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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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gasthäuser ist in den meisten Füllen im Osten
der, das; der Schnapskonsum um ein be¬
deutendes fällt, das nächtliche Spielen und
der Lärm nach 10 Uhr verschwindet, die Ar¬
beiter während der Arbeit nüchtern sind und
die Dörfer in den Reformgasthäusern einen
Mittelpunkt für alle Wohlfahrtsbestrebungen
erhalten. Im Westen wirken sie besonders
wohltuend als Speisewirtschaften für die
arbeitenden Klassen, und da auch dort überall
die Wirte kein Interesse am Alkoholkonsum
haben, fällt jedes Urinieren fort. Auch ini
Westen stehen die Reformgasthäuser natürlich
allen Wohlfahrtsbestrebungen offen und die
bedeutenden Überschüsse geben den Kommunen
Mittel weitere Wohlfahrtspflege zu treiben.

p, Reetz
Jüdische Bcrufspolitit. ,

Der Herausgeber
dieser Zeitschrift hat das Verdienst, nachdrücklich
auf die Einwirkung hingewiesen zu haben,
die das russisch-polnische Judentum auf die
deutsche Sozialdemokratie ausübt. Diese würde
sich zweifellos erfreulicher entwickeln, wenn
ihr nicht vielfach durch jene Einwirkung eine
Richtung aufgenötigt würde, die in den deut¬
schen Verhältnissen einen Grund nicht hat.
An solche Beobachtungen wird man erinnert,
wenn man die kürzlich erschienene Schrift von
Jakob Segall "Die beruflichen und sozialen
Verhältnisse der Juden in Deutschland" (Berlin,
Verlag von M. Schiltberger) zur Hand nimmt.
Man ersieht aus ihr von neuen", wie mißlich
es ist, wenn die Entwicklung eines Volks durch
Tendenzen gestört wird, die außerhalb seines
Jnteressenkreises liegen. Segall macht sta¬
tistische Mitteilungen über die Vertretung der
Juden in den verschiedenen Berufen und er¬
wirbt sich durch diese Feststellungen, die zweifel¬
los lehrreich sind, unseren Dank. Er geht
aber darüber hinaus und sucht Ratschläge
dafür zu erteilen, wo und wie die Jude"
weiter in den und den Berufen sich ausbreiten
sollten. Nachdem er z. B. konstatiert hat, daß
die jüdischen Arzte sich in den größeren Städten
unverhältnismäßig zusammendrängen, em¬
pfiehlt er ihnen, sich auch auf dem Lande
niederzulassen, und zwar, weil sie dort '"eine
Stütze derjüdischen Bevölkerung werden"(S.S7)
könnten. Die Juden sollen ferner in die

