Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Das Militärbildungswesen in den vereinigten Staaten von Nordamerika

ebenbürtiges Mitglied des Dreibundes keineswegs darunter gelitten hat, daß
sie also die innern Kämpfe sich austoben lassen darf. Die ganze moderne
Agitationsschaumschlägerei, sei sie parteipolitischer oder nationaler Natur, kann
dem festen Gefüge eines historischen Staatsbaues nicht so leicht etwas anhaben.
Auch die neue Erschütterung durch die Wahlreform wird ohne tiefe Schädigung
vorübergehn. Damit soll aber keineswegs gesagt sein, daß die dermaligen Zu¬
stände ohne Gefährdung des Ganzen in Ewigkeit fortbestehu konnten. Schon
der Nachteil davon, daß so gut wie gar nichts geschieht, fällt schwer ins
Gewicht. Durch die innern Kämpfe wird alle politische Kraft aufgezehrt, und
dies geschieht in einer Zeit, in der die Weltinteressen neu verteilt werden.
Ohne dauernden Schaden kann diese Selbstausschaltuug aus dem Weltwettbewerb
nicht bleiben, denn wer auf politischem Gebiete stehn bleibt, kommt zurück.




Das Militärbildungswesen in den Vereinigten Staaten
von Nordamerika

l le Garnison des Forts Leawenworth wird gebildet aus drei
Infanterie"ataillonen, vier Eskadrons, je einer Batterie Feld-,
Festungs- und Gebirgsartillerie sowie aus einem Detachement
Genietruppen -- im ganzen etwas über 2000 Mann. Etwas
!sehr reich sind die Offiziersquartiere ausgestattet, doch auch für
die Unterbringung der Mannschaft ist ganz ausgezeichnet gesorgt. Hohe, luftige
Wohnräume, Speisesäle, Badeeinrichtungen usw. sind in großer und mehr als
ausreichender Zahl vorhanden, die Offizierswohnungen mit den Amtsgebäuden
bilden dabei den innern Kreis der Garnison; außerhalb liegen die Kasernen
und die Stallungen und das große Regimentsgefängnis.

Das Hauptinteresse im Fort Leawenworth konzentriert sich auf die mili¬
tärischen Unterrichtsgebäude und auf das Studium, das hier getrieben wird.
Was zunächst den Kursus der Infanterie- und Kavallerieoffiziere anlangt, so
ist er von einjähriger Dauer. Vor einiger Zeit war eine Kommission ein¬
gesetzt worden, die prüfen sollte, ob der Unterricht nicht besser auf zwei Jahre
ausgedehnt werden solle. Bei den Erwägungen über das Für und Wider
einer solchen Verlängerung wurde jedoch schließlich der Entschluß gefaßt, es
vorderhand bei dem einjährigen Kursus zu lassen. Die Aufnahme der Offi¬
ziere der genannten beiden Waffen in die Schule erfolgt auf Vorschlag ihrer
direkten Vorgesetzten, und zwar wird von jedem Regiment ein Offizier namhaft
gemacht, der ein Dienstalter von mindestens vier Jahren haben muß, doch


Das Militärbildungswesen in den vereinigten Staaten von Nordamerika

ebenbürtiges Mitglied des Dreibundes keineswegs darunter gelitten hat, daß
sie also die innern Kämpfe sich austoben lassen darf. Die ganze moderne
Agitationsschaumschlägerei, sei sie parteipolitischer oder nationaler Natur, kann
dem festen Gefüge eines historischen Staatsbaues nicht so leicht etwas anhaben.
Auch die neue Erschütterung durch die Wahlreform wird ohne tiefe Schädigung
vorübergehn. Damit soll aber keineswegs gesagt sein, daß die dermaligen Zu¬
stände ohne Gefährdung des Ganzen in Ewigkeit fortbestehu konnten. Schon
der Nachteil davon, daß so gut wie gar nichts geschieht, fällt schwer ins
Gewicht. Durch die innern Kämpfe wird alle politische Kraft aufgezehrt, und
dies geschieht in einer Zeit, in der die Weltinteressen neu verteilt werden.
Ohne dauernden Schaden kann diese Selbstausschaltuug aus dem Weltwettbewerb
nicht bleiben, denn wer auf politischem Gebiete stehn bleibt, kommt zurück.




