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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr.

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Richard Uvah und die Reichsbank

der vergleichenden Morphologie und der Embryologie genügten in: wesentlichen
zu der Aufstellung derjenigen Hypothese, die wir nach ihrem Begründer als
Darwinismus bezeichnen. (Schluß folgt.)




Richard Uvah und die Reichsbank
Line Gedenkrede von Geh. Justizrat Prof. Dr. Rießer-

in 15. Oktober 1910 ist Richard Eduard Koch im Alter von sechs¬
undsiebzig Jahren nach einem an Mühe, Arbeit und Erfolgen selten
reichen Leben dem Vaterlande entrissen worden.

Geboren am 15. September 1834 zu Kottbus, bezog Richard
Koch bereits im April 1850, also mit noch nicht siebzehn Jahren,
die Universität Berlin. Hier hat er fünf Semester und damit, da er von sechsten
Semester seitens des Justizministeriums befreit wurde, seine ganze Studienzeit
verbracht, ohne jedoch, wie er selbst noch vor kurzem in der Liebmannschen Fest¬
schrift zum hundertjährigen Jubiläum der Universität hervorhob, "in ein näheres
Verhältnis zu ihr zu gelangen". Es fehlte ihm hier, wie er sagt, an der Poesie,
"welche sonst die Universitätszeit und manche schönen Plätze zu verklären pflegt.
Berlin war und blieb Lern-Universität. Der Ernst der Arbeit beherrschte alles".
Besonderes Vertrauen faßte er zu Rudolf Gneist und zu Homeyer, der seinen
Studenten "sonntäglich in seiner Wohnung ein Privatissimum über den Sachsen¬
spiegel zu lesen pflegte".

Nachdem er mit neunzehn Jahren (2. November 1853) Auskultator am
Kreisgericht seiner Vaterstadt Kottbus und zwei Jahre später Appellationsgerichts¬
referendar geworden war auf Grund einer Prüfungsarbeit, die man zensierte
als eine "vorzügliche Arbeit, die selbst einem geübten Praktiker zur Ehre gereichen
würde", wurde er mit dreiundzwanzig Jahren (21. Mai 1858) Gerichtsassessor
und, "nach einem kurzen Intermezzo bei der Staatsanwaltschaft in Frankfurt a. O.".
Hilfsrichter bei den Appellationsgerichten in Ratibor und demnächst in Halber¬
stadt, wo er jeweils gleichzeitig bei dem Straf- und dem Zivilsenat tätig war.

Mit siebenundzwanzig Jahren (27. März 1862) wurde er zum Richter bei
dem Stadt- und Kreisgericht in Danzig ernannt, wo er kurz darauf (Januar 1865)
auch Mitglied des mit der Regierung verbundenen landwirtschaftlichen Spruch¬
kollegiums geworden ist; dann kam er im Oktober 1865, kurz nach seiner Ver¬
heiratung, als Richter zum Stadtgericht nach Berlin.

Ans Grund seiner bereits 1863 begonnenen literarischen Tätigkeit auf den
Gebieten des Konkurs-, Zivilprozeß- und Verkehrsrechts, berief man den jungen
Stadtgerichtsrat mit dem Beginn des Jahres 1868 zum Schriftführer der
"Kommission zur Ausarbeitung einer gemeinsamen Zivilprozeßordnung für die


Richard Uvah und die Reichsbank

der vergleichenden Morphologie und der Embryologie genügten in: wesentlichen
zu der Aufstellung derjenigen Hypothese, die wir nach ihrem Begründer als
Darwinismus bezeichnen. (Schluß folgt.)




Richard Uvah und die Reichsbank
Line Gedenkrede von Geh. Justizrat Prof. Dr. Rießer-

in 15. Oktober 1910 ist Richard Eduard Koch im Alter von sechs¬
undsiebzig Jahren nach einem an Mühe, Arbeit und Erfolgen selten
reichen Leben dem Vaterlande entrissen worden.

Geboren am 15. September 1834 zu Kottbus, bezog Richard
Koch bereits im April 1850, also mit noch nicht siebzehn Jahren,
die Universität Berlin. Hier hat er fünf Semester und damit, da er von sechsten
Semester seitens des Justizministeriums befreit wurde, seine ganze Studienzeit
verbracht, ohne jedoch, wie er selbst noch vor kurzem in der Liebmannschen Fest¬
schrift zum hundertjährigen Jubiläum der Universität hervorhob, „in ein näheres
Verhältnis zu ihr zu gelangen". Es fehlte ihm hier, wie er sagt, an der Poesie,
„welche sonst die Universitätszeit und manche schönen Plätze zu verklären pflegt.
Berlin war und blieb Lern-Universität. Der Ernst der Arbeit beherrschte alles".
Besonderes Vertrauen faßte er zu Rudolf Gneist und zu Homeyer, der seinen
Studenten „sonntäglich in seiner Wohnung ein Privatissimum über den Sachsen¬
spiegel zu lesen pflegte".

Nachdem er mit neunzehn Jahren (2. November 1853) Auskultator am
Kreisgericht seiner Vaterstadt Kottbus und zwei Jahre später Appellationsgerichts¬
referendar geworden war auf Grund einer Prüfungsarbeit, die man zensierte
als eine „vorzügliche Arbeit, die selbst einem geübten Praktiker zur Ehre gereichen
würde", wurde er mit dreiundzwanzig Jahren (21. Mai 1858) Gerichtsassessor
und, „nach einem kurzen Intermezzo bei der Staatsanwaltschaft in Frankfurt a. O.".
Hilfsrichter bei den Appellationsgerichten in Ratibor und demnächst in Halber¬
stadt, wo er jeweils gleichzeitig bei dem Straf- und dem Zivilsenat tätig war.

Mit siebenundzwanzig Jahren (27. März 1862) wurde er zum Richter bei
dem Stadt- und Kreisgericht in Danzig ernannt, wo er kurz darauf (Januar 1865)
auch Mitglied des mit der Regierung verbundenen landwirtschaftlichen Spruch¬
kollegiums geworden ist; dann kam er im Oktober 1865, kurz nach seiner Ver¬
heiratung, als Richter zum Stadtgericht nach Berlin.

Ans Grund seiner bereits 1863 begonnenen literarischen Tätigkeit auf den
Gebieten des Konkurs-, Zivilprozeß- und Verkehrsrechts, berief man den jungen
Stadtgerichtsrat mit dem Beginn des Jahres 1868 zum Schriftführer der
„Kommission zur Ausarbeitung einer gemeinsamen Zivilprozeßordnung für die


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_318282/23>, abgerufen am 26.05.2024.