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Staats- und Kommunalämter in den kleineren
Orten einzudringen suchen, um "hier das
jüdische Element zu verstärken" (S. 49). So
wird überall ausgekundschaftet, wo die Juden
noch Fuß fassen könnten, um die Geltung des
Judentums zu verstärken und auszubreiten.
Als Maßstab gilt bei dieser jüdischen Berufs¬
politik nicht das Interesse des deutschen Volks,
sondern eben nur das des Judentums. Eine
derartige Politik ist dem Verfahren desJesuiten-
ordens zu vergleichen, der gleichfalls sein Be¬
streben darauf richtete, seine Angehörigen auf
große und kleine Stellen im Staate zu bringen,
um so überall einen Platz des Einflusses zu
gewinnen. Wir verschließen uns natürlich
nicht der Erkenntnis, daß vom jüdischen Stand¬
punkt aus jene Versuche verständlich sind: man
hängt mit Liebe an der jüdischen Eigenart,
möchte sie schützen, bewahren, weiter aus¬
breiten. Wir erkennen selbstverständlich in
solcher Liebe zum eigenen Volkstum etwas
an sich schönes. Wir können uns denken, daß
gerade sehr edle Juden sich in den Dienst
jener Bestrebungen stellen. Aber die Schwierig¬
keit liegt darin, daß es das Leben des deut¬
schen Volks stört, wenn noch ein anderes
Volkstum bei uns seine besonderen völkischen
Ziele verfolgt. Auf deutschem Boden dürfen
alle Berufspolitik und alle Bevölkerungspolitik
ihre Ziele und ihren Maßstab nur in dem
Wohl des ganzen deutschen Volks haben. Es
entsteht oft ein tragisches Verhältnis, wenn
ein besonderes Volkstum mit einem großen
Volkstum in einen: Staat zusammenstößt, und
in diesem Sinne hat auch die Judenfrage einen
tragischen Charakter. Allein wenn wir den Juden
Mitleid und Verständnis entgegenbringen, so
darf uns dies doch nicht abhalten, das zu ver¬
langen, waS das deutsche Interesse fordert,
nämlich die Beseitigung aller jüdischen Son¬
derbestrebungen. Lehrreiche Urteile über die
zweckmäßige Erreichung dieses Ziels findet
man in den? im letzten Winter oft genannten
Buch "Judentaufen" (München, G. Müller).
Es verdient Beachtung und Anerkennung, daß
hier auch Autoren jüdischer Herkunft sich durch¬
aus im deutschen Sinne äußern und als ein
förderliches Mittel die Beschränkung der jü¬
Tb. dischen Einwanderung empfehlen.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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gasthäuser ist in den meisten Füllen im Osten
der, das; der Schnapskonsum um ein be¬
deutendes fällt, das nächtliche Spielen und
der Lärm nach 10 Uhr verschwindet, die Ar¬
beiter während der Arbeit nüchtern sind und
die Dörfer in den Reformgasthäusern einen
Mittelpunkt für alle Wohlfahrtsbestrebungen
erhalten. Im Westen wirken sie besonders
wohltuend als Speisewirtschaften für die
arbeitenden Klassen, und da auch dort überall
die Wirte kein Interesse am Alkoholkonsum
haben, fällt jedes Urinieren fort. Auch ini
Westen stehen die Reformgasthäuser natürlich
allen Wohlfahrtsbestrebungen offen und die
bedeutenden Überschüsse geben den Kommunen
Mittel weitere Wohlfahrtspflege zu treiben.

p, Reetz
Jüdische Bcrufspolitit. ,

Der Herausgeber
dieser Zeitschrift hat das Verdienst, nachdrücklich
auf die Einwirkung hingewiesen zu haben,
die das russisch-polnische Judentum auf die
deutsche Sozialdemokratie ausübt. Diese würde
sich zweifellos erfreulicher entwickeln, wenn
ihr nicht vielfach durch jene Einwirkung eine
Richtung aufgenötigt würde, die in den deut¬
schen Verhältnissen einen Grund nicht hat.
An solche Beobachtungen wird man erinnert,
wenn man die kürzlich erschienene Schrift von
Jakob Segall „Die beruflichen und sozialen
Verhältnisse der Juden in Deutschland" (Berlin,
Verlag von M. Schiltberger) zur Hand nimmt.
Man ersieht aus ihr von neuen«, wie mißlich
es ist, wenn die Entwicklung eines Volks durch
Tendenzen gestört wird, die außerhalb seines
Jnteressenkreises liegen. Segall macht sta¬
tistische Mitteilungen über die Vertretung der
Juden in den verschiedenen Berufen und er¬
wirbt sich durch diese Feststellungen, die zweifel¬
los lehrreich sind, unseren Dank. Er geht
aber darüber hinaus und sucht Ratschläge
dafür zu erteilen, wo und wie die Jude»
weiter in den und den Berufen sich ausbreiten
sollten. Nachdem er z. B. konstatiert hat, daß
die jüdischen Arzte sich in den größeren Städten
unverhältnismäßig zusammendrängen, em¬
pfiehlt er ihnen, sich auch auf dem Lande
niederzulassen, und zwar, weil sie dort '„eine
Stütze derjüdischen Bevölkerung werden"(S.S7)
könnten. Die Juden sollen ferner in die