Das Militärbildungswesen in den Vereinigten Staaten
von Nordamerika

l le Garnison des Forts Leawenworth wird gebildet aus drei
Infanterie»ataillonen, vier Eskadrons, je einer Batterie Feld-,
Festungs- und Gebirgsartillerie sowie aus einem Detachement
Genietruppen — im ganzen etwas über 2000 Mann. Etwas
!sehr reich sind die Offiziersquartiere ausgestattet, doch auch für
die Unterbringung der Mannschaft ist ganz ausgezeichnet gesorgt. Hohe, luftige
Wohnräume, Speisesäle, Badeeinrichtungen usw. sind in großer und mehr als
ausreichender Zahl vorhanden, die Offizierswohnungen mit den Amtsgebäuden
bilden dabei den innern Kreis der Garnison; außerhalb liegen die Kasernen
und die Stallungen und das große Regimentsgefängnis.

Das Hauptinteresse im Fort Leawenworth konzentriert sich auf die mili¬
tärischen Unterrichtsgebäude und auf das Studium, das hier getrieben wird.
Was zunächst den Kursus der Infanterie- und Kavallerieoffiziere anlangt, so
ist er von einjähriger Dauer. Vor einiger Zeit war eine Kommission ein¬
gesetzt worden, die prüfen sollte, ob der Unterricht nicht besser auf zwei Jahre
ausgedehnt werden solle. Bei den Erwägungen über das Für und Wider
einer solchen Verlängerung wurde jedoch schließlich der Entschluß gefaßt, es
vorderhand bei dem einjährigen Kursus zu lassen. Die Aufnahme der Offi¬
ziere der genannten beiden Waffen in die Schule erfolgt auf Vorschlag ihrer
direkten Vorgesetzten, und zwar wird von jedem Regiment ein Offizier namhaft
gemacht, der ein Dienstalter von mindestens vier Jahren haben muß, doch


