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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Personen, die Kämpfe und Ereignisse in möglichst lebensvollen Bildern vorzuführen,
die Triebkräfte des politischen Lebens aufzudecken und den innern Zusammenhang
alles Geschehnen klarzumachen, vollkommen gerecht. Zu einer besondern Geschicklichkeit
in der Zusammenfassung der politischen Vorgänge gesellen sich eine übersichtliche
Darstellung, eine stets den Ton des Gewöhnlichen vermeidende und doch verständlich
bleibende Sprache und ein gerechtes, der vollen Objektivität nahekommendes Urteil.
Alles durchklingt ein Grundton warmer nationaler Gesinnung. Wer diese fließend
und anregend geschriebnen Schilderungen liest, wird finden, daß das "politische Lied"
durchaus kein häßliches zu sein braucht. Die reiche Ausstattung mit Illustrationen,
die namentlich die Bildnisse der neu in den Vordergrund tretenden politischen
Persönlichkeiten bringen, erhöhen noch den Wert dieses vortrefflichen Hausbuchs.
Gewissermaßen die dokumentarische Unterlage für eine solche Darstellung bietet der
Deutsche Geschichtskalender für 1908 (2 Bände. Leipzig, Fr. Wilh. Grunow.
gebunden 6 Mark der Band) von Prof. Dr. Karl Wippermann. Das in den
Grenzboten schon wiederholt besprochne Werk bringt, in übersichtliche Stoffgruppen
geschieden und mit einem ausführlichen Personenregister ausgestattet, alle offiziellen,
parlamentarischen und sonstigen politisch wichtigen Vorgänge sowie alle Neuerungen
auf den Gebieten der Verwaltung, des Parteilebens und der wirtschaftlichen Gesetz¬
gebung. Die für die politische Entwicklung irgendwie bedeutungsvollen Reden fürst¬
licher Personen, Minister und ihrer namhaften Vertreter sowie der Parteiredner sind
wenigstens nach ihrem Inhalt, in den entscheidenden Stellen im Wortlaut wieder¬
gegeben, ebenso Regierungserlasse und Parteikundgebungen von Wichtigkeit. Die
mit emsigen Fleiß und einem unvergleichlichen Scharfblick in der Beschränkung auf
das Notwendigste und Unumgängliche zusammengestellte politische Übersicht ist ein
unentbehrliches Hand- und Nachschlagebuch für selbständig arbeitende Zeitungs¬
redaktionen, Bibliotheken usw., bietet aber auch dem Privatmann, der sich durch
eigne Arbeit zu selbständigen Urteilen verhelfen will, die zuverlässigste Grundlage.


Kultur und Erziehung.

Unter dieser Aufschrift sendet der bekannte Pädagoge
an der Berliner Universität, Wilhelm Münch, ein neues Buch vermischter Be¬
trachtungen (München 1909, Beck, 285 S.. geb. 4 Mark) in die Welt. Am Schlüsse
des Kapitels "Vom Reisen in der Gegenwart" heißt es: "Einen Berg von stolzer
Höhe zu besteigen ist schön. Aber ein Buch von edler Tiefe zu durchlesen ist nicht
minder schön und wird hoffentlich auch in Zukunft nicht aufhören, schön zu sein."
Ich glaube, man kann beides vereinen, und zwar nicht am schlechtesten, wenn man
dieses schöne Buch mit auf die Reise, mit auf den Berg oder ans Meer oder in
den Wald nimmt, um sich in stiller Stunde darein zu vertiefen. Münch ist ein
vielgereister, völkerkundiger Mann. Er plaudert von deutscher Art in Süd und Nord,
von der Schätzung der Deutschen im Auslande, von englischer und deutscher Er¬
ziehung, von der Art, wie Nationen einander kennen lernen usf. Doch dieses Plaudern
'se auf scharfe Beobachtung und ernste Gedankenarbeit gegründet und quillt aus der
Weisheit eines feinen Herzens. Wechselseitig durchdringen einander hier die Er-
ziehungs- und die Kulturfragen. Wie eine Zeit ihre Schulfrage löst, ist ein wichtiges
Kennzeichen ihrer Kultur. -- Münch ist in seiner pädagogischen Kunst vor allem Psycho¬
loge und Dialektiker; er ist ein Meister in der Zerlegung und Gliederung der Gedanken;
nichts, was in Theorie und Praxis von Bedeutung sein könnte, entgeht ihm bei
der Lösung einer Frage, er spürt auch dem Unscheinbaren nach und findet seines
Wesens Kern. Am tiefsten bohrt wohl der Aufsatz "Willensmenschen und Willens-
vildung". Denn Münch weiß, daß das Durcheinanderwogen der verschiedenartigsten
Antriebe das Kennzeichnende für unsre Gegenwartssphäre ist, und kennt die Gefahren,
die nicht nur der heutigen Jugend, sondern der Zukunft unsers Volkes drohen; er
spricht ernste und warnende Worte über körperliche und seelische Gesundheit, äußert


