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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Drittes Vierteljahr.

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Ägypten im Jahre
Otto Neuschler von
in^nsA^! ^ 1 . ^ /

!0 immer England ein Land in seine Interessensphäre hineinzog
-- und es ist kein kleiner Teil des Globus, Mo dies geschehen --,
haben Sie niemals die Entwicklung des fremden Landes danieder¬
gehalten und unterdrückt, wie manche andre Nation es zu ihrem
! eignen Schaden getan, sondern Sie haben Ihre Kräfte und Arbeit
dafür eingesetzt, die Produktionsquellen des Landes zu erschließen und es der
Kultur und der Zivilisation näher zu bringen. Von dieser Arbeit schlössen
Sie auch andre Staaten in den unter britischen Einfluß stehenden Gebieten
nicht aus, sondern ließen sie den gleichen Weg mit Ihnen gehn. Einen der
größten Triumphe feierte diese Ihre Politik jetzt in Ägypten. In geradezu
erstaunlicher Weise hat der eminente Staatsmann, Lord Cromer, nach diesem
Prinzip handelnd, es verstanden, das alte Land der Pharaonen zu neuem
Leben, zu neuer Kraft zu erwecken." Diese Worte sind der Rede entnommen,
die Unterstaatssekretär von Mühlberg am 29. Mai d. I. an die im Zoologischen
Garten zu Berlin versammelten englischen Journalisten gerichtet hat. Lord
Cromer, dem er darin so hohes Lob zollt, ist seitdem von der Stätte seines
langjährigen Wirkens zurückgetreten. Vor uns liegt heute der letzte von ihm
verfaßte Bericht über die Finanzen, die Verwaltung und die allgemeine Lage
Ägyptens und des Sudans, ein umfangreiches Blaubuch, wie er solche all¬
jährlich dem britischen Parlament als Urkunde seines Schaffens und Wirkens
vorzulegen pflegte.

Haben wir vor kurzem dem Kritiker das Wort gegeben, der die Frage
nach Ägyptens Zukunft aufwarf (siehe Grenzboten 1907, Ur. 26: "Die Zukunft
Ägyptens"), so soll heute der verantwortliche Leiter der Geschicke des Landes
auf Grund seines amtlichen Berichts seine Anschauungen vertreten. Manche
Frage wird hier in andrer Beleuchtung vor uns auftauchen; aber gerade die


Grenzboten III 1907 S7


Ägypten im Jahre
Otto Neuschler von
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!0 immer England ein Land in seine Interessensphäre hineinzog
— und es ist kein kleiner Teil des Globus, Mo dies geschehen —,
haben Sie niemals die Entwicklung des fremden Landes danieder¬
gehalten und unterdrückt, wie manche andre Nation es zu ihrem
! eignen Schaden getan, sondern Sie haben Ihre Kräfte und Arbeit
dafür eingesetzt, die Produktionsquellen des Landes zu erschließen und es der
Kultur und der Zivilisation näher zu bringen. Von dieser Arbeit schlössen
Sie auch andre Staaten in den unter britischen Einfluß stehenden Gebieten
nicht aus, sondern ließen sie den gleichen Weg mit Ihnen gehn. Einen der
größten Triumphe feierte diese Ihre Politik jetzt in Ägypten. In geradezu
erstaunlicher Weise hat der eminente Staatsmann, Lord Cromer, nach diesem
Prinzip handelnd, es verstanden, das alte Land der Pharaonen zu neuem
Leben, zu neuer Kraft zu erwecken." Diese Worte sind der Rede entnommen,
die Unterstaatssekretär von Mühlberg am 29. Mai d. I. an die im Zoologischen
Garten zu Berlin versammelten englischen Journalisten gerichtet hat. Lord
Cromer, dem er darin so hohes Lob zollt, ist seitdem von der Stätte seines
langjährigen Wirkens zurückgetreten. Vor uns liegt heute der letzte von ihm
verfaßte Bericht über die Finanzen, die Verwaltung und die allgemeine Lage
Ägyptens und des Sudans, ein umfangreiches Blaubuch, wie er solche all¬
jährlich dem britischen Parlament als Urkunde seines Schaffens und Wirkens
vorzulegen pflegte.

Haben wir vor kurzem dem Kritiker das Wort gegeben, der die Frage
nach Ägyptens Zukunft aufwarf (siehe Grenzboten 1907, Ur. 26: „Die Zukunft
Ägyptens"), so soll heute der verantwortliche Leiter der Geschicke des Landes
auf Grund seines amtlichen Berichts seine Anschauungen vertreten. Manche
Frage wird hier in andrer Beleuchtung vor uns auftauchen; aber gerade die


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[0441] [Abbildung] Ägypten im Jahre Otto Neuschler von in^nsA^! ^ 1 . ^ / !0 immer England ein Land in seine Interessensphäre hineinzog — und es ist kein kleiner Teil des Globus, Mo dies geschehen —, haben Sie niemals die Entwicklung des fremden Landes danieder¬ gehalten und unterdrückt, wie manche andre Nation es zu ihrem ! eignen Schaden getan, sondern Sie haben Ihre Kräfte und Arbeit dafür eingesetzt, die Produktionsquellen des Landes zu erschließen und es der Kultur und der Zivilisation näher zu bringen. Von dieser Arbeit schlössen Sie auch andre Staaten in den unter britischen Einfluß stehenden Gebieten nicht aus, sondern ließen sie den gleichen Weg mit Ihnen gehn. Einen der größten Triumphe feierte diese Ihre Politik jetzt in Ägypten. In geradezu erstaunlicher Weise hat der eminente Staatsmann, Lord Cromer, nach diesem Prinzip handelnd, es verstanden, das alte Land der Pharaonen zu neuem Leben, zu neuer Kraft zu erwecken." Diese Worte sind der Rede entnommen, die Unterstaatssekretär von Mühlberg am 29. Mai d. I. an die im Zoologischen Garten zu Berlin versammelten englischen Journalisten gerichtet hat. Lord Cromer, dem er darin so hohes Lob zollt, ist seitdem von der Stätte seines langjährigen Wirkens zurückgetreten. Vor uns liegt heute der letzte von ihm verfaßte Bericht über die Finanzen, die Verwaltung und die allgemeine Lage Ägyptens und des Sudans, ein umfangreiches Blaubuch, wie er solche all¬ jährlich dem britischen Parlament als Urkunde seines Schaffens und Wirkens vorzulegen pflegte. Haben wir vor kurzem dem Kritiker das Wort gegeben, der die Frage nach Ägyptens Zukunft aufwarf (siehe Grenzboten 1907, Ur. 26: „Die Zukunft Ägyptens"), so soll heute der verantwortliche Leiter der Geschicke des Landes auf Grund seines amtlichen Berichts seine Anschauungen vertreten. Manche Frage wird hier in andrer Beleuchtung vor uns auftauchen; aber gerade die Grenzboten III 1907 S7

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_302701/441>, abgerufen am 28.04.2024.