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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr.

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Die internationale Sprache

zösische Militärverwaltung, so ist jeder freie Wettbewerb anderer Nationen unter¬
bunden, darum muß eine weitere Ausdehnung der französischen Okkupation unter
allen Umständen verhindert werden!

So erheben sich für den freien kommerziellen Wettbewerb auf allen Seiten
Hindernisse, und die theoretischen Rechte Deutschlands auf angemessene Beteiligung
an der wirtschaftlichen Erschließung Marokkos werden an der rauhen Wirklich¬
keit zuschanden, wenn nicht die Reichsregierung Hand in Hand mit den
Interessenten auf das energischste ihre Durchführung in die Hand nimmt.
Sollte uns Frankreich trotz alledem nicht die verbriefte Bewegungsfreiheit im
Scherifenreich lassen, so wird sich die deutsche Politik vor die Notwendigkeit
gestellt sehen, neue Wege zum Schutz ihrer Interessen zu betreten; der Unter¬
stützung durch andere Mächte dürfte sie dabei heute sicherer sein als in den
Tagen von Algeciras.




Die internationale Sprache
von Dr. Ernst Uliemke

Die Idee einer internationalen Hilfssprache ist durch die Erfolge des
Esperanto über das Stadiuni der Utopie hinausgelangt. Immer weitere
Kreise, darunter die Regierungen verschiedener Staaten, befassen sich mit ihr
als einer ernsten Kulturfrage, So hat der Herzog-Regent von Braunschweig
Herrn Dr. Kliemke zu einem Vortrage über Esperanto an den brmm-
schweigischen Hof geladen, in dessen Folge sowohl der Herzog wie die Minister
und andre hervorragende Teilnehmer ihre volle Sympathie für die Sache
aussprachen. Wir haben deshalb Herrn Dr. Kliemke gebeten, unsern Lesern
einen Überblick über die Eigentümlichkeiten des Aufbaues der Esperantosprache
zu geben. Im übrigen verweisen wir ans die Artikel in Heft 6 von 1910
Die Schriftltg. und Heft 1 von 1911.

o viel schneller, häufiger und ausgedehnter der heutige Verkehr
mit der Eisenbahn gegenüber dem der Postkutsche geworden ist, so
hat sich entsprechend unser ganzes Leben entwickelt. Die Ersparnis
an Zeit wird aufgehoben und überwogen durch die größere Fülle,
die wir zu bewältigen haben. So haben wir alle, namentlich die
Großstädter, so viel zu tun, daß wir über dem, womit wir uns beschäftigen
müssen, das vernachlässigen, was wir tun möchten. Erst recht fällt manches
ungeprüft beiseite, was auf den ersten Blick unserem persönlichen Interesse ferner
zu liegen scheint. Für vieles würden wir schon ein Viertelstündchen Zeit finden
und gern darauf verwenden, wenn es uns durch das richtige Verständnis näher
gerückt wäre. Das Schlimme ist, daß dieses richtige Verständnis oft erst bei
eingehenderer Beschäftigung kommt, und daß Gefühlsrichtungen und damit ver¬
knüpfte Vorurteile diese Beschäftigung von vornherein ablehnen.


Die internationale Sprache

zösische Militärverwaltung, so ist jeder freie Wettbewerb anderer Nationen unter¬
bunden, darum muß eine weitere Ausdehnung der französischen Okkupation unter
allen Umständen verhindert werden!

So erheben sich für den freien kommerziellen Wettbewerb auf allen Seiten
Hindernisse, und die theoretischen Rechte Deutschlands auf angemessene Beteiligung
an der wirtschaftlichen Erschließung Marokkos werden an der rauhen Wirklich¬
keit zuschanden, wenn nicht die Reichsregierung Hand in Hand mit den
Interessenten auf das energischste ihre Durchführung in die Hand nimmt.
Sollte uns Frankreich trotz alledem nicht die verbriefte Bewegungsfreiheit im
Scherifenreich lassen, so wird sich die deutsche Politik vor die Notwendigkeit
gestellt sehen, neue Wege zum Schutz ihrer Interessen zu betreten; der Unter¬
stützung durch andere Mächte dürfte sie dabei heute sicherer sein als in den
Tagen von Algeciras.




