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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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nungen den Eindruck wirklicher Gediegenheit
nach Fassung und Inhalt aufkommen. Zu dieser
Minderzahl sind die bereits bestens einge¬
führten "Bürgerkunden" von Dr. A, Griese
iR Voigtlaenders Verlag in Leipzig, 6. Auf¬
lage) und von G, Hoffmann und E, Groth
(Fr. Wilh. Grunow in Leizig, 6. Auflage),
aus den neu erschienenen mit an erster
Stelle das Buch bon Dr. Kleefeld zu
rechnen. Zuvörderst sei bloß erwähnt, was
für eine Neuauflage wünschenswert erscheint:
besseres Papier. Dann wird auch die vor¬
nehme Anspruchslosigkeit der äußeren Er¬
scheinung der Bürgerknnde des HnnsabundeS
noch mehr zur Geltung kommen. Inhaltlich
ist an der Arbeit ganz besonders die ernste
Sachlichkeit zu rühmen, mit der die wichtigsten
Grundlagen unseres staatlichen, wirtschaftlichen
und gesellschaftlichenLebens vorgeführt werden.
Im Vordergrunde steht das Reich, das der
Verfasser sehr treffend als "die Praktische Durch¬
führung des Gedankens von der allein stark
machenden Einigkeit im Leben der Völker"
leimzeichnct. Überall aber, wo es die Ver¬
hältnisse erfordern, wird n"es der deutschen
Bundesstaaten, ihrer Einrichtungen und der
für sie aus territorialer Eigenart oder histo¬
rischer Entwicklung sich ergebenden besonderen
Aufgaben gedacht. Die im Anhang gebotene
Übersicht über die bestehenden Wirtschaft- und
Parteiorganisationen, anschließend an eine ^u-
sanimenstcllungderGrnudzügederVerfassuugs-
und Verwaltungsorganisation der bedeutendsten
Staaten des Auslandes, sowie einige kurze
Bemerkungen ans dem Gebiete der Volks¬
wirtschaftslehre vervollständigen den Inhalt
des Buches. l)r. Kleefeld hat die Darstellung
der gegenwärtigen Einrichtungen unseres öffent¬
lichen Lebens durchweg ans eine knappe histo¬
rische Grundlage gesetzt. Dies und die ruhige
Sachlichkeit, mit der alle Fragen behandelt
werden, wirkt sehr anregend für den Leser.
Insbesondere auch für unsere heranwachsende
Jugend ist die Vürgerkunde des Hansnbundes
als Mittel zur Einführung in das Verständnis
der Grundlagen des Staats- und Wirtschafts¬
lebens trefflich geeignet.

Dr. Fritz Roeder- [Spaltenumbruch]
Justiz und Verwaltung

Bemerkmiffe" zur Reform des J"nend-
stmfrechts. Bei der Reform deS Straf¬
verfahrens wie des materiellen Strafrechts
sind Besserungen besonders bei der Behandlung
der Jugend zu erwarten. Zwei Ziele, die
bisher in der Praxis und auch selbst in der
neuen Literatur, wie mir scheint, nicht genügend
beachtet werden, wird man besonders ins
Auge fassen müssen:

1. Das Verfahren muß so schleunig als
irgend möglich gestaltet werden.
2. Der Richter muß frei von allen Förmlich¬
keiten Verfahren dürfen und grundsätzlich
frei in der Wahl der zur Besserung des
jungen Übeltäters geeigneten Ma߬
nahmen sein.

