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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr.

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von Margarete Mindthorst
o war's: Ein Junitag, ein leises Regnen.
So still und warm kann nur die Freude weinen,
Wenn, noch das Auge halb voll Sonnenscheinen,
Stunden zu reich des Glückes ihr begegnen.
Der Sommer segnete den feuchten Glanz
Und tränkte Mohn und rote Taglichtnelken;
So sorgt der fromme Gärtner um den Kranz,
Daß ihm die Blumen nicht zu früh verwelken.
Ich ging, wo mich die Wege weglos führten,
Den Saum der Berge hin, wo Blumen standen,
Die schon dem Blicke sich zum Strauße banden,
Noch ehe meine Hände sie berührten.
Und ein Geschenk war jeder neue Schritt,
Der eine Spanne Glückes mehr bescherte;
Fern durch die Büsche lief ein Knistern mit --
Mein Hund, jagend auf eines Wildes Fährte.
Da sah ich zwischen Heckenkraut am Hange
Im Feld den Klee sacht Stirn an Stirne lehnen,
Der Sommerregeu, scheu wie Freudetränen,
schimmerte drüber wie auf Menschenwangen.
So sehen Kinder aus, den Kopf geneigt,
Weil sie dem Spiele noch den Blick nicht gönnen.
Die, wenn noch altes Leid in Tränen steigt,
Um neues Licht schon wieder lachen können.



von Margarete Mindthorst
o war's: Ein Junitag, ein leises Regnen.
So still und warm kann nur die Freude weinen,
Wenn, noch das Auge halb voll Sonnenscheinen,
Stunden zu reich des Glückes ihr begegnen.
Der Sommer segnete den feuchten Glanz
Und tränkte Mohn und rote Taglichtnelken;
So sorgt der fromme Gärtner um den Kranz,
Daß ihm die Blumen nicht zu früh verwelken.
Ich ging, wo mich die Wege weglos führten,
Den Saum der Berge hin, wo Blumen standen,
Die schon dem Blicke sich zum Strauße banden,
Noch ehe meine Hände sie berührten.
Und ein Geschenk war jeder neue Schritt,
Der eine Spanne Glückes mehr bescherte;
Fern durch die Büsche lief ein Knistern mit —
Mein Hund, jagend auf eines Wildes Fährte.
Da sah ich zwischen Heckenkraut am Hange
Im Feld den Klee sacht Stirn an Stirne lehnen,
Der Sommerregeu, scheu wie Freudetränen,
schimmerte drüber wie auf Menschenwangen.
So sehen Kinder aus, den Kopf geneigt,
Weil sie dem Spiele noch den Blick nicht gönnen.
Die, wenn noch altes Leid in Tränen steigt,
Um neues Licht schon wieder lachen können.

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[0275] [Abbildung] von Margarete Mindthorst o war's: Ein Junitag, ein leises Regnen. So still und warm kann nur die Freude weinen, Wenn, noch das Auge halb voll Sonnenscheinen, Stunden zu reich des Glückes ihr begegnen. Der Sommer segnete den feuchten Glanz Und tränkte Mohn und rote Taglichtnelken; So sorgt der fromme Gärtner um den Kranz, Daß ihm die Blumen nicht zu früh verwelken. Ich ging, wo mich die Wege weglos führten, Den Saum der Berge hin, wo Blumen standen, Die schon dem Blicke sich zum Strauße banden, Noch ehe meine Hände sie berührten. Und ein Geschenk war jeder neue Schritt, Der eine Spanne Glückes mehr bescherte; Fern durch die Büsche lief ein Knistern mit — Mein Hund, jagend auf eines Wildes Fährte. Da sah ich zwischen Heckenkraut am Hange Im Feld den Klee sacht Stirn an Stirne lehnen, Der Sommerregeu, scheu wie Freudetränen, schimmerte drüber wie auf Menschenwangen. So sehen Kinder aus, den Kopf geneigt, Weil sie dem Spiele noch den Blick nicht gönnen. Die, wenn noch altes Leid in Tränen steigt, Um neues Licht schon wieder lachen können.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_318282/275>, abgerufen am 19.05.2024.