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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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gezeigt, als der deutsche Offizier mit dem
deutschen Kaufmann Fühlung nahm.

In richtiger Erkenntnis, dnsz "Schein"
über "Sein" gilt, locken Versicherungsgesell¬
schaften mit "Subdirektor"-Titeln, Und die
spärlichen Provisionen werden oft verschlungen
von Ngentencmsfällen und Ausgaben für ver¬
eidigte Revisoren, um zum Kontrolltcrmin die
Bücher 5 zour zu halten. Oft schrieb man
mir: "Helfen Sie mir zu einer Stellung;
alles -- aber nur nicht Klinkendrücker!"

Wer als Bürger schaffen will, muß sich
zwingen, als Soldat zu sterben. Mir ist
mancher Fall aus Bürgerkreiscn bekannt, wo
Familien, die ehrlich alles verloren, in den
Kreisen ihrer früheren Steuerstufe bescheiden
und -- geachtet weiter Verkehren, weil sie der
gröberen Arbeit vor der Öffentlichkeit sich nicht
scheuen.

Wer im Lichte wandelt, wird auch als
verabschiedeter Offizier leicht auffindbar sein.
Die Idee der Listenführung sei unter weiterem,
humanitärem Gesichtspunkt dankbar begrüßt.
Unsere Bestrebung stellt sich gern in ihren
Dienst, Die Versenden aber und vom
Schicksal Geschlagenen, die es noch nicht über
sich gewannen, hinter dem Vorhang hervor¬
zutreten, mögen, wenn dieser Aufruf ihnen zu
Gesicht kommt, sich der Schriftleitung der
Neuen Militärischen Blätter (Berlin SW. 11,
Bernburger Ser. 22a/23) anvertraue".

Major a. D. von Brixen-
Bildungsfragen

Bnrgcrkimdc. Ein Leitfaden zur Ein¬
führung in das staatsbürgerliche Leben von
or.Kleefeld. Berlin 1911. Verlag des Hansa¬
bundes für Gewerbe, Handel und Industrie.

Das Wort von der "staatsbürgerlichen Er¬
ziehung" ist heute zu einem Schlagwort, der
Begriff der "Politischen Bildung" zu einer viel
mißbrauchten Phrase unseres öffentlichen Lebens
geworden. Der Gedanke, das zur praktischen
Mitarbeit an den Aufgaben des Staates ver¬
fassungsmäßig berufene Volk für die Ausübung
seiner konstitutionellen Rechte und Pflichten
fähig zu machen, ist keineswegs eine Errungen¬
schaft unserer Tage. Wir finden ihn schon in
Platos unsterblichen Werken; wir sehen ihn
MM Teil verwirklicht in den Stadtstaaten der
Antike; wir begegnen ihm in neuerer Zeit

[Spaltenumbruch]

insbesondere beim Freiherrn vom Stein und in
den Werken Johann Gottlieb Fichtes. Otto
v. Bismarck war vielleicht allzusehr Optimist,
als er den Satz sprach: "Setzen wir Deutsch¬
land nur erst in den Sattel -- reiten wird
es schon können I" Die wirtschaftliche Er¬
starkung des deutschen Volkes und mit ihr
die Festigung der Politischen Stellung des
Reiches im Weltkonzert sind nicht im gleichen
Maße begleitet worden von einer Erstarkung
des Staatsgedankens, von einer Festigung der
vaterländischen Gesinnung in der Gesamtheit
der Nation. Es ist kein Zweifel, daß hier
die Schule nicht rechtzeitig erkannt hat, welche
neue bedeutsame Aufgabe ihr aus der histo¬
rischen Entwicklung heraus erwachsen ist. Es
lassen auch heute noch Regierung und Schule
das dringend nötige Verständnis in dieser
Richtung vermissen. Nur zögernd kommt man
der allseitigen Forderung entgegen, Staats¬
gesinnung mehr als bisher durch sachliche Be¬
lehrung zu Pflegen. Um so eifriger aber haben
sich Private Kreise der Lösung des Problems
zugewendet. Hier kann nur der Versuche ge¬
dachtwerden, auf literarischem Wege gesteigertes
Interesse, Wissen und Verständnis in bezug
auf die Angelegenheiten des öffentlichen Lebens
zu wecken und zu Pflegen, "Vürgcrkunden"
sind binnen weniger Jahre in einer Unmasse
ans den Büchermarkt geworfen worden, Ihrem
Zweck, dem deutschen Staatsbürger eine mehr
oder weniger gründliche Aufklärung über seine
Rechte und Pflichten zu bieten oder auch der
heranwachsenden Jugend beiderlei Geschlechts
Kenntnisse und Verständnis der Einrichtungen
und Vorgänge des öffentlichen Lebens zu
vermitteln, vermögen sie mir zum Teil in
einwandfreien Maße zu genügen. Nicht
immer wissen sich die Verfasser von Polnischer
Parteinahme freizuhalten (z, B Th. Franke
in seiner "Deutschen Staats- und Bürger¬
kunde für den Gebrauch nu gehobenen
Bürger-, Fortbildnngs- und Fachschulen."
Verlag A. Huste, Dresden). Auch sind manche
dieser Bücher mit sachlichen Irrtümern be¬
haftet; andere weisen Lücken auf, die den
Wert der Arbeit stark beeinträchtigen. Nicht
wenige sind auch sehr trocken geschrieben und
wirken hierdurch nichts weniger als anregend.
Eine Überschau der bürgerkundlichen Literatur
läßt nur bei verhältnismäßig wenigen Erschei-

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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gezeigt, als der deutsche Offizier mit dem
deutschen Kaufmann Fühlung nahm.

