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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr.

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Julius Wolfs exakte Nationalökonomie

könne. Nach den guten Erfahrungen, die Rußland in Zentralasien in dieser
Beziehung gemacht hat, ist die Annahme nicht von der Hand zu weisen, daß dazu
neue Eisenbahntruppen gebildet werden, die später den Betrieb ganz oder mit
Zivilpersonal gemischt zu übernehmen haben. Dies um so mehr, als die
Heranziehung von gut geschulten Arbeitskräften für Bau und Betrieb in der
nächsten Zeit sehr teuer zu stehn kommen dürfte.

Als erste Maßregel, die dem Bahnschutz zugute kommt, ist die Bildung
einer Amur-Kanonenbootflottille beschlossen worden. Sie soll aus zehn Booten
von 250 Tonnen und zehn Wachtkuttern bestehn und zwei Schleppdampfer,
zwei Heizmaterialientransportkähne, ein Schwimmdock und ein Fahrzeug für
Verpflegungsvorräte zu ihrer Verfügung erhalten. Es ist durchaus zweckmäßig,
die Verteidigung des Amur, dessen Breite zwischen 250 und 2100 Metern
wechselt, auf diese schwimmenden Verteidigungsmittel zu basieren, deren Ver¬
wendung durch eine ebenfalls bald einzurichtende funkentelegraphische Verbindung
am linken Ufer erleichtert wird. Ausreichend ist die Maßregel natürlich nicht.
Ganz abgesehn davon, daß die Flottille geschützter Häfen bedarf, wird man sich
wohl noch zur Befestigung so wichtiger Orte wie Karymskaja und Kuenga (in
Transbaikalien), Pokrowskaja, Blagowjeschtschensk, Michails-Ssemjonowskaja
gegenüber der Ssungcirimündung, Chabarowsk und Nikolsk-Ussuriisk, vielleicht
auch zur Anlage von Sperrbefestigungen an den übrigen wichtigern linksseitigen
Flußmündungen entschließen müssen, um die Zugänge zur Eisenbahn zu sperren.

Was sonst für Maßregeln der Eisenbahn zugute kommen und wieder
durch die Eisenbahn erleichtert werden, entzieht sich vorläufig der Beurteilung.
Als sicher kann aber wohl angenommen werden, daß der immer mehr zu¬
nehmenden Auswandrung nach dem fernen Osten alle mögliche Förderung
durch die Regierung zuteil wird. Mit dem Wachsen der Bevölkerung muß die
Verbesserung der Verkehrswege zu Lande und zu Wasser Hand in Hand gehn.
Beides im Verein wird der Amurbahn Verdienst im Lokalverkehr zuwenden und
damit die Rentabilität des Unternehmens auf sichere Grundlage bringen.


Major H. Toepfer


Julius Wolfs exakte Nationalökonomie

!N dem Werke des damals Züricher Professors "Sozialismus und
kapitalistische Gesellschaftsordnung" habe ich mir vor fünfzehn
Jahren die nationalökonomischen Sporen verdient durch eine Reihe
von Grenzbotenaufsützen, die dann um einige Kapitel vermehrt
kath Buch (Weder Kommunismus noch Kapitalismus) erschienen.
Das neuste Buch des mittlerweile nach Breslau berufnen Wolf gibt mir die
erwünschte Gelegenheit, durch eine kurze Besprechung für den Dienst, den er


Julius Wolfs exakte Nationalökonomie

könne. Nach den guten Erfahrungen, die Rußland in Zentralasien in dieser
Beziehung gemacht hat, ist die Annahme nicht von der Hand zu weisen, daß dazu
neue Eisenbahntruppen gebildet werden, die später den Betrieb ganz oder mit
Zivilpersonal gemischt zu übernehmen haben. Dies um so mehr, als die
Heranziehung von gut geschulten Arbeitskräften für Bau und Betrieb in der
nächsten Zeit sehr teuer zu stehn kommen dürfte.

Als erste Maßregel, die dem Bahnschutz zugute kommt, ist die Bildung
einer Amur-Kanonenbootflottille beschlossen worden. Sie soll aus zehn Booten
von 250 Tonnen und zehn Wachtkuttern bestehn und zwei Schleppdampfer,
zwei Heizmaterialientransportkähne, ein Schwimmdock und ein Fahrzeug für
Verpflegungsvorräte zu ihrer Verfügung erhalten. Es ist durchaus zweckmäßig,
die Verteidigung des Amur, dessen Breite zwischen 250 und 2100 Metern
wechselt, auf diese schwimmenden Verteidigungsmittel zu basieren, deren Ver¬
wendung durch eine ebenfalls bald einzurichtende funkentelegraphische Verbindung
am linken Ufer erleichtert wird. Ausreichend ist die Maßregel natürlich nicht.
Ganz abgesehn davon, daß die Flottille geschützter Häfen bedarf, wird man sich
wohl noch zur Befestigung so wichtiger Orte wie Karymskaja und Kuenga (in
Transbaikalien), Pokrowskaja, Blagowjeschtschensk, Michails-Ssemjonowskaja
gegenüber der Ssungcirimündung, Chabarowsk und Nikolsk-Ussuriisk, vielleicht
auch zur Anlage von Sperrbefestigungen an den übrigen wichtigern linksseitigen
Flußmündungen entschließen müssen, um die Zugänge zur Eisenbahn zu sperren.