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Staats- und Kommunalämter in den kleineren
Orten einzudringen suchen, um „hier das
jüdische Element zu verstärken" (S. 49). So
wird überall ausgekundschaftet, wo die Juden
noch Fuß fassen könnten, um die Geltung des
Judentums zu verstärken und auszubreiten.
Als Maßstab gilt bei dieser jüdischen Berufs¬
politik nicht das Interesse des deutschen Volks,
sondern eben nur das des Judentums. Eine
derartige Politik ist dem Verfahren desJesuiten-
ordens zu vergleichen, der gleichfalls sein Be¬
streben darauf richtete, seine Angehörigen auf
große und kleine Stellen im Staate zu bringen,
um so überall einen Platz des Einflusses zu
gewinnen. Wir verschließen uns natürlich
nicht der Erkenntnis, daß vom jüdischen Stand¬
punkt aus jene Versuche verständlich sind: man
hängt mit Liebe an der jüdischen Eigenart,
möchte sie schützen, bewahren, weiter aus¬
breiten. Wir erkennen selbstverständlich in
solcher Liebe zum eigenen Volkstum etwas
an sich schönes. Wir können uns denken, daß
gerade sehr edle Juden sich in den Dienst
jener Bestrebungen stellen. Aber die Schwierig¬
keit liegt darin, daß es das Leben des deut¬
schen Volks stört, wenn noch ein anderes
Volkstum bei uns seine besonderen völkischen
Ziele verfolgt. Auf deutschem Boden dürfen
alle Berufspolitik und alle Bevölkerungspolitik
ihre Ziele und ihren Maßstab nur in dem
Wohl des ganzen deutschen Volks haben. Es
entsteht oft ein tragisches Verhältnis, wenn
ein besonderes Volkstum mit einem großen
Volkstum in einen: Staat zusammenstößt, und
in diesem Sinne hat auch die Judenfrage einen
tragischen Charakter. Allein wenn wir den Juden
Mitleid und Verständnis entgegenbringen, so
darf uns dies doch nicht abhalten, das zu ver¬
langen, waS das deutsche Interesse fordert,
nämlich die Beseitigung aller jüdischen Son¬
derbestrebungen. Lehrreiche Urteile über die
zweckmäßige Erreichung dieses Ziels findet
man in den? im letzten Winter oft genannten
Buch „Judentaufen" (München, G. Müller).
Es verdient Beachtung und Anerkennung, daß
hier auch Autoren jüdischer Herkunft sich durch¬
aus im deutschen Sinne äußern und als ein
förderliches Mittel die Beschränkung der jü¬
Tb. dischen Einwanderung empfehlen.

