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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr.

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Die japanische Armee im Frieden und auf Kriegsfuß
^. Im Frieden

>le nach dem Kriege mit Rußland in Japan in die Wege ge¬
leiteten großen Heeresreformen sind jetzt insofern an einen wichtigen
Abschnitt gelangt, als sie zunächst in allen ihren Teilen solide
ausgebant und gefestigt werden sollen, bevor sie zum Ausgangs-
! Punkt neuer Pläne genommen werden. Diese Absichten der Re¬
gierung gehn auch aus den jüngsten Parlamentsverhandlungen hervor, in denen
zum Ausdruck kam, daß die Finanzlage des Landes sowohl wie auch die fried¬
lichen politischen Verhältnisse eine Einschränkung der militärischen Rüstungen
wünschenswert erscheinen ließen. So ist der gegenwärtige Zeitpunkt besonders
günstig, um ein übersichtliches Bild von der nach seiner ganzen Entwicklung
bis auf den heutigen Tag so interessanten und leistungsfähigen japanischen
Armee zu geben. Um so mehr, als ja durch den erst kürzlich, wenn auch nicht
offiziös zugestandnen, so doch zweifellos in Wien zustande gekommnen öster¬
reichisch-japanischen Militärvertrag gegen Rußland die prominente Bedeutung
Japans einen neuen Beleg erhalten hat.

Wie in Deutschland, setzen sich Japans verfügbare Gesamtstreitkräfte zu¬
sammen aus dem stehenden Heer (Gueneki), der Reserve Gobi), der Landwehr
(Kohl) und dem Landsturm ersten Aufgebots (Kvkumin). Die Dienstzeit im
stehenden Heere beträgt für die Infanterie zwei Jahre und für alle andern
Waffen drei Jahre, auch für den Train; nur die Fahrer brauchen sechs
Monate zu dienen. Dazu kommen jährlich noch 1500 Einjährigfreiwillige,
die später Reserveoffiziere werden oder auch aktiv als Offiziere in die Armee
eintreten können. Nach Beendigung ihrer zwei- oder dreijährigen Dienstzeit
treten die Wehrpflichtigen in die Reserve über, der sie je nach Dauer ihrer
Dienstzeit im stehenden Heere fünf Jahre vier Monate oder vier Jahre vier
Monate angehören. Dann kommen sie zur Landwehr, in ihr verbleiben sie
zehn Jahre. Vor dem letzten Kriege begnügte man sich mit fünf Jahren.
Auf die Landwehrpflicht folgt die im Landsturm; den Abschluß der Wehrpflicht


Grenzboten III 1909 14


Die japanische Armee im Frieden und auf Kriegsfuß
^. Im Frieden

>le nach dem Kriege mit Rußland in Japan in die Wege ge¬
leiteten großen Heeresreformen sind jetzt insofern an einen wichtigen
Abschnitt gelangt, als sie zunächst in allen ihren Teilen solide
ausgebant und gefestigt werden sollen, bevor sie zum Ausgangs-
! Punkt neuer Pläne genommen werden. Diese Absichten der Re¬
gierung gehn auch aus den jüngsten Parlamentsverhandlungen hervor, in denen
zum Ausdruck kam, daß die Finanzlage des Landes sowohl wie auch die fried¬
lichen politischen Verhältnisse eine Einschränkung der militärischen Rüstungen
wünschenswert erscheinen ließen. So ist der gegenwärtige Zeitpunkt besonders
günstig, um ein übersichtliches Bild von der nach seiner ganzen Entwicklung
bis auf den heutigen Tag so interessanten und leistungsfähigen japanischen
Armee zu geben. Um so mehr, als ja durch den erst kürzlich, wenn auch nicht
offiziös zugestandnen, so doch zweifellos in Wien zustande gekommnen öster¬
reichisch-japanischen Militärvertrag gegen Rußland die prominente Bedeutung
Japans einen neuen Beleg erhalten hat.

