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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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vor. Logos. Internationale Zeitschrift für
Philosophie der Kultur ist sie benannt
(Verlag von I. C, B, Mohr fPaul Siebes
Tübingen). Der Name Logos wurde gewählt,
weil die Philosophie der Kultur überall die
Vernunft in der Kultur suchen muß. Die
Zeitschrift wird von einer internationalen
Kommission geleitet, die sich in nationale
Redaktionen gliedert. Sie will einerseits
den nationalen Sonderlulturcu gerecht werden
und anderseits den internationalen Zusammen¬
schluß der Forschungsergebnisse als letztes Ziel
der Philosophischen Bestrebungen ins Auge
fassen. Vorläufig erscheint neben der vom
Freiburger Privatdozenten Dr. Georg Mehlis
herausgegebenen deutscheu Ausgabe nur noch
eine russische, doch ist auch eine französische,
italienische, englische usw. i" Aussicht ge¬
nommen. Die Zeitschrift will dazu ver¬
helfen, den ganzen Reichtum der in der
Kultur vorhandenen und treibenden Kräfte
Philosophisch zu durchdringen. Dabei sollen
die Gesichtspunkte der Betrachtung der freien
Wahl anheimgegeben werden, sofern mir
überhaupt in der.Kultur ein Problem der
Philosophie erblickt wird. Daß das gut aus¬
gestattete neue Unternehmen seinen weit
gesteckten Zielen mit Erfolg dienen wird,
verbürgt nicht nur das Namensverzeichnis
der in Deutschland gewonnenen Mitarbeiter,
sondern auch das im ersten Baude des "Logos"
Gebotene. Wir greisen einiges heraus:
Heinrich Rickert handelt vom Begriff der
Philosophie, Georg Simmel bietet feinsinnige
Betrachtungen zur Metaphysik des Todes
und über Michelangelo, Richard Kröner be¬
richtet über Henri BergsonS Philosophie,
Wilhelm Windelband schreibt über Kultur¬
philosophie und transzendentalen Idealis¬
mus, Ernst Troeltsch über Zukunftsmöglich¬
keiten des Christentums. Wir zweifeln nicht
daran, daß die neue Zeitschrift allen, denen
eine ernste philosophische Betrachtung der
mannigfachen Kulturgebiete Bedürfnis ist
, hoch willkommen sein wird.

Bildungsfragen

Dr. Osknr Meßner, Professor am Lehrer¬
seminar in Rorschnch: Lehrbuch der allgemei¬
nen Pädagogik. Verlag von I. Klinkhardt
in Leipzig. 1911".

[Spaltenumbruch]

Seinen 1909 erschienenen "Grundzügen
einer allgemeinen Pädagogik" hat Meßner
nunmehr dieses Lehrbuch folgen lassen, das
die Grundgedanken jenes größeren Werkes
Widerspiegelt. Im Aufbau ist das Lehrbuch
einheitlicher als die "Grundzüge", und hierauf,
auf das "innere System", kommt es Meßner
besonders an: der Gedanke an den Endzweck
der Erziehung soll allen auf sie bezüglichen
Bestimmungen die Färbung geben.

