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Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Kunstgenusse.

Für unsere Zeit ist eine soziologische Erscheinung charakte¬
ristisch und leider auch von tiefgehender Bedeutung: die Knnstmüdigkeit des Publikums.
Dies auszusprechen deucht manchem vielleicht ein Paradoxon, weil er der Hochflut
der Theatergründungen und verwandter, immer mehr spezialisierter Institute
gedenkt. Es liegt nun auch nicht so, daß die Neigung zur Kunst -- und es soll
hier im besondern nur vom Drama und von der Oper gesprochen werden --
geschwunden oder im Schwinden sei. Vielmehr: Drama und Oper und die
mannigfachen Verschmelzungen beider Kunstarten werden vom Geiste der Zeit in
Bahnen gepeitscht, die abseits ihres ursprünglichen Wesens führen. Der Geist der
Zeit aber ist, konkret angeschaut, immer das, was wir "Publikum" nennen.

Nur ein in der Soziologie und Literaturgeschichte naiver Betrachter wird sich
etwa unsere sogenannte zweite Blütezeit im achtzehnten und beginnenden neun¬
zehnten Jahrhundert so vorstellen, als ob damals die Begeisterung sür die höchsten
Ziele der Kunst und ihrer augenblicklichen Schöpfungen allgemein gewesen sei.
Sie war nicht anders, jene Zeit, wie jede. Die Aufführungen Goethescher und
Schillerscher Dramen bedeuteten an Zahl und "Erfolg" nicht allzuviel neben dem
Publikumstriumph Schröderscher, Jfflandscher und Kotzebuescher Stücke. Der am
meisten gelesene Romanschriftsteller war nicht Wolfgang von Goethe mit dem
"Wilhelm Meister" oder den "Wahlverwandtschaften", sondern August Heinrich
Julius Lafontaine mit seinen pikant-sentimentalen Gefühlsfälschnngen und später
Clauren, der Priester dumpfiger Parfümsinnlichkeit (man könnte heute sagen:
S e kund an ersinnlich keit).

Aber eins war doch anders. Das Unterscheidungsvermögen für die Wert¬
abstufungen der einzelnen dramatischen oder opernhaften Schöpfungen war bei
dein Publikum des achtzehnten Jahrhunderts in viel höherem Matze verbreitet.
Es gab eine Bildungsschicht, die mit Vergnügen Johann Heinrich Voß und den
"Wandsbecker Boten" Mathias Claudius neben Goethes Balladen und Römischen
Elegien las; aber sie war sich bewußt, wer ihren künstlerischen Instinkten Tieferes,
Zeitloseres bot. Und das Publikum, das im Weimarer Hoftheater Ifflands
"Jäger" am Dienstag beschluchzte, senkte am Donnerstag mit bewußtem Schauer
die Häupter vor dem Gewitterrollen der Wallenstein-Tragödie.

Ich behaupte aber, datz die Mehrzahl der Gebildeten von heute wohl uoch
einen Unterschied in der Gattung, aber kaum noch im Werte empfindet. Daß sie
in einem Stück von Hauptmann, Schmidtbonn, Eulenberg, Stucken sich ebenso
"amüsieren" wie in einem Schlafkammerschwank von de Flers und de Caillavet.
Datz ihnen sür ihren Zweck ("Vergessen des täglichen Ärgers" oder so ähnlich
heißt er ja wohl) Wagners "Ring" ebenso nutzbar ist wie eine Revue mit Balletts,
Zirkustricks und Chansonetten. (Vorausgesetzt, daß der Kritiker nicht ihre noch
vom Abend vorher feixenden Lachmuskeln zu einer verachtungsvoll abwehrenden
Grimasse erstarren läßt durch die Feststellung: "es sei nichts gewesen".)

Das Traurige ist also nicht, daß der größte Prozentsatz aller theatralischen
(oder weiter: mimischen) Aufführungen bestritten wird von dem französischen Ehe¬
bruchsschwank, dem Variete- mit Lustspielcharakter, der wenigstens in der Hand¬
lung meist sinnlosen und künstlerisch wertlosen Operette, der dramatischen "Revue"
mit lebemännischem Tingeltangelhintergrund und nicht zuletzt den kaninchenhaft
sich vermehrenden kinematographischen Theatern "höheren Stils"; sondern das
ist das Gefährliche, deutlich zu Bekämpfende, daß alle diese Dinge das künstlerische
Drama zu ersetzen beginnen. Wir stürzen in einen Strudel der künstlerischen
Wertmischung. Das Variete bringt in die Komödie, Rinaldo-Romantik in die
Tragödie, der Zirkus okkupiert die Pantomime, Operettenmotive siedeln sich in


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Kunstgenusse.

