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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Utopismus und praktischer Sozialismus.

Den alten Sehnsuchtstraum,
dem zuerst die griechische Dädalussage Gestalt geliehen hat, beginnt heute die
Aviatik einigermaßen zu verwirklichen. Beim "einigermaßen" wirds wohl auch
bleiben, denn zum Lufttier ist nun einmal der ungeflügelte Zweibeiner nicht ge¬
schaffen. Aber wenn der mythische Traum der Luftbeherrschung wenigstens einiger¬
maßen verwirklicht werden kann, sollten da nicht auch die uralten sozialen Glücks¬
träume einigermaßen erfüllbar sein? Die Erfahrung der letzten Jahrzehnte hat
die Frage schon beantwortet. Die Utopisten des neunzehnten Jahrhunderts haben
nicht allein neue Reformbewegungen hervorgerufen und den schon vorhandnen
kräftige Anstöße erteilt, sie haben auch Gedanken ausgesprochen, Pläne entworfen,
die tatsächlich ausgeführt worden sind: das blühende Genossenschaftswesen, die
Arbeiterversichcrnng, der Arbeiterschutz sind Früchte dieser Bewegungen und Ge¬
danken. Das Leben hat Kritik geübt an den Phantasien und Grübeleien der
Sozialisten und Kommunisten, hat aus dem Phantastischen und Utopischen das
Brauchbare ausgewählt und in die Praxis umgesetzt. Den Himmel ans Erden
haben wir damit nicht bekommen und sollen wir auch nicht bekommen, und die
allgemeine Unzufriedenheit, die Triebkraft zum Fortschritt, ist heute Gott sei Dank
größer als je; aber ungesunde und schimpfliche Zustände sind beseitigt, und das
Massenelend ist vermindert worden. Da jedoch der Utopismus und die Notwendig¬
keit der Reformen so lange bestehn bleiben, als es Unzufriedne gibt, sieht sich der im
öffentlichen Leben stehende täglich vor die Aufgabe gestellt, an Reformvorschlägen
Kritik zu üben. Diese Aufgabe wird ihm erleichtert durch die Benutzung dessen, was
an solcher kritischer Arbeit schon geleistet worden ist, und ein sehr brauchbares Werk
dieser Art ist das (bei Franz Wahlen in Berlin 1909 erschienene) Buch des Pro¬
fessors der Staatswissenschaften or. Otto Warschauer in Berlin: Zur Ent¬
wicklungsgeschichte des Sozialismus. Er behandelt die drei berühmten
Franzosen Samt-Simon, Fourier und Louis Blane, erzählt ihr Leben, stellt ihre
Lehren und ihr Wirken dar und unterwirft beides einer gründlichen und ver¬
ständigen Kritik, die das Lebensfähige vom Unhaltbaren scheidet. Darstellung und
Kritik sind gleich klar, auch gleich ruhig und objektiv gehalten. Fourier, über den
ich seiner Phantastik wegen bei einer frühern Gelegenheit absprechend geurteilt
habe, wird als "der intellektuelle Begründer der ersten, weite Ziele verfolgenden
Genossenschaftsschule" und wegen seiner selbstlosen, opferwilligen Menschenliebe ge¬
rühmt. Diese muß auch bei dem Staatssozialisten Louis Blane anerkannt werden,
der außerdem als politische Persönlichkeit wichtig und interessant ist. War doch
die soziale Bewegung, deren Leitung seinen Händen entglitt, entscheidend für den
Untergang der zweiten Republik und für den Sieg Napoleons. Daß ihm, wie
hente allgemein anerkannt wird, die Organisation und das schmähliche Ende der
Nationalwerkstätten zu Unrecht zur Last gelegt worden ist, weist auch Warschauer
ausführlich und überzeugend nach. In der Kritik der Lehren Louis Blancs würde
ich noch seinen (bei einem Pariser Publizisten der vierziger Jahre verzeihlichen)
Irrtum, daß der kleine Landwirt keine Viehwirtschaft treiben könne, hervorgehoben
und an die Wiederbelebung seiner Idee landwirtschaftlicher Produktivgenossenschaften
durch I)r. Franz Oppenheimer erinnert haben. Als der für uns wichtigste und
interessanteste, der allerdings, wie auch Warschauer zugibt, nur durch seine Jünger
ein Glied der sozialistischen Trinität geworden ist, muß Samt-Simon bezeichnet
werden, denn er hat, wie in dem Bericht über das Werk von Muckle gezeigt
wurde (im vierten vorjährigen Bande der Grenzboten S. 121 ff.), mit wunderbar
klarem Hellblick die politische Entwicklung vorausgesehen, die sich nirgends stärker
bemerkbar macht als ini Deutschen Reiche: den Übergang der Macht von Adel,
Geistlichkeit, Hof und Militär an die mit der Naturwissenschaft Verbündeten c-sx-
tains ok labour, an die Industrie, wie Saint-Simon es nennt. Und im gegen-


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Utopismus und praktischer Sozialismus.

