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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Erstes Vierteljahr.

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Zur Reform der amerikanischen Universitäten

gesetzlichen Zwang wie seither würde wohl kaum eine genügende Anzahl junger
Bauernsöhne gefunden werden, um die Reihen der Kavallerie zu füllen.

Erscheint also die militärische Notwendigkeit der Aufrechterhaltung der drei¬
jährigen Dienstzeit bei der Reiterei unbedingt vorhanden, so liegt wohl ebenso
klar das Unrecht zutage, welches die Belastung der Landwirtschaft mit einem
dritten Dienstjahr für diesen wichtigen Stand bedeutet. Wenn dieses Unrecht
nötig ist, um die Schlagfertigkeit unseres Heeres aufrecht zu halten, und wenn
anderseits ein großer Teil der Landwirtschaft, namentlich in Preußen, die harte
Last der dreijährigen Dienstzeit noch heute als eine Ehrenlast mit Stolz trägt,
so daß der größte Teil der preußischen Reiterregimenter noch heute aus Frei¬
willige" besteht, so verlangt anderseits die Gerechtigkeit, daß diesem Ehrendienst
auch die gebührende Ehrung widerfährt, und diese Ehrung könnte vor allem
darin bestehen, daß denjenigen Mannschaften unseres Heeres, welche freiwillig
oder gesetzlich drei Jahre dienen, für das dritte Dienstjahr die Kapitulanten¬
zulage gereicht und die Zahl der Unteroffizierstellen bei der Reiterei ganz
erheblich vermehrt würde. (Schluß folgt)




Zur Reform der amerikanischen Universitäten
von Dr. jur., Dr. prit,, Dr,-Jug, L. H.in, wo. erdig

eine vor einigen Monaten in dieser Zeitschrift auszüglich und
sodann als Broschüre veröffentlichte Schrift: "Zur Reform der
deutschen Universitäten", hat, wie der Präsident der Staatsuniversität
von Illinois Dr. Edmund I. James in Briefen an mich und an
die Redaktion der Grenzboten mitteilt, auch jenseits des Ozeans
in Universitätskreisen Interesse erweckt, namentlich deshalb, weil man zurzeit
damit beschäftigt ist, die Organisation der amerikanischen Universitäten zu
reformieren.

Den Lesern dieser Blätter wird es nicht unbekannt sein, daß das Universitäts¬
wesen Nordamerikas sich von demjenigen Europas und insbesondere Deutschlands
wesentlich unterscheidet. Die ältesten von den englischen Kolonisten Nordamerikas
nach dem Muster der Stiftungsanstalten von Oxford und Cambridge gegründeten
höheren Lehranstalten führten den Namen Lollexe und ähnelten insofern den
mittelalterlichen Universitäten, als ihre Schüler zum größeren Teil in einem
jüngeren Alter standen wie unsere heutigen Studenten und als für ihre Auf¬
nahme wesentlich geringere Ansprüche gestellt wurden, als dies heute in Deutsch¬
land geschieht. In bezug auf den Kreis ihrer Unterrichtsfächer waren diese An¬
stalten sowohl unter sich als auch von den europäischen Universitäten ziemlich


Zur Reform der amerikanischen Universitäten

gesetzlichen Zwang wie seither würde wohl kaum eine genügende Anzahl junger
Bauernsöhne gefunden werden, um die Reihen der Kavallerie zu füllen.

Erscheint also die militärische Notwendigkeit der Aufrechterhaltung der drei¬
jährigen Dienstzeit bei der Reiterei unbedingt vorhanden, so liegt wohl ebenso
klar das Unrecht zutage, welches die Belastung der Landwirtschaft mit einem
dritten Dienstjahr für diesen wichtigen Stand bedeutet. Wenn dieses Unrecht
nötig ist, um die Schlagfertigkeit unseres Heeres aufrecht zu halten, und wenn
anderseits ein großer Teil der Landwirtschaft, namentlich in Preußen, die harte
Last der dreijährigen Dienstzeit noch heute als eine Ehrenlast mit Stolz trägt,
so daß der größte Teil der preußischen Reiterregimenter noch heute aus Frei¬
willige» besteht, so verlangt anderseits die Gerechtigkeit, daß diesem Ehrendienst
auch die gebührende Ehrung widerfährt, und diese Ehrung könnte vor allem
darin bestehen, daß denjenigen Mannschaften unseres Heeres, welche freiwillig
oder gesetzlich drei Jahre dienen, für das dritte Dienstjahr die Kapitulanten¬
zulage gereicht und die Zahl der Unteroffizierstellen bei der Reiterei ganz
erheblich vermehrt würde. (Schluß folgt)




Zur Reform der amerikanischen Universitäten
von Dr. jur., Dr. prit,, Dr,-Jug, L. H.in, wo. erdig

eine vor einigen Monaten in dieser Zeitschrift auszüglich und
sodann als Broschüre veröffentlichte Schrift: „Zur Reform der
deutschen Universitäten", hat, wie der Präsident der Staatsuniversität
von Illinois Dr. Edmund I. James in Briefen an mich und an
die Redaktion der Grenzboten mitteilt, auch jenseits des Ozeans
in Universitätskreisen Interesse erweckt, namentlich deshalb, weil man zurzeit
damit beschäftigt ist, die Organisation der amerikanischen Universitäten zu
reformieren.

