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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr.

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Die Interessen Deutschlands in der Türkei

Ansiedlung gegründet, da sich diese Stadt durch die Gesundheit ihres Klimas
wie ihrer natürlichen Häfen vor andern Städten auszeichnet. Bald hat sich
ihnen eine Gelegenheit zur Erweiterung der Kolonie geboten. In Jaffa konnten
die Tempelvorsteher von einer amerikanischen Kolonie, die sich aufgelöst hatte,
unter günstigen Bedingungen Land und Häuser käuflich erwerben. Von Jahr
zu Jahr wuchs die Zahl der Gemeinde, sodaß wir heute fünfzehnhundert Templer
zählen. *) Neben den Ansiedlungen in Halfa und Jaffa wurde eine dritte Kolonie
unter großen Schwierigkeiten und Opfern an Menschen und Geld in Sarona
gegründet. Zehn Jahre nach ihrer Landung konnten die Templer ihren Einzug
in die Heilige Stadt halten.

Leider hat sich im Jahre 1871 eine Spaltung innerhalb der Tempel-
gemeinden vollzogen, die nicht sowohl in Meinungsverschiedenheiten über die
Weiterführung der Kolonisation als auch vorherrschend in religiösen Gegen¬
sätzen ihren Ursprung hat und mit dem Austritt Hardeggs aus dem Tempel,
dem sich eine größere Anzahl von Familien angeschlossen hat, im Jahre 1874
endete. Von da ab hatte sich Hoffmann an die Spitze der Zentralleitung des
Tempels in Jerusalem gestellt. Die Templer haben mit unermüdlichem Fleiß
in unerschütterlichem Glaubensmut ihre Kolonien zu einer blühenden deutschen
Ansiedlung gemacht. Sie treiben vorzugsweise Landwirtschaft und Weinbau,
nebenbei auch Handwerk. -

Der Grundbesitz der Angehörigen der Tempelgesellschaft wurde im
Jahre 1893 auf ungefähr 4 Millionen Mark geschätzt. Sie unterhält in
Jerusalem ein Tempelstift und einen Tempelsaal (fünf Gebäude für Gemeinde-,
Bet- und Schulzwecke), in Jaffa ein Schul- und Krankenhaus und in Sarona
sowie in Halfa ein Gemeinde- und Schulhaus.

Zur Förderung der deutschen Ansiedlung in Palästina hat sich im Jahre 1899
in Stuttgart eine Gesellschaft mit beschränkter Haftpflicht und einem Stamm¬
kapital von 320000 Mark gebildet. Dieses Unternehmen will das Ausdehnungs¬
bedürfnis der deutschen Ansiedler in Palästina befriedigen und den Ansiedlern
das zum Ankauf von Land oder auch zu sonstigen wirtschaftlichen Unternehmungen
notwendige Geld als Darlehn verschaffen. Mit ihrer Unterstützung sind die
drei deutschen Dörfer: Hamidije-Wilhelma bei Sarona sowie Um el Anet und
Bet Lahn bei Halfa gegründet worden. >


Kultureinrichtungen

Die durch den Handelsvertrag mit der Türkei angeknüpften Beziehungen
Deutschlands regten allmählich auch die kirchlichen deutschen Kreise an,
ihrerseits im Heiligen Lande, wo durch zwei Jahrhunderte die Blüte der deutschen
Ritterschaft ihr Leben für die Aufrechterhaltung der christlichen Macht geopfert
"''



.
*) Die Gesamtzahl der in der Türkei wohnenden Reichsdeutschen wird auf rund 450<)
geschätzt.
Die Interessen Deutschlands in der Türkei

Ansiedlung gegründet, da sich diese Stadt durch die Gesundheit ihres Klimas
wie ihrer natürlichen Häfen vor andern Städten auszeichnet. Bald hat sich
ihnen eine Gelegenheit zur Erweiterung der Kolonie geboten. In Jaffa konnten
die Tempelvorsteher von einer amerikanischen Kolonie, die sich aufgelöst hatte,
unter günstigen Bedingungen Land und Häuser käuflich erwerben. Von Jahr
zu Jahr wuchs die Zahl der Gemeinde, sodaß wir heute fünfzehnhundert Templer
zählen. *) Neben den Ansiedlungen in Halfa und Jaffa wurde eine dritte Kolonie
unter großen Schwierigkeiten und Opfern an Menschen und Geld in Sarona
gegründet. Zehn Jahre nach ihrer Landung konnten die Templer ihren Einzug
in die Heilige Stadt halten.

Leider hat sich im Jahre 1871 eine Spaltung innerhalb der Tempel-
gemeinden vollzogen, die nicht sowohl in Meinungsverschiedenheiten über die
Weiterführung der Kolonisation als auch vorherrschend in religiösen Gegen¬
sätzen ihren Ursprung hat und mit dem Austritt Hardeggs aus dem Tempel,
dem sich eine größere Anzahl von Familien angeschlossen hat, im Jahre 1874
endete. Von da ab hatte sich Hoffmann an die Spitze der Zentralleitung des
Tempels in Jerusalem gestellt. Die Templer haben mit unermüdlichem Fleiß
in unerschütterlichem Glaubensmut ihre Kolonien zu einer blühenden deutschen
Ansiedlung gemacht. Sie treiben vorzugsweise Landwirtschaft und Weinbau,
nebenbei auch Handwerk. -

Der Grundbesitz der Angehörigen der Tempelgesellschaft wurde im
Jahre 1893 auf ungefähr 4 Millionen Mark geschätzt. Sie unterhält in
Jerusalem ein Tempelstift und einen Tempelsaal (fünf Gebäude für Gemeinde-,
Bet- und Schulzwecke), in Jaffa ein Schul- und Krankenhaus und in Sarona
sowie in Halfa ein Gemeinde- und Schulhaus.

Zur Förderung der deutschen Ansiedlung in Palästina hat sich im Jahre 1899
in Stuttgart eine Gesellschaft mit beschränkter Haftpflicht und einem Stamm¬
kapital von 320000 Mark gebildet. Dieses Unternehmen will das Ausdehnungs¬
bedürfnis der deutschen Ansiedler in Palästina befriedigen und den Ansiedlern
das zum Ankauf von Land oder auch zu sonstigen wirtschaftlichen Unternehmungen
notwendige Geld als Darlehn verschaffen. Mit ihrer Unterstützung sind die
drei deutschen Dörfer: Hamidije-Wilhelma bei Sarona sowie Um el Anet und
Bet Lahn bei Halfa gegründet worden. >


Kultureinrichtungen

Die durch den Handelsvertrag mit der Türkei angeknüpften Beziehungen
Deutschlands regten allmählich auch die kirchlichen deutschen Kreise an,
ihrerseits im Heiligen Lande, wo durch zwei Jahrhunderte die Blüte der deutschen
Ritterschaft ihr Leben für die Aufrechterhaltung der christlichen Macht geopfert
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*) Die Gesamtzahl der in der Türkei wohnenden Reichsdeutschen wird auf rund 450<)
geschätzt.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_313702/514>, abgerufen am 28.04.2024.