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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Viertes Vierteljahr.

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Reichsspiegel

Säbelduell einer der Duellanten plötzlich die Pistole zöge, um seinem Gegner den
säbelführenden Arm zu zerschmettern. Der Angriff auf mich als Offizier hat mich
auch veranlaßt, die Rh. Wests. Ztg. ebenso wie die Post und die Tägliche Rund¬
schau wegen Beleidigung zu verklagen, was ich unterlassen hätte, wenn man
meinen Osfiziertitel nicht hervorgezogen hätte. Als Journalist habe ich dieselben
Waffen wie meine journalistischen Gegner zur Verfügung und kann sie in der
Presse gebrauchen, ohne die Gerichte zu behelligen.

Auch denjenigen Lesern, die mit der Haltung der Grenzboten in der Marokko¬
frage nicht einverstanden waren, wird es nach den vorstehenden Darlegungen
leicht sein, die Gründe meines Angriffs auf die "Mannesmannpresse" zu finden;
und ich überlasse es ihrem Urteil, ob es nicht angebracht war. die "Fäden" auf¬
zudecken, die von den Herren Mannesmann zu einem gewissen Teil der Presse
G. Li-unow führen.


Rorwiers Entgegenkommen

(Brief Wotterlös vom 7. Juni 1905)

Ein früherer Diplomat, Freiherr v. Eckardtstein, erzählt in der Täglichen
Rundschau über seine Mission beim Kaiser im Jahre 1903. Damals sollte er im
Auftrage eines Franzosen, des Bankiers....., Kaiser Wilhelm den Zweiten
bewegen, ans der Hand der Franzosen das Kongogebiet anzunehmen gegen voll¬
ständigen Rückzug aus Marokko. Als historisches Dokument ist in diesem Zu¬
sammenhange ein Brief des deutschen Reichstagsabgeordneten Wetterle an einen
hohen Gönner in Berlin von Interesse. Er lautet:

Euer.....

teile ich ergebenst mit, daß ich heute eine Depesche aus Paris erhalten habe,
durch welche ich gebeten werde mich sofort dorthin zu begeben. Rouvier und
D..... möchten gern sich über die Stimmung in deutschen Regierungs- und
Parlamentskreisen orientieren lassen. Ich werde morgen schon von den Herrn
empfangen werden. Was nnn? Eusrer.....wäre ich äußerst dankbar, wenn
Sie auf irgend einem Wege mich über die Wünsche der deutschen Diplomatie
orientieren könnten. In Prioatnnterredungen, die jeden offiziösen Charakters
entbehren würden, und in welchen ich nur meine Person engagierte, wäre es
vielleicht nicht so schwer, der ganzen marokkanischen Angelegenheit eine günstige
Wendung zu geben, besonders wenn anscheinend die annehmbaren Vorschläge
von Frankreich her kämen.

In dieser Frage muß nämlich, nach meinem bescheidenen Dafürhalten,
vor allem die "cliZnite nationale" geschont werden; was nur geschehen kann,
wenn keine Entschlüsse dem Minister Nouvier von Deutschland aufgenötigt werden.

Falls Euer.....geneigt wäre, mir irgend welche praktische Anweisung
(unter Wahrung der strengsten Diskretion) zu erteilen, wird man mir dieselben
an folgende Adresse zukommen lassen können (L. Wetterle, Grand Hotel Victoria,
Cite d'Autin 10. Paris-Opera).

Ich verbleibe nur Donnerstag und Freitag in Paris, falls Ihrerseits eine
Verzögerung meines Aufenthalts nicht erwünscht wird.


Reichsspiegel

Säbelduell einer der Duellanten plötzlich die Pistole zöge, um seinem Gegner den
säbelführenden Arm zu zerschmettern. Der Angriff auf mich als Offizier hat mich
auch veranlaßt, die Rh. Wests. Ztg. ebenso wie die Post und die Tägliche Rund¬
schau wegen Beleidigung zu verklagen, was ich unterlassen hätte, wenn man
meinen Osfiziertitel nicht hervorgezogen hätte. Als Journalist habe ich dieselben
Waffen wie meine journalistischen Gegner zur Verfügung und kann sie in der
Presse gebrauchen, ohne die Gerichte zu behelligen.

Auch denjenigen Lesern, die mit der Haltung der Grenzboten in der Marokko¬
frage nicht einverstanden waren, wird es nach den vorstehenden Darlegungen
leicht sein, die Gründe meines Angriffs auf die „Mannesmannpresse" zu finden;
und ich überlasse es ihrem Urteil, ob es nicht angebracht war. die „Fäden" auf¬
zudecken, die von den Herren Mannesmann zu einem gewissen Teil der Presse
G. Li-unow führen.


