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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr.

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Der diplomatische Ursprung des Krieges von 1,870/? >,

flüssigen, erblindeten, abgestorbenen See von Erdöl plötzlich in wilden, zügellosen
Flammen auflodern zu sehen, Flammen des Hasses I. . . Wenn der eine Punkt
in Richards Herzen verletzt würde, dieser einzige Punkt, der weich und verwundbar
geblieben ist. , , O! O, ihr meint etwa, Richard sei ein Bösewicht, ein verhärtetes
Gemüt, eine versteinerte Seele, die den Himmelstau der Liebe verschmäht, die dem
sterbenssüßen Nachtigallensang der Sehnsucht kein Ohr verleiht, und die nicht
schmerzlich nach den Rosenfingern der Zärtlichkeit verlangt? Ah, ihr wißt nicht,
daß Richards Härte nur als hürene Schale sein empfindsames Herz umhüllte, daß
dieses Herz nach Liebe schrie in Qualen, gegen die der ersten Menschen erstes
Stöhnen ein bloßes Hirtenlied war? Ihr wißt es nicht, ihr blinden, rohen,
stumpfen Bauern, und du. aufgeblasener, hohler Gaston, du verschlagener Marcellin,
du törichter RouaM, ihr Täter, Hügel, Weinberghohlwege, in deren Einsamkeit
Richard sein Haupt wie in einem mütterlichen Schoß vergrub, sich hinwarf, wälzte,
die Haare raufte und immer nur den einen Namen rief: Jeanne, Jeanne, Jeanne!

(Fortsetzung folgt.)




Der diplomatische Ursprung des Arieges von ^870/7^
Dr. w, Hop von

M^/^vo?
MMmeer diesem Titel läßt das französische Ministerium des Äußeren
vierzig Jahre nach dem gewaltigen Ringen zwischen den beiden
Nachbarvölkern eine Sammlung von diplomatischen Aktenstücken
erscheinen, die bei der Fülle von wichtigem Material, das sie für
die bedeutungsvollen sechziger Jahre bringen wird, schon jetzt als
außerordentlich wertvoll bezeichnet werden muß. Denn bisher besitzen wir für die
Vorgeschichte des Krieges außer den in Aegidis Staatsarchiv veröffentlichten Akten¬
stücken und außer der Darstellung Sybels, den Bismarck doch auch nur eine Aus¬
wahl von Akten hatte einsehen lassen, im wesentlichen nur Aufzeichnungen u. tgi.
von Beteiligten, die natürlich weder lückenlos noch unbefangen sein können und
wollen.

Den Zweck der Veröffentlichung, deren Plan drei Jahre zurückreicht, faßt die
mit dieser Aufgabe betraute Kommission in ihrem Bericht dahin zusammen, "die
diplomatischen Schriftstücke, deren Kenntnis zu einer unparteiischen Darstellung
des Deutsch-Französischen ^Krieges und der Umstände, die ihm vorhergegangen sind
und ihn vorbereitet haben, unentbehrlich ist, für den Gebrauch der Geschichts¬
schreiber zusammenzustellen". Wenn sie dabei den Wunsch ausspricht, daß auch
andere Regierungen dem hier gegebenen Beispiel folgen möchten, so zielt sie damit
natürlich vor allem auf Deutschland. Die deutsche Regierung hält aber die Schätze
der Archive, die außer der Korrespondenz Bismarcks und den Berichten der
Gesandten auch die im November 1870 in Cer?ay erbeuteten Papiere des fran¬
zösischen Ministers Nouher bewahren, sorgfältig zurück, und es ist Wohl kaum zu
erwarte", daß sie um von der bisherigen Übung abzugehen geneigt sein wird.


Der diplomatische Ursprung des Krieges von 1,870/? >,

flüssigen, erblindeten, abgestorbenen See von Erdöl plötzlich in wilden, zügellosen
Flammen auflodern zu sehen, Flammen des Hasses I. . . Wenn der eine Punkt
in Richards Herzen verletzt würde, dieser einzige Punkt, der weich und verwundbar
geblieben ist. , , O! O, ihr meint etwa, Richard sei ein Bösewicht, ein verhärtetes
Gemüt, eine versteinerte Seele, die den Himmelstau der Liebe verschmäht, die dem
sterbenssüßen Nachtigallensang der Sehnsucht kein Ohr verleiht, und die nicht
schmerzlich nach den Rosenfingern der Zärtlichkeit verlangt? Ah, ihr wißt nicht,
daß Richards Härte nur als hürene Schale sein empfindsames Herz umhüllte, daß
dieses Herz nach Liebe schrie in Qualen, gegen die der ersten Menschen erstes
Stöhnen ein bloßes Hirtenlied war? Ihr wißt es nicht, ihr blinden, rohen,
stumpfen Bauern, und du. aufgeblasener, hohler Gaston, du verschlagener Marcellin,
du törichter RouaM, ihr Täter, Hügel, Weinberghohlwege, in deren Einsamkeit
Richard sein Haupt wie in einem mütterlichen Schoß vergrub, sich hinwarf, wälzte,
die Haare raufte und immer nur den einen Namen rief: Jeanne, Jeanne, Jeanne!

(Fortsetzung folgt.)