Den alten Sehnsuchtstraum,
dem zuerst die griechische Dädalussage Gestalt geliehen hat, beginnt heute die
Aviatik einigermaßen zu verwirklichen. Beim „einigermaßen" wirds wohl auch
bleiben, denn zum Lufttier ist nun einmal der ungeflügelte Zweibeiner nicht ge¬
schaffen. Aber wenn der mythische Traum der Luftbeherrschung wenigstens einiger¬
maßen verwirklicht werden kann, sollten da nicht auch die uralten sozialen Glücks¬
träume einigermaßen erfüllbar sein? Die Erfahrung der letzten Jahrzehnte hat
die Frage schon beantwortet. Die Utopisten des neunzehnten Jahrhunderts haben
nicht allein neue Reformbewegungen hervorgerufen und den schon vorhandnen
kräftige Anstöße erteilt, sie haben auch Gedanken ausgesprochen, Pläne entworfen,
die tatsächlich ausgeführt worden sind: das blühende Genossenschaftswesen, die
Arbeiterversichcrnng, der Arbeiterschutz sind Früchte dieser Bewegungen und Ge¬
danken. Das Leben hat Kritik geübt an den Phantasien und Grübeleien der
Sozialisten und Kommunisten, hat aus dem Phantastischen und Utopischen das
Brauchbare ausgewählt und in die Praxis umgesetzt. Den Himmel ans Erden
haben wir damit nicht bekommen und sollen wir auch nicht bekommen, und die
allgemeine Unzufriedenheit, die Triebkraft zum Fortschritt, ist heute Gott sei Dank
größer als je; aber ungesunde und schimpfliche Zustände sind beseitigt, und das
Massenelend ist vermindert worden. Da jedoch der Utopismus und die Notwendig¬
keit der Reformen so lange bestehn bleiben, als es Unzufriedne gibt, sieht sich der im
öffentlichen Leben stehende täglich vor die Aufgabe gestellt, an Reformvorschlägen
Kritik zu üben. Diese Aufgabe wird ihm erleichtert durch die Benutzung dessen, was
an solcher kritischer Arbeit schon geleistet worden ist, und ein sehr brauchbares Werk
dieser Art ist das (bei Franz Wahlen in Berlin 1909 erschienene) Buch des Pro¬
fessors der Staatswissenschaften or. Otto Warschauer in Berlin: Zur Ent¬
wicklungsgeschichte des Sozialismus. Er behandelt die drei berühmten
Franzosen Samt-Simon, Fourier und Louis Blane, erzählt ihr Leben, stellt ihre
Lehren und ihr Wirken dar und unterwirft beides einer gründlichen und ver¬
ständigen Kritik, die das Lebensfähige vom Unhaltbaren scheidet. Darstellung und
Kritik sind gleich klar, auch gleich ruhig und objektiv gehalten. Fourier, über den
ich seiner Phantastik wegen bei einer frühern Gelegenheit absprechend geurteilt
habe, wird als „der intellektuelle Begründer der ersten, weite Ziele verfolgenden
Genossenschaftsschule" und wegen seiner selbstlosen, opferwilligen Menschenliebe ge¬
rühmt. Diese muß auch bei dem Staatssozialisten Louis Blane anerkannt werden,
der außerdem als politische Persönlichkeit wichtig und interessant ist. War doch
die soziale Bewegung, deren Leitung seinen Händen entglitt, entscheidend für den
Untergang der zweiten Republik und für den Sieg Napoleons. Daß ihm, wie
hente allgemein anerkannt wird, die Organisation und das schmähliche Ende der
Nationalwerkstätten zu Unrecht zur Last gelegt worden ist, weist auch Warschauer
ausführlich und überzeugend nach. In der Kritik der Lehren Louis Blancs würde
ich noch seinen (bei einem Pariser Publizisten der vierziger Jahre verzeihlichen)
Irrtum, daß der kleine Landwirt keine Viehwirtschaft treiben könne, hervorgehoben
und an die Wiederbelebung seiner Idee landwirtschaftlicher Produktivgenossenschaften
durch I)r. Franz Oppenheimer erinnert haben. Als der für uns wichtigste und
interessanteste, der allerdings, wie auch Warschauer zugibt, nur durch seine Jünger
ein Glied der sozialistischen Trinität geworden ist, muß Samt-Simon bezeichnet
werden, denn er hat, wie in dem Bericht über das Werk von Muckle gezeigt
wurde (im vierten vorjährigen Bande der Grenzboten S. 121 ff.), mit wunderbar
klarem Hellblick die politische Entwicklung vorausgesehen, die sich nirgends stärker
bemerkbar macht als ini Deutschen Reiche: den Übergang der Macht von Adel,
Geistlichkeit, Hof und Militär an die mit der Naturwissenschaft Verbündeten c-sx-
tains ok labour, an die Industrie, wie Saint-Simon es nennt. Und im gegen-


