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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]
Theater

Glaube und Heimat. Die Tragödie eines
Volkes von Karl Schönhcrv. (Als Buch er¬
schienen bei L, Staackmaun in Leipzig. Preis
M, 2.--.)

Ein Dichterwerk von eigen starkem Wuchs
gewinnt sich eben die deutsche Bühne -- und
allenthalben umzischt es eifervolle Fehde. Weil
die Menschen, denen es Blut und Leben gibt,
um den Glauben der Reformation die Scholle
der Heimat und den Frieden des sicheren
Herdes dahingehen, Verfolgung leiden und
ins Elend gehen, schilt man es ein befangenes
Kampfstück. Drüben aber im Lager des freien
Zeitgeistes, begrüßt man es mit Jubel als
aufrüttelnden Mahnruf im Streit gegen die
Gewissensknechtung. Gewiß mag das Drama
in seiner österreichischen Heimat eine gar ernste
Resonanz finden (das Wiener Bnrgthecitcr hat
ihm die Erstaufführung versagen müssen, den
GrillParzerPreiS hat man ihm aber einmütig
zugesprochen), gewiß wird es, dem Lcmd-
bürtigen mehr bedeuten als nnr das Schicksal
einer entrückten Vergangenheit. Aber man tut
dem Dichter unrecht von hüben und drüben,
wem: man seine lebensmächtigen Gestalten erst
nur ihr Bekenntnis befragt und danach auf
den Schild hebt oder verwirft. Man verkennt
damit sein Werk in seinem eigentlichen Kern.

Schönherr hat in "Glaube und Heimat"
weder ein Ideen- und Problemstück noch ein
Heldendrama geschrieben, sondern einer Ge¬
samtheit, eines Volksganzen innerstes Lebens¬
schicksal zu seelenbewegendem Geschehen ge¬
staltet. Seine Kunst, Menschen zu schaffen,
hat ihre tiefen, starken Wurzeln im Boden
seiner Heimat; ihres ErdengrundeS Kraft und
Fülle amitie auch seinem Dichten zu, ihrer
Geschöpfe herbe Geradheit, die sich so schlicht
zu trotziger Größe aufrichten kann, durchfühlt
er bis in ihr innerstes.Mark, und ihre ge¬
sammelte, wortkarge Innerlichkeit ist ihm tief

[Spaltenumbruch]

vertraut. Hat er zuvor in der "Erde" den
Bauern in seinem wurzelzähen Haften an der
Scholle hingestellt, in dein starren Eigensinn
des Besitzbehauptens, der selbst der Vergäng¬
lichkeit zu trotzen scheint, so läßt er auch jetzt
das lebendige Glaubensverlangen, den Wuch¬
tige" Wahrheitsernst, der in den Bauern-
gemütern erwacht ist, seine härteste Probe be¬
stehen in dem verzweifelten Ringen mit der
eingeborenen, althcrgeerbten Liebe zum irdisch
Eigensten, Unveräußerlichsten, was dies ein¬
fache Leben hat und hält. Keine andere Macht
könnte dies grundsichere Beharren erschüttern,
wankend machen: die Religion vermag eS.
Die .Kraft und Herbheit des neuen Glaubens
ergreift hier die Seelen eines klar gesunden,
eigenwüchsigen Volkes im Innersten, er wird
ihnen ein Licht und ein Trost im Leben und
Sterben. "Red nit viel und geh denn Glauben
nach I" Das Mahnwort der sterbenden Sand-
pergerin rüttelt des Rottbauern Gewissen von
Grund aus ans, es hilft ihm zu der Kraft,
Haus und Heimat, Frieden und Glück dahin-
zuopfern um das lautere Gotteswort und uni
die Wahrhaftigkeit seines ganzen Seins. Noch
kann er sich ja auf einem anderen Boden ein
neues Leben bauen. Sein uralter Vater ver¬
mag's nicht mehr, und ihm gilt's drum in
aller Seelennot doch immer nur das eine:
nicht sterben auf fremdem Grund! Er muß
sich an die Scholle klammern bis zur letzten
Stunde, lieber entsagt er dem Bekenntnis zu
dem heimlichen Trost seiner Seele -- bis er
dann doch über die ängstlich gehütete Schwelle
flieht, weil auch ihm kein ehrlich Grab in der
Heimat mehr gegönnt sein wird. Dies Ringen
der reifen Kraft und des ohnmächtig gebun¬
denen Alters ist die Seele all des Geschehens.
Aber die wuchtigen Hauptgestalten heben sich
aus einem weiten, reichen Lcvenshintergrund
heraus: seine hellen und dunklen Töne sind
mit tiefdringender Wahrhaftigkeit und klarer

[Ende Spaltensatz]


Maßgebliches und Unmaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]
Theater

Glaube und Heimat. Die Tragödie eines
Volkes von Karl Schönhcrv. (Als Buch er¬
schienen bei L, Staackmaun in Leipzig. Preis
M, 2.—.)