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Personen, die Kämpfe und Ereignisse in möglichst lebensvollen Bildern vorzuführen,
die Triebkräfte des politischen Lebens aufzudecken und den innern Zusammenhang
alles Geschehnen klarzumachen, vollkommen gerecht. Zu einer besondern Geschicklichkeit
in der Zusammenfassung der politischen Vorgänge gesellen sich eine übersichtliche
Darstellung, eine stets den Ton des Gewöhnlichen vermeidende und doch verständlich
bleibende Sprache und ein gerechtes, der vollen Objektivität nahekommendes Urteil.
Alles durchklingt ein Grundton warmer nationaler Gesinnung. Wer diese fließend
und anregend geschriebnen Schilderungen liest, wird finden, daß das „politische Lied"
durchaus kein häßliches zu sein braucht. Die reiche Ausstattung mit Illustrationen,
die namentlich die Bildnisse der neu in den Vordergrund tretenden politischen
Persönlichkeiten bringen, erhöhen noch den Wert dieses vortrefflichen Hausbuchs.
Gewissermaßen die dokumentarische Unterlage für eine solche Darstellung bietet der
Deutsche Geschichtskalender für 1908 (2 Bände. Leipzig, Fr. Wilh. Grunow.
gebunden 6 Mark der Band) von Prof. Dr. Karl Wippermann. Das in den
Grenzboten schon wiederholt besprochne Werk bringt, in übersichtliche Stoffgruppen
geschieden und mit einem ausführlichen Personenregister ausgestattet, alle offiziellen,
parlamentarischen und sonstigen politisch wichtigen Vorgänge sowie alle Neuerungen
auf den Gebieten der Verwaltung, des Parteilebens und der wirtschaftlichen Gesetz¬
gebung. Die für die politische Entwicklung irgendwie bedeutungsvollen Reden fürst¬
licher Personen, Minister und ihrer namhaften Vertreter sowie der Parteiredner sind
wenigstens nach ihrem Inhalt, in den entscheidenden Stellen im Wortlaut wieder¬
gegeben, ebenso Regierungserlasse und Parteikundgebungen von Wichtigkeit. Die
mit emsigen Fleiß und einem unvergleichlichen Scharfblick in der Beschränkung auf
das Notwendigste und Unumgängliche zusammengestellte politische Übersicht ist ein
unentbehrliches Hand- und Nachschlagebuch für selbständig arbeitende Zeitungs¬
redaktionen, Bibliotheken usw., bietet aber auch dem Privatmann, der sich durch
eigne Arbeit zu selbständigen Urteilen verhelfen will, die zuverlässigste Grundlage.


Kultur und Erziehung.

Unter dieser Aufschrift sendet der bekannte Pädagoge
an der Berliner Universität, Wilhelm Münch, ein neues Buch vermischter Be¬
trachtungen (München 1909, Beck, 285 S.. geb. 4 Mark) in die Welt. Am Schlüsse
des Kapitels „Vom Reisen in der Gegenwart" heißt es: „Einen Berg von stolzer
Höhe zu besteigen ist schön. Aber ein Buch von edler Tiefe zu durchlesen ist nicht
minder schön und wird hoffentlich auch in Zukunft nicht aufhören, schön zu sein."
Ich glaube, man kann beides vereinen, und zwar nicht am schlechtesten, wenn man
dieses schöne Buch mit auf die Reise, mit auf den Berg oder ans Meer oder in
den Wald nimmt, um sich in stiller Stunde darein zu vertiefen. Münch ist ein
vielgereister, völkerkundiger Mann. Er plaudert von deutscher Art in Süd und Nord,
von der Schätzung der Deutschen im Auslande, von englischer und deutscher Er¬
ziehung, von der Art, wie Nationen einander kennen lernen usf. Doch dieses Plaudern
'se auf scharfe Beobachtung und ernste Gedankenarbeit gegründet und quillt aus der
Weisheit eines feinen Herzens. Wechselseitig durchdringen einander hier die Er-
ziehungs- und die Kulturfragen. Wie eine Zeit ihre Schulfrage löst, ist ein wichtiges
Kennzeichen ihrer Kultur. — Münch ist in seiner pädagogischen Kunst vor allem Psycho¬
loge und Dialektiker; er ist ein Meister in der Zerlegung und Gliederung der Gedanken;
nichts, was in Theorie und Praxis von Bedeutung sein könnte, entgeht ihm bei
der Lösung einer Frage, er spürt auch dem Unscheinbaren nach und findet seines
Wesens Kern. Am tiefsten bohrt wohl der Aufsatz „Willensmenschen und Willens-
vildung". Denn Münch weiß, daß das Durcheinanderwogen der verschiedenartigsten
Antriebe das Kennzeichnende für unsre Gegenwartssphäre ist, und kennt die Gefahren,
die nicht nur der heutigen Jugend, sondern der Zukunft unsers Volkes drohen; er
spricht ernste und warnende Worte über körperliche und seelische Gesundheit, äußert


