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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Erstes Vierteljahr.

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Thackera^

in ein Kollegium von ihm ergebner, willenlosen Dienern, deren Berufung zu¬
nächst an die landesherrliche Bestätigung gebunden war und später vielfach
durch einfache Ernennung von feiten des Landesherrn ersetzt wurde. Überdies
brachte es die aus dem römischen Rechte entsprungne Auffassung von dem Ver¬
mögen der Gemeinden als Bestandteil des fürstlichen Ärars mit sich, daß die
Bereicherung des Rats aus dem städtischen Säckel nachließ, was wiederum zur
Folge hatte, daß sich die ehrbaren Bürger nicht mehr zu den Rathskeller und
städtischen Ämtern drängten, sondern hier und da sogar sehr bereitwillig den
invaliden Unteroffizieren und emeritierten Kammerdienern, für die der Landes¬
herr mäßig dotierte Versorgungsstellen brauchte, bereitwillig Platz machten. Das
w Zu uns R. haarhaus ar das Ende der urbaren Selbständigkeit!




Thackeray
A. Hackmann von2

on 1837 bis zu seinem Tode (1862) lebte Thcickeray in London,
und damit ist die Entwicklungsperiode beendigt, und wir haben
es nur noch mit dem Schriftsteller zu tun.

Schon in einer ersten, unter dem Titel "Pariser Skizzen" be¬
kannten Probe seines literarischen Könnens finden wir die Stellung
angedeutet, die der nunmehr in der Erkenntnis seines Berufs nicht minder wie
im Drange der Notwendigkeit -- er hatte durch ein mißglücktes Zeitungsunter¬
nehmen das väterliche Erbe eingebüßt -- in das Lager der Literaten über-
gegangne Engländer den herrschenden literarischen Strömungen gegenüber ein¬
nehmen sollte. Er bekannte sich als Gegner der Romantik. Alles, was seinen
Anlagen und seiner Bildung fremd war, fand er in den Schriften dieser neuen,
auf den Trümmern des Klcissiszismus erstandnen, durch das gesamte literarische
Talent Frankreichs und drüben in Deutschland durch Heinrich Heine. Schlegel,
Tieck, Novalis vertretnen Schule vorwürtsstrebender Feuergeister vereinigt. Sein
nüchterner Sinn bäumte sich auf gegen die optimistischen Zukunftsträume der
George Sand, sein aller Selbstbespieglung fremdes Naturell gegen den hoch¬
trabenden Bombast Victor Hugos, sein geringes Vertrauen auf allgemeine Pott¬
asche Theoreme gegen die revolutionären Neuerungsgedanken, die die Schule mit
hoffnungsvoller Jugendlichkeit in die Welt hinauszuposaunen nicht müde wurde.
Um die ideale Richtung der Romantiker zu verstehn, bedürfte es eines glaubens¬
vollen, von kritischen Bedenken unbeschwerten Enthusiasmus, und gerade diese
Eigenschaft war ihm versagt geblieben. Die glühende Rhetorik, in die die
^efühlsvirtnosin xar exvöllMlZv, die Vorkämpferin der Frauenrechte, Madame


Thackera^

in ein Kollegium von ihm ergebner, willenlosen Dienern, deren Berufung zu¬
nächst an die landesherrliche Bestätigung gebunden war und später vielfach
durch einfache Ernennung von feiten des Landesherrn ersetzt wurde. Überdies
brachte es die aus dem römischen Rechte entsprungne Auffassung von dem Ver¬
mögen der Gemeinden als Bestandteil des fürstlichen Ärars mit sich, daß die
Bereicherung des Rats aus dem städtischen Säckel nachließ, was wiederum zur
Folge hatte, daß sich die ehrbaren Bürger nicht mehr zu den Rathskeller und
städtischen Ämtern drängten, sondern hier und da sogar sehr bereitwillig den
invaliden Unteroffizieren und emeritierten Kammerdienern, für die der Landes¬
herr mäßig dotierte Versorgungsstellen brauchte, bereitwillig Platz machten. Das
w Zu uns R. haarhaus ar das Ende der urbaren Selbständigkeit!




Thackeray
A. Hackmann von2

on 1837 bis zu seinem Tode (1862) lebte Thcickeray in London,
und damit ist die Entwicklungsperiode beendigt, und wir haben
es nur noch mit dem Schriftsteller zu tun.