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0182" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/303598"/>
          <fw type="header" place="top"> Das Militärbildungswesen in den vereinigten Staaten von Nordamerika</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_723" prev="#ID_722"> ebenbürtiges Mitglied des Dreibundes keineswegs darunter gelitten hat, daß<lb/>
sie also die innern Kämpfe sich austoben lassen darf. Die ganze moderne<lb/>
Agitationsschaumschlägerei, sei sie parteipolitischer oder nationaler Natur, kann<lb/>
dem festen Gefüge eines historischen Staatsbaues nicht so leicht etwas anhaben.<lb/>
Auch die neue Erschütterung durch die Wahlreform wird ohne tiefe Schädigung<lb/>
vorübergehn. Damit soll aber keineswegs gesagt sein, daß die dermaligen Zu¬<lb/>
stände ohne Gefährdung des Ganzen in Ewigkeit fortbestehu konnten. Schon<lb/>
der Nachteil davon, daß so gut wie gar nichts geschieht, fällt schwer ins<lb/>
Gewicht. Durch die innern Kämpfe wird alle politische Kraft aufgezehrt, und<lb/>
dies geschieht in einer Zeit, in der die Weltinteressen neu verteilt werden.<lb/>
Ohne dauernden Schaden kann diese Selbstausschaltuug aus dem Weltwettbewerb<lb/>
nicht bleiben, denn wer auf politischem Gebiete stehn bleibt, kommt zurück.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Das Militärbildungswesen in den Vereinigten Staaten<lb/>
von Nordamerika</head><lb/>
          <p xml:id="ID_724"> l le Garnison des Forts Leawenworth wird gebildet aus drei<lb/>
Infanterie»ataillonen, vier Eskadrons, je einer Batterie Feld-,<lb/>
Festungs- und Gebirgsartillerie sowie aus einem Detachement<lb/>
Genietruppen &#x2014; im ganzen etwas über 2000 Mann. Etwas<lb/>
!sehr reich sind die Offiziersquartiere ausgestattet, doch auch für<lb/>
die Unterbringung der Mannschaft ist ganz ausgezeichnet gesorgt. Hohe, luftige<lb/>
Wohnräume, Speisesäle, Badeeinrichtungen usw. sind in großer und mehr als<lb/>
ausreichender Zahl vorhanden, die Offizierswohnungen mit den Amtsgebäuden<lb/>
bilden dabei den innern Kreis der Garnison; außerhalb liegen die Kasernen<lb/>
und die Stallungen und das große Regimentsgefängnis.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_725" next="#ID_726"> Das Hauptinteresse im Fort Leawenworth konzentriert sich auf die mili¬<lb/>
tärischen Unterrichtsgebäude und auf das Studium, das hier getrieben wird.<lb/>
Was zunächst den Kursus der Infanterie- und Kavallerieoffiziere anlangt, so<lb/>
ist er von einjähriger Dauer. Vor einiger Zeit war eine Kommission ein¬<lb/>
gesetzt worden, die prüfen sollte, ob der Unterricht nicht besser auf zwei Jahre<lb/>
ausgedehnt werden solle. Bei den Erwägungen über das Für und Wider<lb/>
einer solchen Verlängerung wurde jedoch schließlich der Entschluß gefaßt, es<lb/>
vorderhand bei dem einjährigen Kursus zu lassen. Die Aufnahme der Offi¬<lb/>
ziere der genannten beiden Waffen in die Schule erfolgt auf Vorschlag ihrer<lb/>
direkten Vorgesetzten, und zwar wird von jedem Regiment ein Offizier namhaft<lb/>
gemacht, der ein Dienstalter von mindestens vier Jahren haben muß, doch</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0182] Das Militärbildungswesen in den vereinigten Staaten von Nordamerika ebenbürtiges Mitglied des Dreibundes keineswegs darunter gelitten hat, daß sie also die innern Kämpfe sich austoben lassen darf. Die ganze moderne Agitationsschaumschlägerei, sei sie parteipolitischer oder nationaler Natur, kann dem festen Gefüge eines historischen Staatsbaues nicht so leicht etwas anhaben. Auch die neue Erschütterung durch die Wahlreform wird ohne tiefe Schädigung vorübergehn. Damit soll aber keineswegs gesagt sein, daß die dermaligen Zu¬ stände ohne Gefährdung des Ganzen in Ewigkeit fortbestehu konnten. Schon der Nachteil davon, daß so gut wie gar nichts geschieht, fällt schwer ins Gewicht. Durch die innern Kämpfe wird alle politische Kraft aufgezehrt, und dies geschieht in einer Zeit, in der die Weltinteressen neu verteilt werden. Ohne dauernden Schaden kann diese Selbstausschaltuug aus dem Weltwettbewerb nicht bleiben, denn wer auf politischem Gebiete stehn bleibt, kommt zurück. Das Militärbildungswesen in den Vereinigten Staaten von Nordamerika l le Garnison des Forts Leawenworth wird gebildet aus drei Infanterie»ataillonen, vier Eskadrons, je einer Batterie Feld-, Festungs- und Gebirgsartillerie sowie aus einem Detachement Genietruppen — im ganzen etwas über 2000 Mann. Etwas !sehr reich sind die Offiziersquartiere ausgestattet, doch auch für die Unterbringung der Mannschaft ist ganz ausgezeichnet gesorgt. Hohe, luftige Wohnräume, Speisesäle, Badeeinrichtungen usw. sind in großer und mehr als ausreichender Zahl vorhanden, die Offizierswohnungen mit den Amtsgebäuden bilden dabei den innern Kreis der Garnison; außerhalb liegen die Kasernen und die Stallungen und das große Regimentsgefängnis. Das Hauptinteresse im Fort Leawenworth konzentriert sich auf die mili¬ tärischen Unterrichtsgebäude und auf das Studium, das hier getrieben wird. Was zunächst den Kursus der Infanterie- und Kavallerieoffiziere anlangt, so ist er von einjähriger Dauer. Vor einiger Zeit war eine Kommission ein¬ gesetzt worden, die prüfen sollte, ob der Unterricht nicht besser auf zwei Jahre ausgedehnt werden solle. Bei den Erwägungen über das Für und Wider einer solchen Verlängerung wurde jedoch schließlich der Entschluß gefaßt, es vorderhand bei dem einjährigen Kursus zu lassen. Die Aufnahme der Offi¬ ziere der genannten beiden Waffen in die Schule erfolgt auf Vorschlag ihrer direkten Vorgesetzten, und zwar wird von jedem Regiment ein Offizier namhaft gemacht, der ein Dienstalter von mindestens vier Jahren haben muß, doch

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_303415
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_303415/182
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_303415/182>, abgerufen am 19.05.2024.