In richtiger Erkenntnis, dnsz „Schein"
über „Sein" gilt, locken Versicherungsgesell¬
schaften mit „Subdirektor"-Titeln, Und die
spärlichen Provisionen werden oft verschlungen
von Ngentencmsfällen und Ausgaben für ver¬
eidigte Revisoren, um zum Kontrolltcrmin die
Bücher 5 zour zu halten. Oft schrieb man
mir: „Helfen Sie mir zu einer Stellung;
alles — aber nur nicht Klinkendrücker!"

Wer als Bürger schaffen will, muß sich
zwingen, als Soldat zu sterben. Mir ist
mancher Fall aus Bürgerkreiscn bekannt, wo
Familien, die ehrlich alles verloren, in den
Kreisen ihrer früheren Steuerstufe bescheiden
und — geachtet weiter Verkehren, weil sie der
gröberen Arbeit vor der Öffentlichkeit sich nicht
scheuen.

Wer im Lichte wandelt, wird auch als
verabschiedeter Offizier leicht auffindbar sein.
Die Idee der Listenführung sei unter weiterem,
humanitärem Gesichtspunkt dankbar begrüßt.
Unsere Bestrebung stellt sich gern in ihren
Dienst, Die Versenden aber und vom
Schicksal Geschlagenen, die es noch nicht über
sich gewannen, hinter dem Vorhang hervor¬
zutreten, mögen, wenn dieser Aufruf ihnen zu
Gesicht kommt, sich der Schriftleitung der
Neuen Militärischen Blätter (Berlin SW. 11,
Bernburger Ser. 22a/23) anvertraue».

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Bildungsfragen

Bnrgcrkimdc. Ein Leitfaden zur Ein¬
führung in das staatsbürgerliche Leben von
or.Kleefeld. Berlin 1911. Verlag des Hansa¬
bundes für Gewerbe, Handel und Industrie.

Das Wort von der „staatsbürgerlichen Er¬
ziehung" ist heute zu einem Schlagwort, der
Begriff der „Politischen Bildung" zu einer viel
mißbrauchten Phrase unseres öffentlichen Lebens
geworden. Der Gedanke, das zur praktischen
Mitarbeit an den Aufgaben des Staates ver¬
fassungsmäßig berufene Volk für die Ausübung
seiner konstitutionellen Rechte und Pflichten
fähig zu machen, ist keineswegs eine Errungen¬
schaft unserer Tage. Wir finden ihn schon in
Platos unsterblichen Werken; wir sehen ihn
MM Teil verwirklicht in den Stadtstaaten der
Antike; wir begegnen ihm in neuerer Zeit

[Spaltenumbruch]

insbesondere beim Freiherrn vom Stein und in
den Werken Johann Gottlieb Fichtes. Otto
v. Bismarck war vielleicht allzusehr Optimist,
als er den Satz sprach: „Setzen wir Deutsch¬
land nur erst in den Sattel — reiten wird
es schon können I" Die wirtschaftliche Er¬
starkung des deutschen Volkes und mit ihr
die Festigung der Politischen Stellung des
Reiches im Weltkonzert sind nicht im gleichen
Maße begleitet worden von einer Erstarkung
des Staatsgedankens, von einer Festigung der
vaterländischen Gesinnung in der Gesamtheit
der Nation. Es ist kein Zweifel, daß hier
die Schule nicht rechtzeitig erkannt hat, welche
neue bedeutsame Aufgabe ihr aus der histo¬
rischen Entwicklung heraus erwachsen ist. Es
lassen auch heute noch Regierung und Schule
das dringend nötige Verständnis in dieser
Richtung vermissen. Nur zögernd kommt man
der allseitigen Forderung entgegen, Staats¬
gesinnung mehr als bisher durch sachliche Be¬
lehrung zu Pflegen. Um so eifriger aber haben
sich Private Kreise der Lösung des Problems
zugewendet. Hier kann nur der Versuche ge¬
dachtwerden, auf literarischem Wege gesteigertes
Interesse, Wissen und Verständnis in bezug
auf die Angelegenheiten des öffentlichen Lebens
zu wecken und zu Pflegen, „Vürgcrkunden"
sind binnen weniger Jahre in einer Unmasse
ans den Büchermarkt geworfen worden, Ihrem
Zweck, dem deutschen Staatsbürger eine mehr
oder weniger gründliche Aufklärung über seine
Rechte und Pflichten zu bieten oder auch der
heranwachsenden Jugend beiderlei Geschlechts
Kenntnisse und Verständnis der Einrichtungen
und Vorgänge des öffentlichen Lebens zu
vermitteln, vermögen sie mir zum Teil in
einwandfreien Maße zu genügen. Nicht
immer wissen sich die Verfasser von Polnischer
Parteinahme freizuhalten (z, B Th. Franke
in seiner „Deutschen Staats- und Bürger¬
kunde für den Gebrauch nu gehobenen
Bürger-, Fortbildnngs- und Fachschulen."
Verlag A. Huste, Dresden). Auch sind manche
dieser Bücher mit sachlichen Irrtümern be¬
haftet; andere weisen Lücken auf, die den
Wert der Arbeit stark beeinträchtigen. Nicht
wenige sind auch sehr trocken geschrieben und
wirken hierdurch nichts weniger als anregend.
Eine Überschau der bürgerkundlichen Literatur
läßt nur bei verhältnismäßig wenigen Erschei-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_318282/547>, abgerufen am 26.05.2024.