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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr.

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Gewesene Leute

worden sind. Hiernach wird die Hälfte dieser Gebühren unter die Mitglieder
der Prüfungskommission verteilt, wogegen die andere Hälfte nach Deckung der
erwachsenen sächlichen Kosten, wozu neben den entstandenen Auslagen Vergütungen
für Bureauarbeiten und ähnliche Dienstleistungen gehören, in eine für allgemeine
Zwecke der Hochschule bestimmte Kasse fließt.




Gewesene Leute
von Major H, L. v, Brixen

ieser Titel eines Gorkischen Stimmungsbildes erweckte vor Jahren
in mir die Jdeenverbindung: "Gewesene Leute-- verabschiedete
Offiziere?!" Sie ist ohne weiteres schwer verständlich; mein
militärischer Himmel hing damals voller Geigen. Als später das
eigene Schicksal zur Entscheidung stand, fand ich für mich die
Losung: "Verabschiedete Offiziere -- Leute der Gegenwart!" Praktische Er¬
fahrungen der Zwischenzeit haben mich darin bestärkt.

Durch die Presse liefen kürzlich krause Gerüchte über "Sanierung" des
gesamten Offizierstandes eines Staates. Je geschraubter in einem Staate der
soziale Vorrang eines Standes erscheint, um so bedenklicher müßte ein öffent¬
liches Bekenntnis seiner wirtschaftlichen Unmündigkeit wirken. Keine gesunde
Sanierung befaßt sich mit Behebung einer individuellen Geldklemme an und
sür sich; Ausschlag muß stets ihr wirtschaftlicher Nutzen für die Allgemeinheit
geben. Unverschüttete Notlage kann jeden treffen; wer aber vom Unglück hart¬
näckig verfolgt wird, ermangelt der erforderlichen Spannkraft im Kampf
ums Dasein.

Als ich nach Einbuße der Felddienstfähigkeit nutzbringende Bethätigung in
bürgerlichem Berufe anstrebte, brachten die Verhältnisse es mit sich, daß ich in
die Winkel horchte. Wie vielen gestattet in gleicher Lage die Belastung mit der
Zwangsvorstellung besonderer Standesrücksichten sachliche Prüfung aller Um¬
stände? Wer durch Arbeit dem Staate seinen Tribut vou da aus zollt, wo das
mächtigere Schicksal ihn hin verschlug, handelt -- so sollte man meinen --
standesgemäß!

Ich habe berufliche Befriedigung gefunden; die Übergangszeit ist unein¬
träglich und gestaltet sich sorgenvoll, wo der unerläßlichste Aufwand in steigendes
Mißverhältnis zum Betriebskapital tritt. Manche gesunde Kraft geht dabei
verloren, absterbend in Enttäuschung über Fehlgriffe und schließlicher Untätigkeit.
In Großstadtdokumenten dürfte der Vollständigkeit halber das Kapitel von der
Misere verabschiedeter Offiziere nicht fehlen.


Gewesene Leute

worden sind. Hiernach wird die Hälfte dieser Gebühren unter die Mitglieder
der Prüfungskommission verteilt, wogegen die andere Hälfte nach Deckung der
erwachsenen sächlichen Kosten, wozu neben den entstandenen Auslagen Vergütungen
für Bureauarbeiten und ähnliche Dienstleistungen gehören, in eine für allgemeine
Zwecke der Hochschule bestimmte Kasse fließt.




Gewesene Leute
von Major H, L. v, Brixen

ieser Titel eines Gorkischen Stimmungsbildes erweckte vor Jahren
in mir die Jdeenverbindung: „Gewesene Leute— verabschiedete
Offiziere?!" Sie ist ohne weiteres schwer verständlich; mein
militärischer Himmel hing damals voller Geigen. Als später das
eigene Schicksal zur Entscheidung stand, fand ich für mich die
Losung: „Verabschiedete Offiziere — Leute der Gegenwart!" Praktische Er¬
fahrungen der Zwischenzeit haben mich darin bestärkt.

Durch die Presse liefen kürzlich krause Gerüchte über „Sanierung" des
gesamten Offizierstandes eines Staates. Je geschraubter in einem Staate der
soziale Vorrang eines Standes erscheint, um so bedenklicher müßte ein öffent¬
liches Bekenntnis seiner wirtschaftlichen Unmündigkeit wirken. Keine gesunde
Sanierung befaßt sich mit Behebung einer individuellen Geldklemme an und
sür sich; Ausschlag muß stets ihr wirtschaftlicher Nutzen für die Allgemeinheit
geben. Unverschüttete Notlage kann jeden treffen; wer aber vom Unglück hart¬
näckig verfolgt wird, ermangelt der erforderlichen Spannkraft im Kampf
ums Dasein.