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[0356] Maßgebliches und Unmaßgebliches gasthäuser ist in den meisten Füllen im Osten der, das; der Schnapskonsum um ein be¬ deutendes fällt, das nächtliche Spielen und der Lärm nach 10 Uhr verschwindet, die Ar¬ beiter während der Arbeit nüchtern sind und die Dörfer in den Reformgasthäusern einen Mittelpunkt für alle Wohlfahrtsbestrebungen erhalten. Im Westen wirken sie besonders wohltuend als Speisewirtschaften für die arbeitenden Klassen, und da auch dort überall die Wirte kein Interesse am Alkoholkonsum haben, fällt jedes Urinieren fort. Auch ini Westen stehen die Reformgasthäuser natürlich allen Wohlfahrtsbestrebungen offen und die bedeutenden Überschüsse geben den Kommunen Mittel weitere Wohlfahrtspflege zu treiben. p, Reetz Jüdische Bcrufspolitit. , Der Herausgeber dieser Zeitschrift hat das Verdienst, nachdrücklich auf die Einwirkung hingewiesen zu haben, die das russisch-polnische Judentum auf die deutsche Sozialdemokratie ausübt. Diese würde sich zweifellos erfreulicher entwickeln, wenn ihr nicht vielfach durch jene Einwirkung eine Richtung aufgenötigt würde, die in den deut¬ schen Verhältnissen einen Grund nicht hat. An solche Beobachtungen wird man erinnert, wenn man die kürzlich erschienene Schrift von Jakob Segall „Die beruflichen und sozialen Verhältnisse der Juden in Deutschland" (Berlin, Verlag von M. Schiltberger) zur Hand nimmt. Man ersieht aus ihr von neuen«, wie mißlich es ist, wenn die Entwicklung eines Volks durch Tendenzen gestört wird, die außerhalb seines Jnteressenkreises liegen. Segall macht sta¬ tistische Mitteilungen über die Vertretung der Juden in den verschiedenen Berufen und er¬ wirbt sich durch diese Feststellungen, die zweifel¬ los lehrreich sind, unseren Dank. Er geht aber darüber hinaus und sucht Ratschläge dafür zu erteilen, wo und wie die Jude» weiter in den und den Berufen sich ausbreiten sollten. Nachdem er z. B. konstatiert hat, daß die jüdischen Arzte sich in den größeren Städten unverhältnismäßig zusammendrängen, em¬ pfiehlt er ihnen, sich auch auf dem Lande niederzulassen, und zwar, weil sie dort '„eine Stütze derjüdischen Bevölkerung werden"(S.S7) könnten. Die Juden sollen ferner in die Staats- und Kommunalämter in den kleineren Orten einzudringen suchen, um „hier das jüdische Element zu verstärken" (S. 49). So wird überall ausgekundschaftet, wo die Juden noch Fuß fassen könnten, um die Geltung des Judentums zu verstärken und auszubreiten. Als Maßstab gilt bei dieser jüdischen Berufs¬ politik nicht das Interesse des deutschen Volks, sondern eben nur das des Judentums. Eine derartige Politik ist dem Verfahren desJesuiten- ordens zu vergleichen, der gleichfalls sein Be¬ streben darauf richtete, seine Angehörigen auf große und kleine Stellen im Staate zu bringen, um so überall einen Platz des Einflusses zu gewinnen. Wir verschließen uns natürlich nicht der Erkenntnis, daß vom jüdischen Stand¬ punkt aus jene Versuche verständlich sind: man hängt mit Liebe an der jüdischen Eigenart, möchte sie schützen, bewahren, weiter aus¬ breiten. Wir erkennen selbstverständlich in solcher Liebe zum eigenen Volkstum etwas an sich schönes. Wir können uns denken, daß gerade sehr edle Juden sich in den Dienst jener Bestrebungen stellen. Aber die Schwierig¬ keit liegt darin, daß es das Leben des deut¬ schen Volks stört, wenn noch ein anderes Volkstum bei uns seine besonderen völkischen Ziele verfolgt. Auf deutschem Boden dürfen alle Berufspolitik und alle Bevölkerungspolitik ihre Ziele und ihren Maßstab nur in dem Wohl des ganzen deutschen Volks haben. Es entsteht oft ein tragisches Verhältnis, wenn ein besonderes Volkstum mit einem großen Volkstum in einen: Staat zusammenstößt, und in diesem Sinne hat auch die Judenfrage einen tragischen Charakter. Allein wenn wir den Juden Mitleid und Verständnis entgegenbringen, so darf uns dies doch nicht abhalten, das zu ver¬ langen, waS das deutsche Interesse fordert, nämlich die Beseitigung aller jüdischen Son¬ derbestrebungen. Lehrreiche Urteile über die zweckmäßige Erreichung dieses Ziels findet man in den? im letzten Winter oft genannten Buch „Judentaufen" (München, G. Müller). Es verdient Beachtung und Anerkennung, daß hier auch Autoren jüdischer Herkunft sich durch¬ aus im deutschen Sinne äußern und als ein förderliches Mittel die Beschränkung der jü¬ Tb. dischen Einwanderung empfehlen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_321082/356>, abgerufen am 26.05.2024.