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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr.

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Meine Jugend und die Religion

Waren sie schon etwas zerlesen auf den Leihmarkt in Untertertia gekommen. Nun
lasen wir, ich über die Schulter meines Bruders, von Conanchet, Prärieblume,
dem Kriegspfad, und an der heitern, sonnigen, binnen- und federbunten Wildheit
der Bilder, die diese Bücher schmückten, genas meine Seele wieder von den Schrecken
der Kirchenkunst. Hinnenaus wurde wieder mein, ich konnte es wieder erreichen,
von der Hand Conanchets, des Häuptlings der Narragansetts, geführt. Aber weit
war der Weg. Es lag jenseits des Meers, jenseits des Tales von Wiss-ton-wish.
Die Sonne meiner Seele schien damals im fernen Westen, und näher als der Gott,
den ich lieb nennen und dem ich meine Sünden bekennen mußte, und in dessen
Kirchen mich die dunkeln Bilder und die hellen Kerzenflammen schreckten, stand
mir Manito, der die Herzen meiner indianischen Ideale zum Edelmut bewegte, und
auf dessen sonnigen, blumigen Prärien sich meine Seele ohne Grauen erging.

3. Airchenscheu und Menschenscheu

Kirchenscheu ist eine schwere Last für ein Kind auf dem ohnehin mühseligen Wege
durch die Schule. Ich wurde von diesem Gefühl nicht frei, trotz der Erleichterung,
die mir die Lektüre der Jndiancrgeschichten brachte. Meine Eltern konnten sich
nicht so viel mit mir beschäftigen, daß sie selbst meine Leiden erkannten. Sie waren
mir damals fremd ohne ihre Schuld, sie mußten sich über ihre Kraft anstrengen,
um sich und ihre Kinder zu erhalten. Zuerst brach mein Vater zusammen. Er
war ein außerordentlich mäßiger Mann, unmäßig nur in der Arbeit, und so zog
er sich eines Tages im Keller schwer arbeitend eine Verletzung des Rückenmarks
zu, die ihm das Gehn fast unmöglich machte und auch den Gebrauch der Hände
beeinträchtigte. Wir wohnten damals in einigen Zimmern im Erdgeschoß eines Hinter¬
hauses. Die Fenster waren vergittert, Speichen- und Felgenholz, das vor ihnen
aufgeschichtet war, verdunkelte die Räume, die Wände waren so feucht, daß die
Tapeten in Fetzen herabhingen und modrig rochen. Trotz der tiefen Lage kam,
wenn man die Fenster öffnete, eine Luft herein, die man gern trank. Sie war
gewürzt mit Eichenholzduft von den Wagnerhölzern, die soviel Licht wegnahmen,
und mit dem Geruch eines Kuhdüngerhaufens und eines Kuhstalls, die sich ganz
nah vor unsern Fenstern befanden. Die Fenster gingen in einen tiefen, gasfenartigen
Hof, den ein Wagner mit seinen Holzvorräten, mit seiner Arbeit und mit seinen
Erzeugnissen füllte. Ich lauschte gern dein Klang der Axt, wenn ein Stamm zu
einer Deichsel zurechtgehauen wurde, und dem wuchtigen Schlag des schweren
Hammers, womit man die Speichen in die Rabe trieb. Das Haus des Wagners
erhob sich schmal wie ein Turm über einem breiten Tor. In diesem Tor, das mit
einer Menge von Rädern und Radteilen angefüllt war, sodaß nur ein schmaler
Weg zur Werkstatt und zum Aufgang in die Wohnung frei blieb, verschwand der Hof.

An der Ecke des Turmhauses stand ein Bäumchen, mir ist, als sei es eine
Esche gewesen, sein dünner Stamm hob ein dünnes Krönchen hoch, aber es kann
auch ein Ahorn gewesen sein, der auf dem tiefe" Hofe sehnsüchtig nach dem Lichte
strebte. Die Form der Blätter hat sich mir nicht eingeprägt. Ich hoffe, daß der
Baum noch steht und grünt, er war für meinen Vater die Jahresuhr, die mit
grünen, frühgelben, graubraunen und weißen Zeigern die vier großen Jahresstunden
""zeigte, siebzehn Jahre lang. Zu seiner Krone kamen aus dem heißen, blauen
fränkischen Himmel Kohlweißlinge geflattert, aber sie verweilten nicht lange, hoben
sich über ein paar Nachbarfenster, an denen Geranien leuchteten, wie über Stufen
empor und verschwanden wieder im Blau. Ein Hahn krähte, Hennen gackerten,
frisch im Frühling, träumerisch im Sommer, und hoben sich am Abend mit schwerem
Flügelschlag zu ihrem Nachtsitz, der unserm Schlafzimmer gegenüberlag. Von dem


