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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Erstes Vierteljahr.

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Flugwesen

von rein individuellen Zufälligkeiten des Findens und Meinens unabhängig ist.
Sie sollte überall port ergänzend eintreten, wo die experimentelle Methode wegen
der allzugroßen Komplikation des Gegenstandes ihre Grenzen findet. Wagners
Musikdrcnnen bieten eine Fundgrube für Beobachtungen dieser Art dar. Statt
über das Alter von König Marke im Tristan oder über den metaphysischen
Gehalt des Ringes der Nibelungen zu streiten, könnte man die intimen Beziehungen
zwischen Ton und Wort studieren, wie sie bei einem solchen Meister des Aus¬
drucks ausgebildet worden sind.

Die Saat, die Fechner gestreut hat, ist aufgegangen und hat bereits
mancherlei Frucht getragen. Vorläufig liegt jedoch immer noch die Bedeutung
der experimentellen Ästhetik nicht sowohl in einzelnen Früchten, als vielmehr in
der Bearbeitung des Bodens und in der Behandlung der Saat, welche in ihm
zur Reife gelangen soll. Wir haben darum auch absichtlich auf eine genauere
Schilderung einzelner Ergebnisse verzichtet, die man mit Hilfe des experimentellen
Verfahrens gewonnen hat. Es ist uns mehr darum zu tun gewesen, die
Bedeutung und Tragweite dieses Verfahrens aufzuzeigen und darin das Wesen
und die Zukunft der experimentellen Ästhetik ausgedrückt zu finden.




Flugwesen von Hauptmann de le Roi K. Deutsches Flugwesen

MMeutschland ist mit seinen Flugleistungen erst sehr spät hervor¬
getreten. Auf Grund seiner hoch entwickelten Technik und Industrie
und der geistigen und praktischen Mitarbeit bedeutender Männer
hätte es seinerzeit mit der nötigen Geldunterstützung wohl ebenso
wie Frankreich gute Flugzeuge und Leistungen erzielen können.
Das Kapital hat sich aber der Flugtechnik nicht in dem Maße zugewandt, wie
es wünschenswert gewesen wäre. In erster Linie ist der Grund für die Ver¬
nachlässigung des Flugzeuges wohl darin zu suchen, daß die deutsche Motoren¬
industrie mit Bestellungen der auf dem Weltmarkte sehr begehrten deutschen
Erzeugnisse überlastet war und teilweise noch ist. Auch heute, nachdem die
Motorenindustrie etwas mehr Liebe zur Flugtechnik gewinnt, kranken wir daran,
daß große Firmen trotz ihrer enormen Jahreseinnahmen für Versuche in
Flugmotorenarbeit so gut wie nichts verausgaben. Man baut nach wie vor,
wenn auch leichter und zuverlässiger, Flugmotoren, die dem Automobilmotor kon¬
struktiv fast gleichen, bedenkt aber dabei nicht, daß man dadurch den Flugzeug¬
konstrukteur zwingt, das Flugzeug nach dem Motor und nicht, wie es umgekehrt
sein sollte, den Motor nach dein Flugzeug zu bauen.


Flugwesen

von rein individuellen Zufälligkeiten des Findens und Meinens unabhängig ist.
Sie sollte überall port ergänzend eintreten, wo die experimentelle Methode wegen
der allzugroßen Komplikation des Gegenstandes ihre Grenzen findet. Wagners
Musikdrcnnen bieten eine Fundgrube für Beobachtungen dieser Art dar. Statt
über das Alter von König Marke im Tristan oder über den metaphysischen
Gehalt des Ringes der Nibelungen zu streiten, könnte man die intimen Beziehungen
zwischen Ton und Wort studieren, wie sie bei einem solchen Meister des Aus¬
drucks ausgebildet worden sind.

Die Saat, die Fechner gestreut hat, ist aufgegangen und hat bereits
mancherlei Frucht getragen. Vorläufig liegt jedoch immer noch die Bedeutung
der experimentellen Ästhetik nicht sowohl in einzelnen Früchten, als vielmehr in
der Bearbeitung des Bodens und in der Behandlung der Saat, welche in ihm
zur Reife gelangen soll. Wir haben darum auch absichtlich auf eine genauere
Schilderung einzelner Ergebnisse verzichtet, die man mit Hilfe des experimentellen
Verfahrens gewonnen hat. Es ist uns mehr darum zu tun gewesen, die
Bedeutung und Tragweite dieses Verfahrens aufzuzeigen und darin das Wesen
und die Zukunft der experimentellen Ästhetik ausgedrückt zu finden.




Flugwesen von Hauptmann de le Roi K. Deutsches Flugwesen

MMeutschland ist mit seinen Flugleistungen erst sehr spät hervor¬
getreten. Auf Grund seiner hoch entwickelten Technik und Industrie
und der geistigen und praktischen Mitarbeit bedeutender Männer
hätte es seinerzeit mit der nötigen Geldunterstützung wohl ebenso
wie Frankreich gute Flugzeuge und Leistungen erzielen können.
Das Kapital hat sich aber der Flugtechnik nicht in dem Maße zugewandt, wie
es wünschenswert gewesen wäre. In erster Linie ist der Grund für die Ver¬
nachlässigung des Flugzeuges wohl darin zu suchen, daß die deutsche Motoren¬
industrie mit Bestellungen der auf dem Weltmarkte sehr begehrten deutschen
Erzeugnisse überlastet war und teilweise noch ist. Auch heute, nachdem die
Motorenindustrie etwas mehr Liebe zur Flugtechnik gewinnt, kranken wir daran,
daß große Firmen trotz ihrer enormen Jahreseinnahmen für Versuche in
Flugmotorenarbeit so gut wie nichts verausgaben. Man baut nach wie vor,
wenn auch leichter und zuverlässiger, Flugmotoren, die dem Automobilmotor kon¬
struktiv fast gleichen, bedenkt aber dabei nicht, daß man dadurch den Flugzeug¬
konstrukteur zwingt, das Flugzeug nach dem Motor und nicht, wie es umgekehrt
sein sollte, den Motor nach dein Flugzeug zu bauen.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_320416/478>, abgerufen am 29.04.2024.