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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Viertes Vierteljahr.

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Das Glück des Hauses Rottland

dem die Abgabe einer Erklärung in der einen oder der anderen Richtung in
Zukunft keinerlei formelle Schwierigkeiten mehr machen wird, vier Jahre hindurch
nicht Zeit fand, sich auf sein deutsches Staatsbürgertum zu besinnen, wer vielleicht
die Abgabe einer Erklärung absichtlich vermied, um sich nicht den Pflichten eines
Deutschen zu unterwerfen, der mag ruhig aus dem Kreise der deutschen Staats¬
angehörigen ausscheiden. Er würde damit natürlich auch die Konsequenzen auf
sich zu nehmen haben und gewärtigen müssen, bei seiner Rückkehr nach Deutsch¬
land als Ausländer behandelt zu werden. -- Den übrigen Ursachen, aus denen
ein Deutscher ohne sein Zutun eine fremde Staatsangehörigkeit erwirbt, kommt
keine so große Bedeutung zu, so daß ich sie hier übergehen kann.

Die hier gegebenen Leitsätze werde ich mit Rücksicht auf den mir hier zur Ver¬
fügung stehenden Raum an anderer Stelle weiter ausarbeiten. Auf eines jedoch
möchte ich zum Schlich noch hinweisen. Auch das praktisch und theoretisch beste
Staatsangehörigkeitsgesetz wird solange keinen Erfolg haben, als nicht Mittel
und Wege gefunden werden, seine Kenntnis in weiteste Kreise, namentlich in
die Kreise derjenigen zu tragen, die ihr Vaterland verlassen. Eines dieser Mittel
scheint mir zu sein, daß sich die großen deutschen Schiffahrtsgesellschaften, die
selber ein lebhaftes Interesse an der Erhaltung und Förderung des Deutschtums
im Auslande haben, in den Dienst der Sache stellen. Sie könnten in ihren
Prospekten (Umschlagseiten), die in die Hände Tausender kommen, seine ent¬
scheidenden Bestimmungen veröffentlichen; sie könnten an geeigneten Stellen ihrer
der Personenschiffahrt dienenden Dampfer, namentlich in den Zwischendecks,
diese Bestimmungen im Abdruck aushängen. Es ist eine unbestreitbare Tat¬
sache, daß Tausende deutscher Staatsbürger ihre Staatsangehörigkeit verloren
haben einerseits wegen der formellen Schmierigkeiten, die sich aus der Ein¬
tragung in die Konsulatsmatrikel ergaben, anderseits aber aus Unkenntnis der
gesetzlichen Bestimmungen. Der letzte Grund dürfte der wichtigere sein; sorgen
wir dafür, ihn, so weit angängig, zu vermeiden.




Das Glück des Hauses Rottland
Roman
Julius R. Haarhaus vonVIII.

Der Schüler des Jesuitenkollegiums zu Münstereifel, der in seiner Unschuld,
wie Pater Ambrosius mit besonderem Behagen zu erzählen pflegte, die lateinische
Wendung "alsen supremum obire" mit "Hochzeit machen" übersetzte, hatte wirklich
nicht so ganz unrecht. Sterben und heiraten bedeuten in gewissem Sinne dasselbe,
nämlich einen Sprung ins Ungewisse unternehmen. Dabei haben die, die bei der


Das Glück des Hauses Rottland

dem die Abgabe einer Erklärung in der einen oder der anderen Richtung in
Zukunft keinerlei formelle Schwierigkeiten mehr machen wird, vier Jahre hindurch
nicht Zeit fand, sich auf sein deutsches Staatsbürgertum zu besinnen, wer vielleicht
die Abgabe einer Erklärung absichtlich vermied, um sich nicht den Pflichten eines
Deutschen zu unterwerfen, der mag ruhig aus dem Kreise der deutschen Staats¬
angehörigen ausscheiden. Er würde damit natürlich auch die Konsequenzen auf
sich zu nehmen haben und gewärtigen müssen, bei seiner Rückkehr nach Deutsch¬
land als Ausländer behandelt zu werden. — Den übrigen Ursachen, aus denen
ein Deutscher ohne sein Zutun eine fremde Staatsangehörigkeit erwirbt, kommt
keine so große Bedeutung zu, so daß ich sie hier übergehen kann.