Grenzboten III 1909 18
Meine Jugend und die Religion

Waren sie schon etwas zerlesen auf den Leihmarkt in Untertertia gekommen. Nun
lasen wir, ich über die Schulter meines Bruders, von Conanchet, Prärieblume,
dem Kriegspfad, und an der heitern, sonnigen, binnen- und federbunten Wildheit
der Bilder, die diese Bücher schmückten, genas meine Seele wieder von den Schrecken
der Kirchenkunst. Hinnenaus wurde wieder mein, ich konnte es wieder erreichen,
von der Hand Conanchets, des Häuptlings der Narragansetts, geführt. Aber weit
war der Weg. Es lag jenseits des Meers, jenseits des Tales von Wiss-ton-wish.
Die Sonne meiner Seele schien damals im fernen Westen, und näher als der Gott,
den ich lieb nennen und dem ich meine Sünden bekennen mußte, und in dessen
Kirchen mich die dunkeln Bilder und die hellen Kerzenflammen schreckten, stand
mir Manito, der die Herzen meiner indianischen Ideale zum Edelmut bewegte, und
auf dessen sonnigen, blumigen Prärien sich meine Seele ohne Grauen erging.

3. Airchenscheu und Menschenscheu

Kirchenscheu ist eine schwere Last für ein Kind auf dem ohnehin mühseligen Wege
durch die Schule. Ich wurde von diesem Gefühl nicht frei, trotz der Erleichterung,
die mir die Lektüre der Jndiancrgeschichten brachte. Meine Eltern konnten sich
nicht so viel mit mir beschäftigen, daß sie selbst meine Leiden erkannten. Sie waren
mir damals fremd ohne ihre Schuld, sie mußten sich über ihre Kraft anstrengen,
um sich und ihre Kinder zu erhalten. Zuerst brach mein Vater zusammen. Er
war ein außerordentlich mäßiger Mann, unmäßig nur in der Arbeit, und so zog
er sich eines Tages im Keller schwer arbeitend eine Verletzung des Rückenmarks
zu, die ihm das Gehn fast unmöglich machte und auch den Gebrauch der Hände
beeinträchtigte. Wir wohnten damals in einigen Zimmern im Erdgeschoß eines Hinter¬
hauses. Die Fenster waren vergittert, Speichen- und Felgenholz, das vor ihnen
aufgeschichtet war, verdunkelte die Räume, die Wände waren so feucht, daß die
Tapeten in Fetzen herabhingen und modrig rochen. Trotz der tiefen Lage kam,
wenn man die Fenster öffnete, eine Luft herein, die man gern trank. Sie war
gewürzt mit Eichenholzduft von den Wagnerhölzern, die soviel Licht wegnahmen,
und mit dem Geruch eines Kuhdüngerhaufens und eines Kuhstalls, die sich ganz
nah vor unsern Fenstern befanden. Die Fenster gingen in einen tiefen, gasfenartigen
Hof, den ein Wagner mit seinen Holzvorräten, mit seiner Arbeit und mit seinen
Erzeugnissen füllte. Ich lauschte gern dein Klang der Axt, wenn ein Stamm zu
einer Deichsel zurechtgehauen wurde, und dem wuchtigen Schlag des schweren
Hammers, womit man die Speichen in die Rabe trieb. Das Haus des Wagners
erhob sich schmal wie ein Turm über einem breiten Tor. In diesem Tor, das mit
einer Menge von Rädern und Radteilen angefüllt war, sodaß nur ein schmaler
Weg zur Werkstatt und zum Aufgang in die Wohnung frei blieb, verschwand der Hof.

An der Ecke des Turmhauses stand ein Bäumchen, mir ist, als sei es eine
Esche gewesen, sein dünner Stamm hob ein dünnes Krönchen hoch, aber es kann
auch ein Ahorn gewesen sein, der auf dem tiefe» Hofe sehnsüchtig nach dem Lichte
strebte. Die Form der Blätter hat sich mir nicht eingeprägt. Ich hoffe, daß der
Baum noch steht und grünt, er war für meinen Vater die Jahresuhr, die mit
grünen, frühgelben, graubraunen und weißen Zeigern die vier großen Jahresstunden
"«zeigte, siebzehn Jahre lang. Zu seiner Krone kamen aus dem heißen, blauen
fränkischen Himmel Kohlweißlinge geflattert, aber sie verweilten nicht lange, hoben
sich über ein paar Nachbarfenster, an denen Geranien leuchteten, wie über Stufen
empor und verschwanden wieder im Blau. Ein Hahn krähte, Hennen gackerten,
frisch im Frühling, träumerisch im Sommer, und hoben sich am Abend mit schwerem
Flügelschlag zu ihrem Nachtsitz, der unserm Schlafzimmer gegenüberlag. Von dem


