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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr.

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Reichsspiogel

schon schreien die Slawen, daß sie nicht genügend in ihr vertreten sind, und
wenn man erst in die Materie hineinsteigen wird, dann werden sich wohl alsbald
die Punkte finden, wo die Reform an das nationale Problem rührt und die
Frage irgendeines Schreibers, dessen Arbeit erspart werden kann, zur Haupt-
und Staatsaktion wird, weil zufällig die Tschechen in dieser Schreiberkategorie
besonders stark vertreten sind. -- i--


Bank und Geld

Eine Prospektablehnung der ZulassuugSstelle -- Neue Grundsätze für die Zulassung
von Obligationen -- Obligationen als Mittel monopolisierender Finanzkunst --
Bedenkliche Kapitalanlage -- Der Geldmarkt und die Ansprüche an die Reichsbank --
Börsentendenz und Konjunktur

Die Berliner Zulassungsstelle hat den Antrag auf Zulassung einer vier
und eine halbe Million Mark betragenden Obligationsanleihe der Aktien¬
gesellschaft "Deutscher Eisenhandel" abgelehnt. Eine solche Zurück¬
weisung ist stets ein bemerkenswertes, weil seltenes Ereignis. In der Regel
pflegen die Emissionshäuser bemüht zu sein, etwaige Becmstanduugeu der Zu-
lassnngsstelle aus den: Wege zu räumen und es auf eine offizielle Ablehnung
nicht ankommen zu lassen. Es müssen schon Differenzen schwerwiegender und
grundsätzlicher Art zwischen der Auffassung der Emissionshäuser und der der
Zulassungsstelle vorliegen, wenn erstere sich den geäußerten Wünschen nicht fügen
und es vorziehen, die Oberentscheidung der Handelskammer anzurufen. In: vor¬
liegenden Falle ist nun die Verweigerung der Zulassung auf Gründe gestützt, die
geeignet sind, außerordentliches Aufsehen hervorzurufen. Die Zulassungsstelle
verkündet Grundsätze über die Ausgabe voll Obligationsallleihen, die eine
kaum übersehbare Tragweite besitzen und, wenn sie in Zukunft die Richtschnur
für die Zulassung derartiger Anleihen zum Börsenhandel abgeben sollten, der
Finanzierungsmethode, wie sie heutzutage gang und gäbe ist, einen Riegel vor¬
schieben würden. Die Zulassungsstelle beanstandet nämlich, daß die Obligations¬
anleihe ohne reale Unterlage sei, weil der gesamte Grundbesitz der Gesell¬
schaft bereits für eine ältere Obligationsschuld hafte. Ferner sei die Ausgabe
dieser neuen Allleihe anscheinend nur erfolgt, um die Inanspruchnahme von
weiterem Bankkredit zu vermeiden, und diene dem Zweck, die Monopoli¬
sierung des Eisenhandels dadurch auszudehnen, daß neu hinzutretender Eisen¬
handelsfirmen Kredite gewährt würden, die eben sonst durch Bankkredit aufgebracht
werden müßten. Unter diesen Umständen erscheine die Stellung der Obligations-
inhabergefährdet, sobald durch eine Verschiebung der Konjunkturverhältnisse
Schwierigkeiten im Eisenhandel entstehen sollten. Man müsse daher scholl aus
volkswirtschaftlichen Gründen derartige Obligationen ablehnen und eine
offizielle Kursnotierung als unstatthaft bezeichnen.

Die Zulassungsstelle nimmt also in sehr energischer Form die
Rechte und Interessen der Allgemeinheit wahr. Das allein wäre in-


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schon schreien die Slawen, daß sie nicht genügend in ihr vertreten sind, und
wenn man erst in die Materie hineinsteigen wird, dann werden sich wohl alsbald
die Punkte finden, wo die Reform an das nationale Problem rührt und die
Frage irgendeines Schreibers, dessen Arbeit erspart werden kann, zur Haupt-
und Staatsaktion wird, weil zufällig die Tschechen in dieser Schreiberkategorie
besonders stark vertreten sind. — i—


Bank und Geld

Eine Prospektablehnung der ZulassuugSstelle — Neue Grundsätze für die Zulassung
von Obligationen — Obligationen als Mittel monopolisierender Finanzkunst —
Bedenkliche Kapitalanlage — Der Geldmarkt und die Ansprüche an die Reichsbank —
Börsentendenz und Konjunktur

