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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr.

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Die Interessen Deutschlands in der Türkei

Nach der Statistik der türkischen Zollverwaltung betrug die gesamte
Handelsbilanz im Jahre 1899/1900 (1. März)

Einfuhr der Türkei.......... 20853 214 Ltq,
Ausfuhr der Türkei.......... 14589030 "

Hieran beteiligten sich bei der

Einfuhr Ausfuhr
Deutschland .. mit 486 936 Ltq. 451758 Ltq, (1 Ltq,18,60 ^1)
Frankreich , . , " 2969517 " 4762326 "
England . , , , " 8310000 " 5514683 "

Nach einer andern Statistik soll Deutschland

1902 1903 1904 in Millionen Mark
für. , 43,3 50,2 75,3 nach der Türkei eingeführt,
für. . 36,5 37,5 45,3 aus der Türkei ausgeführt haben.
6,8 12,7 30,0

Die letztern Zahlen dürften der Wirklichkeit am nächsten kommen.


Industrielle Unternehmungen

Es gibt in der Türkei sehr wenig industrielle Unternehmungen. Die
Hauptunteruehmungen bilden die Eisenbahnen. An diesen hat sich das
deutsche Kapital am meisten beteiligt. Die Deutsche Bank vor allem hat mit
großer Energie und Umsicht den seit 1843 von den Engländern wiederholt
angeregten Plan einer Bahnverbindung Europas mit dem Persischen Golf auf¬
gegriffen und schon zum Teil ausgeführt.

Im Jahre 1888 erwarb das deutsche Syndikat, bestehend aus der
Deutschen Bank und der Württembergischen Vereinsbank, von einer französisch¬
belgischen Gesellschaft die im Jahre 1871 gebaute Bahnstrecke Haidar
Pascha-Jsmid von 91,28 Kilometern und im Anschluß hieran die Konzession
für die Fortführung dieser Bahn bis Angora (485,56 Kilometer). Zur Aus¬
führung dieser Konzession gründete das deutsche Syndikat eine Aktiengesellschaft
unter dem Namen Looiöts an cnsinin as ehr ottoing-n ä'^ng-WIis. Der Bahnbau
der Strecke Jsmid-Angora wurde im Frühjahr 1889 begonnen und im De¬
zember 1892 beendigt. Zwei Monate später erwarb dieselbe Finanzgrnppe
eine neue Konzession für den Bau der 435 Kilometer langen Strecke
Eskischehir - Koma und der Zweiglinie Alajund - Kutahia von 10 Kilometern,
die beide im Jahre 1896 von der deutschen Baugesellschaft Phil. Holzmann
(Frankfurt a. M.) fertiggestellt wurden. Im Jahre 1898 wurde eine weitere
Zweigstrecke Jsmid - Adabasar von 9 Kilometern gebaut. Das Kapital der
Anatolischen Eisenbahngesellschaft beträgt 60000000 Franken in Aktien und
160000000 Franken in Obligationen. Die Betriebseinnahmen der Eisen¬
bahnen werden mit Ausnahme der zuletztgenannten Linie vom türkischen Staat
garantiert. Die Konzessionszeit dauert 99 Jahre.

Die Anatolische Eisenbahn bildet eine Teilstrecke der großen Bagdadlinie.
deren Baukonzession im Jahre 1902 der Deutschen Bank verliehen worden ist.


Die Interessen Deutschlands in der Türkei

Nach der Statistik der türkischen Zollverwaltung betrug die gesamte
Handelsbilanz im Jahre 1899/1900 (1. März)

Einfuhr der Türkei.......... 20853 214 Ltq,
Ausfuhr der Türkei.......... 14589030 „

Hieran beteiligten sich bei der

Einfuhr Ausfuhr
Deutschland .. mit 486 936 Ltq. 451758 Ltq, (1 Ltq,18,60 ^1)
Frankreich , . , „ 2969517 „ 4762326 „
England . , , , „ 8310000 „ 5514683 „

Nach einer andern Statistik soll Deutschland

1902 1903 1904 in Millionen Mark
für. , 43,3 50,2 75,3 nach der Türkei eingeführt,
für. . 36,5 37,5 45,3 aus der Türkei ausgeführt haben.
6,8 12,7 30,0

Die letztern Zahlen dürften der Wirklichkeit am nächsten kommen.


Industrielle Unternehmungen

Es gibt in der Türkei sehr wenig industrielle Unternehmungen. Die
Hauptunteruehmungen bilden die Eisenbahnen. An diesen hat sich das
deutsche Kapital am meisten beteiligt. Die Deutsche Bank vor allem hat mit
großer Energie und Umsicht den seit 1843 von den Engländern wiederholt
angeregten Plan einer Bahnverbindung Europas mit dem Persischen Golf auf¬
gegriffen und schon zum Teil ausgeführt.