Die tunlichste Beschleunigung deS Ver¬
fahrens wird im Gesetz ausdrücklich als Wunsch
des Gesetzgebers zu betonen und durch Ber-
wnltungsvorschriften in der Praxis sicherzu¬
stellen sein. Es müssen in Zukunft die
Jugendstrafsnchen von allen damit befaßten
Behörden, insbesondere von der Polizei, als
wichtige Eilsachen behandelt werden. Einer
umgehenden Aburteilung treten freilich öfters
Hindernisse entgegen, die nicht zu vermeide"
find. Denn nicht jede strafbare Handlung
wird sogleich entdeckt, und manche entdeckte
gelangt verspätet zur Anzeige. Aber es läßt
sich behaupten, daß sehr viele Vergehen
(worunter ich hier alle Arten von Straftaten
verstehe) alsbald nach ihrer VerÜbung zur
Kenntnis einer zum Einschreiten berufenen
Stelle kommen, und daß sehr viele auch
-- sei es im Hinblick auf ein Geständnis des
Täters oder sofortige Erreichbarkeit über¬
führender Zeugen -- ein ganz schleuniges
Vorgehen der Behörden gestatten. Es lassen
sich Mittel und Wege finden, welche eine Ab¬
urteilung der Tat unmittelbar nach ihrer
Verübung ermöglichen. Das Ideal der
Strafrechtspflege, daß die Strafe der Tat auf
dem Fuße folge, muß gegenüber der Jngend,
wenn irgend möglich, erreicht werden; und
es läßt sich erreichen, wenn man nnr herzhaft
zugreift und mit gewissen Vorurteilen gründlich
aufräumt! Es darf nicht vorkommen, daß
eine Jugendstrafsache unnütz wochenlang bei
einem Amtsvorsteher liegt. Und es ist nicht

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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nungen den Eindruck wirklicher Gediegenheit
nach Fassung und Inhalt aufkommen. Zu dieser
Minderzahl sind die bereits bestens einge¬
führten „Bürgerkunden" von Dr. A, Griese
iR Voigtlaenders Verlag in Leipzig, 6. Auf¬
lage) und von G, Hoffmann und E, Groth
(Fr. Wilh. Grunow in Leizig, 6. Auflage),
aus den neu erschienenen mit an erster
Stelle das Buch bon Dr. Kleefeld zu
rechnen. Zuvörderst sei bloß erwähnt, was
für eine Neuauflage wünschenswert erscheint:
besseres Papier. Dann wird auch die vor¬
nehme Anspruchslosigkeit der äußeren Er¬
scheinung der Bürgerknnde des HnnsabundeS
noch mehr zur Geltung kommen. Inhaltlich
ist an der Arbeit ganz besonders die ernste
Sachlichkeit zu rühmen, mit der die wichtigsten
Grundlagen unseres staatlichen, wirtschaftlichen
und gesellschaftlichenLebens vorgeführt werden.
Im Vordergrunde steht das Reich, das der
Verfasser sehr treffend als „die Praktische Durch¬
führung des Gedankens von der allein stark
machenden Einigkeit im Leben der Völker"
leimzeichnct. Überall aber, wo es die Ver¬
hältnisse erfordern, wird n»es der deutschen
Bundesstaaten, ihrer Einrichtungen und der
für sie aus territorialer Eigenart oder histo¬
rischer Entwicklung sich ergebenden besonderen
Aufgaben gedacht. Die im Anhang gebotene
Übersicht über die bestehenden Wirtschaft- und
Parteiorganisationen, anschließend an eine ^u-
sanimenstcllungderGrnudzügederVerfassuugs-
und Verwaltungsorganisation der bedeutendsten
Staaten des Auslandes, sowie einige kurze
Bemerkungen ans dem Gebiete der Volks¬
wirtschaftslehre vervollständigen den Inhalt
des Buches. l)r. Kleefeld hat die Darstellung
der gegenwärtigen Einrichtungen unseres öffent¬
lichen Lebens durchweg ans eine knappe histo¬
rische Grundlage gesetzt. Dies und die ruhige
Sachlichkeit, mit der alle Fragen behandelt
werden, wirkt sehr anregend für den Leser.
Insbesondere auch für unsere heranwachsende
Jugend ist die Vürgerkunde des Hansnbundes
als Mittel zur Einführung in das Verständnis
der Grundlagen des Staats- und Wirtschafts¬
lebens trefflich geeignet.