Die internationale Sprache
von Dr. Ernst Uliemke

Die Idee einer internationalen Hilfssprache ist durch die Erfolge des
Esperanto über das Stadiuni der Utopie hinausgelangt. Immer weitere
Kreise, darunter die Regierungen verschiedener Staaten, befassen sich mit ihr
als einer ernsten Kulturfrage, So hat der Herzog-Regent von Braunschweig
Herrn Dr. Kliemke zu einem Vortrage über Esperanto an den brmm-
schweigischen Hof geladen, in dessen Folge sowohl der Herzog wie die Minister
und andre hervorragende Teilnehmer ihre volle Sympathie für die Sache
aussprachen. Wir haben deshalb Herrn Dr. Kliemke gebeten, unsern Lesern
einen Überblick über die Eigentümlichkeiten des Aufbaues der Esperantosprache
zu geben. Im übrigen verweisen wir ans die Artikel in Heft 6 von 1910
Die Schriftltg. und Heft 1 von 1911.

o viel schneller, häufiger und ausgedehnter der heutige Verkehr
mit der Eisenbahn gegenüber dem der Postkutsche geworden ist, so
hat sich entsprechend unser ganzes Leben entwickelt. Die Ersparnis
an Zeit wird aufgehoben und überwogen durch die größere Fülle,
die wir zu bewältigen haben. So haben wir alle, namentlich die
Großstädter, so viel zu tun, daß wir über dem, womit wir uns beschäftigen
müssen, das vernachlässigen, was wir tun möchten. Erst recht fällt manches
ungeprüft beiseite, was auf den ersten Blick unserem persönlichen Interesse ferner
zu liegen scheint. Für vieles würden wir schon ein Viertelstündchen Zeit finden
und gern darauf verwenden, wenn es uns durch das richtige Verständnis näher
gerückt wäre. Das Schlimme ist, daß dieses richtige Verständnis oft erst bei
eingehenderer Beschäftigung kommt, und daß Gefühlsrichtungen und damit ver¬
knüpfte Vorurteile diese Beschäftigung von vornherein ablehnen.


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[0212] Die internationale Sprache zösische Militärverwaltung, so ist jeder freie Wettbewerb anderer Nationen unter¬ bunden, darum muß eine weitere Ausdehnung der französischen Okkupation unter allen Umständen verhindert werden! So erheben sich für den freien kommerziellen Wettbewerb auf allen Seiten Hindernisse, und die theoretischen Rechte Deutschlands auf angemessene Beteiligung an der wirtschaftlichen Erschließung Marokkos werden an der rauhen Wirklich¬ keit zuschanden, wenn nicht die Reichsregierung Hand in Hand mit den Interessenten auf das energischste ihre Durchführung in die Hand nimmt. Sollte uns Frankreich trotz alledem nicht die verbriefte Bewegungsfreiheit im Scherifenreich lassen, so wird sich die deutsche Politik vor die Notwendigkeit gestellt sehen, neue Wege zum Schutz ihrer Interessen zu betreten; der Unter¬ stützung durch andere Mächte dürfte sie dabei heute sicherer sein als in den Tagen von Algeciras. Die internationale Sprache von Dr. Ernst Uliemke Die Idee einer internationalen Hilfssprache ist durch die Erfolge des Esperanto über das Stadiuni der Utopie hinausgelangt. Immer weitere Kreise, darunter die Regierungen verschiedener Staaten, befassen sich mit ihr als einer ernsten Kulturfrage, So hat der Herzog-Regent von Braunschweig Herrn Dr. Kliemke zu einem Vortrage über Esperanto an den brmm- schweigischen Hof geladen, in dessen Folge sowohl der Herzog wie die Minister und andre hervorragende Teilnehmer ihre volle Sympathie für die Sache aussprachen. Wir haben deshalb Herrn Dr. Kliemke gebeten, unsern Lesern einen Überblick über die Eigentümlichkeiten des Aufbaues der Esperantosprache zu geben. Im übrigen verweisen wir ans die Artikel in Heft 6 von 1910 Die Schriftltg. und Heft 1 von 1911. o viel schneller, häufiger und ausgedehnter der heutige Verkehr mit der Eisenbahn gegenüber dem der Postkutsche geworden ist, so hat sich entsprechend unser ganzes Leben entwickelt. Die Ersparnis an Zeit wird aufgehoben und überwogen durch die größere Fülle, die wir zu bewältigen haben. So haben wir alle, namentlich die Großstädter, so viel zu tun, daß wir über dem, womit wir uns beschäftigen müssen, das vernachlässigen, was wir tun möchten. Erst recht fällt manches ungeprüft beiseite, was auf den ersten Blick unserem persönlichen Interesse ferner zu liegen scheint. Für vieles würden wir schon ein Viertelstündchen Zeit finden und gern darauf verwenden, wenn es uns durch das richtige Verständnis näher gerückt wäre. Das Schlimme ist, daß dieses richtige Verständnis oft erst bei eingehenderer Beschäftigung kommt, und daß Gefühlsrichtungen und damit ver¬ knüpfte Vorurteile diese Beschäftigung von vornherein ablehnen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_318282/212>, abgerufen am 18.05.2024.