Wie in Deutschland, setzen sich Japans verfügbare Gesamtstreitkräfte zu¬
sammen aus dem stehenden Heer (Gueneki), der Reserve Gobi), der Landwehr
(Kohl) und dem Landsturm ersten Aufgebots (Kvkumin). Die Dienstzeit im
stehenden Heere beträgt für die Infanterie zwei Jahre und für alle andern
Waffen drei Jahre, auch für den Train; nur die Fahrer brauchen sechs
Monate zu dienen. Dazu kommen jährlich noch 1500 Einjährigfreiwillige,
die später Reserveoffiziere werden oder auch aktiv als Offiziere in die Armee
eintreten können. Nach Beendigung ihrer zwei- oder dreijährigen Dienstzeit
treten die Wehrpflichtigen in die Reserve über, der sie je nach Dauer ihrer
Dienstzeit im stehenden Heere fünf Jahre vier Monate oder vier Jahre vier
Monate angehören. Dann kommen sie zur Landwehr, in ihr verbleiben sie
zehn Jahre. Vor dem letzten Kriege begnügte man sich mit fünf Jahren.
Auf die Landwehrpflicht folgt die im Landsturm; den Abschluß der Wehrpflicht


Grenzboten III 1909 14
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[0109] [Abbildung] Die japanische Armee im Frieden und auf Kriegsfuß ^. Im Frieden >le nach dem Kriege mit Rußland in Japan in die Wege ge¬ leiteten großen Heeresreformen sind jetzt insofern an einen wichtigen Abschnitt gelangt, als sie zunächst in allen ihren Teilen solide ausgebant und gefestigt werden sollen, bevor sie zum Ausgangs- ! Punkt neuer Pläne genommen werden. Diese Absichten der Re¬ gierung gehn auch aus den jüngsten Parlamentsverhandlungen hervor, in denen zum Ausdruck kam, daß die Finanzlage des Landes sowohl wie auch die fried¬ lichen politischen Verhältnisse eine Einschränkung der militärischen Rüstungen wünschenswert erscheinen ließen. So ist der gegenwärtige Zeitpunkt besonders günstig, um ein übersichtliches Bild von der nach seiner ganzen Entwicklung bis auf den heutigen Tag so interessanten und leistungsfähigen japanischen Armee zu geben. Um so mehr, als ja durch den erst kürzlich, wenn auch nicht offiziös zugestandnen, so doch zweifellos in Wien zustande gekommnen öster¬ reichisch-japanischen Militärvertrag gegen Rußland die prominente Bedeutung Japans einen neuen Beleg erhalten hat. Wie in Deutschland, setzen sich Japans verfügbare Gesamtstreitkräfte zu¬ sammen aus dem stehenden Heer (Gueneki), der Reserve Gobi), der Landwehr (Kohl) und dem Landsturm ersten Aufgebots (Kvkumin). Die Dienstzeit im stehenden Heere beträgt für die Infanterie zwei Jahre und für alle andern Waffen drei Jahre, auch für den Train; nur die Fahrer brauchen sechs Monate zu dienen. Dazu kommen jährlich noch 1500 Einjährigfreiwillige, die später Reserveoffiziere werden oder auch aktiv als Offiziere in die Armee eintreten können. Nach Beendigung ihrer zwei- oder dreijährigen Dienstzeit treten die Wehrpflichtigen in die Reserve über, der sie je nach Dauer ihrer Dienstzeit im stehenden Heere fünf Jahre vier Monate oder vier Jahre vier Monate angehören. Dann kommen sie zur Landwehr, in ihr verbleiben sie zehn Jahre. Vor dem letzten Kriege begnügte man sich mit fünf Jahren. Auf die Landwehrpflicht folgt die im Landsturm; den Abschluß der Wehrpflicht Grenzboten III 1909 14

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_313702/109>, abgerufen am 28.04.2024.