Den Lesern dieser Blätter wird es nicht unbekannt sein, daß das Universitäts¬
wesen Nordamerikas sich von demjenigen Europas und insbesondere Deutschlands
wesentlich unterscheidet. Die ältesten von den englischen Kolonisten Nordamerikas
nach dem Muster der Stiftungsanstalten von Oxford und Cambridge gegründeten
höheren Lehranstalten führten den Namen Lollexe und ähnelten insofern den
mittelalterlichen Universitäten, als ihre Schüler zum größeren Teil in einem
jüngeren Alter standen wie unsere heutigen Studenten und als für ihre Auf¬
nahme wesentlich geringere Ansprüche gestellt wurden, als dies heute in Deutsch¬
land geschieht. In bezug auf den Kreis ihrer Unterrichtsfächer waren diese An¬
stalten sowohl unter sich als auch von den europäischen Universitäten ziemlich


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[0327] Zur Reform der amerikanischen Universitäten gesetzlichen Zwang wie seither würde wohl kaum eine genügende Anzahl junger Bauernsöhne gefunden werden, um die Reihen der Kavallerie zu füllen. Erscheint also die militärische Notwendigkeit der Aufrechterhaltung der drei¬ jährigen Dienstzeit bei der Reiterei unbedingt vorhanden, so liegt wohl ebenso klar das Unrecht zutage, welches die Belastung der Landwirtschaft mit einem dritten Dienstjahr für diesen wichtigen Stand bedeutet. Wenn dieses Unrecht nötig ist, um die Schlagfertigkeit unseres Heeres aufrecht zu halten, und wenn anderseits ein großer Teil der Landwirtschaft, namentlich in Preußen, die harte Last der dreijährigen Dienstzeit noch heute als eine Ehrenlast mit Stolz trägt, so daß der größte Teil der preußischen Reiterregimenter noch heute aus Frei¬ willige» besteht, so verlangt anderseits die Gerechtigkeit, daß diesem Ehrendienst auch die gebührende Ehrung widerfährt, und diese Ehrung könnte vor allem darin bestehen, daß denjenigen Mannschaften unseres Heeres, welche freiwillig oder gesetzlich drei Jahre dienen, für das dritte Dienstjahr die Kapitulanten¬ zulage gereicht und die Zahl der Unteroffizierstellen bei der Reiterei ganz erheblich vermehrt würde. (Schluß folgt) Zur Reform der amerikanischen Universitäten von Dr. jur., Dr. prit,, Dr,-Jug, L. H.in, wo. erdig eine vor einigen Monaten in dieser Zeitschrift auszüglich und sodann als Broschüre veröffentlichte Schrift: „Zur Reform der deutschen Universitäten", hat, wie der Präsident der Staatsuniversität von Illinois Dr. Edmund I. James in Briefen an mich und an die Redaktion der Grenzboten mitteilt, auch jenseits des Ozeans in Universitätskreisen Interesse erweckt, namentlich deshalb, weil man zurzeit damit beschäftigt ist, die Organisation der amerikanischen Universitäten zu reformieren. Den Lesern dieser Blätter wird es nicht unbekannt sein, daß das Universitäts¬ wesen Nordamerikas sich von demjenigen Europas und insbesondere Deutschlands wesentlich unterscheidet. Die ältesten von den englischen Kolonisten Nordamerikas nach dem Muster der Stiftungsanstalten von Oxford und Cambridge gegründeten höheren Lehranstalten führten den Namen Lollexe und ähnelten insofern den mittelalterlichen Universitäten, als ihre Schüler zum größeren Teil in einem jüngeren Alter standen wie unsere heutigen Studenten und als für ihre Auf¬ nahme wesentlich geringere Ansprüche gestellt wurden, als dies heute in Deutsch¬ land geschieht. In bezug auf den Kreis ihrer Unterrichtsfächer waren diese An¬ stalten sowohl unter sich als auch von den europäischen Universitäten ziemlich

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_320416/327>, abgerufen am 29.04.2024.