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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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junger Vergangenheit betrachtet. In der
sehr richtigen Erkenntnis, daß es sich hier
nicht um einen logisch feststellbaren Begriff,
sondern um einen Komplex, realer künstlerischer
Bestrebungen handelt, sucht er nicht An¬
näherungen an eine apodiktisch festgesetzte
höchste Form des Impressionismus auf,
sondern geht dem mehr oder weniger deut¬
lichen, vereinzelten oder vereinigten Auf¬
tauchen symptomatischer Teilprobleme nach
wie- unmittelbar frappierende illusionistische
Wirkung, Wiedergabe von Bewegung und
momentanen Reize, denen sich Probleme des
Fernbildes, des Pleinair und der Technik
ein- oder unterordnen. Durch strenge Ver¬
meidung jeglicher Dithyrambik sowie der
neuerdings so beliebten und meist so Pro¬
blematischen, wenn nicht gar Platten Ent-
wicklungs- und Beeinflussungsspekulationen
berührt dies in vornehmer Gemeinverständ¬
lichkeit abgefaßte, gut ausgestattete Buch un¬
gemein sympathisch, doch wird sich eine aus¬
führliche Besprechung besser an daS Erscheinen
des zweiten Bandes anschließen, der die
Kunst Ostasiens und die Moderne seit
S. Delacroix behandeln wird.

Musik

Otto Kllluwcll, Geschichte der Programm¬
musik von ihren Anfängen bis zur Gegen¬
wart. Leipzig, Breitkopf u. Härtel.

Der Verfasser dieser jetzt sehr zeitgemäßen
Untersuchungen weist den Leser auf das
Seltsame der Tatsache hin, daß er als
"grundsätzlicher Gegner" sich in diesen Stoff
und seine Entwicklung vertiefe. Die Unter¬
suchungen gestalten sich denn auch zu einer
Art Nachprüfung der Ausfassung, die zwar die
kunsthistorische Notwendigkeit der Programm¬
musik bestreitet, sie aber doch in bestimmten
Formen und Äußerungen vollwertig gelten
läßt. Mit Liszt stellt Klauwell fest, daß auch
den Besten wie Haydn, Beethoven, Mendels¬
sohn, Schumann, Spohr ein nicht geringer
Anteil an diesen Bestrebungen zukomme, die
seit den Zeiten der Matthias Hermann,
Nicolas Gombert und Element Janncauin
besonders in Deutschland und Frankreich und
erst über diese Fährte hinweg in späterer
Zeit in den übrigen Kulturländern gepflegt
werden. Erwähnt sei die Erläuterung eines

[Spaltenumbruch]

Werkes von Gregor Jos. Werner, dem Vor¬
gänger Haydns im Esterhazyschen Kapell¬
meisteramt: "Neuer und sehr curios-Musika¬
lischer Instrumental-Kalender, Parthieenweiß
mit zwei Violinen und Basso in die zwölff
Jahrs-Monat eingetheilet, und nach eines
jedweden Art und Eigenschafft mit Bizzarien
und seltzamen Erfindungen herausgegeben".

Schummm, der Phantasieveschwingte, der
dieBrücke von derromantischen zur Programm¬
musik schlägt, wird als Zeuge gegen Pro¬
grammatische Übertreibungen aufgerufen. Bei
Berlioz, Liszt, Wagner und ihrer Gefolgschaft
wird im einzelnen Wert und Unwert unter¬
sucht, bis bei Richard Strauß die Ent¬
scheidung fallt. Naturgemäß bietet diese
Darlegung besonderes Interesse. Von dem
Punkt des Straußfeder Nichtungswechsels,
der sinfonischen Phantasie "Aus Italien",
bis zur Lintonia clomestica werden die
Werke aufgerollt und inhaltlich bewertet.
Klauwell neigt mehr zu den in Vnriationen-
form gehaltenen Dichtungen "Eulenspiegel"
und "Don Quixote" und läßt "Also sprach
Zarathustra" und das "Heldenleben" mir
bedingt gelten, kommt aber freilich zu dem
Schluß, daß Richard Strauß diese Richtung
einschlagen mußte, um seine "geniale Sonder-
begabung" zum vollen Ausdruck zu bringen.
Die Nachahmer weist er mit Recht zurück
und stellt als Ergebnis der Untersuchungen
fest, daß der eigentliche Wert aller Programm¬
musik darin zu suchen sei, "daß sie in ihrem
notwendigen Bestreben, die Allsdrucksfähigkeit
der Musik zu steigern, zu vcrmnnnigfaltigen
und zu differenzieren, zur Auffindung neuer
Mittel führen muß, die, in maßvoller,
künstlerisch begrenzter und regulierter Ver¬
wendung, auch der absoluten musikalischen
Kunst zugute kommen müssen".

