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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]
(Offizier- und Beamtenfragen

Gewesene Leute. "Das werde" Sie aber
zugebe" müssen: el" ehemaliger Offizier kan"
im bürgerliche" Beruf nicht gut Untergebener
el"es frühere" Unteroffiziers sei"?!" --

Ich bitte: Joel Söhne einer ehrbare"
Hnndwerterfamilie erfüllen ihre Dienstpflicht,
werden Unteroffiziere. Der eine findet, dank
Zivilversorguugsscheiu und glänzendem Attest,
gewerbliche Anstellung, arbeitet sich zum Bureau¬
chef eiues Großu"ter"eh"ieus herauf. Der
mildere ergreift die Jahlmeisterlnnfbah", wird
do" einem Ministerium übernommen, rückt
zum RechnungSrat auf und quittiert schlie߬
lich "lit dem Charakter als Geheimer Rech¬
nungsrar. Sei" Sohn wünscht Offizier zu
werde", EiiiKommaudcnr nimmt den Geheim¬
ratssohn als Junker an. Der Kommandeur
nimmt seinen Abschied und sucht i" der
Industrie anzukommen; ihm bietet sich Stellung.
Wie er hört, daß sein neuer Vorgesetzter Unter¬
offizier war, verzichtet er. Widerstrebt ihm
grundsätzlich die berufliche Unterordnung unter
eine" frühere" Aiigehörigcn der Unteroffiziers¬
klasse? Würde er nicht Geschäftsführer einer
Erwerbsgenossenschnft werden, deren Aufsichts-
ratSvorsitzender es seinerzeit als Einjährig-
Freiwilliger "ur zum Unteroffizier d. R. ge¬
bracht hat? Stößt ihn gruiidsätzlich der
Abstand der Herkunft ab? Hat er nicht de"
Enkel a"S demselben Milieu als Kameraden
niigeiwmmeu? "Erkläret mir, Graf Oerin-
dur. . ."?! --

Ein Offizier übergibt seine" Sohn dem
Kadettciitorps. Es bietet bei niedrigsten
Ausbildmigsnntoste" frühestens salarierte
Anstellung und aussichtsvolle soziale Position.
Außerdem haben alle männlichen Mitglieder
der Familie, soweit man zurückrechnen kann,
dem Staate, ihre" Königen, mit der Waffe
gedient. Der Vater scheidet aus dem Heere,
findet nach langer, aufreibender Stellung¬
suche knappen Bcrdieust a is Kolporteur: Trepp¬
auf, treppab: auf ein Abonnement nenn Ab¬
weisungen, und oft in welcher Form! -- An
Fest- und Ruhetagen löst sich die ganze Bitter¬
nis über diese CoolieeMenz aus, der Sohn,

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auf Urlaub, ist Ohrenzeuge. Im Korps darf
er sich seelisch auspendeln. Mit achtzehnJahren
tritt er ins Lebe", auf sich gestellt mit geringer
monatlicher Elternzulage. (Zuck rÄZout?! Er
zieht das Los einer Grenzgnrnisoni Aussicht
dort auf fünfzehnJahre aufreibenden, eintönigen
Dienstes, weniger Aussicht auf die Wohl¬
habeade Braut, die durchschnittliche ultima
ratio. Dann entgleist er über einer Ererzier-
oder Schießkonkurrenz! Wer sich da noch
Spannkraft des Geistes und Körpers bewahrt,
der ist nicht "Alt-Eisen"; dem soll geholfen
werden! Gelingt es ihm, zu bescheidenem
Wohlstand sich durchzuringen, möge er, durch
umfassendere Lebenspraris geläutert, den
Sohn wieder Offizier werden lassen: dann
ist der Ring geschlossen und die Tradition
gewahrt.

