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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr.

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Organisation des südwestafrikanischen Vodenkredits
Vorschläge
von Rudolf Wagner-

le Organisation des Bodenkredits in Südwestafrika steht augen¬
blicklich wieder im Vordergründe der Erörterung. In Südwest¬
afrika hat der Geldmangel in letzter Zeit eine bedenkliche Stockung
der wirtschaftlichen Entwickelung hervorgerufen, die nur aus dem
Grunde nicht auffälliger in die Erscheinung getreten ist, weil
die Diamantengewinnung die allgemeine Aufmerksamkeit von dem wirklichen
Rückgrat der Kolonie, der Farm wirtschaft, abgelenkt hat. Es würde zu weit führen,
wenn wir den augenblicklichen Stillstand dieses künftigen Haupterwerbszweiges
der Kolonie zahlenmäßig belegen wollten, die Tatsache des Stillstandes besteht
jedenfalls und wird auch amtlich ohne weiteres zugegeben. Außerdem hat sich
auch die offizielle Vertretung der Kolonie, der südwestafrikcmische Landesrat,
veranlaßt gesehen, die Regierung eindringlich auf die Notwendigkeit der Kredit¬
beschaffung hinzuweisen und positive Vorschläge zu machen. Der Landesrat
empfiehlt nämlich, was sehr nahe liegt und anch von uns schon wiederholt
angeregt worden ist, mit Hilfe der Einnahmen aus der Diamantengewinnung
einen Fonds zu bilden zur Gründung eines öffentlichen Kreditinstituts. Auf die
Zweckmäßigkeit und technische Ausgestaltung dieses Vorschlags wird weiter unten
näher einzugehen sein.

Zunächst möchten wir dartun, daß die Beschaffung billigen Kredits für die
Farmwirtschast teils eine moralische Pflicht, teils ein Gebot der Klugheit wäre.
Unter der Ära Dernburg stand die Kolonialverwaltung zwar auf dem, nüchtern
betrachtet, vernünftigen Standpunkt, daß wirtschaftlich Schwache in den Kolonien
nichts zu suchen haben. Das ändert aber nichts an der Tatsache, daß in Süd-
westafrika unter dein Gouvernement Herrn v. LindequistS ebenso wie zu Dern-


Groiizvllien II 1911 ' l


Organisation des südwestafrikanischen Vodenkredits
Vorschläge
von Rudolf Wagner-

le Organisation des Bodenkredits in Südwestafrika steht augen¬
blicklich wieder im Vordergründe der Erörterung. In Südwest¬
afrika hat der Geldmangel in letzter Zeit eine bedenkliche Stockung
der wirtschaftlichen Entwickelung hervorgerufen, die nur aus dem
Grunde nicht auffälliger in die Erscheinung getreten ist, weil
die Diamantengewinnung die allgemeine Aufmerksamkeit von dem wirklichen
Rückgrat der Kolonie, der Farm wirtschaft, abgelenkt hat. Es würde zu weit führen,
wenn wir den augenblicklichen Stillstand dieses künftigen Haupterwerbszweiges
der Kolonie zahlenmäßig belegen wollten, die Tatsache des Stillstandes besteht
jedenfalls und wird auch amtlich ohne weiteres zugegeben. Außerdem hat sich
auch die offizielle Vertretung der Kolonie, der südwestafrikcmische Landesrat,
veranlaßt gesehen, die Regierung eindringlich auf die Notwendigkeit der Kredit¬
beschaffung hinzuweisen und positive Vorschläge zu machen. Der Landesrat
empfiehlt nämlich, was sehr nahe liegt und anch von uns schon wiederholt
angeregt worden ist, mit Hilfe der Einnahmen aus der Diamantengewinnung
einen Fonds zu bilden zur Gründung eines öffentlichen Kreditinstituts. Auf die
Zweckmäßigkeit und technische Ausgestaltung dieses Vorschlags wird weiter unten
näher einzugehen sein.

Zunächst möchten wir dartun, daß die Beschaffung billigen Kredits für die
Farmwirtschast teils eine moralische Pflicht, teils ein Gebot der Klugheit wäre.
Unter der Ära Dernburg stand die Kolonialverwaltung zwar auf dem, nüchtern
betrachtet, vernünftigen Standpunkt, daß wirtschaftlich Schwache in den Kolonien
nichts zu suchen haben. Das ändert aber nichts an der Tatsache, daß in Süd-
westafrika unter dein Gouvernement Herrn v. LindequistS ebenso wie zu Dern-


Groiizvllien II 1911 ' l
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_318282/13>, abgerufen am 19.05.2024.