Ein Dichterwerk von eigen starkem Wuchs
gewinnt sich eben die deutsche Bühne — und
allenthalben umzischt es eifervolle Fehde. Weil
die Menschen, denen es Blut und Leben gibt,
um den Glauben der Reformation die Scholle
der Heimat und den Frieden des sicheren
Herdes dahingehen, Verfolgung leiden und
ins Elend gehen, schilt man es ein befangenes
Kampfstück. Drüben aber im Lager des freien
Zeitgeistes, begrüßt man es mit Jubel als
aufrüttelnden Mahnruf im Streit gegen die
Gewissensknechtung. Gewiß mag das Drama
in seiner österreichischen Heimat eine gar ernste
Resonanz finden (das Wiener Bnrgthecitcr hat
ihm die Erstaufführung versagen müssen, den
GrillParzerPreiS hat man ihm aber einmütig
zugesprochen), gewiß wird es, dem Lcmd-
bürtigen mehr bedeuten als nnr das Schicksal
einer entrückten Vergangenheit. Aber man tut
dem Dichter unrecht von hüben und drüben,
wem: man seine lebensmächtigen Gestalten erst
nur ihr Bekenntnis befragt und danach auf
den Schild hebt oder verwirft. Man verkennt
damit sein Werk in seinem eigentlichen Kern.

Schönherr hat in „Glaube und Heimat"
weder ein Ideen- und Problemstück noch ein
Heldendrama geschrieben, sondern einer Ge¬
samtheit, eines Volksganzen innerstes Lebens¬
schicksal zu seelenbewegendem Geschehen ge¬
staltet. Seine Kunst, Menschen zu schaffen,
hat ihre tiefen, starken Wurzeln im Boden
seiner Heimat; ihres ErdengrundeS Kraft und
Fülle amitie auch seinem Dichten zu, ihrer
Geschöpfe herbe Geradheit, die sich so schlicht
zu trotziger Größe aufrichten kann, durchfühlt
er bis in ihr innerstes.Mark, und ihre ge¬
sammelte, wortkarge Innerlichkeit ist ihm tief

[Spaltenumbruch]

vertraut. Hat er zuvor in der „Erde" den
Bauern in seinem wurzelzähen Haften an der
Scholle hingestellt, in dein starren Eigensinn
des Besitzbehauptens, der selbst der Vergäng¬
lichkeit zu trotzen scheint, so läßt er auch jetzt
das lebendige Glaubensverlangen, den Wuch¬
tige» Wahrheitsernst, der in den Bauern-
gemütern erwacht ist, seine härteste Probe be¬
stehen in dem verzweifelten Ringen mit der
eingeborenen, althcrgeerbten Liebe zum irdisch
Eigensten, Unveräußerlichsten, was dies ein¬
fache Leben hat und hält. Keine andere Macht
könnte dies grundsichere Beharren erschüttern,
wankend machen: die Religion vermag eS.
Die .Kraft und Herbheit des neuen Glaubens
ergreift hier die Seelen eines klar gesunden,
eigenwüchsigen Volkes im Innersten, er wird
ihnen ein Licht und ein Trost im Leben und
Sterben. „Red nit viel und geh denn Glauben
nach I" Das Mahnwort der sterbenden Sand-
pergerin rüttelt des Rottbauern Gewissen von
Grund aus ans, es hilft ihm zu der Kraft,
Haus und Heimat, Frieden und Glück dahin-
zuopfern um das lautere Gotteswort und uni
die Wahrhaftigkeit seines ganzen Seins. Noch
kann er sich ja auf einem anderen Boden ein
neues Leben bauen. Sein uralter Vater ver¬
mag's nicht mehr, und ihm gilt's drum in
aller Seelennot doch immer nur das eine:
nicht sterben auf fremdem Grund! Er muß
sich an die Scholle klammern bis zur letzten
Stunde, lieber entsagt er dem Bekenntnis zu
dem heimlichen Trost seiner Seele — bis er
dann doch über die ängstlich gehütete Schwelle
flieht, weil auch ihm kein ehrlich Grab in der
Heimat mehr gegönnt sein wird. Dies Ringen
der reifen Kraft und des ohnmächtig gebun¬
denen Alters ist die Seele all des Geschehens.
Aber die wuchtigen Hauptgestalten heben sich
aus einem weiten, reichen Lcvenshintergrund
heraus: seine hellen und dunklen Töne sind
mit tiefdringender Wahrhaftigkeit und klarer