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[0484] Maßgebliches und Unmaßgebliches Utopismus und praktischer Sozialismus. Den alten Sehnsuchtstraum, dem zuerst die griechische Dädalussage Gestalt geliehen hat, beginnt heute die Aviatik einigermaßen zu verwirklichen. Beim „einigermaßen" wirds wohl auch bleiben, denn zum Lufttier ist nun einmal der ungeflügelte Zweibeiner nicht ge¬ schaffen. Aber wenn der mythische Traum der Luftbeherrschung wenigstens einiger¬ maßen verwirklicht werden kann, sollten da nicht auch die uralten sozialen Glücks¬ träume einigermaßen erfüllbar sein? Die Erfahrung der letzten Jahrzehnte hat die Frage schon beantwortet. Die Utopisten des neunzehnten Jahrhunderts haben nicht allein neue Reformbewegungen hervorgerufen und den schon vorhandnen kräftige Anstöße erteilt, sie haben auch Gedanken ausgesprochen, Pläne entworfen, die tatsächlich ausgeführt worden sind: das blühende Genossenschaftswesen, die Arbeiterversichcrnng, der Arbeiterschutz sind Früchte dieser Bewegungen und Ge¬ danken. Das Leben hat Kritik geübt an den Phantasien und Grübeleien der Sozialisten und Kommunisten, hat aus dem Phantastischen und Utopischen das Brauchbare ausgewählt und in die Praxis umgesetzt. Den Himmel ans Erden haben wir damit nicht bekommen und sollen wir auch nicht bekommen, und die allgemeine Unzufriedenheit, die Triebkraft zum Fortschritt, ist heute Gott sei Dank größer als je; aber ungesunde und schimpfliche Zustände sind beseitigt, und das Massenelend ist vermindert worden. Da jedoch der Utopismus und die Notwendig¬ keit der Reformen so lange bestehn bleiben, als es Unzufriedne gibt, sieht sich der im öffentlichen Leben stehende täglich vor die Aufgabe gestellt, an Reformvorschlägen Kritik zu üben. Diese Aufgabe wird ihm erleichtert durch die Benutzung dessen, was an solcher kritischer Arbeit schon geleistet worden ist, und ein sehr brauchbares Werk dieser Art ist das (bei Franz Wahlen in Berlin 1909 erschienene) Buch des Pro¬ fessors der Staatswissenschaften or. Otto Warschauer in Berlin: Zur Ent¬ wicklungsgeschichte des Sozialismus. Er behandelt die drei berühmten Franzosen Samt-Simon, Fourier und Louis Blane, erzählt ihr Leben, stellt ihre Lehren und ihr Wirken dar und unterwirft beides einer gründlichen und ver¬ ständigen Kritik, die das Lebensfähige vom Unhaltbaren scheidet. Darstellung und Kritik sind gleich klar, auch gleich ruhig und objektiv gehalten. Fourier, über den ich seiner Phantastik wegen bei einer frühern Gelegenheit absprechend geurteilt habe, wird als „der intellektuelle Begründer der ersten, weite Ziele verfolgenden Genossenschaftsschule" und wegen seiner selbstlosen, opferwilligen Menschenliebe ge¬ rühmt. Diese muß auch bei dem Staatssozialisten Louis Blane anerkannt werden, der außerdem als politische Persönlichkeit wichtig und interessant ist. War doch die soziale Bewegung, deren Leitung seinen Händen entglitt, entscheidend für den Untergang der zweiten Republik und für den Sieg Napoleons. Daß ihm, wie hente allgemein anerkannt wird, die Organisation und das schmähliche Ende der Nationalwerkstätten zu Unrecht zur Last gelegt worden ist, weist auch Warschauer ausführlich und überzeugend nach. In der Kritik der Lehren Louis Blancs würde ich noch seinen (bei einem Pariser Publizisten der vierziger Jahre verzeihlichen) Irrtum, daß der kleine Landwirt keine Viehwirtschaft treiben könne, hervorgehoben und an die Wiederbelebung seiner Idee landwirtschaftlicher Produktivgenossenschaften durch I)r. Franz Oppenheimer erinnert haben. Als der für uns wichtigste und interessanteste, der allerdings, wie auch Warschauer zugibt, nur durch seine Jünger ein Glied der sozialistischen Trinität geworden ist, muß Samt-Simon bezeichnet werden, denn er hat, wie in dem Bericht über das Werk von Muckle gezeigt wurde (im vierten vorjährigen Bande der Grenzboten S. 121 ff.), mit wunderbar klarem Hellblick die politische Entwicklung vorausgesehen, die sich nirgends stärker bemerkbar macht als ini Deutschen Reiche: den Übergang der Macht von Adel, Geistlichkeit, Hof und Militär an die mit der Naturwissenschaft Verbündeten c-sx- tains ok labour, an die Industrie, wie Saint-Simon es nennt. Und im gegen-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_314346/484>, abgerufen am 04.05.2024.