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[0345] Maßgebliches und Unmaßgebliches Personen, die Kämpfe und Ereignisse in möglichst lebensvollen Bildern vorzuführen, die Triebkräfte des politischen Lebens aufzudecken und den innern Zusammenhang alles Geschehnen klarzumachen, vollkommen gerecht. Zu einer besondern Geschicklichkeit in der Zusammenfassung der politischen Vorgänge gesellen sich eine übersichtliche Darstellung, eine stets den Ton des Gewöhnlichen vermeidende und doch verständlich bleibende Sprache und ein gerechtes, der vollen Objektivität nahekommendes Urteil. Alles durchklingt ein Grundton warmer nationaler Gesinnung. Wer diese fließend und anregend geschriebnen Schilderungen liest, wird finden, daß das „politische Lied" durchaus kein häßliches zu sein braucht. Die reiche Ausstattung mit Illustrationen, die namentlich die Bildnisse der neu in den Vordergrund tretenden politischen Persönlichkeiten bringen, erhöhen noch den Wert dieses vortrefflichen Hausbuchs. Gewissermaßen die dokumentarische Unterlage für eine solche Darstellung bietet der Deutsche Geschichtskalender für 1908 (2 Bände. Leipzig, Fr. Wilh. Grunow. gebunden 6 Mark der Band) von Prof. Dr. Karl Wippermann. Das in den Grenzboten schon wiederholt besprochne Werk bringt, in übersichtliche Stoffgruppen geschieden und mit einem ausführlichen Personenregister ausgestattet, alle offiziellen, parlamentarischen und sonstigen politisch wichtigen Vorgänge sowie alle Neuerungen auf den Gebieten der Verwaltung, des Parteilebens und der wirtschaftlichen Gesetz¬ gebung. Die für die politische Entwicklung irgendwie bedeutungsvollen Reden fürst¬ licher Personen, Minister und ihrer namhaften Vertreter sowie der Parteiredner sind wenigstens nach ihrem Inhalt, in den entscheidenden Stellen im Wortlaut wieder¬ gegeben, ebenso Regierungserlasse und Parteikundgebungen von Wichtigkeit. Die mit emsigen Fleiß und einem unvergleichlichen Scharfblick in der Beschränkung auf das Notwendigste und Unumgängliche zusammengestellte politische Übersicht ist ein unentbehrliches Hand- und Nachschlagebuch für selbständig arbeitende Zeitungs¬ redaktionen, Bibliotheken usw., bietet aber auch dem Privatmann, der sich durch eigne Arbeit zu selbständigen Urteilen verhelfen will, die zuverlässigste Grundlage. Kultur und Erziehung. Unter dieser Aufschrift sendet der bekannte Pädagoge an der Berliner Universität, Wilhelm Münch, ein neues Buch vermischter Be¬ trachtungen (München 1909, Beck, 285 S.. geb. 4 Mark) in die Welt. Am Schlüsse des Kapitels „Vom Reisen in der Gegenwart" heißt es: „Einen Berg von stolzer Höhe zu besteigen ist schön. Aber ein Buch von edler Tiefe zu durchlesen ist nicht minder schön und wird hoffentlich auch in Zukunft nicht aufhören, schön zu sein." Ich glaube, man kann beides vereinen, und zwar nicht am schlechtesten, wenn man dieses schöne Buch mit auf die Reise, mit auf den Berg oder ans Meer oder in den Wald nimmt, um sich in stiller Stunde darein zu vertiefen. Münch ist ein vielgereister, völkerkundiger Mann. Er plaudert von deutscher Art in Süd und Nord, von der Schätzung der Deutschen im Auslande, von englischer und deutscher Er¬ ziehung, von der Art, wie Nationen einander kennen lernen usf. Doch dieses Plaudern 'se auf scharfe Beobachtung und ernste Gedankenarbeit gegründet und quillt aus der Weisheit eines feinen Herzens. Wechselseitig durchdringen einander hier die Er- ziehungs- und die Kulturfragen. Wie eine Zeit ihre Schulfrage löst, ist ein wichtiges Kennzeichen ihrer Kultur. — Münch ist in seiner pädagogischen Kunst vor allem Psycho¬ loge und Dialektiker; er ist ein Meister in der Zerlegung und Gliederung der Gedanken; nichts, was in Theorie und Praxis von Bedeutung sein könnte, entgeht ihm bei der Lösung einer Frage, er spürt auch dem Unscheinbaren nach und findet seines Wesens Kern. Am tiefsten bohrt wohl der Aufsatz „Willensmenschen und Willens- vildung". Denn Münch weiß, daß das Durcheinanderwogen der verschiedenartigsten Antriebe das Kennzeichnende für unsre Gegenwartssphäre ist, und kennt die Gefahren, die nicht nur der heutigen Jugend, sondern der Zukunft unsers Volkes drohen; er spricht ernste und warnende Worte über körperliche und seelische Gesundheit, äußert

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_313702/345>, abgerufen am 28.04.2024.