Da der Zweck der Erziehung, nach Meßner,
in der Herbeiführung der geistig-sittlichen
Selbstbestimmung der Zöglinge liegt, steht
der Wille im Mittelpunkte seiner Auseinander¬
setzungen. Jede Willenstätigkeit zerfällt aber
in die Bestandteile des Wollens und Könnens,
deshalb betrachtet Meßner neben dem Können
auch das Wollen unter dem Gesichtspunkt des
Könnens. Der Vorzug des Werkes liegt in
dem Versuch, das Einzelne aus dem Zusammen¬
hang des Ganzen zu verstehen und zu be¬
gründen. Erziehen lehren will dies Lehrbuch
nicht -- wer eine Tätigkeit erlernen will,
muß sich eben in der Ausübung dieser Tätig¬
keit üben --, ebensowenig will eS eine dogma¬
tische Richtschnur bieten. Sein Zweck liegt
lediglich in der Anregung zum pädagogischen
Denken, und in dieser Beziehung wird es
namentlich jungen Seminaristen gute Dienste
leisten. Aber auch im Beruf stehende Päda¬
gogen könnten durch die Lektüre dieses Buches
zur Nachprüfung und Verbesserung eigener
Meinungen veranlaßt werden. Manche Auf¬
fassung Meßmers wird freilich auf Widerspruch
stoßen. Hier sei nur beispielsweise darauf
hingewiesen, daß Meßner den pädagogischen
Charakter der Strafe leugnet und ihre Er¬
teilung durch den Lehrer verwirft. Die Un¬
gültigkeit des Pädagogischen Strafbegriffs kaun
aber nicht aus dem rechtlich-sozialen Cha¬
rakter der Strafe gefolgert werdeu, wie
Meßner dies tut, weil die öffentliche Strafe
als eine aus dem Begriff des Rechts hervor¬
gehende soziale Erscheinung viel jünger ist
als die pädagogische Strafe. Und ihre dem
öffentlichen Leben nachgebildete Handhabung
bei der Erziehung, der Meßner das Wort
redet, indem er die Unterstellung des Straf¬
baren unter den Richterspruch der Mitschüler
fordert, muß um so weniger gerechtfertigt
erscheinen, als das Pädagogische Verhältnis

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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vor. Logos. Internationale Zeitschrift für
Philosophie der Kultur ist sie benannt
(Verlag von I. C, B, Mohr fPaul Siebes
Tübingen). Der Name Logos wurde gewählt,
weil die Philosophie der Kultur überall die
Vernunft in der Kultur suchen muß. Die
Zeitschrift wird von einer internationalen
Kommission geleitet, die sich in nationale
Redaktionen gliedert. Sie will einerseits
den nationalen Sonderlulturcu gerecht werden
und anderseits den internationalen Zusammen¬
schluß der Forschungsergebnisse als letztes Ziel
der Philosophischen Bestrebungen ins Auge
fassen. Vorläufig erscheint neben der vom
Freiburger Privatdozenten Dr. Georg Mehlis
herausgegebenen deutscheu Ausgabe nur noch
eine russische, doch ist auch eine französische,
italienische, englische usw. i» Aussicht ge¬
nommen. Die Zeitschrift will dazu ver¬
helfen, den ganzen Reichtum der in der
Kultur vorhandenen und treibenden Kräfte
Philosophisch zu durchdringen. Dabei sollen
die Gesichtspunkte der Betrachtung der freien
Wahl anheimgegeben werden, sofern mir
überhaupt in der.Kultur ein Problem der
Philosophie erblickt wird. Daß das gut aus¬
gestattete neue Unternehmen seinen weit
gesteckten Zielen mit Erfolg dienen wird,
verbürgt nicht nur das Namensverzeichnis
der in Deutschland gewonnenen Mitarbeiter,
sondern auch das im ersten Baude des „Logos"
Gebotene. Wir greisen einiges heraus:
Heinrich Rickert handelt vom Begriff der
Philosophie, Georg Simmel bietet feinsinnige
Betrachtungen zur Metaphysik des Todes
und über Michelangelo, Richard Kröner be¬
richtet über Henri BergsonS Philosophie,
Wilhelm Windelband schreibt über Kultur¬
philosophie und transzendentalen Idealis¬
mus, Ernst Troeltsch über Zukunftsmöglich¬
keiten des Christentums. Wir zweifeln nicht
daran, daß die neue Zeitschrift allen, denen
eine ernste philosophische Betrachtung der
mannigfachen Kulturgebiete Bedürfnis ist
, hoch willkommen sein wird.

Bildungsfragen

Dr. Osknr Meßner, Professor am Lehrer¬
seminar in Rorschnch: Lehrbuch der allgemei¬
nen Pädagogik. Verlag von I. Klinkhardt
in Leipzig. 1911».