Rorwiers Entgegenkommen

(Brief Wotterlös vom 7. Juni 1905)

Ein früherer Diplomat, Freiherr v. Eckardtstein, erzählt in der Täglichen
Rundschau über seine Mission beim Kaiser im Jahre 1903. Damals sollte er im
Auftrage eines Franzosen, des Bankiers....., Kaiser Wilhelm den Zweiten
bewegen, ans der Hand der Franzosen das Kongogebiet anzunehmen gegen voll¬
ständigen Rückzug aus Marokko. Als historisches Dokument ist in diesem Zu¬
sammenhange ein Brief des deutschen Reichstagsabgeordneten Wetterle an einen
hohen Gönner in Berlin von Interesse. Er lautet:

Euer.....

teile ich ergebenst mit, daß ich heute eine Depesche aus Paris erhalten habe,
durch welche ich gebeten werde mich sofort dorthin zu begeben. Rouvier und
D..... möchten gern sich über die Stimmung in deutschen Regierungs- und
Parlamentskreisen orientieren lassen. Ich werde morgen schon von den Herrn
empfangen werden. Was nnn? Eusrer.....wäre ich äußerst dankbar, wenn
Sie auf irgend einem Wege mich über die Wünsche der deutschen Diplomatie
orientieren könnten. In Prioatnnterredungen, die jeden offiziösen Charakters
entbehren würden, und in welchen ich nur meine Person engagierte, wäre es
vielleicht nicht so schwer, der ganzen marokkanischen Angelegenheit eine günstige
Wendung zu geben, besonders wenn anscheinend die annehmbaren Vorschläge
von Frankreich her kämen.

In dieser Frage muß nämlich, nach meinem bescheidenen Dafürhalten,
vor allem die „cliZnite nationale" geschont werden; was nur geschehen kann,
wenn keine Entschlüsse dem Minister Nouvier von Deutschland aufgenötigt werden.

Falls Euer.....geneigt wäre, mir irgend welche praktische Anweisung
(unter Wahrung der strengsten Diskretion) zu erteilen, wird man mir dieselben
an folgende Adresse zukommen lassen können (L. Wetterle, Grand Hotel Victoria,
Cite d'Autin 10. Paris-Opera).

Ich verbleibe nur Donnerstag und Freitag in Paris, falls Ihrerseits eine
Verzögerung meines Aufenthalts nicht erwünscht wird.


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[0364] Reichsspiegel Säbelduell einer der Duellanten plötzlich die Pistole zöge, um seinem Gegner den säbelführenden Arm zu zerschmettern. Der Angriff auf mich als Offizier hat mich auch veranlaßt, die Rh. Wests. Ztg. ebenso wie die Post und die Tägliche Rund¬ schau wegen Beleidigung zu verklagen, was ich unterlassen hätte, wenn man meinen Osfiziertitel nicht hervorgezogen hätte. Als Journalist habe ich dieselben Waffen wie meine journalistischen Gegner zur Verfügung und kann sie in der Presse gebrauchen, ohne die Gerichte zu behelligen. Auch denjenigen Lesern, die mit der Haltung der Grenzboten in der Marokko¬ frage nicht einverstanden waren, wird es nach den vorstehenden Darlegungen leicht sein, die Gründe meines Angriffs auf die „Mannesmannpresse" zu finden; und ich überlasse es ihrem Urteil, ob es nicht angebracht war. die „Fäden" auf¬ zudecken, die von den Herren Mannesmann zu einem gewissen Teil der Presse G. Li-unow führen. Rorwiers Entgegenkommen (Brief Wotterlös vom 7. Juni 1905) Ein früherer Diplomat, Freiherr v. Eckardtstein, erzählt in der Täglichen Rundschau über seine Mission beim Kaiser im Jahre 1903. Damals sollte er im Auftrage eines Franzosen, des Bankiers....., Kaiser Wilhelm den Zweiten bewegen, ans der Hand der Franzosen das Kongogebiet anzunehmen gegen voll¬ ständigen Rückzug aus Marokko. Als historisches Dokument ist in diesem Zu¬ sammenhange ein Brief des deutschen Reichstagsabgeordneten Wetterle an einen hohen Gönner in Berlin von Interesse. Er lautet: Euer..... teile ich ergebenst mit, daß ich heute eine Depesche aus Paris erhalten habe, durch welche ich gebeten werde mich sofort dorthin zu begeben. Rouvier und D..... möchten gern sich über die Stimmung in deutschen Regierungs- und Parlamentskreisen orientieren lassen. Ich werde morgen schon von den Herrn empfangen werden. Was nnn? Eusrer.....wäre ich äußerst dankbar, wenn Sie auf irgend einem Wege mich über die Wünsche der deutschen Diplomatie orientieren könnten. In Prioatnnterredungen, die jeden offiziösen Charakters entbehren würden, und in welchen ich nur meine Person engagierte, wäre es vielleicht nicht so schwer, der ganzen marokkanischen Angelegenheit eine günstige Wendung zu geben, besonders wenn anscheinend die annehmbaren Vorschläge von Frankreich her kämen. In dieser Frage muß nämlich, nach meinem bescheidenen Dafürhalten, vor allem die „cliZnite nationale" geschont werden; was nur geschehen kann, wenn keine Entschlüsse dem Minister Nouvier von Deutschland aufgenötigt werden. Falls Euer.....geneigt wäre, mir irgend welche praktische Anweisung (unter Wahrung der strengsten Diskretion) zu erteilen, wird man mir dieselben an folgende Adresse zukommen lassen können (L. Wetterle, Grand Hotel Victoria, Cite d'Autin 10. Paris-Opera). Ich verbleibe nur Donnerstag und Freitag in Paris, falls Ihrerseits eine Verzögerung meines Aufenthalts nicht erwünscht wird.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_319600/364>, abgerufen am 05.05.2024.