Als ich nach Einbuße der Felddienstfähigkeit nutzbringende Bethätigung in
bürgerlichem Berufe anstrebte, brachten die Verhältnisse es mit sich, daß ich in
die Winkel horchte. Wie vielen gestattet in gleicher Lage die Belastung mit der
Zwangsvorstellung besonderer Standesrücksichten sachliche Prüfung aller Um¬
stände? Wer durch Arbeit dem Staate seinen Tribut vou da aus zollt, wo das
mächtigere Schicksal ihn hin verschlug, handelt — so sollte man meinen —
standesgemäß!

Ich habe berufliche Befriedigung gefunden; die Übergangszeit ist unein¬
träglich und gestaltet sich sorgenvoll, wo der unerläßlichste Aufwand in steigendes
Mißverhältnis zum Betriebskapital tritt. Manche gesunde Kraft geht dabei
verloren, absterbend in Enttäuschung über Fehlgriffe und schließlicher Untätigkeit.
In Großstadtdokumenten dürfte der Vollständigkeit halber das Kapitel von der
Misere verabschiedeter Offiziere nicht fehlen.


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[0271] Gewesene Leute worden sind. Hiernach wird die Hälfte dieser Gebühren unter die Mitglieder der Prüfungskommission verteilt, wogegen die andere Hälfte nach Deckung der erwachsenen sächlichen Kosten, wozu neben den entstandenen Auslagen Vergütungen für Bureauarbeiten und ähnliche Dienstleistungen gehören, in eine für allgemeine Zwecke der Hochschule bestimmte Kasse fließt. Gewesene Leute von Major H, L. v, Brixen ieser Titel eines Gorkischen Stimmungsbildes erweckte vor Jahren in mir die Jdeenverbindung: „Gewesene Leute— verabschiedete Offiziere?!" Sie ist ohne weiteres schwer verständlich; mein militärischer Himmel hing damals voller Geigen. Als später das eigene Schicksal zur Entscheidung stand, fand ich für mich die Losung: „Verabschiedete Offiziere — Leute der Gegenwart!" Praktische Er¬ fahrungen der Zwischenzeit haben mich darin bestärkt. Durch die Presse liefen kürzlich krause Gerüchte über „Sanierung" des gesamten Offizierstandes eines Staates. Je geschraubter in einem Staate der soziale Vorrang eines Standes erscheint, um so bedenklicher müßte ein öffent¬ liches Bekenntnis seiner wirtschaftlichen Unmündigkeit wirken. Keine gesunde Sanierung befaßt sich mit Behebung einer individuellen Geldklemme an und sür sich; Ausschlag muß stets ihr wirtschaftlicher Nutzen für die Allgemeinheit geben. Unverschüttete Notlage kann jeden treffen; wer aber vom Unglück hart¬ näckig verfolgt wird, ermangelt der erforderlichen Spannkraft im Kampf ums Dasein. Als ich nach Einbuße der Felddienstfähigkeit nutzbringende Bethätigung in bürgerlichem Berufe anstrebte, brachten die Verhältnisse es mit sich, daß ich in die Winkel horchte. Wie vielen gestattet in gleicher Lage die Belastung mit der Zwangsvorstellung besonderer Standesrücksichten sachliche Prüfung aller Um¬ stände? Wer durch Arbeit dem Staate seinen Tribut vou da aus zollt, wo das mächtigere Schicksal ihn hin verschlug, handelt — so sollte man meinen — standesgemäß! Ich habe berufliche Befriedigung gefunden; die Übergangszeit ist unein¬ träglich und gestaltet sich sorgenvoll, wo der unerläßlichste Aufwand in steigendes Mißverhältnis zum Betriebskapital tritt. Manche gesunde Kraft geht dabei verloren, absterbend in Enttäuschung über Fehlgriffe und schließlicher Untätigkeit. In Großstadtdokumenten dürfte der Vollständigkeit halber das Kapitel von der Misere verabschiedeter Offiziere nicht fehlen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_318282/271>, abgerufen am 18.05.2024.