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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr.

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Reichsspiegel

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Hseresfragen

Die Wünsche der Infanterie -- Einseitigkeit und Bescheidenheit -- Verabschiedung ^
Borpcitentiernng -- Automatische Zweiteilung

Die im Heft 10 der Grenzboten dargestellten Beförderungsverhältnisse bei
der Infanterie sind naturgemäß schon seit Jahren Gegenstand einer lebhaften
Erörterung in den von ihnen betroffenen Kreisen und haben auch zu den ver¬
schiedensten Vorschlägen zur Abhilfe geführt. Aus Gründen, die mit der
wissenschaftlichen Abgeschlossenheit des deutschen, insonderheit preußischen
Offizierskorps zusammenhängen und die in einem späteren Hefte erörtert
werden sollen, haben sich die Vorschläge eigentlich immer nur in einer Richtung
bewegt, die am besten, gekennzeichnet wird durch die Schlagworte: Verbesserung
des Avancements, Schaffung neuer Stellen, neuer Formationen, verbesserte
Anstellungsverhältnisse für verabschiedete Offiziere.

Im einzelnen betrachtet konzentrieren sich die Wünsche der Infanterie-
offiziere gegenwärtig ans folgendes: 1. Auch der Infanterist soll die Stellung
als Regimentskommandeur grundsätzlich bereits als Oberstleutnant erreichen, wie
es bei den anderen Waffen der Fall ist. Der Anfang könne mit den kleinen
Regimentern gemacht werden. 2. Jedes Jahr sollen weitere Bezirkskommandeur¬
stellen in solche mit dem Rang und Gehalt von Regimentskommandeuren um¬
gewandelt und je vier bis sechs Bezirkskommandos einem aktiven Landwehr¬
inspekteur, aus der Infanterie hervorgegangenen Generalmajor unterstellt werden.
3. Solange bei der Infanterie noch schlechtere Beförderungsverhältnisse bestehen
als bei den anderen Waffen, sollen die außerhalb der Front vorhandenen
Stabsoffizierstellungen, die aus dienstlichen Gründen nicht notwendigerweise einem
Nichtinsanteristen übertragen werden müssen, der Infanterie vorbehalten bleiben.
4. Das Gehalt als Major, Oberst und Generalmajor soll jedem Jnfanteristen
von dem Augenblick an zugebilligt werden, wo es von einem gleichaltrigen
Frontoffizier anderer Waffen bezogen wird.

Aus der Keinen Übersicht geht hervor, daß sich die Wünsche des Jnfanterie-
offizierkorps sehr bescheiden vor allen Dingen auf eine Gleichstellung mit den
Kameraden der anderen Waffen richten. Denn dies Mißverhältnis bestand nicht
immer. In früheren Jahren hatte nur die Kavallerie günstigere Beförderungs¬
verhältnisse für das Erreichen der Regiments- und Brigadekommandeurstellungen.
Dies war natürlich und wurde auch nicht als Ungerechtigkeit empfunden wegen
der mit dem Offizierersatz für die Kavallerie verbundenen Schwierigkeiten und
weil kein Einsichtiger bestreiten kann, daß die Kavallerie in diesen Stellungen
mehr noch als die anderen Waffen junge Führer braucht. Freilich wurde neben


Grenzboten it 1911 24
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Die Wünsche der Infanterie — Einseitigkeit und Bescheidenheit — Verabschiedung ^
Borpcitentiernng — Automatische Zweiteilung

Die im Heft 10 der Grenzboten dargestellten Beförderungsverhältnisse bei
der Infanterie sind naturgemäß schon seit Jahren Gegenstand einer lebhaften
Erörterung in den von ihnen betroffenen Kreisen und haben auch zu den ver¬
schiedensten Vorschlägen zur Abhilfe geführt. Aus Gründen, die mit der
wissenschaftlichen Abgeschlossenheit des deutschen, insonderheit preußischen
Offizierskorps zusammenhängen und die in einem späteren Hefte erörtert
werden sollen, haben sich die Vorschläge eigentlich immer nur in einer Richtung
bewegt, die am besten, gekennzeichnet wird durch die Schlagworte: Verbesserung
des Avancements, Schaffung neuer Stellen, neuer Formationen, verbesserte
Anstellungsverhältnisse für verabschiedete Offiziere.