Schon in einer ersten, unter dem Titel „Pariser Skizzen" be¬
kannten Probe seines literarischen Könnens finden wir die Stellung
angedeutet, die der nunmehr in der Erkenntnis seines Berufs nicht minder wie
im Drange der Notwendigkeit — er hatte durch ein mißglücktes Zeitungsunter¬
nehmen das väterliche Erbe eingebüßt — in das Lager der Literaten über-
gegangne Engländer den herrschenden literarischen Strömungen gegenüber ein¬
nehmen sollte. Er bekannte sich als Gegner der Romantik. Alles, was seinen
Anlagen und seiner Bildung fremd war, fand er in den Schriften dieser neuen,
auf den Trümmern des Klcissiszismus erstandnen, durch das gesamte literarische
Talent Frankreichs und drüben in Deutschland durch Heinrich Heine. Schlegel,
Tieck, Novalis vertretnen Schule vorwürtsstrebender Feuergeister vereinigt. Sein
nüchterner Sinn bäumte sich auf gegen die optimistischen Zukunftsträume der
George Sand, sein aller Selbstbespieglung fremdes Naturell gegen den hoch¬
trabenden Bombast Victor Hugos, sein geringes Vertrauen auf allgemeine Pott¬
asche Theoreme gegen die revolutionären Neuerungsgedanken, die die Schule mit
hoffnungsvoller Jugendlichkeit in die Welt hinauszuposaunen nicht müde wurde.
Um die ideale Richtung der Romantiker zu verstehn, bedürfte es eines glaubens¬
vollen, von kritischen Bedenken unbeschwerten Enthusiasmus, und gerade diese
Eigenschaft war ihm versagt geblieben. Die glühende Rhetorik, in die die
^efühlsvirtnosin xar exvöllMlZv, die Vorkämpferin der Frauenrechte, Madame


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[0379] Thackera^ in ein Kollegium von ihm ergebner, willenlosen Dienern, deren Berufung zu¬ nächst an die landesherrliche Bestätigung gebunden war und später vielfach durch einfache Ernennung von feiten des Landesherrn ersetzt wurde. Überdies brachte es die aus dem römischen Rechte entsprungne Auffassung von dem Ver¬ mögen der Gemeinden als Bestandteil des fürstlichen Ärars mit sich, daß die Bereicherung des Rats aus dem städtischen Säckel nachließ, was wiederum zur Folge hatte, daß sich die ehrbaren Bürger nicht mehr zu den Rathskeller und städtischen Ämtern drängten, sondern hier und da sogar sehr bereitwillig den invaliden Unteroffizieren und emeritierten Kammerdienern, für die der Landes¬ herr mäßig dotierte Versorgungsstellen brauchte, bereitwillig Platz machten. Das w Zu uns R. haarhaus ar das Ende der urbaren Selbständigkeit! Thackeray A. Hackmann von2 on 1837 bis zu seinem Tode (1862) lebte Thcickeray in London, und damit ist die Entwicklungsperiode beendigt, und wir haben es nur noch mit dem Schriftsteller zu tun. Schon in einer ersten, unter dem Titel „Pariser Skizzen" be¬ kannten Probe seines literarischen Könnens finden wir die Stellung angedeutet, die der nunmehr in der Erkenntnis seines Berufs nicht minder wie im Drange der Notwendigkeit — er hatte durch ein mißglücktes Zeitungsunter¬ nehmen das väterliche Erbe eingebüßt — in das Lager der Literaten über- gegangne Engländer den herrschenden literarischen Strömungen gegenüber ein¬ nehmen sollte. Er bekannte sich als Gegner der Romantik. Alles, was seinen Anlagen und seiner Bildung fremd war, fand er in den Schriften dieser neuen, auf den Trümmern des Klcissiszismus erstandnen, durch das gesamte literarische Talent Frankreichs und drüben in Deutschland durch Heinrich Heine. Schlegel, Tieck, Novalis vertretnen Schule vorwürtsstrebender Feuergeister vereinigt. Sein nüchterner Sinn bäumte sich auf gegen die optimistischen Zukunftsträume der George Sand, sein aller Selbstbespieglung fremdes Naturell gegen den hoch¬ trabenden Bombast Victor Hugos, sein geringes Vertrauen auf allgemeine Pott¬ asche Theoreme gegen die revolutionären Neuerungsgedanken, die die Schule mit hoffnungsvoller Jugendlichkeit in die Welt hinauszuposaunen nicht müde wurde. Um die ideale Richtung der Romantiker zu verstehn, bedürfte es eines glaubens¬ vollen, von kritischen Bedenken unbeschwerten Enthusiasmus, und gerade diese Eigenschaft war ihm versagt geblieben. Die glühende Rhetorik, in die die ^efühlsvirtnosin xar exvöllMlZv, die Vorkämpferin der Frauenrechte, Madame

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311080/379>, abgerufen am 04.05.2024.