Dr. W. Kleefeld
Offizier- und Beamtenfragen

Schaffung und Heranbildung der Führer
für den Krieg. Wenn wir in der aner¬
kannten Überalterung des Offizierkorps auch
noch nicht so weit gekommen sind, wie Preußen
vor dem Jahre 1806, so sind doch die Be-
förderungsvcrhältnisse im letzten Jahrzehnt
so schlecht geworden, das; es zweifellos an
der Zeit ist, sich um die Bedingungen des

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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junger Vergangenheit betrachtet. In der
sehr richtigen Erkenntnis, daß es sich hier
nicht um einen logisch feststellbaren Begriff,
sondern um einen Komplex, realer künstlerischer
Bestrebungen handelt, sucht er nicht An¬
näherungen an eine apodiktisch festgesetzte
höchste Form des Impressionismus auf,
sondern geht dem mehr oder weniger deut¬
lichen, vereinzelten oder vereinigten Auf¬
tauchen symptomatischer Teilprobleme nach
wie- unmittelbar frappierende illusionistische
Wirkung, Wiedergabe von Bewegung und
momentanen Reize, denen sich Probleme des
Fernbildes, des Pleinair und der Technik
ein- oder unterordnen. Durch strenge Ver¬
meidung jeglicher Dithyrambik sowie der
neuerdings so beliebten und meist so Pro¬
blematischen, wenn nicht gar Platten Ent-
wicklungs- und Beeinflussungsspekulationen
berührt dies in vornehmer Gemeinverständ¬
lichkeit abgefaßte, gut ausgestattete Buch un¬
gemein sympathisch, doch wird sich eine aus¬
führliche Besprechung besser an daS Erscheinen
des zweiten Bandes anschließen, der die
Kunst Ostasiens und die Moderne seit
S. Delacroix behandeln wird.

Musik

Otto Kllluwcll, Geschichte der Programm¬
musik von ihren Anfängen bis zur Gegen¬
wart. Leipzig, Breitkopf u. Härtel.

Der Verfasser dieser jetzt sehr zeitgemäßen
Untersuchungen weist den Leser auf das
Seltsame der Tatsache hin, daß er als
„grundsätzlicher Gegner" sich in diesen Stoff
und seine Entwicklung vertiefe. Die Unter¬
suchungen gestalten sich denn auch zu einer
Art Nachprüfung der Ausfassung, die zwar die
kunsthistorische Notwendigkeit der Programm¬
musik bestreitet, sie aber doch in bestimmten
Formen und Äußerungen vollwertig gelten
läßt. Mit Liszt stellt Klauwell fest, daß auch
den Besten wie Haydn, Beethoven, Mendels¬
sohn, Schumann, Spohr ein nicht geringer
Anteil an diesen Bestrebungen zukomme, die
seit den Zeiten der Matthias Hermann,
Nicolas Gombert und Element Janncauin
besonders in Deutschland und Frankreich und
erst über diese Fährte hinweg in späterer
Zeit in den übrigen Kulturländern gepflegt
werden. Erwähnt sei die Erläuterung eines

[Spaltenumbruch]

Werkes von Gregor Jos. Werner, dem Vor¬
gänger Haydns im Esterhazyschen Kapell¬
meisteramt: „Neuer und sehr curios-Musika¬
lischer Instrumental-Kalender, Parthieenweiß
mit zwei Violinen und Basso in die zwölff
Jahrs-Monat eingetheilet, und nach eines
jedweden Art und Eigenschafft mit Bizzarien
und seltzamen Erfindungen herausgegeben".

Schummm, der Phantasieveschwingte, der
dieBrücke von derromantischen zur Programm¬
musik schlägt, wird als Zeuge gegen Pro¬
grammatische Übertreibungen aufgerufen. Bei
Berlioz, Liszt, Wagner und ihrer Gefolgschaft
wird im einzelnen Wert und Unwert unter¬
sucht, bis bei Richard Strauß die Ent¬
scheidung fallt. Naturgemäß bietet diese
Darlegung besonderes Interesse. Von dem
Punkt des Straußfeder Nichtungswechsels,
der sinfonischen Phantasie „Aus Italien",
bis zur Lintonia clomestica werden die
Werke aufgerollt und inhaltlich bewertet.
Klauwell neigt mehr zu den in Vnriationen-
form gehaltenen Dichtungen „Eulenspiegel"
und „Don Quixote" und läßt „Also sprach
Zarathustra" und das „Heldenleben" mir
bedingt gelten, kommt aber freilich zu dem
Schluß, daß Richard Strauß diese Richtung
einschlagen mußte, um seine „geniale Sonder-
begabung" zum vollen Ausdruck zu bringen.
Die Nachahmer weist er mit Recht zurück
und stellt als Ergebnis der Untersuchungen
fest, daß der eigentliche Wert aller Programm¬
musik darin zu suchen sei, „daß sie in ihrem
notwendigen Bestreben, die Allsdrucksfähigkeit
der Musik zu steigern, zu vcrmnnnigfaltigen
und zu differenzieren, zur Auffindung neuer
Mittel führen muß, die, in maßvoller,
künstlerisch begrenzter und regulierter Ver¬
wendung, auch der absoluten musikalischen
Kunst zugute kommen müssen".

Dr. W. Kleefeld
Offizier- und Beamtenfragen

Schaffung und Heranbildung der Führer
für den Krieg. Wenn wir in der aner¬
kannten Überalterung des Offizierkorps auch
noch nicht so weit gekommen sind, wie Preußen
vor dem Jahre 1806, so sind doch die Be-
förderungsvcrhältnisse im letzten Jahrzehnt
so schlecht geworden, das; es zweifellos an
der Zeit ist, sich um die Bedingungen des

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_318282/434>, abgerufen am 19.05.2024.