Was sonst für Maßregeln der Eisenbahn zugute kommen und wieder
durch die Eisenbahn erleichtert werden, entzieht sich vorläufig der Beurteilung.
Als sicher kann aber wohl angenommen werden, daß der immer mehr zu¬
nehmenden Auswandrung nach dem fernen Osten alle mögliche Förderung
durch die Regierung zuteil wird. Mit dem Wachsen der Bevölkerung muß die
Verbesserung der Verkehrswege zu Lande und zu Wasser Hand in Hand gehn.
Beides im Verein wird der Amurbahn Verdienst im Lokalverkehr zuwenden und
damit die Rentabilität des Unternehmens auf sichere Grundlage bringen.


Major H. Toepfer


Julius Wolfs exakte Nationalökonomie

!N dem Werke des damals Züricher Professors „Sozialismus und
kapitalistische Gesellschaftsordnung" habe ich mir vor fünfzehn
Jahren die nationalökonomischen Sporen verdient durch eine Reihe
von Grenzbotenaufsützen, die dann um einige Kapitel vermehrt
kath Buch (Weder Kommunismus noch Kapitalismus) erschienen.
Das neuste Buch des mittlerweile nach Breslau berufnen Wolf gibt mir die
erwünschte Gelegenheit, durch eine kurze Besprechung für den Dienst, den er


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[0230] Julius Wolfs exakte Nationalökonomie könne. Nach den guten Erfahrungen, die Rußland in Zentralasien in dieser Beziehung gemacht hat, ist die Annahme nicht von der Hand zu weisen, daß dazu neue Eisenbahntruppen gebildet werden, die später den Betrieb ganz oder mit Zivilpersonal gemischt zu übernehmen haben. Dies um so mehr, als die Heranziehung von gut geschulten Arbeitskräften für Bau und Betrieb in der nächsten Zeit sehr teuer zu stehn kommen dürfte. Als erste Maßregel, die dem Bahnschutz zugute kommt, ist die Bildung einer Amur-Kanonenbootflottille beschlossen worden. Sie soll aus zehn Booten von 250 Tonnen und zehn Wachtkuttern bestehn und zwei Schleppdampfer, zwei Heizmaterialientransportkähne, ein Schwimmdock und ein Fahrzeug für Verpflegungsvorräte zu ihrer Verfügung erhalten. Es ist durchaus zweckmäßig, die Verteidigung des Amur, dessen Breite zwischen 250 und 2100 Metern wechselt, auf diese schwimmenden Verteidigungsmittel zu basieren, deren Ver¬ wendung durch eine ebenfalls bald einzurichtende funkentelegraphische Verbindung am linken Ufer erleichtert wird. Ausreichend ist die Maßregel natürlich nicht. Ganz abgesehn davon, daß die Flottille geschützter Häfen bedarf, wird man sich wohl noch zur Befestigung so wichtiger Orte wie Karymskaja und Kuenga (in Transbaikalien), Pokrowskaja, Blagowjeschtschensk, Michails-Ssemjonowskaja gegenüber der Ssungcirimündung, Chabarowsk und Nikolsk-Ussuriisk, vielleicht auch zur Anlage von Sperrbefestigungen an den übrigen wichtigern linksseitigen Flußmündungen entschließen müssen, um die Zugänge zur Eisenbahn zu sperren. Was sonst für Maßregeln der Eisenbahn zugute kommen und wieder durch die Eisenbahn erleichtert werden, entzieht sich vorläufig der Beurteilung. Als sicher kann aber wohl angenommen werden, daß der immer mehr zu¬ nehmenden Auswandrung nach dem fernen Osten alle mögliche Förderung durch die Regierung zuteil wird. Mit dem Wachsen der Bevölkerung muß die Verbesserung der Verkehrswege zu Lande und zu Wasser Hand in Hand gehn. Beides im Verein wird der Amurbahn Verdienst im Lokalverkehr zuwenden und damit die Rentabilität des Unternehmens auf sichere Grundlage bringen. Major H. Toepfer Julius Wolfs exakte Nationalökonomie !N dem Werke des damals Züricher Professors „Sozialismus und kapitalistische Gesellschaftsordnung" habe ich mir vor fünfzehn Jahren die nationalökonomischen Sporen verdient durch eine Reihe von Grenzbotenaufsützen, die dann um einige Kapitel vermehrt kath Buch (Weder Kommunismus noch Kapitalismus) erschienen. Das neuste Buch des mittlerweile nach Breslau berufnen Wolf gibt mir die erwünschte Gelegenheit, durch eine kurze Besprechung für den Dienst, den er

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410/230>, abgerufen am 04.05.2024.