicht größer als das der Stadt
London. Der Gebirgszug, auf dessen höchstem Gipfel Madeira liegt, steigt
westlich von der afrikanischen Küste, 10 Grad nördlich vom Wendekreis des
Krebses aus dem tiefsten Teil des Atlantischen Ozeans empor, und vom
Meeresboden an gerechnet ist'die Bergkette genau so hoch wie der Himalaja.
Ein südlicher Zweig des Golfstromes umspült das Eiland.

Wenn man vom Meer aus die Küste betrachtet, kann man in der Um¬
gebung des ?ioo ruivo, der der höchste Gipfel Madeiras ist, deutlich gewahren,
wie einst Lavamassen von hier nach allen Seiten herabgestossen sind. An ver¬
schieden en andern Punkten der Insel hat die See das etwas mit Kalk unter¬
mischte Gestein des Ufers unterwaschen, und es sind dadurch Höhlen entstanden,
die unter dem Meeresspiegel liegen. Zur Zeit der Flut verdrängt das hinein¬
wogende Wasser die in den Höhlungen befindliche Lust, und es steigt, das
kalkige, poröse Gestein durchdringend und jäh emporspritzend, in reizenden,
natürlichen Springbrunnen auf, die das Entzücken des Schauenden bilden.
An andern Stellen der Küste haben die Wellen im Laufe von Jahrtausenden
ihr Zerstörungswerk an aufgetürmten Lavawünden ausgeübt und sie zur Hälfte
fortgerissen, sodaß man die Querschicht zu sehen bekommt. Diese weist die
ganze Farbenskala auf, vorherrschend sind dunkelblaue und gelbe Partien, deren
Lagerungen deutlich voneinander geschieden sind. Da das Aussehen stellenweise
dem goldhaltigen Boden Südafrikas ähnelte, kamen Spekulanten auf den
Einfall, auf Madeira Gold zu suchen. Aber wie Kundige voraushaben, mußten
diese Versuche erfolglos bleiben, da man Metall nur in altem, niemals in
vulkanischem Gebiete suchen darf. Der Basalt, ans dem die Berge bestehn,


Madeira

darf endlich keine Gelegenheit versäumt werden, bei Änderungen in der Ver¬
fassung für eine Erweiterung ihrer Rechte einzutreten. Dabei aber sollen die
Frauen eingedenk bleiben, daß die Erlangung von neuen Rechten nur dadurch
Bedeutung für sie erhält, als sie dadurch wirkungsvolle Pflichten auf sich nehmen
können zum Segen für die Gesamtheit.




Madeira
Alara Finale von

le landschaftliche Schönheit der lieblichen Insel ist nicht nur von
vielen Tausenden Leidender gepriesen worden, die hier, im Reiche
des ewigen Frühlings, Genesung nach langem Siechtum fanden,
auch mancher Dichter hat Madeiras Lob gesungen. So ist der
Naturfreund darauf vorbereitet, hier ein gar wunderholdes
Stückchen Erde vorzufinden. Aber jede Erwartung, und sei sie
noch so hochgespannt, wird bei der Wanderung durch dieses Märchenparadies
übertroffen, das Bodenbeschaffenheit, Klima und Vegetation gezeitigt haben.

Deutlich offenbaren die schneegekrönten Bergketten unserm forschenden
Auge den Werdegang dieses Stückes der Schöpfungsgeschichte, denn muster-
giltig wie in einem Lehrbuch der Geologie sind die Steinlagerungen des ge¬
waltigen Vulkangebietes, dessen steil abfallende Felsenriffe zu den höchsten der
Welt gehören. Dabei ist das Areal der Insel nicht größer als das der Stadt
London. Der Gebirgszug, auf dessen höchstem Gipfel Madeira liegt, steigt
westlich von der afrikanischen Küste, 10 Grad nördlich vom Wendekreis des
Krebses aus dem tiefsten Teil des Atlantischen Ozeans empor, und vom
Meeresboden an gerechnet ist'die Bergkette genau so hoch wie der Himalaja.
Ein südlicher Zweig des Golfstromes umspült das Eiland.