Im Jahre 1888 erwarb das deutsche Syndikat, bestehend aus der
Deutschen Bank und der Württembergischen Vereinsbank, von einer französisch¬
belgischen Gesellschaft die im Jahre 1871 gebaute Bahnstrecke Haidar
Pascha-Jsmid von 91,28 Kilometern und im Anschluß hieran die Konzession
für die Fortführung dieser Bahn bis Angora (485,56 Kilometer). Zur Aus¬
führung dieser Konzession gründete das deutsche Syndikat eine Aktiengesellschaft
unter dem Namen Looiöts an cnsinin as ehr ottoing-n ä'^ng-WIis. Der Bahnbau
der Strecke Jsmid-Angora wurde im Frühjahr 1889 begonnen und im De¬
zember 1892 beendigt. Zwei Monate später erwarb dieselbe Finanzgrnppe
eine neue Konzession für den Bau der 435 Kilometer langen Strecke
Eskischehir - Koma und der Zweiglinie Alajund - Kutahia von 10 Kilometern,
die beide im Jahre 1896 von der deutschen Baugesellschaft Phil. Holzmann
(Frankfurt a. M.) fertiggestellt wurden. Im Jahre 1898 wurde eine weitere
Zweigstrecke Jsmid - Adabasar von 9 Kilometern gebaut. Das Kapital der
Anatolischen Eisenbahngesellschaft beträgt 60000000 Franken in Aktien und
160000000 Franken in Obligationen. Die Betriebseinnahmen der Eisen¬
bahnen werden mit Ausnahme der zuletztgenannten Linie vom türkischen Staat
garantiert. Die Konzessionszeit dauert 99 Jahre.

Die Anatolische Eisenbahn bildet eine Teilstrecke der großen Bagdadlinie.
deren Baukonzession im Jahre 1902 der Deutschen Bank verliehen worden ist.


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[0350] Die Interessen Deutschlands in der Türkei Nach der Statistik der türkischen Zollverwaltung betrug die gesamte Handelsbilanz im Jahre 1899/1900 (1. März) Einfuhr der Türkei.......... 20853 214 Ltq, Ausfuhr der Türkei.......... 14589030 „ Hieran beteiligten sich bei der Einfuhr Ausfuhr Deutschland .. mit 486 936 Ltq. 451758 Ltq, (1 Ltq,18,60 ^1) Frankreich , . , „ 2969517 „ 4762326 „ England . , , , „ 8310000 „ 5514683 „ Nach einer andern Statistik soll Deutschland 1902 1903 1904 in Millionen Mark für. , 43,3 50,2 75,3 nach der Türkei eingeführt, für. . 36,5 37,5 45,3 aus der Türkei ausgeführt haben. 6,8 12,7 30,0 Die letztern Zahlen dürften der Wirklichkeit am nächsten kommen. Industrielle Unternehmungen Es gibt in der Türkei sehr wenig industrielle Unternehmungen. Die Hauptunteruehmungen bilden die Eisenbahnen. An diesen hat sich das deutsche Kapital am meisten beteiligt. Die Deutsche Bank vor allem hat mit großer Energie und Umsicht den seit 1843 von den Engländern wiederholt angeregten Plan einer Bahnverbindung Europas mit dem Persischen Golf auf¬ gegriffen und schon zum Teil ausgeführt. Im Jahre 1888 erwarb das deutsche Syndikat, bestehend aus der Deutschen Bank und der Württembergischen Vereinsbank, von einer französisch¬ belgischen Gesellschaft die im Jahre 1871 gebaute Bahnstrecke Haidar Pascha-Jsmid von 91,28 Kilometern und im Anschluß hieran die Konzession für die Fortführung dieser Bahn bis Angora (485,56 Kilometer). Zur Aus¬ führung dieser Konzession gründete das deutsche Syndikat eine Aktiengesellschaft unter dem Namen Looiöts an cnsinin as ehr ottoing-n ä'^ng-WIis. Der Bahnbau der Strecke Jsmid-Angora wurde im Frühjahr 1889 begonnen und im De¬ zember 1892 beendigt. Zwei Monate später erwarb dieselbe Finanzgrnppe eine neue Konzession für den Bau der 435 Kilometer langen Strecke Eskischehir - Koma und der Zweiglinie Alajund - Kutahia von 10 Kilometern, die beide im Jahre 1896 von der deutschen Baugesellschaft Phil. Holzmann (Frankfurt a. M.) fertiggestellt wurden. Im Jahre 1898 wurde eine weitere Zweigstrecke Jsmid - Adabasar von 9 Kilometern gebaut. Das Kapital der Anatolischen Eisenbahngesellschaft beträgt 60000000 Franken in Aktien und 160000000 Franken in Obligationen. Die Betriebseinnahmen der Eisen¬ bahnen werden mit Ausnahme der zuletztgenannten Linie vom türkischen Staat garantiert. Die Konzessionszeit dauert 99 Jahre. Die Anatolische Eisenbahn bildet eine Teilstrecke der großen Bagdadlinie. deren Baukonzession im Jahre 1902 der Deutschen Bank verliehen worden ist.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_313702/350>, abgerufen am 28.04.2024.