"Der Not verabschiedeter Offiziere muß
durch Freigebigkeit der Berufsgenossen Ab¬
hilfe werde"!" -- El" stolzes WortI
Schafft es die Kameradschaft: Hurra!
Hurra! Hurra! -- Bersngt sie, daun liegt
der Fall zu ernst, als daß "in" darüber die
Bücher schließe" dürfe. Es führe" viele
Wege "ach Rom! -- lind sind die starrsten
Römer Wohltätigteitsvernnstaltungcn gar so
abhold? Wer ladet dort das Geld ub:
Krethi und Plethi! -- Olet! IXon viel!
Ein Begriff "mit begrenzter Haftung". --

"Pflege der Kameradschaft n"ter verab¬
schiedete" Offiziere"." El" trefflich Stich¬
wort für Statuten. -- Wenn die Sache nicht
den verzweifelt einseitigen retrospektiven Bei¬
geschmack hätte. Dem ist sie unbedenklich,
der sich bei" otium cum ciignitate hingeben
darf: wer im Kampf ums Dasein steht,
führt dort ein Doppelleben: die Bürger¬
ressource, der "Verein" würden ihm neuere,
positive Gesichtspunkte zuleiten. -- Vor Jahren
habe ich um Stammtisch ehemaliger Äame^
rüden in Se. Frnnziskv herzerquickende
Stunde" erlebt: das hatte sich die Hände
schwielig gearbeitet, um über Wasser zu
bleibe", das half sich kurzerhn"d wechsel¬
seitig über Pechserien, dn War Kameradschaft
up w et-rde! --

INajor a. ?. von Lriren [Ende Spaltensatz]


Grenzboten II 191180
Maßgebliches und Unmaßgebliches

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(Offizier- und Beamtenfragen

Gewesene Leute. „Das werde» Sie aber
zugebe» müssen: el» ehemaliger Offizier kan»
im bürgerliche» Beruf nicht gut Untergebener
el»es frühere» Unteroffiziers sei»?!" —

Ich bitte: Joel Söhne einer ehrbare»
Hnndwerterfamilie erfüllen ihre Dienstpflicht,
werden Unteroffiziere. Der eine findet, dank
Zivilversorguugsscheiu und glänzendem Attest,
gewerbliche Anstellung, arbeitet sich zum Bureau¬
chef eiues Großu»ter»eh»ieus herauf. Der
mildere ergreift die Jahlmeisterlnnfbah», wird
do» einem Ministerium übernommen, rückt
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lich »lit dem Charakter als Geheimer Rech¬
nungsrar. Sei» Sohn wünscht Offizier zu
werde», EiiiKommaudcnr nimmt den Geheim¬
ratssohn als Junker an. Der Kommandeur
nimmt seinen Abschied und sucht i» der
Industrie anzukommen; ihm bietet sich Stellung.
Wie er hört, daß sein neuer Vorgesetzter Unter¬
offizier war, verzichtet er. Widerstrebt ihm
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eine» frühere» Aiigehörigcn der Unteroffiziers¬
klasse? Würde er nicht Geschäftsführer einer
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ratSvorsitzender es seinerzeit als Einjährig-
Freiwilliger »ur zum Unteroffizier d. R. ge¬
bracht hat? Stößt ihn gruiidsätzlich der
Abstand der Herkunft ab? Hat er nicht de»
Enkel a»S demselben Milieu als Kameraden
niigeiwmmeu? „Erkläret mir, Graf Oerin-
dur. . ."?! —

Ein Offizier übergibt seine» Sohn dem
Kadettciitorps. Es bietet bei niedrigsten
Ausbildmigsnntoste» frühestens salarierte
Anstellung und aussichtsvolle soziale Position.
Außerdem haben alle männlichen Mitglieder
der Familie, soweit man zurückrechnen kann,
dem Staate, ihre» Königen, mit der Waffe
gedient. Der Vater scheidet aus dem Heere,
findet nach langer, aufreibender Stellung¬
suche knappen Bcrdieust a is Kolporteur: Trepp¬
auf, treppab: auf ein Abonnement nenn Ab¬
weisungen, und oft in welcher Form! — An
Fest- und Ruhetagen löst sich die ganze Bitter¬
nis über diese CoolieeMenz aus, der Sohn,