Die hier gegebenen Leitsätze werde ich mit Rücksicht auf den mir hier zur Ver¬
fügung stehenden Raum an anderer Stelle weiter ausarbeiten. Auf eines jedoch
möchte ich zum Schlich noch hinweisen. Auch das praktisch und theoretisch beste
Staatsangehörigkeitsgesetz wird solange keinen Erfolg haben, als nicht Mittel
und Wege gefunden werden, seine Kenntnis in weiteste Kreise, namentlich in
die Kreise derjenigen zu tragen, die ihr Vaterland verlassen. Eines dieser Mittel
scheint mir zu sein, daß sich die großen deutschen Schiffahrtsgesellschaften, die
selber ein lebhaftes Interesse an der Erhaltung und Förderung des Deutschtums
im Auslande haben, in den Dienst der Sache stellen. Sie könnten in ihren
Prospekten (Umschlagseiten), die in die Hände Tausender kommen, seine ent¬
scheidenden Bestimmungen veröffentlichen; sie könnten an geeigneten Stellen ihrer
der Personenschiffahrt dienenden Dampfer, namentlich in den Zwischendecks,
diese Bestimmungen im Abdruck aushängen. Es ist eine unbestreitbare Tat¬
sache, daß Tausende deutscher Staatsbürger ihre Staatsangehörigkeit verloren
haben einerseits wegen der formellen Schmierigkeiten, die sich aus der Ein¬
tragung in die Konsulatsmatrikel ergaben, anderseits aber aus Unkenntnis der
gesetzlichen Bestimmungen. Der letzte Grund dürfte der wichtigere sein; sorgen
wir dafür, ihn, so weit angängig, zu vermeiden.




Das Glück des Hauses Rottland
Roman
Julius R. Haarhaus vonVIII.

Der Schüler des Jesuitenkollegiums zu Münstereifel, der in seiner Unschuld,
wie Pater Ambrosius mit besonderem Behagen zu erzählen pflegte, die lateinische
Wendung „alsen supremum obire" mit „Hochzeit machen" übersetzte, hatte wirklich
nicht so ganz unrecht. Sterben und heiraten bedeuten in gewissem Sinne dasselbe,
nämlich einen Sprung ins Ungewisse unternehmen. Dabei haben die, die bei der


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[0234] Das Glück des Hauses Rottland dem die Abgabe einer Erklärung in der einen oder der anderen Richtung in Zukunft keinerlei formelle Schwierigkeiten mehr machen wird, vier Jahre hindurch nicht Zeit fand, sich auf sein deutsches Staatsbürgertum zu besinnen, wer vielleicht die Abgabe einer Erklärung absichtlich vermied, um sich nicht den Pflichten eines Deutschen zu unterwerfen, der mag ruhig aus dem Kreise der deutschen Staats¬ angehörigen ausscheiden. Er würde damit natürlich auch die Konsequenzen auf sich zu nehmen haben und gewärtigen müssen, bei seiner Rückkehr nach Deutsch¬ land als Ausländer behandelt zu werden. — Den übrigen Ursachen, aus denen ein Deutscher ohne sein Zutun eine fremde Staatsangehörigkeit erwirbt, kommt keine so große Bedeutung zu, so daß ich sie hier übergehen kann. Die hier gegebenen Leitsätze werde ich mit Rücksicht auf den mir hier zur Ver¬ fügung stehenden Raum an anderer Stelle weiter ausarbeiten. Auf eines jedoch möchte ich zum Schlich noch hinweisen. Auch das praktisch und theoretisch beste Staatsangehörigkeitsgesetz wird solange keinen Erfolg haben, als nicht Mittel und Wege gefunden werden, seine Kenntnis in weiteste Kreise, namentlich in die Kreise derjenigen zu tragen, die ihr Vaterland verlassen. Eines dieser Mittel scheint mir zu sein, daß sich die großen deutschen Schiffahrtsgesellschaften, die selber ein lebhaftes Interesse an der Erhaltung und Förderung des Deutschtums im Auslande haben, in den Dienst der Sache stellen. Sie könnten in ihren Prospekten (Umschlagseiten), die in die Hände Tausender kommen, seine ent¬ scheidenden Bestimmungen veröffentlichen; sie könnten an geeigneten Stellen ihrer der Personenschiffahrt dienenden Dampfer, namentlich in den Zwischendecks, diese Bestimmungen im Abdruck aushängen. Es ist eine unbestreitbare Tat¬ sache, daß Tausende deutscher Staatsbürger ihre Staatsangehörigkeit verloren haben einerseits wegen der formellen Schmierigkeiten, die sich aus der Ein¬ tragung in die Konsulatsmatrikel ergaben, anderseits aber aus Unkenntnis der gesetzlichen Bestimmungen. Der letzte Grund dürfte der wichtigere sein; sorgen wir dafür, ihn, so weit angängig, zu vermeiden. Das Glück des Hauses Rottland Roman Julius R. Haarhaus vonVIII. Der Schüler des Jesuitenkollegiums zu Münstereifel, der in seiner Unschuld, wie Pater Ambrosius mit besonderem Behagen zu erzählen pflegte, die lateinische Wendung „alsen supremum obire" mit „Hochzeit machen" übersetzte, hatte wirklich nicht so ganz unrecht. Sterben und heiraten bedeuten in gewissem Sinne dasselbe, nämlich einen Sprung ins Ungewisse unternehmen. Dabei haben die, die bei der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_319600/234>, abgerufen am 05.05.2024.