Grenzboten III 1909 18
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[0141] Meine Jugend und die Religion Waren sie schon etwas zerlesen auf den Leihmarkt in Untertertia gekommen. Nun lasen wir, ich über die Schulter meines Bruders, von Conanchet, Prärieblume, dem Kriegspfad, und an der heitern, sonnigen, binnen- und federbunten Wildheit der Bilder, die diese Bücher schmückten, genas meine Seele wieder von den Schrecken der Kirchenkunst. Hinnenaus wurde wieder mein, ich konnte es wieder erreichen, von der Hand Conanchets, des Häuptlings der Narragansetts, geführt. Aber weit war der Weg. Es lag jenseits des Meers, jenseits des Tales von Wiss-ton-wish. Die Sonne meiner Seele schien damals im fernen Westen, und näher als der Gott, den ich lieb nennen und dem ich meine Sünden bekennen mußte, und in dessen Kirchen mich die dunkeln Bilder und die hellen Kerzenflammen schreckten, stand mir Manito, der die Herzen meiner indianischen Ideale zum Edelmut bewegte, und auf dessen sonnigen, blumigen Prärien sich meine Seele ohne Grauen erging. 3. Airchenscheu und Menschenscheu Kirchenscheu ist eine schwere Last für ein Kind auf dem ohnehin mühseligen Wege durch die Schule. Ich wurde von diesem Gefühl nicht frei, trotz der Erleichterung, die mir die Lektüre der Jndiancrgeschichten brachte. Meine Eltern konnten sich nicht so viel mit mir beschäftigen, daß sie selbst meine Leiden erkannten. Sie waren mir damals fremd ohne ihre Schuld, sie mußten sich über ihre Kraft anstrengen, um sich und ihre Kinder zu erhalten. Zuerst brach mein Vater zusammen. Er war ein außerordentlich mäßiger Mann, unmäßig nur in der Arbeit, und so zog er sich eines Tages im Keller schwer arbeitend eine Verletzung des Rückenmarks zu, die ihm das Gehn fast unmöglich machte und auch den Gebrauch der Hände beeinträchtigte. Wir wohnten damals in einigen Zimmern im Erdgeschoß eines Hinter¬ hauses. Die Fenster waren vergittert, Speichen- und Felgenholz, das vor ihnen aufgeschichtet war, verdunkelte die Räume, die Wände waren so feucht, daß die Tapeten in Fetzen herabhingen und modrig rochen. Trotz der tiefen Lage kam, wenn man die Fenster öffnete, eine Luft herein, die man gern trank. Sie war gewürzt mit Eichenholzduft von den Wagnerhölzern, die soviel Licht wegnahmen, und mit dem Geruch eines Kuhdüngerhaufens und eines Kuhstalls, die sich ganz nah vor unsern Fenstern befanden. Die Fenster gingen in einen tiefen, gasfenartigen Hof, den ein Wagner mit seinen Holzvorräten, mit seiner Arbeit und mit seinen Erzeugnissen füllte. Ich lauschte gern dein Klang der Axt, wenn ein Stamm zu einer Deichsel zurechtgehauen wurde, und dem wuchtigen Schlag des schweren Hammers, womit man die Speichen in die Rabe trieb. Das Haus des Wagners erhob sich schmal wie ein Turm über einem breiten Tor. In diesem Tor, das mit einer Menge von Rädern und Radteilen angefüllt war, sodaß nur ein schmaler Weg zur Werkstatt und zum Aufgang in die Wohnung frei blieb, verschwand der Hof. An der Ecke des Turmhauses stand ein Bäumchen, mir ist, als sei es eine Esche gewesen, sein dünner Stamm hob ein dünnes Krönchen hoch, aber es kann auch ein Ahorn gewesen sein, der auf dem tiefe» Hofe sehnsüchtig nach dem Lichte strebte. Die Form der Blätter hat sich mir nicht eingeprägt. Ich hoffe, daß der Baum noch steht und grünt, er war für meinen Vater die Jahresuhr, die mit grünen, frühgelben, graubraunen und weißen Zeigern die vier großen Jahresstunden "«zeigte, siebzehn Jahre lang. Zu seiner Krone kamen aus dem heißen, blauen fränkischen Himmel Kohlweißlinge geflattert, aber sie verweilten nicht lange, hoben sich über ein paar Nachbarfenster, an denen Geranien leuchteten, wie über Stufen empor und verschwanden wieder im Blau. Ein Hahn krähte, Hennen gackerten, frisch im Frühling, träumerisch im Sommer, und hoben sich am Abend mit schwerem Flügelschlag zu ihrem Nachtsitz, der unserm Schlafzimmer gegenüberlag. Von dem Grenzboten III 1909 18

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_313702/141>, abgerufen am 27.04.2024.