Wenn man vom Meer aus die Küste betrachtet, kann man in der Um¬
gebung des ?ioo ruivo, der der höchste Gipfel Madeiras ist, deutlich gewahren,
wie einst Lavamassen von hier nach allen Seiten herabgestossen sind. An ver¬
schieden en andern Punkten der Insel hat die See das etwas mit Kalk unter¬
mischte Gestein des Ufers unterwaschen, und es sind dadurch Höhlen entstanden,
die unter dem Meeresspiegel liegen. Zur Zeit der Flut verdrängt das hinein¬
wogende Wasser die in den Höhlungen befindliche Lust, und es steigt, das
kalkige, poröse Gestein durchdringend und jäh emporspritzend, in reizenden,
natürlichen Springbrunnen auf, die das Entzücken des Schauenden bilden.
An andern Stellen der Küste haben die Wellen im Laufe von Jahrtausenden
ihr Zerstörungswerk an aufgetürmten Lavawünden ausgeübt und sie zur Hälfte
fortgerissen, sodaß man die Querschicht zu sehen bekommt. Diese weist die
ganze Farbenskala auf, vorherrschend sind dunkelblaue und gelbe Partien, deren
Lagerungen deutlich voneinander geschieden sind. Da das Aussehen stellenweise
dem goldhaltigen Boden Südafrikas ähnelte, kamen Spekulanten auf den
Einfall, auf Madeira Gold zu suchen. Aber wie Kundige voraushaben, mußten
diese Versuche erfolglos bleiben, da man Metall nur in altem, niemals in
vulkanischem Gebiete suchen darf. Der Basalt, ans dem die Berge bestehn,


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[0707] Madeira darf endlich keine Gelegenheit versäumt werden, bei Änderungen in der Ver¬ fassung für eine Erweiterung ihrer Rechte einzutreten. Dabei aber sollen die Frauen eingedenk bleiben, daß die Erlangung von neuen Rechten nur dadurch Bedeutung für sie erhält, als sie dadurch wirkungsvolle Pflichten auf sich nehmen können zum Segen für die Gesamtheit. Madeira Alara Finale von le landschaftliche Schönheit der lieblichen Insel ist nicht nur von vielen Tausenden Leidender gepriesen worden, die hier, im Reiche des ewigen Frühlings, Genesung nach langem Siechtum fanden, auch mancher Dichter hat Madeiras Lob gesungen. So ist der Naturfreund darauf vorbereitet, hier ein gar wunderholdes Stückchen Erde vorzufinden. Aber jede Erwartung, und sei sie noch so hochgespannt, wird bei der Wanderung durch dieses Märchenparadies übertroffen, das Bodenbeschaffenheit, Klima und Vegetation gezeitigt haben. Deutlich offenbaren die schneegekrönten Bergketten unserm forschenden Auge den Werdegang dieses Stückes der Schöpfungsgeschichte, denn muster- giltig wie in einem Lehrbuch der Geologie sind die Steinlagerungen des ge¬ waltigen Vulkangebietes, dessen steil abfallende Felsenriffe zu den höchsten der Welt gehören. Dabei ist das Areal der Insel nicht größer als das der Stadt London. Der Gebirgszug, auf dessen höchstem Gipfel Madeira liegt, steigt westlich von der afrikanischen Küste, 10 Grad nördlich vom Wendekreis des Krebses aus dem tiefsten Teil des Atlantischen Ozeans empor, und vom Meeresboden an gerechnet ist'die Bergkette genau so hoch wie der Himalaja. Ein südlicher Zweig des Golfstromes umspült das Eiland. Wenn man vom Meer aus die Küste betrachtet, kann man in der Um¬ gebung des ?ioo ruivo, der der höchste Gipfel Madeiras ist, deutlich gewahren, wie einst Lavamassen von hier nach allen Seiten herabgestossen sind. An ver¬ schieden en andern Punkten der Insel hat die See das etwas mit Kalk unter¬ mischte Gestein des Ufers unterwaschen, und es sind dadurch Höhlen entstanden, die unter dem Meeresspiegel liegen. Zur Zeit der Flut verdrängt das hinein¬ wogende Wasser die in den Höhlungen befindliche Lust, und es steigt, das kalkige, poröse Gestein durchdringend und jäh emporspritzend, in reizenden, natürlichen Springbrunnen auf, die das Entzücken des Schauenden bilden. An andern Stellen der Küste haben die Wellen im Laufe von Jahrtausenden ihr Zerstörungswerk an aufgetürmten Lavawünden ausgeübt und sie zur Hälfte fortgerissen, sodaß man die Querschicht zu sehen bekommt. Diese weist die ganze Farbenskala auf, vorherrschend sind dunkelblaue und gelbe Partien, deren Lagerungen deutlich voneinander geschieden sind. Da das Aussehen stellenweise dem goldhaltigen Boden Südafrikas ähnelte, kamen Spekulanten auf den Einfall, auf Madeira Gold zu suchen. Aber wie Kundige voraushaben, mußten diese Versuche erfolglos bleiben, da man Metall nur in altem, niemals in vulkanischem Gebiete suchen darf. Der Basalt, ans dem die Berge bestehn,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301253/707>, abgerufen am 02.05.2024.