Im einzelnen betrachtet konzentrieren sich die Wünsche der Infanterie-
offiziere gegenwärtig ans folgendes: 1. Auch der Infanterist soll die Stellung
als Regimentskommandeur grundsätzlich bereits als Oberstleutnant erreichen, wie
es bei den anderen Waffen der Fall ist. Der Anfang könne mit den kleinen
Regimentern gemacht werden. 2. Jedes Jahr sollen weitere Bezirkskommandeur¬
stellen in solche mit dem Rang und Gehalt von Regimentskommandeuren um¬
gewandelt und je vier bis sechs Bezirkskommandos einem aktiven Landwehr¬
inspekteur, aus der Infanterie hervorgegangenen Generalmajor unterstellt werden.
3. Solange bei der Infanterie noch schlechtere Beförderungsverhältnisse bestehen
als bei den anderen Waffen, sollen die außerhalb der Front vorhandenen
Stabsoffizierstellungen, die aus dienstlichen Gründen nicht notwendigerweise einem
Nichtinsanteristen übertragen werden müssen, der Infanterie vorbehalten bleiben.
4. Das Gehalt als Major, Oberst und Generalmajor soll jedem Jnfanteristen
von dem Augenblick an zugebilligt werden, wo es von einem gleichaltrigen
Frontoffizier anderer Waffen bezogen wird.

Aus der Keinen Übersicht geht hervor, daß sich die Wünsche des Jnfanterie-
offizierkorps sehr bescheiden vor allen Dingen auf eine Gleichstellung mit den
Kameraden der anderen Waffen richten. Denn dies Mißverhältnis bestand nicht
immer. In früheren Jahren hatte nur die Kavallerie günstigere Beförderungs¬
verhältnisse für das Erreichen der Regiments- und Brigadekommandeurstellungen.
Dies war natürlich und wurde auch nicht als Ungerechtigkeit empfunden wegen
der mit dem Offizierersatz für die Kavallerie verbundenen Schwierigkeiten und
weil kein Einsichtiger bestreiten kann, daß die Kavallerie in diesen Stellungen
mehr noch als die anderen Waffen junge Führer braucht. Freilich wurde neben


Grenzboten it 1911 24
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[0197] Reichsspiegel Reichsspiegel Hseresfragen Die Wünsche der Infanterie — Einseitigkeit und Bescheidenheit — Verabschiedung ^ Borpcitentiernng — Automatische Zweiteilung Die im Heft 10 der Grenzboten dargestellten Beförderungsverhältnisse bei der Infanterie sind naturgemäß schon seit Jahren Gegenstand einer lebhaften Erörterung in den von ihnen betroffenen Kreisen und haben auch zu den ver¬ schiedensten Vorschlägen zur Abhilfe geführt. Aus Gründen, die mit der wissenschaftlichen Abgeschlossenheit des deutschen, insonderheit preußischen Offizierskorps zusammenhängen und die in einem späteren Hefte erörtert werden sollen, haben sich die Vorschläge eigentlich immer nur in einer Richtung bewegt, die am besten, gekennzeichnet wird durch die Schlagworte: Verbesserung des Avancements, Schaffung neuer Stellen, neuer Formationen, verbesserte Anstellungsverhältnisse für verabschiedete Offiziere. Im einzelnen betrachtet konzentrieren sich die Wünsche der Infanterie- offiziere gegenwärtig ans folgendes: 1. Auch der Infanterist soll die Stellung als Regimentskommandeur grundsätzlich bereits als Oberstleutnant erreichen, wie es bei den anderen Waffen der Fall ist. Der Anfang könne mit den kleinen Regimentern gemacht werden. 2. Jedes Jahr sollen weitere Bezirkskommandeur¬ stellen in solche mit dem Rang und Gehalt von Regimentskommandeuren um¬ gewandelt und je vier bis sechs Bezirkskommandos einem aktiven Landwehr¬ inspekteur, aus der Infanterie hervorgegangenen Generalmajor unterstellt werden. 3. Solange bei der Infanterie noch schlechtere Beförderungsverhältnisse bestehen als bei den anderen Waffen, sollen die außerhalb der Front vorhandenen Stabsoffizierstellungen, die aus dienstlichen Gründen nicht notwendigerweise einem Nichtinsanteristen übertragen werden müssen, der Infanterie vorbehalten bleiben. 4. Das Gehalt als Major, Oberst und Generalmajor soll jedem Jnfanteristen von dem Augenblick an zugebilligt werden, wo es von einem gleichaltrigen Frontoffizier anderer Waffen bezogen wird. Aus der Keinen Übersicht geht hervor, daß sich die Wünsche des Jnfanterie- offizierkorps sehr bescheiden vor allen Dingen auf eine Gleichstellung mit den Kameraden der anderen Waffen richten. Denn dies Mißverhältnis bestand nicht immer. In früheren Jahren hatte nur die Kavallerie günstigere Beförderungs¬ verhältnisse für das Erreichen der Regiments- und Brigadekommandeurstellungen. Dies war natürlich und wurde auch nicht als Ungerechtigkeit empfunden wegen der mit dem Offizierersatz für die Kavallerie verbundenen Schwierigkeiten und weil kein Einsichtiger bestreiten kann, daß die Kavallerie in diesen Stellungen mehr noch als die anderen Waffen junge Führer braucht. Freilich wurde neben Grenzboten it 1911 24

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_318282/197>, abgerufen am 26.05.2024.