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[0356] [Abbildung] Maßgebliches und Unmaßgebliches Theater Glaube und Heimat. Die Tragödie eines Volkes von Karl Schönhcrv. (Als Buch er¬ schienen bei L, Staackmaun in Leipzig. Preis M, 2.—.) Ein Dichterwerk von eigen starkem Wuchs gewinnt sich eben die deutsche Bühne — und allenthalben umzischt es eifervolle Fehde. Weil die Menschen, denen es Blut und Leben gibt, um den Glauben der Reformation die Scholle der Heimat und den Frieden des sicheren Herdes dahingehen, Verfolgung leiden und ins Elend gehen, schilt man es ein befangenes Kampfstück. Drüben aber im Lager des freien Zeitgeistes, begrüßt man es mit Jubel als aufrüttelnden Mahnruf im Streit gegen die Gewissensknechtung. Gewiß mag das Drama in seiner österreichischen Heimat eine gar ernste Resonanz finden (das Wiener Bnrgthecitcr hat ihm die Erstaufführung versagen müssen, den GrillParzerPreiS hat man ihm aber einmütig zugesprochen), gewiß wird es, dem Lcmd- bürtigen mehr bedeuten als nnr das Schicksal einer entrückten Vergangenheit. Aber man tut dem Dichter unrecht von hüben und drüben, wem: man seine lebensmächtigen Gestalten erst nur ihr Bekenntnis befragt und danach auf den Schild hebt oder verwirft. Man verkennt damit sein Werk in seinem eigentlichen Kern. Schönherr hat in „Glaube und Heimat" weder ein Ideen- und Problemstück noch ein Heldendrama geschrieben, sondern einer Ge¬ samtheit, eines Volksganzen innerstes Lebens¬ schicksal zu seelenbewegendem Geschehen ge¬ staltet. Seine Kunst, Menschen zu schaffen, hat ihre tiefen, starken Wurzeln im Boden seiner Heimat; ihres ErdengrundeS Kraft und Fülle amitie auch seinem Dichten zu, ihrer Geschöpfe herbe Geradheit, die sich so schlicht zu trotziger Größe aufrichten kann, durchfühlt er bis in ihr innerstes.Mark, und ihre ge¬ sammelte, wortkarge Innerlichkeit ist ihm tief vertraut. Hat er zuvor in der „Erde" den Bauern in seinem wurzelzähen Haften an der Scholle hingestellt, in dein starren Eigensinn des Besitzbehauptens, der selbst der Vergäng¬ lichkeit zu trotzen scheint, so läßt er auch jetzt das lebendige Glaubensverlangen, den Wuch¬ tige» Wahrheitsernst, der in den Bauern- gemütern erwacht ist, seine härteste Probe be¬ stehen in dem verzweifelten Ringen mit der eingeborenen, althcrgeerbten Liebe zum irdisch Eigensten, Unveräußerlichsten, was dies ein¬ fache Leben hat und hält. Keine andere Macht könnte dies grundsichere Beharren erschüttern, wankend machen: die Religion vermag eS. Die .Kraft und Herbheit des neuen Glaubens ergreift hier die Seelen eines klar gesunden, eigenwüchsigen Volkes im Innersten, er wird ihnen ein Licht und ein Trost im Leben und Sterben. „Red nit viel und geh denn Glauben nach I" Das Mahnwort der sterbenden Sand- pergerin rüttelt des Rottbauern Gewissen von Grund aus ans, es hilft ihm zu der Kraft, Haus und Heimat, Frieden und Glück dahin- zuopfern um das lautere Gotteswort und uni die Wahrhaftigkeit seines ganzen Seins. Noch kann er sich ja auf einem anderen Boden ein neues Leben bauen. Sein uralter Vater ver¬ mag's nicht mehr, und ihm gilt's drum in aller Seelennot doch immer nur das eine: nicht sterben auf fremdem Grund! Er muß sich an die Scholle klammern bis zur letzten Stunde, lieber entsagt er dem Bekenntnis zu dem heimlichen Trost seiner Seele — bis er dann doch über die ängstlich gehütete Schwelle flieht, weil auch ihm kein ehrlich Grab in der Heimat mehr gegönnt sein wird. Dies Ringen der reifen Kraft und des ohnmächtig gebun¬ denen Alters ist die Seele all des Geschehens. Aber die wuchtigen Hauptgestalten heben sich aus einem weiten, reichen Lcvenshintergrund heraus: seine hellen und dunklen Töne sind mit tiefdringender Wahrhaftigkeit und klarer

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_317612/356>, abgerufen am 04.05.2024.