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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Viertes Vierteljahr.

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Der rote Hahn

lange gebraucht hatten, um ganz typische, nicht für den Verkauf angefertigte
Stücke zu erwischen; auch hatte ich mich schon in Kiruna mit den üblichen
Preisen bekannt gemacht, erlebte aber zur Ehre der Verkäufer kaum einen
Versuch der Übervorteilung.

Mit solcher Beschäftigung und mancherlei Erkundigungen brachte ich die
vorgesehene Zeit zu, wobei nur die bitterkalten Nächte einen an die Lage des
Ortes gemähnten, während sich bei dem hohen Sonnenstande die Tagesstunden
äußerst milde anließen. Unter Benutzung des Schlittens und der primitiven
lappischer Skier durchstreifte ich die nähere Umgebung des Lagers, um fleißig
Aufnahmen von Menschen und Nenntieren, Gebirge und Waldbüumen zu
machen, die hier oft absonderliche Wuchsformen zeigen. Leider erwies sich
daheim ein großer Teil der Platten als unbrauchbar, was aber nicht an meiner
trefflichen Ernemannschen Spiegelkamera lag, sondern an der Unbekanntschaft
mit der ganz andern Lichtwirkung von Schnee und Sonnenstrahlen in dieser
hohen Breite, die die photographische Platte viel weniger zu beeinflussen
scheinen als etwa in den Hochalpen. Auch eine Fahrt im Renntierschlitten
wagte ich, die dank der ungewöhnlichen Lenksamkeit des mir gestellten Zug¬
tieres auch ohne Um-und Unfall verlief. Schließlich war ich aber doch herzlich
froh, als ich das ärmliche Quartier im finnischen Blockhause hinter mir lassen
konnte, um in eintägiger Fahrt wieder die Kulturstätte Kiruna zu erreichen,
wo mich mein behagliches Hotelzimmer mit doppelt empfundner Gastlichkeit
aufnahm. Aber schön war er doch, dieser Winterausflug ins Land der Lappen
und Nenntiere!




Der rote Hahn
von palle Rosenkrantz. Deutsch von Jda Anders V
(Fortsetzung)
Dreizehntes Aapitel. Am folgenden Tage

er Donnerstag war der Gerichtstag des Städtchens
>
I , und Kaj Seyde-
witz saß in der Ratsstube und arbeitete an den Dokumenten, nach¬
dem die Gerichtssitzung aufgehoben worden war. Das Zimmer war
groß und recht freundlich. Im Hintergrunde zwei sonnenbeschienene
Fenster, und in der Mitte zwischen diesen eine Büste Seiner Majestät
des Königs. Zierliche Gardinenstreifen bekränzten die Fenster, und
in der Mitte der Decke hing eine altmodische Hängelampenkrone. Quer durch das
Zimmer vom Jnnenrande des linken Fensters aus erstreckte sich eine Schranke, die
den Richtersitz vom übrigen Zimmer trennte, und hinter diesem stand ein mit grünem
Tuch bezogner Tisch. Der Richtersitz selbst bestand aus einem hochlehnigen antiken
Stuhl. Das übrige Meublement bildeten ein paar Stühle. Einfach und schlicht,
aber gar nicht ungemütlich war das Ganze.


Der rote Hahn

lange gebraucht hatten, um ganz typische, nicht für den Verkauf angefertigte
Stücke zu erwischen; auch hatte ich mich schon in Kiruna mit den üblichen
Preisen bekannt gemacht, erlebte aber zur Ehre der Verkäufer kaum einen
Versuch der Übervorteilung.

Mit solcher Beschäftigung und mancherlei Erkundigungen brachte ich die
vorgesehene Zeit zu, wobei nur die bitterkalten Nächte einen an die Lage des
Ortes gemähnten, während sich bei dem hohen Sonnenstande die Tagesstunden
äußerst milde anließen. Unter Benutzung des Schlittens und der primitiven
lappischer Skier durchstreifte ich die nähere Umgebung des Lagers, um fleißig
Aufnahmen von Menschen und Nenntieren, Gebirge und Waldbüumen zu
machen, die hier oft absonderliche Wuchsformen zeigen. Leider erwies sich
daheim ein großer Teil der Platten als unbrauchbar, was aber nicht an meiner
trefflichen Ernemannschen Spiegelkamera lag, sondern an der Unbekanntschaft
mit der ganz andern Lichtwirkung von Schnee und Sonnenstrahlen in dieser
hohen Breite, die die photographische Platte viel weniger zu beeinflussen
scheinen als etwa in den Hochalpen. Auch eine Fahrt im Renntierschlitten
wagte ich, die dank der ungewöhnlichen Lenksamkeit des mir gestellten Zug¬
tieres auch ohne Um-und Unfall verlief. Schließlich war ich aber doch herzlich
froh, als ich das ärmliche Quartier im finnischen Blockhause hinter mir lassen
konnte, um in eintägiger Fahrt wieder die Kulturstätte Kiruna zu erreichen,
wo mich mein behagliches Hotelzimmer mit doppelt empfundner Gastlichkeit
aufnahm. Aber schön war er doch, dieser Winterausflug ins Land der Lappen
und Nenntiere!




Der rote Hahn
von palle Rosenkrantz. Deutsch von Jda Anders V
(Fortsetzung)
Dreizehntes Aapitel. Am folgenden Tage

er Donnerstag war der Gerichtstag des Städtchens
>
I , und Kaj Seyde-
witz saß in der Ratsstube und arbeitete an den Dokumenten, nach¬
dem die Gerichtssitzung aufgehoben worden war. Das Zimmer war
groß und recht freundlich. Im Hintergrunde zwei sonnenbeschienene
Fenster, und in der Mitte zwischen diesen eine Büste Seiner Majestät
des Königs. Zierliche Gardinenstreifen bekränzten die Fenster, und
in der Mitte der Decke hing eine altmodische Hängelampenkrone. Quer durch das
Zimmer vom Jnnenrande des linken Fensters aus erstreckte sich eine Schranke, die
den Richtersitz vom übrigen Zimmer trennte, und hinter diesem stand ein mit grünem
Tuch bezogner Tisch. Der Richtersitz selbst bestand aus einem hochlehnigen antiken
Stuhl. Das übrige Meublement bildeten ein paar Stühle. Einfach und schlicht,
aber gar nicht ungemütlich war das Ganze.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_314346/38>, abgerufen am 04.05.2024.