Dr. Fritz Roeder- [Spaltenumbruch]
Justiz und Verwaltung

Bemerkmiffe» zur Reform des J»nend-
stmfrechts. Bei der Reform deS Straf¬
verfahrens wie des materiellen Strafrechts
sind Besserungen besonders bei der Behandlung
der Jugend zu erwarten. Zwei Ziele, die
bisher in der Praxis und auch selbst in der
neuen Literatur, wie mir scheint, nicht genügend
beachtet werden, wird man besonders ins
Auge fassen müssen:

1. Das Verfahren muß so schleunig als
irgend möglich gestaltet werden.
2. Der Richter muß frei von allen Förmlich¬
keiten Verfahren dürfen und grundsätzlich
frei in der Wahl der zur Besserung des
jungen Übeltäters geeigneten Ma߬
nahmen sein.

Die tunlichste Beschleunigung deS Ver¬
fahrens wird im Gesetz ausdrücklich als Wunsch
des Gesetzgebers zu betonen und durch Ber-
wnltungsvorschriften in der Praxis sicherzu¬
stellen sein. Es müssen in Zukunft die
Jugendstrafsnchen von allen damit befaßten
Behörden, insbesondere von der Polizei, als
wichtige Eilsachen behandelt werden. Einer
umgehenden Aburteilung treten freilich öfters
Hindernisse entgegen, die nicht zu vermeide»
find. Denn nicht jede strafbare Handlung
wird sogleich entdeckt, und manche entdeckte
gelangt verspätet zur Anzeige. Aber es läßt
sich behaupten, daß sehr viele Vergehen
(worunter ich hier alle Arten von Straftaten
verstehe) alsbald nach ihrer VerÜbung zur
Kenntnis einer zum Einschreiten berufenen
Stelle kommen, und daß sehr viele auch
— sei es im Hinblick auf ein Geständnis des
Täters oder sofortige Erreichbarkeit über¬
führender Zeugen — ein ganz schleuniges
Vorgehen der Behörden gestatten. Es lassen
sich Mittel und Wege finden, welche eine Ab¬
urteilung der Tat unmittelbar nach ihrer
Verübung ermöglichen. Das Ideal der
Strafrechtspflege, daß die Strafe der Tat auf
dem Fuße folge, muß gegenüber der Jngend,
wenn irgend möglich, erreicht werden; und
es läßt sich erreichen, wenn man nnr herzhaft
zugreift und mit gewissen Vorurteilen gründlich
aufräumt! Es darf nicht vorkommen, daß
eine Jugendstrafsache unnütz wochenlang bei
einem Amtsvorsteher liegt. Und es ist nicht