[Spaltenumbruch]

Seinen 1909 erschienenen „Grundzügen
einer allgemeinen Pädagogik" hat Meßner
nunmehr dieses Lehrbuch folgen lassen, das
die Grundgedanken jenes größeren Werkes
Widerspiegelt. Im Aufbau ist das Lehrbuch
einheitlicher als die „Grundzüge", und hierauf,
auf das „innere System", kommt es Meßner
besonders an: der Gedanke an den Endzweck
der Erziehung soll allen auf sie bezüglichen
Bestimmungen die Färbung geben.

Da der Zweck der Erziehung, nach Meßner,
in der Herbeiführung der geistig-sittlichen
Selbstbestimmung der Zöglinge liegt, steht
der Wille im Mittelpunkte seiner Auseinander¬
setzungen. Jede Willenstätigkeit zerfällt aber
in die Bestandteile des Wollens und Könnens,
deshalb betrachtet Meßner neben dem Können
auch das Wollen unter dem Gesichtspunkt des
Könnens. Der Vorzug des Werkes liegt in
dem Versuch, das Einzelne aus dem Zusammen¬
hang des Ganzen zu verstehen und zu be¬
gründen. Erziehen lehren will dies Lehrbuch
nicht — wer eine Tätigkeit erlernen will,
muß sich eben in der Ausübung dieser Tätig¬
keit üben —, ebensowenig will eS eine dogma¬
tische Richtschnur bieten. Sein Zweck liegt
lediglich in der Anregung zum pädagogischen
Denken, und in dieser Beziehung wird es
namentlich jungen Seminaristen gute Dienste
leisten. Aber auch im Beruf stehende Päda¬
gogen könnten durch die Lektüre dieses Buches
zur Nachprüfung und Verbesserung eigener
Meinungen veranlaßt werden. Manche Auf¬
fassung Meßmers wird freilich auf Widerspruch
stoßen. Hier sei nur beispielsweise darauf
hingewiesen, daß Meßner den pädagogischen
Charakter der Strafe leugnet und ihre Er¬
teilung durch den Lehrer verwirft. Die Un¬
gültigkeit des Pädagogischen Strafbegriffs kaun
aber nicht aus dem rechtlich-sozialen Cha¬
rakter der Strafe gefolgert werdeu, wie
Meßner dies tut, weil die öffentliche Strafe
als eine aus dem Begriff des Rechts hervor¬
gehende soziale Erscheinung viel jünger ist
als die pädagogische Strafe. Und ihre dem
öffentlichen Leben nachgebildete Handhabung
bei der Erziehung, der Meßner das Wort
redet, indem er die Unterstellung des Straf¬
baren unter den Richterspruch der Mitschüler
fordert, muß um so weniger gerechtfertigt
erscheinen, als das Pädagogische Verhältnis