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auf Urlaub, ist Ohrenzeuge. Im Korps darf
er sich seelisch auspendeln. Mit achtzehnJahren
tritt er ins Lebe», auf sich gestellt mit geringer
monatlicher Elternzulage. (Zuck rÄZout?! Er
zieht das Los einer Grenzgnrnisoni Aussicht
dort auf fünfzehnJahre aufreibenden, eintönigen
Dienstes, weniger Aussicht auf die Wohl¬
habeade Braut, die durchschnittliche ultima
ratio. Dann entgleist er über einer Ererzier-
oder Schießkonkurrenz! Wer sich da noch
Spannkraft des Geistes und Körpers bewahrt,
der ist nicht „Alt-Eisen"; dem soll geholfen
werden! Gelingt es ihm, zu bescheidenem
Wohlstand sich durchzuringen, möge er, durch
umfassendere Lebenspraris geläutert, den
Sohn wieder Offizier werden lassen: dann
ist der Ring geschlossen und die Tradition
gewahrt.

„Der Not verabschiedeter Offiziere muß
durch Freigebigkeit der Berufsgenossen Ab¬
hilfe werde»!" — El» stolzes WortI
Schafft es die Kameradschaft: Hurra!
Hurra! Hurra! — Bersngt sie, daun liegt
der Fall zu ernst, als daß »in» darüber die
Bücher schließe» dürfe. Es führe» viele
Wege »ach Rom! — lind sind die starrsten
Römer Wohltätigteitsvernnstaltungcn gar so
abhold? Wer ladet dort das Geld ub:
Krethi und Plethi! — Olet! IXon viel!
Ein Begriff „mit begrenzter Haftung". —

