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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Prinzregent Hom Bayern seiner trcndeutschen Gesinnung einen neuen Ausdruck ge¬
geben^ indem er die Aufstellung ^ der Büste des großen Schlachtendenkers Moltke
in der Regensburger Walhalln anordnete. ^ '




Orthodoxie.

^ Unter diesem Titel sagt ein Anonymus, der G. K. C. zeichnet, in
seinem netten Büchlein (München, Hyperionverlag Hans von Weber, 1909) mancherlei,
was die Grenzboten oft gesagt haben, wie daß die modernsten Philosophien zum Teil
närrisch und insgesamt weder praktisch brauchbar noch beglückend sind, und daß im
Christentum höchste Vernunft zu finden ist. Aber wenn er uns die ganze moderne
Welt als ein Narren- und Zuchthaus verekeln will und dem Christentum die römische
Kirche unterschiebt, so gehn wir ihm nicht in die geschickt gestellte Falle. Sein Kunst¬
griff besteht darin, daß in seinem Weltbilde die zwei für das Urteil entscheidenden
großen Erscheinungen fehlen: die Gebrechen und Verbrechen der Hierarchie und die
niigehenern technischen Leistungen der modernen Menschheit. Das Idyll des gläubigen
Katholiken, das uns gezeigt wird, mag ein beglückender Zustand sein, aber um glücklich
leben zu können, muß man doch überhaupt erst leben, und daß heute auf demselben
Raume zehnmal soviel Menschen, gleichviel ob Katholiken, Protestanten oder Heiden,
leben können als ehedem, verdanken wir den geistigen Anstrengungen der modernen
Forscher, und dieses Verdienst überwiegt doch Wohl das Mißverdienst der bloß speku¬
lierenden und spintisierenden Geister, die allerhand Narrheiten aushecken. Wo über¬
haupt viel gedacht wird, da kann es nicht fehlen, daß auch viel Verkehrtes zum
Vorschein kommt. Doch ist strenge Kritik diesem Büchlein gegenüber gar nicht am
Platze, denn es ist weder eine gelehrte Untersuchung noch ein planvoller Essay,
sondern ein Gewebe witziger Einfälle, in denen berichtet wird, wie der Verfasser
bei der Lektüre der modernen Atheisten und Agnostiker den Verlornen Glauben wieder¬
gefunden hat. Es sei ihm ergangen wie einem abenteuernden Engländer, der ausziehe,
seine Jdealinsel zu entdecken/ und nachdem er sie gefunden hat, allmählich gewahr
wird, daß' die neue Insel sein liebes Altengland ist. Und so bekommen wir denn
ein recht amüsantes Buch mit viel hübschen Bildern, treffenden Urteilen und scharf¬
sinnigen Bemerkungen. Aber freilich festes auch nicht an Schiefem, Ungenauem und
geradezu Falschen, denn wer auf geistreiche Antithesen ausgeht, wird selten genau
beobachten und das Wahrgenommne objektiv beschreiben. So z. B. ist es nicht richtig,
daß die heutigen Revolutionäre nicht zum Ziele kommen weil sie kein Ziel
haben, weil sie nicht wissen, was -sie wollen. Die Sozialisten wie die Anarchisten
wissen ziemlich genau, was sie wollen. Aber losschlagen, um ihre -- freilich uto¬
pistischen --Ideale zu verwirklichen, das können sie aus dem einfachen Grunde
nicht, weil der feste moderne Staat ein Granit ist, der sich nicht zerbeißen läßt.
Von den hübschen Einfällen, die weniger die Kritik herausfordern, wollen wir eine
Probe vorlegen. "Dem Narren selbst ist seine Narrheit etwas ganz gewöhnliches,
weil sie echt ist. Ein Mensch, der sich für ein Huhn oder für eine Glasscherbe hält,
ist für sein eignes Gefühl etwas so gewöhnliches wie ein Huhn oder eine Glas¬
scherbe. Es ist die Homogenität zwischen seinem Geiste und solchen Dingen, die ihn
öde macht. Nur weil wir die Ironie Wichtiger wohl das spaßhaftes seines Wahns
erkennen, ist er für uns unterhaltlich; er selbst aber wird gerade deshalb in ein
Narrenhaus gesteckt, weil ihm die Ironie seines Wahns entgeht. Kurz, das Sonderbare
und Seltsame frappiert nur gewöhnliche ssoll heißen normale) Leute. Für Sonder¬
linge hat das Sonderbare nichts merkwürdiges. Darum haben auch die gewöhnlichen
Leute mehr' Kurzweil im Leben, während es die Sonderlinge viel zu eintönig finden
Das ist auch ein Grund, weshalb die neuen Romane so schnell vergessen sind, während
die alten Märchen fortleben. Im Märchen ist der Held ein Menschenkind wie ein


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Prinzregent Hom Bayern seiner trcndeutschen Gesinnung einen neuen Ausdruck ge¬
geben^ indem er die Aufstellung ^ der Büste des großen Schlachtendenkers Moltke
in der Regensburger Walhalln anordnete. ^ '




Orthodoxie.