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[0548] Maßgebliches und Unmaßgebliches nungen den Eindruck wirklicher Gediegenheit nach Fassung und Inhalt aufkommen. Zu dieser Minderzahl sind die bereits bestens einge¬ führten „Bürgerkunden" von Dr. A, Griese iR Voigtlaenders Verlag in Leipzig, 6. Auf¬ lage) und von G, Hoffmann und E, Groth (Fr. Wilh. Grunow in Leizig, 6. Auflage), aus den neu erschienenen mit an erster Stelle das Buch bon Dr. Kleefeld zu rechnen. Zuvörderst sei bloß erwähnt, was für eine Neuauflage wünschenswert erscheint: besseres Papier. Dann wird auch die vor¬ nehme Anspruchslosigkeit der äußeren Er¬ scheinung der Bürgerknnde des HnnsabundeS noch mehr zur Geltung kommen. Inhaltlich ist an der Arbeit ganz besonders die ernste Sachlichkeit zu rühmen, mit der die wichtigsten Grundlagen unseres staatlichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichenLebens vorgeführt werden. Im Vordergrunde steht das Reich, das der Verfasser sehr treffend als „die Praktische Durch¬ führung des Gedankens von der allein stark machenden Einigkeit im Leben der Völker" leimzeichnct. Überall aber, wo es die Ver¬ hältnisse erfordern, wird n»es der deutschen Bundesstaaten, ihrer Einrichtungen und der für sie aus territorialer Eigenart oder histo¬ rischer Entwicklung sich ergebenden besonderen Aufgaben gedacht. Die im Anhang gebotene Übersicht über die bestehenden Wirtschaft- und Parteiorganisationen, anschließend an eine ^u- sanimenstcllungderGrnudzügederVerfassuugs- und Verwaltungsorganisation der bedeutendsten Staaten des Auslandes, sowie einige kurze Bemerkungen ans dem Gebiete der Volks¬ wirtschaftslehre vervollständigen den Inhalt des Buches. l)r. Kleefeld hat die Darstellung der gegenwärtigen Einrichtungen unseres öffent¬ lichen Lebens durchweg ans eine knappe histo¬ rische Grundlage gesetzt. Dies und die ruhige Sachlichkeit, mit der alle Fragen behandelt werden, wirkt sehr anregend für den Leser. Insbesondere auch für unsere heranwachsende Jugend ist die Vürgerkunde des Hansnbundes als Mittel zur Einführung in das Verständnis der Grundlagen des Staats- und Wirtschafts¬ lebens trefflich geeignet. Dr. Fritz Roeder- Justiz und Verwaltung Bemerkmiffe» zur Reform des J»nend- stmfrechts. Bei der Reform deS Straf¬ verfahrens wie des materiellen Strafrechts sind Besserungen besonders bei der Behandlung der Jugend zu erwarten. Zwei Ziele, die bisher in der Praxis und auch selbst in der neuen Literatur, wie mir scheint, nicht genügend beachtet werden, wird man besonders ins Auge fassen müssen: 1. Das Verfahren muß so schleunig als irgend möglich gestaltet werden. 2. Der Richter muß frei von allen Förmlich¬ keiten Verfahren dürfen und grundsätzlich frei in der Wahl der zur Besserung des jungen Übeltäters geeigneten Ma߬ nahmen sein. Die tunlichste Beschleunigung deS Ver¬ fahrens wird im Gesetz ausdrücklich als Wunsch des Gesetzgebers zu betonen und durch Ber- wnltungsvorschriften in der Praxis sicherzu¬ stellen sein. Es müssen in Zukunft die Jugendstrafsnchen von allen damit befaßten Behörden, insbesondere von der Polizei, als wichtige Eilsachen behandelt werden. Einer umgehenden Aburteilung treten freilich öfters Hindernisse entgegen, die nicht zu vermeide» find. Denn nicht jede strafbare Handlung wird sogleich entdeckt, und manche entdeckte gelangt verspätet zur Anzeige. Aber es läßt sich behaupten, daß sehr viele Vergehen (worunter ich hier alle Arten von Straftaten verstehe) alsbald nach ihrer VerÜbung zur Kenntnis einer zum Einschreiten berufenen Stelle kommen, und daß sehr viele auch — sei es im Hinblick auf ein Geständnis des Täters oder sofortige Erreichbarkeit über¬ führender Zeugen — ein ganz schleuniges Vorgehen der Behörden gestatten. Es lassen sich Mittel und Wege finden, welche eine Ab¬ urteilung der Tat unmittelbar nach ihrer Verübung ermöglichen. Das Ideal der Strafrechtspflege, daß die Strafe der Tat auf dem Fuße folge, muß gegenüber der Jngend, wenn irgend möglich, erreicht werden; und es läßt sich erreichen, wenn man nnr herzhaft zugreift und mit gewissen Vorurteilen gründlich aufräumt! Es darf nicht vorkommen, daß eine Jugendstrafsache unnütz wochenlang bei einem Amtsvorsteher liegt. Und es ist nicht

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_318282/548>, abgerufen am 19.05.2024.