„Pflege der Kameradschaft n»ter verab¬
schiedete» Offiziere»." El» trefflich Stich¬
wort für Statuten. — Wenn die Sache nicht
den verzweifelt einseitigen retrospektiven Bei¬
geschmack hätte. Dem ist sie unbedenklich,
der sich bei» otium cum ciignitate hingeben
darf: wer im Kampf ums Dasein steht,
führt dort ein Doppelleben: die Bürger¬
ressource, der „Verein" würden ihm neuere,
positive Gesichtspunkte zuleiten. — Vor Jahren
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rüden in Se. Frnnziskv herzerquickende
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schwielig gearbeitet, um über Wasser zu
bleibe», das half sich kurzerhn»d wechsel¬
seitig über Pechserien, dn War Kameradschaft
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Grenzboten II 191180
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[0645] Maßgebliches und Unmaßgebliches (Offizier- und Beamtenfragen Gewesene Leute. „Das werde» Sie aber zugebe» müssen: el» ehemaliger Offizier kan» im bürgerliche» Beruf nicht gut Untergebener el»es frühere» Unteroffiziers sei»?!" — Ich bitte: Joel Söhne einer ehrbare» Hnndwerterfamilie erfüllen ihre Dienstpflicht, werden Unteroffiziere. Der eine findet, dank Zivilversorguugsscheiu und glänzendem Attest, gewerbliche Anstellung, arbeitet sich zum Bureau¬ chef eiues Großu»ter»eh»ieus herauf. Der mildere ergreift die Jahlmeisterlnnfbah», wird do» einem Ministerium übernommen, rückt zum RechnungSrat auf und quittiert schlie߬ lich »lit dem Charakter als Geheimer Rech¬ nungsrar. Sei» Sohn wünscht Offizier zu werde», EiiiKommaudcnr nimmt den Geheim¬ ratssohn als Junker an. Der Kommandeur nimmt seinen Abschied und sucht i» der Industrie anzukommen; ihm bietet sich Stellung. Wie er hört, daß sein neuer Vorgesetzter Unter¬ offizier war, verzichtet er. Widerstrebt ihm grundsätzlich die berufliche Unterordnung unter eine» frühere» Aiigehörigcn der Unteroffiziers¬ klasse? Würde er nicht Geschäftsführer einer Erwerbsgenossenschnft werden, deren Aufsichts- ratSvorsitzender es seinerzeit als Einjährig- Freiwilliger »ur zum Unteroffizier d. R. ge¬ bracht hat? Stößt ihn gruiidsätzlich der Abstand der Herkunft ab? Hat er nicht de» Enkel a»S demselben Milieu als Kameraden niigeiwmmeu? „Erkläret mir, Graf Oerin- dur. . ."?! — Ein Offizier übergibt seine» Sohn dem Kadettciitorps. Es bietet bei niedrigsten Ausbildmigsnntoste» frühestens salarierte Anstellung und aussichtsvolle soziale Position. Außerdem haben alle männlichen Mitglieder der Familie, soweit man zurückrechnen kann, dem Staate, ihre» Königen, mit der Waffe gedient. Der Vater scheidet aus dem Heere, findet nach langer, aufreibender Stellung¬ suche knappen Bcrdieust a is Kolporteur: Trepp¬ auf, treppab: auf ein Abonnement nenn Ab¬ weisungen, und oft in welcher Form! — An Fest- und Ruhetagen löst sich die ganze Bitter¬ nis über diese CoolieeMenz aus, der Sohn, auf Urlaub, ist Ohrenzeuge. Im Korps darf er sich seelisch auspendeln. Mit achtzehnJahren tritt er ins Lebe», auf sich gestellt mit geringer monatlicher Elternzulage. (Zuck rÄZout?! Er zieht das Los einer Grenzgnrnisoni Aussicht dort auf fünfzehnJahre aufreibenden, eintönigen Dienstes, weniger Aussicht auf die Wohl¬ habeade Braut, die durchschnittliche ultima ratio. Dann entgleist er über einer Ererzier- oder Schießkonkurrenz! Wer sich da noch Spannkraft des Geistes und Körpers bewahrt, der ist nicht „Alt-Eisen"; dem soll geholfen werden! Gelingt es ihm, zu bescheidenem Wohlstand sich durchzuringen, möge er, durch umfassendere Lebenspraris geläutert, den Sohn wieder Offizier werden lassen: dann ist der Ring geschlossen und die Tradition gewahrt. „Der Not verabschiedeter Offiziere muß durch Freigebigkeit der Berufsgenossen Ab¬ hilfe werde»!" — El» stolzes WortI Schafft es die Kameradschaft: Hurra! Hurra! Hurra! — Bersngt sie, daun liegt der Fall zu ernst, als daß »in» darüber die Bücher schließe» dürfe. Es führe» viele Wege »ach Rom! — lind sind die starrsten Römer Wohltätigteitsvernnstaltungcn gar so abhold? Wer ladet dort das Geld ub: Krethi und Plethi! — Olet! IXon viel! Ein Begriff „mit begrenzter Haftung". — „Pflege der Kameradschaft n»ter verab¬ schiedete» Offiziere»." El» trefflich Stich¬ wort für Statuten. — Wenn die Sache nicht den verzweifelt einseitigen retrospektiven Bei¬ geschmack hätte. Dem ist sie unbedenklich, der sich bei» otium cum ciignitate hingeben darf: wer im Kampf ums Dasein steht, führt dort ein Doppelleben: die Bürger¬ ressource, der „Verein" würden ihm neuere, positive Gesichtspunkte zuleiten. — Vor Jahren habe ich um Stammtisch ehemaliger Äame^ rüden in Se. Frnnziskv herzerquickende Stunde» erlebt: das hatte sich die Hände schwielig gearbeitet, um über Wasser zu bleibe», das half sich kurzerhn»d wechsel¬ seitig über Pechserien, dn War Kameradschaft up w et-rde! — INajor a. ?. von Lriren Grenzboten II 191180

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_318282/645>, abgerufen am 26.05.2024.