^ Unter diesem Titel sagt ein Anonymus, der G. K. C. zeichnet, in
seinem netten Büchlein (München, Hyperionverlag Hans von Weber, 1909) mancherlei,
was die Grenzboten oft gesagt haben, wie daß die modernsten Philosophien zum Teil
närrisch und insgesamt weder praktisch brauchbar noch beglückend sind, und daß im
Christentum höchste Vernunft zu finden ist. Aber wenn er uns die ganze moderne
Welt als ein Narren- und Zuchthaus verekeln will und dem Christentum die römische
Kirche unterschiebt, so gehn wir ihm nicht in die geschickt gestellte Falle. Sein Kunst¬
griff besteht darin, daß in seinem Weltbilde die zwei für das Urteil entscheidenden
großen Erscheinungen fehlen: die Gebrechen und Verbrechen der Hierarchie und die
niigehenern technischen Leistungen der modernen Menschheit. Das Idyll des gläubigen
Katholiken, das uns gezeigt wird, mag ein beglückender Zustand sein, aber um glücklich
leben zu können, muß man doch überhaupt erst leben, und daß heute auf demselben
Raume zehnmal soviel Menschen, gleichviel ob Katholiken, Protestanten oder Heiden,
leben können als ehedem, verdanken wir den geistigen Anstrengungen der modernen
Forscher, und dieses Verdienst überwiegt doch Wohl das Mißverdienst der bloß speku¬
lierenden und spintisierenden Geister, die allerhand Narrheiten aushecken. Wo über¬
haupt viel gedacht wird, da kann es nicht fehlen, daß auch viel Verkehrtes zum
Vorschein kommt. Doch ist strenge Kritik diesem Büchlein gegenüber gar nicht am
Platze, denn es ist weder eine gelehrte Untersuchung noch ein planvoller Essay,
sondern ein Gewebe witziger Einfälle, in denen berichtet wird, wie der Verfasser
bei der Lektüre der modernen Atheisten und Agnostiker den Verlornen Glauben wieder¬
gefunden hat. Es sei ihm ergangen wie einem abenteuernden Engländer, der ausziehe,
seine Jdealinsel zu entdecken/ und nachdem er sie gefunden hat, allmählich gewahr
wird, daß' die neue Insel sein liebes Altengland ist. Und so bekommen wir denn
ein recht amüsantes Buch mit viel hübschen Bildern, treffenden Urteilen und scharf¬
sinnigen Bemerkungen. Aber freilich festes auch nicht an Schiefem, Ungenauem und
geradezu Falschen, denn wer auf geistreiche Antithesen ausgeht, wird selten genau
beobachten und das Wahrgenommne objektiv beschreiben. So z. B. ist es nicht richtig,
daß die heutigen Revolutionäre nicht zum Ziele kommen weil sie kein Ziel
haben, weil sie nicht wissen, was -sie wollen. Die Sozialisten wie die Anarchisten
wissen ziemlich genau, was sie wollen. Aber losschlagen, um ihre — freilich uto¬
pistischen —Ideale zu verwirklichen, das können sie aus dem einfachen Grunde
nicht, weil der feste moderne Staat ein Granit ist, der sich nicht zerbeißen läßt.
Von den hübschen Einfällen, die weniger die Kritik herausfordern, wollen wir eine
Probe vorlegen. „Dem Narren selbst ist seine Narrheit etwas ganz gewöhnliches,
weil sie echt ist. Ein Mensch, der sich für ein Huhn oder für eine Glasscherbe hält,
ist für sein eignes Gefühl etwas so gewöhnliches wie ein Huhn oder eine Glas¬
scherbe. Es ist die Homogenität zwischen seinem Geiste und solchen Dingen, die ihn
öde macht. Nur weil wir die Ironie Wichtiger wohl das spaßhaftes seines Wahns
erkennen, ist er für uns unterhaltlich; er selbst aber wird gerade deshalb in ein
Narrenhaus gesteckt, weil ihm die Ironie seines Wahns entgeht. Kurz, das Sonderbare
und Seltsame frappiert nur gewöhnliche ssoll heißen normale) Leute. Für Sonder¬
linge hat das Sonderbare nichts merkwürdiges. Darum haben auch die gewöhnlichen
Leute mehr' Kurzweil im Leben, während es die Sonderlinge viel zu eintönig finden
Das ist auch ein Grund, weshalb die neuen Romane so schnell vergessen sind, während
die alten Märchen fortleben. Im Märchen ist der Held ein Menschenkind wie ein