Für unsere Zeit ist eine soziologische Erscheinung charakte¬
ristisch und leider auch von tiefgehender Bedeutung: die Knnstmüdigkeit des Publikums.
Dies auszusprechen deucht manchem vielleicht ein Paradoxon, weil er der Hochflut
der Theatergründungen und verwandter, immer mehr spezialisierter Institute
gedenkt. Es liegt nun auch nicht so, daß die Neigung zur Kunst — und es soll
hier im besondern nur vom Drama und von der Oper gesprochen werden —
geschwunden oder im Schwinden sei. Vielmehr: Drama und Oper und die
mannigfachen Verschmelzungen beider Kunstarten werden vom Geiste der Zeit in
Bahnen gepeitscht, die abseits ihres ursprünglichen Wesens führen. Der Geist der
Zeit aber ist, konkret angeschaut, immer das, was wir „Publikum" nennen.

Nur ein in der Soziologie und Literaturgeschichte naiver Betrachter wird sich
etwa unsere sogenannte zweite Blütezeit im achtzehnten und beginnenden neun¬
zehnten Jahrhundert so vorstellen, als ob damals die Begeisterung sür die höchsten
Ziele der Kunst und ihrer augenblicklichen Schöpfungen allgemein gewesen sei.
Sie war nicht anders, jene Zeit, wie jede. Die Aufführungen Goethescher und
Schillerscher Dramen bedeuteten an Zahl und „Erfolg" nicht allzuviel neben dem
Publikumstriumph Schröderscher, Jfflandscher und Kotzebuescher Stücke. Der am
meisten gelesene Romanschriftsteller war nicht Wolfgang von Goethe mit dem
„Wilhelm Meister" oder den „Wahlverwandtschaften", sondern August Heinrich
Julius Lafontaine mit seinen pikant-sentimentalen Gefühlsfälschnngen und später
Clauren, der Priester dumpfiger Parfümsinnlichkeit (man könnte heute sagen:
S e kund an ersinnlich keit).

Aber eins war doch anders. Das Unterscheidungsvermögen für die Wert¬
abstufungen der einzelnen dramatischen oder opernhaften Schöpfungen war bei
dein Publikum des achtzehnten Jahrhunderts in viel höherem Matze verbreitet.
Es gab eine Bildungsschicht, die mit Vergnügen Johann Heinrich Voß und den
„Wandsbecker Boten" Mathias Claudius neben Goethes Balladen und Römischen
Elegien las; aber sie war sich bewußt, wer ihren künstlerischen Instinkten Tieferes,
Zeitloseres bot. Und das Publikum, das im Weimarer Hoftheater Ifflands
„Jäger" am Dienstag beschluchzte, senkte am Donnerstag mit bewußtem Schauer
die Häupter vor dem Gewitterrollen der Wallenstein-Tragödie.

Ich behaupte aber, datz die Mehrzahl der Gebildeten von heute wohl uoch
einen Unterschied in der Gattung, aber kaum noch im Werte empfindet. Daß sie
in einem Stück von Hauptmann, Schmidtbonn, Eulenberg, Stucken sich ebenso
„amüsieren" wie in einem Schlafkammerschwank von de Flers und de Caillavet.
Datz ihnen sür ihren Zweck („Vergessen des täglichen Ärgers" oder so ähnlich
heißt er ja wohl) Wagners „Ring" ebenso nutzbar ist wie eine Revue mit Balletts,
Zirkustricks und Chansonetten. (Vorausgesetzt, daß der Kritiker nicht ihre noch
vom Abend vorher feixenden Lachmuskeln zu einer verachtungsvoll abwehrenden
Grimasse erstarren läßt durch die Feststellung: „es sei nichts gewesen".)

Das Traurige ist also nicht, daß der größte Prozentsatz aller theatralischen
(oder weiter: mimischen) Aufführungen bestritten wird von dem französischen Ehe¬
bruchsschwank, dem Variete- mit Lustspielcharakter, der wenigstens in der Hand¬
lung meist sinnlosen und künstlerisch wertlosen Operette, der dramatischen „Revue"
mit lebemännischem Tingeltangelhintergrund und nicht zuletzt den kaninchenhaft
sich vermehrenden kinematographischen Theatern „höheren Stils"; sondern das
ist das Gefährliche, deutlich zu Bekämpfende, daß alle diese Dinge das künstlerische
Drama zu ersetzen beginnen. Wir stürzen in einen Strudel der künstlerischen
Wertmischung. Das Variete bringt in die Komödie, Rinaldo-Romantik in die
Tragödie, der Zirkus okkupiert die Pantomime, Operettenmotive siedeln sich in