Die Berliner Zulassungsstelle hat den Antrag auf Zulassung einer vier
und eine halbe Million Mark betragenden Obligationsanleihe der Aktien¬
gesellschaft „Deutscher Eisenhandel" abgelehnt. Eine solche Zurück¬
weisung ist stets ein bemerkenswertes, weil seltenes Ereignis. In der Regel
pflegen die Emissionshäuser bemüht zu sein, etwaige Becmstanduugeu der Zu-
lassnngsstelle aus den: Wege zu räumen und es auf eine offizielle Ablehnung
nicht ankommen zu lassen. Es müssen schon Differenzen schwerwiegender und
grundsätzlicher Art zwischen der Auffassung der Emissionshäuser und der der
Zulassungsstelle vorliegen, wenn erstere sich den geäußerten Wünschen nicht fügen
und es vorziehen, die Oberentscheidung der Handelskammer anzurufen. In: vor¬
liegenden Falle ist nun die Verweigerung der Zulassung auf Gründe gestützt, die
geeignet sind, außerordentliches Aufsehen hervorzurufen. Die Zulassungsstelle
verkündet Grundsätze über die Ausgabe voll Obligationsallleihen, die eine
kaum übersehbare Tragweite besitzen und, wenn sie in Zukunft die Richtschnur
für die Zulassung derartiger Anleihen zum Börsenhandel abgeben sollten, der
Finanzierungsmethode, wie sie heutzutage gang und gäbe ist, einen Riegel vor¬
schieben würden. Die Zulassungsstelle beanstandet nämlich, daß die Obligations¬
anleihe ohne reale Unterlage sei, weil der gesamte Grundbesitz der Gesell¬
schaft bereits für eine ältere Obligationsschuld hafte. Ferner sei die Ausgabe
dieser neuen Allleihe anscheinend nur erfolgt, um die Inanspruchnahme von
weiterem Bankkredit zu vermeiden, und diene dem Zweck, die Monopoli¬
sierung des Eisenhandels dadurch auszudehnen, daß neu hinzutretender Eisen¬
handelsfirmen Kredite gewährt würden, die eben sonst durch Bankkredit aufgebracht
werden müßten. Unter diesen Umständen erscheine die Stellung der Obligations-
inhabergefährdet, sobald durch eine Verschiebung der Konjunkturverhältnisse
Schwierigkeiten im Eisenhandel entstehen sollten. Man müsse daher scholl aus
volkswirtschaftlichen Gründen derartige Obligationen ablehnen und eine
offizielle Kursnotierung als unstatthaft bezeichnen.

Die Zulassungsstelle nimmt also in sehr energischer Form die
Rechte und Interessen der Allgemeinheit wahr. Das allein wäre in-


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[0654] Reichsspiogel schon schreien die Slawen, daß sie nicht genügend in ihr vertreten sind, und wenn man erst in die Materie hineinsteigen wird, dann werden sich wohl alsbald die Punkte finden, wo die Reform an das nationale Problem rührt und die Frage irgendeines Schreibers, dessen Arbeit erspart werden kann, zur Haupt- und Staatsaktion wird, weil zufällig die Tschechen in dieser Schreiberkategorie besonders stark vertreten sind. — i— Bank und Geld Eine Prospektablehnung der ZulassuugSstelle — Neue Grundsätze für die Zulassung von Obligationen — Obligationen als Mittel monopolisierender Finanzkunst — Bedenkliche Kapitalanlage — Der Geldmarkt und die Ansprüche an die Reichsbank — Börsentendenz und Konjunktur Die Berliner Zulassungsstelle hat den Antrag auf Zulassung einer vier und eine halbe Million Mark betragenden Obligationsanleihe der Aktien¬ gesellschaft „Deutscher Eisenhandel" abgelehnt. Eine solche Zurück¬ weisung ist stets ein bemerkenswertes, weil seltenes Ereignis. In der Regel pflegen die Emissionshäuser bemüht zu sein, etwaige Becmstanduugeu der Zu- lassnngsstelle aus den: Wege zu räumen und es auf eine offizielle Ablehnung nicht ankommen zu lassen. Es müssen schon Differenzen schwerwiegender und grundsätzlicher Art zwischen der Auffassung der Emissionshäuser und der der Zulassungsstelle vorliegen, wenn erstere sich den geäußerten Wünschen nicht fügen und es vorziehen, die Oberentscheidung der Handelskammer anzurufen. In: vor¬ liegenden Falle ist nun die Verweigerung der Zulassung auf Gründe gestützt, die geeignet sind, außerordentliches Aufsehen hervorzurufen. Die Zulassungsstelle verkündet Grundsätze über die Ausgabe voll Obligationsallleihen, die eine kaum übersehbare Tragweite besitzen und, wenn sie in Zukunft die Richtschnur für die Zulassung derartiger Anleihen zum Börsenhandel abgeben sollten, der Finanzierungsmethode, wie sie heutzutage gang und gäbe ist, einen Riegel vor¬ schieben würden. Die Zulassungsstelle beanstandet nämlich, daß die Obligations¬ anleihe ohne reale Unterlage sei, weil der gesamte Grundbesitz der Gesell¬ schaft bereits für eine ältere Obligationsschuld hafte. Ferner sei die Ausgabe dieser neuen Allleihe anscheinend nur erfolgt, um die Inanspruchnahme von weiterem Bankkredit zu vermeiden, und diene dem Zweck, die Monopoli¬ sierung des Eisenhandels dadurch auszudehnen, daß neu hinzutretender Eisen¬ handelsfirmen Kredite gewährt würden, die eben sonst durch Bankkredit aufgebracht werden müßten. Unter diesen Umständen erscheine die Stellung der Obligations- inhabergefährdet, sobald durch eine Verschiebung der Konjunkturverhältnisse Schwierigkeiten im Eisenhandel entstehen sollten. Man müsse daher scholl aus volkswirtschaftlichen Gründen derartige Obligationen ablehnen und eine offizielle Kursnotierung als unstatthaft bezeichnen. Die Zulassungsstelle nimmt also in sehr energischer Form die Rechte und Interessen der Allgemeinheit wahr. Das allein wäre in-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_318282/654>, abgerufen am 26.05.2024.