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[0633] Maßgebliches und Unmaßgebliches Prinzregent Hom Bayern seiner trcndeutschen Gesinnung einen neuen Ausdruck ge¬ geben^ indem er die Aufstellung ^ der Büste des großen Schlachtendenkers Moltke in der Regensburger Walhalln anordnete. ^ ' Orthodoxie. ^ Unter diesem Titel sagt ein Anonymus, der G. K. C. zeichnet, in seinem netten Büchlein (München, Hyperionverlag Hans von Weber, 1909) mancherlei, was die Grenzboten oft gesagt haben, wie daß die modernsten Philosophien zum Teil närrisch und insgesamt weder praktisch brauchbar noch beglückend sind, und daß im Christentum höchste Vernunft zu finden ist. Aber wenn er uns die ganze moderne Welt als ein Narren- und Zuchthaus verekeln will und dem Christentum die römische Kirche unterschiebt, so gehn wir ihm nicht in die geschickt gestellte Falle. Sein Kunst¬ griff besteht darin, daß in seinem Weltbilde die zwei für das Urteil entscheidenden großen Erscheinungen fehlen: die Gebrechen und Verbrechen der Hierarchie und die niigehenern technischen Leistungen der modernen Menschheit. Das Idyll des gläubigen Katholiken, das uns gezeigt wird, mag ein beglückender Zustand sein, aber um glücklich leben zu können, muß man doch überhaupt erst leben, und daß heute auf demselben Raume zehnmal soviel Menschen, gleichviel ob Katholiken, Protestanten oder Heiden, leben können als ehedem, verdanken wir den geistigen Anstrengungen der modernen Forscher, und dieses Verdienst überwiegt doch Wohl das Mißverdienst der bloß speku¬ lierenden und spintisierenden Geister, die allerhand Narrheiten aushecken. Wo über¬ haupt viel gedacht wird, da kann es nicht fehlen, daß auch viel Verkehrtes zum Vorschein kommt. Doch ist strenge Kritik diesem Büchlein gegenüber gar nicht am Platze, denn es ist weder eine gelehrte Untersuchung noch ein planvoller Essay, sondern ein Gewebe witziger Einfälle, in denen berichtet wird, wie der Verfasser bei der Lektüre der modernen Atheisten und Agnostiker den Verlornen Glauben wieder¬ gefunden hat. Es sei ihm ergangen wie einem abenteuernden Engländer, der ausziehe, seine Jdealinsel zu entdecken/ und nachdem er sie gefunden hat, allmählich gewahr wird, daß' die neue Insel sein liebes Altengland ist. Und so bekommen wir denn ein recht amüsantes Buch mit viel hübschen Bildern, treffenden Urteilen und scharf¬ sinnigen Bemerkungen. Aber freilich festes auch nicht an Schiefem, Ungenauem und geradezu Falschen, denn wer auf geistreiche Antithesen ausgeht, wird selten genau beobachten und das Wahrgenommne objektiv beschreiben. So z. B. ist es nicht richtig, daß die heutigen Revolutionäre nicht zum Ziele kommen weil sie kein Ziel haben, weil sie nicht wissen, was -sie wollen. Die Sozialisten wie die Anarchisten wissen ziemlich genau, was sie wollen. Aber losschlagen, um ihre — freilich uto¬ pistischen —Ideale zu verwirklichen, das können sie aus dem einfachen Grunde nicht, weil der feste moderne Staat ein Granit ist, der sich nicht zerbeißen läßt. Von den hübschen Einfällen, die weniger die Kritik herausfordern, wollen wir eine Probe vorlegen. „Dem Narren selbst ist seine Narrheit etwas ganz gewöhnliches, weil sie echt ist. Ein Mensch, der sich für ein Huhn oder für eine Glasscherbe hält, ist für sein eignes Gefühl etwas so gewöhnliches wie ein Huhn oder eine Glas¬ scherbe. Es ist die Homogenität zwischen seinem Geiste und solchen Dingen, die ihn öde macht. Nur weil wir die Ironie Wichtiger wohl das spaßhaftes seines Wahns erkennen, ist er für uns unterhaltlich; er selbst aber wird gerade deshalb in ein Narrenhaus gesteckt, weil ihm die Ironie seines Wahns entgeht. Kurz, das Sonderbare und Seltsame frappiert nur gewöhnliche ssoll heißen normale) Leute. Für Sonder¬ linge hat das Sonderbare nichts merkwürdiges. Darum haben auch die gewöhnlichen Leute mehr' Kurzweil im Leben, während es die Sonderlinge viel zu eintönig finden Das ist auch ein Grund, weshalb die neuen Romane so schnell vergessen sind, während die alten Märchen fortleben. Im Märchen ist der Held ein Menschenkind wie ein

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_313702/633>, abgerufen am 28.04.2024.