Der diplomatische Ursprung des Arieges von ^870/7^
Dr. w, Hop von

M^/^vo?
MMmeer diesem Titel läßt das französische Ministerium des Äußeren
vierzig Jahre nach dem gewaltigen Ringen zwischen den beiden
Nachbarvölkern eine Sammlung von diplomatischen Aktenstücken
erscheinen, die bei der Fülle von wichtigem Material, das sie für
die bedeutungsvollen sechziger Jahre bringen wird, schon jetzt als
außerordentlich wertvoll bezeichnet werden muß. Denn bisher besitzen wir für die
Vorgeschichte des Krieges außer den in Aegidis Staatsarchiv veröffentlichten Akten¬
stücken und außer der Darstellung Sybels, den Bismarck doch auch nur eine Aus¬
wahl von Akten hatte einsehen lassen, im wesentlichen nur Aufzeichnungen u. tgi.
von Beteiligten, die natürlich weder lückenlos noch unbefangen sein können und
wollen.

Den Zweck der Veröffentlichung, deren Plan drei Jahre zurückreicht, faßt die
mit dieser Aufgabe betraute Kommission in ihrem Bericht dahin zusammen, „die
diplomatischen Schriftstücke, deren Kenntnis zu einer unparteiischen Darstellung
des Deutsch-Französischen ^Krieges und der Umstände, die ihm vorhergegangen sind
und ihn vorbereitet haben, unentbehrlich ist, für den Gebrauch der Geschichts¬
schreiber zusammenzustellen". Wenn sie dabei den Wunsch ausspricht, daß auch
andere Regierungen dem hier gegebenen Beispiel folgen möchten, so zielt sie damit
natürlich vor allem auf Deutschland. Die deutsche Regierung hält aber die Schätze
der Archive, die außer der Korrespondenz Bismarcks und den Berichten der
Gesandten auch die im November 1870 in Cer?ay erbeuteten Papiere des fran¬
zösischen Ministers Nouher bewahren, sorgfältig zurück, und es ist Wohl kaum zu
erwarte», daß sie um von der bisherigen Übung abzugehen geneigt sein wird.


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[0592] Der diplomatische Ursprung des Krieges von 1,870/? >, flüssigen, erblindeten, abgestorbenen See von Erdöl plötzlich in wilden, zügellosen Flammen auflodern zu sehen, Flammen des Hasses I. . . Wenn der eine Punkt in Richards Herzen verletzt würde, dieser einzige Punkt, der weich und verwundbar geblieben ist. , , O! O, ihr meint etwa, Richard sei ein Bösewicht, ein verhärtetes Gemüt, eine versteinerte Seele, die den Himmelstau der Liebe verschmäht, die dem sterbenssüßen Nachtigallensang der Sehnsucht kein Ohr verleiht, und die nicht schmerzlich nach den Rosenfingern der Zärtlichkeit verlangt? Ah, ihr wißt nicht, daß Richards Härte nur als hürene Schale sein empfindsames Herz umhüllte, daß dieses Herz nach Liebe schrie in Qualen, gegen die der ersten Menschen erstes Stöhnen ein bloßes Hirtenlied war? Ihr wißt es nicht, ihr blinden, rohen, stumpfen Bauern, und du. aufgeblasener, hohler Gaston, du verschlagener Marcellin, du törichter RouaM, ihr Täter, Hügel, Weinberghohlwege, in deren Einsamkeit Richard sein Haupt wie in einem mütterlichen Schoß vergrub, sich hinwarf, wälzte, die Haare raufte und immer nur den einen Namen rief: Jeanne, Jeanne, Jeanne! (Fortsetzung folgt.) Der diplomatische Ursprung des Arieges von ^870/7^ Dr. w, Hop von M^/^vo? MMmeer diesem Titel läßt das französische Ministerium des Äußeren vierzig Jahre nach dem gewaltigen Ringen zwischen den beiden Nachbarvölkern eine Sammlung von diplomatischen Aktenstücken erscheinen, die bei der Fülle von wichtigem Material, das sie für die bedeutungsvollen sechziger Jahre bringen wird, schon jetzt als außerordentlich wertvoll bezeichnet werden muß. Denn bisher besitzen wir für die Vorgeschichte des Krieges außer den in Aegidis Staatsarchiv veröffentlichten Akten¬ stücken und außer der Darstellung Sybels, den Bismarck doch auch nur eine Aus¬ wahl von Akten hatte einsehen lassen, im wesentlichen nur Aufzeichnungen u. tgi. von Beteiligten, die natürlich weder lückenlos noch unbefangen sein können und wollen. Den Zweck der Veröffentlichung, deren Plan drei Jahre zurückreicht, faßt die mit dieser Aufgabe betraute Kommission in ihrem Bericht dahin zusammen, „die diplomatischen Schriftstücke, deren Kenntnis zu einer unparteiischen Darstellung des Deutsch-Französischen ^Krieges und der Umstände, die ihm vorhergegangen sind und ihn vorbereitet haben, unentbehrlich ist, für den Gebrauch der Geschichts¬ schreiber zusammenzustellen". Wenn sie dabei den Wunsch ausspricht, daß auch andere Regierungen dem hier gegebenen Beispiel folgen möchten, so zielt sie damit natürlich vor allem auf Deutschland. Die deutsche Regierung hält aber die Schätze der Archive, die außer der Korrespondenz Bismarcks und den Berichten der Gesandten auch die im November 1870 in Cer?ay erbeuteten Papiere des fran¬ zösischen Ministers Nouher bewahren, sorgfältig zurück, und es ist Wohl kaum zu erwarte», daß sie um von der bisherigen Übung abzugehen geneigt sein wird.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_317612/592>, abgerufen am 04.05.2024.