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[0599] Maßgebliches und Unmaßgebliches Kunstgenusse. Für unsere Zeit ist eine soziologische Erscheinung charakte¬ ristisch und leider auch von tiefgehender Bedeutung: die Knnstmüdigkeit des Publikums. Dies auszusprechen deucht manchem vielleicht ein Paradoxon, weil er der Hochflut der Theatergründungen und verwandter, immer mehr spezialisierter Institute gedenkt. Es liegt nun auch nicht so, daß die Neigung zur Kunst — und es soll hier im besondern nur vom Drama und von der Oper gesprochen werden — geschwunden oder im Schwinden sei. Vielmehr: Drama und Oper und die mannigfachen Verschmelzungen beider Kunstarten werden vom Geiste der Zeit in Bahnen gepeitscht, die abseits ihres ursprünglichen Wesens führen. Der Geist der Zeit aber ist, konkret angeschaut, immer das, was wir „Publikum" nennen. Nur ein in der Soziologie und Literaturgeschichte naiver Betrachter wird sich etwa unsere sogenannte zweite Blütezeit im achtzehnten und beginnenden neun¬ zehnten Jahrhundert so vorstellen, als ob damals die Begeisterung sür die höchsten Ziele der Kunst und ihrer augenblicklichen Schöpfungen allgemein gewesen sei. Sie war nicht anders, jene Zeit, wie jede. Die Aufführungen Goethescher und Schillerscher Dramen bedeuteten an Zahl und „Erfolg" nicht allzuviel neben dem Publikumstriumph Schröderscher, Jfflandscher und Kotzebuescher Stücke. Der am meisten gelesene Romanschriftsteller war nicht Wolfgang von Goethe mit dem „Wilhelm Meister" oder den „Wahlverwandtschaften", sondern August Heinrich Julius Lafontaine mit seinen pikant-sentimentalen Gefühlsfälschnngen und später Clauren, der Priester dumpfiger Parfümsinnlichkeit (man könnte heute sagen: S e kund an ersinnlich keit). Aber eins war doch anders. Das Unterscheidungsvermögen für die Wert¬ abstufungen der einzelnen dramatischen oder opernhaften Schöpfungen war bei dein Publikum des achtzehnten Jahrhunderts in viel höherem Matze verbreitet. Es gab eine Bildungsschicht, die mit Vergnügen Johann Heinrich Voß und den „Wandsbecker Boten" Mathias Claudius neben Goethes Balladen und Römischen Elegien las; aber sie war sich bewußt, wer ihren künstlerischen Instinkten Tieferes, Zeitloseres bot. Und das Publikum, das im Weimarer Hoftheater Ifflands „Jäger" am Dienstag beschluchzte, senkte am Donnerstag mit bewußtem Schauer die Häupter vor dem Gewitterrollen der Wallenstein-Tragödie. Ich behaupte aber, datz die Mehrzahl der Gebildeten von heute wohl uoch einen Unterschied in der Gattung, aber kaum noch im Werte empfindet. Daß sie in einem Stück von Hauptmann, Schmidtbonn, Eulenberg, Stucken sich ebenso „amüsieren" wie in einem Schlafkammerschwank von de Flers und de Caillavet. Datz ihnen sür ihren Zweck („Vergessen des täglichen Ärgers" oder so ähnlich heißt er ja wohl) Wagners „Ring" ebenso nutzbar ist wie eine Revue mit Balletts, Zirkustricks und Chansonetten. (Vorausgesetzt, daß der Kritiker nicht ihre noch vom Abend vorher feixenden Lachmuskeln zu einer verachtungsvoll abwehrenden Grimasse erstarren läßt durch die Feststellung: „es sei nichts gewesen".) Das Traurige ist also nicht, daß der größte Prozentsatz aller theatralischen (oder weiter: mimischen) Aufführungen bestritten wird von dem französischen Ehe¬ bruchsschwank, dem Variete- mit Lustspielcharakter, der wenigstens in der Hand¬ lung meist sinnlosen und künstlerisch wertlosen Operette, der dramatischen „Revue" mit lebemännischem Tingeltangelhintergrund und nicht zuletzt den kaninchenhaft sich vermehrenden kinematographischen Theatern „höheren Stils"; sondern das ist das Gefährliche, deutlich zu Bekämpfende, daß alle diese Dinge das künstlerische Drama zu ersetzen beginnen. Wir stürzen in einen Strudel der künstlerischen Wertmischung. Das Variete bringt in die Komödie, Rinaldo-Romantik in die Tragödie, der Zirkus okkupiert die Pantomime, Operettenmotive siedeln sich in

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_316950/599>, abgerufen am 29.04.2024.