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[0195] Maßgebliches und Unmaßgebliches vor. Logos. Internationale Zeitschrift für Philosophie der Kultur ist sie benannt (Verlag von I. C, B, Mohr fPaul Siebes Tübingen). Der Name Logos wurde gewählt, weil die Philosophie der Kultur überall die Vernunft in der Kultur suchen muß. Die Zeitschrift wird von einer internationalen Kommission geleitet, die sich in nationale Redaktionen gliedert. Sie will einerseits den nationalen Sonderlulturcu gerecht werden und anderseits den internationalen Zusammen¬ schluß der Forschungsergebnisse als letztes Ziel der Philosophischen Bestrebungen ins Auge fassen. Vorläufig erscheint neben der vom Freiburger Privatdozenten Dr. Georg Mehlis herausgegebenen deutscheu Ausgabe nur noch eine russische, doch ist auch eine französische, italienische, englische usw. i» Aussicht ge¬ nommen. Die Zeitschrift will dazu ver¬ helfen, den ganzen Reichtum der in der Kultur vorhandenen und treibenden Kräfte Philosophisch zu durchdringen. Dabei sollen die Gesichtspunkte der Betrachtung der freien Wahl anheimgegeben werden, sofern mir überhaupt in der.Kultur ein Problem der Philosophie erblickt wird. Daß das gut aus¬ gestattete neue Unternehmen seinen weit gesteckten Zielen mit Erfolg dienen wird, verbürgt nicht nur das Namensverzeichnis der in Deutschland gewonnenen Mitarbeiter, sondern auch das im ersten Baude des „Logos" Gebotene. Wir greisen einiges heraus: Heinrich Rickert handelt vom Begriff der Philosophie, Georg Simmel bietet feinsinnige Betrachtungen zur Metaphysik des Todes und über Michelangelo, Richard Kröner be¬ richtet über Henri BergsonS Philosophie, Wilhelm Windelband schreibt über Kultur¬ philosophie und transzendentalen Idealis¬ mus, Ernst Troeltsch über Zukunftsmöglich¬ keiten des Christentums. Wir zweifeln nicht daran, daß die neue Zeitschrift allen, denen eine ernste philosophische Betrachtung der mannigfachen Kulturgebiete Bedürfnis ist , hoch willkommen sein wird. Bildungsfragen Dr. Osknr Meßner, Professor am Lehrer¬ seminar in Rorschnch: Lehrbuch der allgemei¬ nen Pädagogik. Verlag von I. Klinkhardt in Leipzig. 1911». Seinen 1909 erschienenen „Grundzügen einer allgemeinen Pädagogik" hat Meßner nunmehr dieses Lehrbuch folgen lassen, das die Grundgedanken jenes größeren Werkes Widerspiegelt. Im Aufbau ist das Lehrbuch einheitlicher als die „Grundzüge", und hierauf, auf das „innere System", kommt es Meßner besonders an: der Gedanke an den Endzweck der Erziehung soll allen auf sie bezüglichen Bestimmungen die Färbung geben. Da der Zweck der Erziehung, nach Meßner, in der Herbeiführung der geistig-sittlichen Selbstbestimmung der Zöglinge liegt, steht der Wille im Mittelpunkte seiner Auseinander¬ setzungen. Jede Willenstätigkeit zerfällt aber in die Bestandteile des Wollens und Könnens, deshalb betrachtet Meßner neben dem Können auch das Wollen unter dem Gesichtspunkt des Könnens. Der Vorzug des Werkes liegt in dem Versuch, das Einzelne aus dem Zusammen¬ hang des Ganzen zu verstehen und zu be¬ gründen. Erziehen lehren will dies Lehrbuch nicht — wer eine Tätigkeit erlernen will, muß sich eben in der Ausübung dieser Tätig¬ keit üben —, ebensowenig will eS eine dogma¬ tische Richtschnur bieten. Sein Zweck liegt lediglich in der Anregung zum pädagogischen Denken, und in dieser Beziehung wird es namentlich jungen Seminaristen gute Dienste leisten. Aber auch im Beruf stehende Päda¬ gogen könnten durch die Lektüre dieses Buches zur Nachprüfung und Verbesserung eigener Meinungen veranlaßt werden. Manche Auf¬ fassung Meßmers wird freilich auf Widerspruch stoßen. Hier sei nur beispielsweise darauf hingewiesen, daß Meßner den pädagogischen Charakter der Strafe leugnet und ihre Er¬ teilung durch den Lehrer verwirft. Die Un¬ gültigkeit des Pädagogischen Strafbegriffs kaun aber nicht aus dem rechtlich-sozialen Cha¬ rakter der Strafe gefolgert werdeu, wie Meßner dies tut, weil die öffentliche Strafe als eine aus dem Begriff des Rechts hervor¬ gehende soziale Erscheinung viel jünger ist als die pädagogische Strafe. Und ihre dem öffentlichen Leben nachgebildete Handhabung bei der Erziehung, der Meßner das Wort redet, indem er die Unterstellung des Straf¬ baren unter den Richterspruch der Mitschüler fordert, muß um so weniger gerechtfertigt erscheinen, als das Pädagogische Verhältnis

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_318282/195>, abgerufen am 26.05.2024.